Südamerika Reisetagebuch

Mo, 2.11.94

Heute morgen fand ich mich im Schlafsack auf dem Boden schlafend. War so kaputt vom Mountainbiken gestern, daß ich einfach um neun abends vorm TV eingeschlafen bin. Wenigstens hatte ich eine ruhige Nacht, auch wenn mir heute morgen alles wehgetan hat. Mußte noch auf die Post, das letzte Paket abschicken und das Motorrad bepacken. Alles lief gut und irgendwie schaffte ich es, meinen ganzen Kram aufs Moped zu bringen, ohne daß es extrem überladen aussieht und ist. Rock heavy    Travel light, oder so! Nun habe ich also meine Zelte in den U.S. endgültig abgebrochen. Mein Job ist beendet, das Zimmer weitervermietet und mein Visum und die Versicherung sind abgelaufen, was dem Ganzen einen offiziellen Touch gibt. Ich muß also raus, in jedem Fall. Irgendwie ist mir aber  gar nicht nach „Resumé“ ziehen. Ich bin nur froh, daß ich aus Kalifornien weg bin. So toll die letzten 2 1/2 Jahre auch waren, so bin ich doch ziemlich gesättigt mit TV commercials, Celebrity news, O.J. Simpson und generell allem, was im heutigen Hollywood wichtig ist. „Who gives a fuck, how Ricky Lake  packs her suitcase“. Mir ist es einfach wurscht, wo der Melrose Place ist, oder wer in welchem Haus in Beverly Hills wohnt. Aber das ist halt Teil einer anderen Kultur und wenn ich eines in den letzten 2 1/2 Jahren gelernt habe, dann ist es, diese zu tolerieren und nicht alles so „egozentrisch“ zu sehen und abzuurteilen. Aber für meinen Teil nehme ich mir sicher die Freiheit, Kabel und Radio in den nächsten Monaten zu ignorieren.

Nachdem ich endlich alles auf dem Moped verstaut hatte, bin ich noch kurz in die Company gefahren und erstaunlicherweise gab es eine richtige Ansammlung von Leuten rund um´s Moped. Viele aber verstehen nicht, was dieser Trip für mich bedeutet, wieviel Arbeit dahinter steckt und das es nicht einfach ein längerer Urlaub ist. Sogar vom Graphics Department war eine da und hat Bilder vom Moped inclusive Firmen Abziehbildern gemacht. Vielleicht finde ich mich irgendwann in einer Zeitung wieder. Natürlich war auch Ginny da und obwohl wir schon lange über die Abfahrt usw. gesprochen haben, so war doch wieder fast keine Zeit, wirklich Abschied zu nehmen. Gut, daß wir eigentlich immer sehr offen miteinander waren; so bleibt kein lauer Geschmack… Es geht am Ende immer alles sehr schnell.

Gegen 10 bin ich dann endlich über Lake Paris in Richtung Süden aufgebrochen. Nach ca. einer Stunde auch gleich das erste Mal im Suburbjungle von Henna im San Bacinho valley grob verfahren. Bis ich endlich in den San Bernardino Bergen war, hat´s wieder eine Stunde gedauert. In ca. 1000 m Höhe war´s dann sehr schön, richtig westernhaft. Countryland. Weiter in Indio, was nichts weiter ist als eine riesige Ansammlung von Golfplätzen, Shoppingmalls und alten Leuten. Wollte entlang der Berge nach Süden. Karte war aber Mist, so bin ich auf die III entlang Salton Lake. Wollte eigentlich campen, war aber noch früh dran und so bin ich weiter bis Niland. Kein einziges Haus hier ist mehr als ein Container oder vornehmer „Mobil Home“. Eine einzige Ansammlung von Baracken. Sogar der Kaffee war nicht nur schwach, sondern schlichtweg ungenießbar. Auf der Suche nach einem Campingplatz traf ich einen Typen „Leonard Knight“, der mitten in der Wüste seinen „Solutionmountain“ aus Lehm und Tausenden Litern Farbe gebaut hat. Abgesehen von den Bibelsprüchen ein tolles Werk, wenn man bedenkt, daß jeder Kubikmeter Lehm  mit Kübeln dorthin gebracht wurde, wo er ist. Der Typ war außerdem sehr nett und hat mich herumgeführt, als ob ich der erste bin, der hier gestoppt hat. Gleich daneben eine andere Facette des american way of live „Slab City“ ein Platz in der Wüste, wo alle möglichen Leute mit ihren Wohnmobilen überwintern. Keine Infrastruktur, dafür gratis. Richtig rundgehen soll´s hier nach „Thanks giving“. Ein anderes Segment der Gesellschaft: Alte Leute mit wenig Geld.

 

8.2.94

Frühstück mit einem Typen, der in einem Schulbus lebt – seit 20 Jahren. Er zählte mir alle möglichen Stories von seinem Leben als Hobo und das Texas der schlimmste Staat von allen ist. Bin dann entlang der Eastern Pacific Railroad auf einer Schotter/Sandpiste nach SW.

Slab City hat im Winter ca. 10.000 Bewohner und immer wieder tauchen vereinzelt ??? in der Wüste auf. ??? towards Glemis, wo ich gegen Mittag ankam. Eigenartig: Dünen wie in Algerien und ein Truckstop mit kaltem Bier! Bin den Nachmittag mit zwei Typen herumgehangen. Versuchte meine Kocher in Gang zu bringen. Es lebe der ???. Jedenfalls großartige Dünenlandschaft, am Wo­chenende geht es hier sicher zu , wie im Zoo. Bin noch eine Stunde herum­ge­kurvt, bevor ich einen Zeltplatz gesucht habe. Wieder nette Typen   Feuer­wehr­männer aus San Diego (mit Bier)   getroffen.

 

9.11.94

Bis 11 Uhr keine Ruhe gefunden, da die Typen mit ihren ATV´s dauernd her­um­gekurvt sind Die Wüste verlangt nach Stille und nicht nach Zweitaktlärm! Bis Yuma bin ich dem Central American Canal entlanggefahren, immer nahe der Dünen. Schade, daß wir im letzten Jahr nicht hier waren. Mutt hätte es sicher gefallen. In Yuma  hab´ ich mir  einen neuen Kocher zugelegt und den alten an einen Typen, den ich in einem ??? getroffen habe, verscherbelt.

Netter Typ, tut mir fast ein wenig leid, daß er sich jetzt mit dem Ding heru­märgern muß.

Raus aus Yuma auf HWy 8 bis Doll und von da an zick zack Richtung Osten auf Schotter.

Riesige Baumwollfelder und Bewässerungsanlagen und weit und breit keine Siedlung. Die einzigen „Bauwerke“ sind Trailer & Mobilhomes   Fundamente sind hier eh ein Luxus. Weiter im Osten, nach Hydes, dann sehr schöne Land­schaft mit Sangoras und Vul­kanbergen. Nördlich und südlich der ganzen Strecke liegt Army Testgelände und laufend zischen irgendwelche Helikopter oder Jets über mich hinweg. hier toben sie sich wirklich aus   Millionen von US $ täglich in die Luft gejagt… Bis Gila Bend hat sich´s dann noch ziemlich gezogen und bis ich im Oregon Pipes Caches Nat. Mon. war, war ich auch schon ziem­lich steif. Wann werd´ ich´s endlich lernen, daß zuviel Fahren die Stimmung verdirbt; ich glaube, ich habe mich einfach mit M Km Umrechnung vertan. Bin jedenfalls vui z´ vui gefahren und hab´ mir kaum Zeit genommen, um stehenzu­bleiben und zu fotografieren. bin am Überlegen, ob ich morgen nach Mexico soll oder noch ein paar Tage in den U.S. bleiben.

Will noch Mail abschicken, telefonieren, Bike checken… werde sehen.

Den ganzen Tag Typen mit Revolvern am Gürtel über´n Weg gelaufen   sehr irritierend (gleich neben dem Revolver hatte der eine Typ eine Haarbürste).

Deutsche auf dem Campingplatz: Warum sind alle so gleich? „Also das Es­sen…“ „Also wie die arbeiten…“

 

  1. 12.11.94

Noch zwei Tage in Lukeville vertan und Ölleck am Moped repariert. Nicht gut für die Stimmung. Gestern wollte ich nach Osten durch eine Indianerreservation, aber in einem Dorf war ein Typ so unfreundlich, die Straße war zu Ende und es schaute nach Regen aus = kein gutes Gefühl. Also zurück zum Campingplatz und kurz vor Dunkelheit noch das Zelt aufgestellt und ein paar (kurze) Briefe ge­schrieben. Die beiden Deutschen waren immer noch auf dem Campingplatz und ihr einziger Kommentar war natürlich: „Aber da fährt man doch nicht hin…“ Grrrr! In der Nacht dann volle Pulle Regen, aber das Zelt war erstaunlich dicht. Be­denklich, wie versifft alles schon ist. Vor allem der neue Schlafsack stinkt schon ziemlich; vielleicht auch, weil ich seit fast einer Woche nicht mehr geduscht habe. Ich muß endlich einmal Zeit finden, um eine Route für die nächste Woche zusammenzustellen.

Wäre schön, wenn es ein Café gäbe, wo man einfach ein paar Stunden herumhängen könnte.

All die ??? sind ja wirklich nicht der Platz, wo man länger bleiben möchte. Auch das Essen suckt. Muß an irgendwelche Vitamine herankommen; immer nur „Egon and hashbrowns“ zum Frühstück und Nudeln zum Dinner ist auch nicht das Wahre   ich glaube ich werde schön fett, wenn ich so weitermache. Aber hier ist alles auf Mobilhome Camper eingestellt und die essen halt mei­stens nur breakfast (alles oide people). Überhaupt ist die Infrastruktur nicht sehr moto campingfreundlich   keine Duschen, Slave, Aufenthaltsraum… Heute, Samstag­morgen endlich Aufbruch nach Burritoland (= Mexico). Es ist immer wieder er­staunlich, wie schnell sich alle ändert, sobald man eine Grenze über­quert; aber deshalb heißt es vielleicht auch Grenze…! Touristenkarte, Driving permit, alles o.k. und innerhalb einer Stunde war alles erledigt. Bin erst Richtung Altar losge­fahren, aber das Wetter im Osten sah ziemlich düster aus, so bin ich zurück auf die 2er nach Porto Penasco ans Meer. Auf dem Weg Stop bei einem „Restau­rant“, mangelnde Spanischkenntnisse ließen mich eine Suppe bestellen.

Big Mistake, weil die Lady hat auch gleich einen Styroporbecher mit „Quick Lunch Chinese noodle“ für mich warmgemacht. Soviel also zu meinem ersten Kontakt mit mexikanischer Küche! Weiter dann ziemlich eintönige Fahrt durch Halbwüste bis ans Meer. PP., dann eine amerikanische Kolonie voll mit Leuten auf ATV´s und Sandrails. Bin wirklich reif, weg von College kids und Amerika zu kommen. Aber bezahlt wird hier in Dollars   und nicht wenigen! Hatte seafood am Meer total greasy and yuck! Wie kann man nur Shrimps verdauen. Ein Typ erklärte mir dann später, daß dies die Grenze des fetten Essens ist. Ab hier kann es also nur mehr besser werden. Auf der Suche nach einem Platz zum Zelten dann außerhalb auf eine recht schönen Sandstrand gestoßen; das Beste: gratis!

Habe dann den meisten Nachmittag mit Alex und Joe verbracht, Biere getrun­ken und philosophiert. Ziemlich tief. Why care? Why not life by yourself? Why do we need any body else? Ich hab´ mir eine Nacht Bedenkzeit erbeten. Irgendwo hab´ ich geschrieben   „travel light“, heute sagt mir ein Typ, mein Moped  sieht aus, als gehöre es einem der „Beverly Hillybillies“!    Der Hafen mit seinen rosti­gen Fischerbooten sieht eher so aus wie ein Schrottplatz. Man am I sic??? of Americans out an their ????? fun!

 

13.11.94

Bin den ganzen Morgen noch in einem Café in Pto. Penasco gesessen zum Frühstücken und Aufwärmen. Obwohl es total windstill war, hat´s doch ziemlich abgekühlt während der Nacht. Deshalb wahrscheinlich auch die wirren Träume über irgendeine Hochzeit im Schneetreiben. Überhaupt träume ich in letzter Zeit immer die seltsamsten Sachen. Kommt sicher deshalb, weil ich nie richtig tief schlafe und oft aufwache.

Bin dann Richtung SW aufgebrochen und habe erst ´mal auf den Eisenbahn­schienen gesessen und ausgiebig Rast gemacht. Die ganzen kleinen Siedlun­gen entlang der Straße sind leider in keiner meiner Karten. This sucks, weil ich sonst auch eher Neben  und Schotterstrecken finden würde. Wollte nach Pto. Libertad und habe zweimal umkehren müssen, weil die Abzweigung nicht ge­stimmt hat. Bin schließlich in Caborea gelandet und in einem Motel ab­gestiegen (40 Pesos = 12 US $). Ist on.

Was für ein Luxus again; zweimal am Tag fließendes Wasser. Sogar Kabel TV   S.A. MTV! Seltsame Kombination. Ist aber gut, daß ich Zeit habe, mich auszu­breiten und in Ruhe wieder einmal zu lesen und zu planen, wie ´s weiter­geht. Nur mehr oder weniger planlos Richtung Süden zu fahren, bringt´s auch nicht. Muß schon irgendwie wissen, was mich erwartet oder worauf ich mich freuen kann. Abends dann auf der Suche nach Restaurant in Denni´s Pizzeria gelan­det, wie in den U.S. Plastic Pizza gegessen mit Plastic Gabel und Video­spiele im Hintergrund   die sind überall beliebt.

Im TV “ The Va?????“ mit spanischen Untertiteln. Gut zum Lernen. Muß wirk­lich schauen, daß mein Spanisch besser wird, sonst komm´ ich wirklich nicht weit. Manchmal funktionierts mit der französisch italienisch lateinischen Annä­he­rung sehr gut   manchmal gar nicht. Muß jedenfalls klingen wie ein Vollidiot.

 

Mo, 14.11.94

Recht früh auf, da die Idioten im Motel ihren Pickup Truck dauernd starteten und wieder abstellen und was ein richtiger Macho ist, der hat keinen Auspuff am Auto. Dann auf die Piste nach Pto. Lobos. Wunderschön durch die Sonora Wü­ste mit Tausenden Kakteen und abwechselnd Bergen und Ebenen. Die Piste zieht sich schnurgerade von einem Ende des Horizonts zum anderen. Warte nur immer, bis eine Postkutsche um´s Eck kommt oder Zorro hinter einem Felsen auftaucht. Habe auf einem Paß halt  und Frühstückspause gemacht. Absolute Stille! Nur ein leises Summen und ich weiß nicht, ob das von irgendwelchen In­sekten kam oder ob das vom Motorengeräusch in den Ohren weiterschwingt. Wäre schön, wenn das Moped leiser wäre oder der Helm, damit man mehr mitkriegt, was für Geräusche um einen herum so sind. Jedenfalls excellentes desay uno mit verafi??? und mexikanischem Lebkuchen. Pto. Lobos war dann ein Kaff mit einer einzigen großen Fabrik in der Mitte. Keine Dorfstraße oder sonst etwas Charakteristisches; einfach nur öd. Manchmal ist es wirklich schwer zu sehen, was die Menschen an einem Platz wie diesem hält. Nur Staub, Hütten und Wind am Ende einer 150 km langen Straße durch die Mesa. On dann: was ist Heimat? Mittagessen war auch grausig   irgendwelche Eier mit Tomaten auf einer Tortilla und das Ganze in Wasser getränkt; die zwei Mutti´s in dem Re­stau­rant haben nebenher immer einen 200%ig sentimentalen mexikanischen S/W Schinken geschaut. Deshalb hatten sie vielleicht auch (keine??) Zeit/Lust, etwas Gescheites zu kochen. Von Pto. Lobos aus schnurge­rade Straße über 100 km nach Süden. Jede Menge Adler gibt´s hier und einen habe ich beobach­tet, wie er mit einer Echse in den Krallen abgeflogen ist. Ein anderer hat einen Hasen vom Asphalt gepickt, so mit offenen Eingeweiden und so… dammi???! Noch zwei Stops bei Cafés an der Straße. Typen haben sich köstlich über mein Spa­nisch amüsiert.

Nuevo Kino??? (Kino war einer der hartnäckigen Jesuitenpater, die die Ge­gend hier missioniert haben) besteht zum Teil aus Hütten, zum anderen aus Trailerparks, in denen sich pensionierte Amis niederlassen. Warte immer noch auf das tolle Dorf im Kolonialstil, wo die Männer auf der Veranda sitzen und den Tag beobachten und wo es mehr gibt als eine Pam bex ??Station und Tecatel Bierverkäufer. Nachts im Trailerpark mit alten Amis. Totes Dorf.

 

 

Di, 15.11.94

Scheißwind hat mich x mal aufwachen lassen und das Flattern der Zelthaut hat mich fast verrückt gemacht. War froh, als es endlich hell wurde. Frühstück mit zwei alten Amis in deren Trailer Home; für den Kaffee verwenden sie min­de­stens einen viertel Löffel Instant Kaffee   aber ich will ja nicht undankbar sein. Nach einer Stunde erst ´mal richtig gefrühstückt   mit Tacos und so   HOOOT!; dazu die obligate Cola, die es ja wirklich überall gibt   god job, gringos! Auch gleich Öl gewechselt, direkt unter einer Palme auf den Boden. Ich habe meine Bedenken angemeldet, aber alle in der Runde spornten mich an und sagten, daß es schon o.k. sei   na ja. Aber wenn ich´s woanders gemacht hätte, wäre es vielleicht am selben Ort gelandet. Danach wollte ich wieder eine Schotterstraße nach San Carlos nehmen. Zuerst sehr schön und langweilig durch Wein  und Maisfelder. Manchmal sieht man frisch bestellte Felder, die kurvenförmig ge­pflügt sind. Warum? Wegen des Wassers? Jedenfalls wurde es immer schlam­miger und bei einem gar nicht so wilden Schlammloch legte es mich dann volle Länge hin. Was für ein Desaster. Alles, wirklich alles, vom Moped über Gepäck und na­türlich ich selbst war voll mit Schlamm bedeckt. Wußte erst nicht, ob ich fluchen oder lachen sollte und entschied mich nach mehrmaligem „Fuck, Fuck, Fuck“ für letzteres. Das war aber erst der erste Teil, denn ich mußte ja auch noch das Moped ´rauskriegen. Hatte 20 Minuten lang probiert und es sank nur immer tie­fer ein. So fing ich an, das ganze Gepäck abzumontieren und an „si­cheres Land“ zu tragen. Nach einer weiteren halben Stunde hatte ich es schließlich soweit aus dem Dreck gezogen, daß ich es freibekam. Was für ein Saustall! Eine halbe Stunde später war meine Hose eine einzige braune Kruste, von der dau­mengroße Brocken abfielen. Zwei Senoritas an einem Taco Stand an der näch­sten Hauptstraße haben nicht schlecht geschaut! Crazy Gringo! Bei einer Ranch habe ich mit einem Becher und Wasser erst einmal den gröbsten Dreck beseitigt und bin dann schön sicher auf Asphalt weiter. Apropos Ran­cheros: Cowboy Hüte sind vor allem bei den jüngeren Leuten hier ziemlich aus der Mode   es re­giert die Baseball Mütze. Fast jeder hat eine mit „L.A. Raiders“ oder Dallas Cowboys“ als Aufschrift. Immer noch sehr populär sind jedoch handtellergroße Gürtelschnallen. In San Carlos bin ich dann auf einen Cam­pingplatz zum Saubermachen. Der Typ wollte 12 $ für eine Nacht! Zähne­knir­schend habe ich schließlich bezahlt, da es in der ganzen Gringo Kolonie nichts Billigeres gibt. Allerdings hat er sich beim Herausgeben saftig verhaut, sodaß ich schließlich gratis ´reinkam. Ätsch! Fast alles in San Carlos ist ziemlich leer und wartet auf die Wintersaison. Habe auch ´rausgefunden, daß sie hier „Catch 22“ verfilmt haben   das Buch, das ich gerade lese. Zufall. Wollte Pesos sparen und habe mir im „Super Mercado“ Brot und Bolloni ?? gekauft. Das Gute daran war, daß es nur 7 Pesos gekostet hat   das Schlechte: es ist noch ´was übrig für morgen  YACU???. Uhh   es ist schon 8 Uhr   jetzt muß ich aber schlafen…

 

Mi, 16.11.94

Mein ganzes Zeug war morgens noch naß und so habe ich mit Ultra Muße erst ´mal Kaffee gekocht und gefrühstückt. Hab´ dann noch Geld gewechselt und die Leute in der Bank mit meinem Outfit erschreckt. Nach dem Sturz sieht ja al­les ziemlich abgerissen aus. In Guyanas??? wollte ich endlich eine ordentliche Karte kaufen, hatte aber kein Glück. Alles , was ich bekommen konnte, war eine DIN A 4   Kopie für Schüler. Vielleicht ist es so, daß die Leute hier einfach nicht soviel herumfahren und daher keine Karten brauchen. Ich hab´ mir überlegt, ob es in Zukunft mit GPS Recievern und „throw away“ (= GPS maps???) über­haupt noch gedruckte Karten braucht. Ich glaube aber, daß es für verschieden­ste Zwecke, und Reisen sind davon nur ein kleiner Teil, einfach kein passendes Medium gibt. Nichts beflügelt meine Vorstellungskraft mehr als eine gute Karte und wie blind man ohne sie ist, erfahre ich ja gerade selber. Auch wenn man am Bildschirm jedes beliebige Display, jeden Ausschnitt oder jede Thematik jeder­zeit erzeugen kann, so hat diese bedruckte Blatt Papier doch etwas Beson­deres. Cool war, daß ein Polizist mich die ganze Zeit von einem Geschäft ins andere dirigiert und auf das Moped aufgepasst hat. Guyanas??? war jedenfalls sehr geschäftig und hauptsächlich auf Fischfang und nicht auf Tourismus orien­tiert. Etwas Außerhalb dann die Fischsuppe mei­nes Lebens gegessen. „Great!“ 5 U$ eigentlich nicht billig, aber in Mexico ist ei­gentlich alles recht teuer. Vieles sogar teurer als in den U.S. (für  1U$ gibt´s drei Tacos & Taco Bell   hier nur ei­nes). Auch Früchte und Gemüse sind nicht billig. Frage mich nur, wie sich die Leute hier das leisten können.

Weiter nach Süden wollte ich mir das Geld für die Autobahn sparen und bin auf Nebenstraßen durch ödes Landwirtschaftsgebiet gefahren. Jede Menge Hüh­ner  und Schweinefarmen mit dem dazugehörigen Ambiente, sprich Geruch. Das habe ich aber nur solange gemacht, bis ich d´raufgekommen bin, daß Mo­tos eh nichts zu bezahlen brauchen. Also weiter auf der Autobahn und da ist mir auch fast das Benzin ausgegangen! Ich habe da so eine Theorie, daß je größer der Tank ist, desto größer die Chance, ohne Benzin liegenzu­bleiben. Sollte man einmal empirisch untersuchen. Habe es jedenfalls bis zur nächsten Pembex Station geschafft und mit gutem Magna Sin?? aufgefüllt. Ir­gendwie stimmen aber auch die ganzen Km Angaben nicht, denn es ist mei­stens um einiges wei­ter als angegeben und das macht sich auf dem schmalen Sitz ohne Schaffell schmerzlich bemerkbar. Muß schau´n, daß ich bald an eines ´rankomme!

Von Navajoa in ich dann Richtung O nach Los Alamos abgebogen (nein, nicht das mit der A Bombe). Gegen 4 Uhr angekommen und erst ein paar Tacos in ei­nem alten Restaurant gefuttert. Hat wirklich Atmosphäre hier. Enge, gepflasterte Gassen, eine Kirche mit dreistöckigem Glockenturm, Plaza, kleinen Geschäften, die man nur über die ca. einen Meter über Straßenniveau liegenden Gehsteige erreicht und jeder Menge Typen in Pickups und auf Pferden. Alles ist total sau­ber und gepflegt und man traut sich absolut nicht, etwas auf den Boden zu wer­fen. Dabei habe ich nicht den Eindruck, daß dies hier für Touristen inszeniert wird, sondern daß es einfach der Stolz der Leute ist, auf ihren Ort zu schauen. Sehr schöner, ruhiger Ort   eigentlich der erste, der in etwa dem Bild entspricht, das ich mir von einem Dorf in Mexico so gemacht habe. Guter Platz, um das perfekte autarke Haus mit Solar /Windenergie, Bio Käranlage etc. herzurichten. Könnte mir vorstellen, hier in Pension zu gehen… (denk´ ich das wirklich schon?).

 

Do, 17.11.94

Morgens an der Pembex Station eine Amerikanerin getroffen, die mich zu ei­nem Typen geführt hat, der Karten über das Gebiet nach Creel haben sollte. Haus­mädchen öffnete und: was für ein Haus. Der Typ lebt in einem Palast. Eine total fachkundig renovierte Villa aus der Hochblüte der Silbergewinnung. Ein Traum, voll mit allen möglichen Kunstgegenständen und tollen antiken Möbeln, die er wohl aus ganz Mexico zusammengetragen hat. Exakt meine Vorstellung von ei­nem Traumhaus. Konnte aber nicht herausfinden, was er eigentlich von Beruf war/ist. Jedenfalls muß er einiges an Geld haben, denn billig ist das Woh­nen in Los Alamos auf keinen Fall. Was er mir dann zu erzählen hatte, war we­niger toll. Zum einen ist der Fluß nach den Regenfällen der letzten Tage so an­geschwol­len, daß kaum noch Lastwagen durchkommen   was ja nicht so wild gewesen wäre, denn ich hätte ja warten und das Moped auf einen Lkw laden können   zum andern ist gerade Erntezeit. Nein, nicht Mais oder Gemüse, sondern Mari­huana und Mohn. Das gesamte Gebiet um das eine Dorf am Fluß ist ein einzi­ges Dro­genanbaugebiet und diese Leute sollen ja nicht immer sonderlich freundlich sein. Vor zwei Wochen soll es eine regelrechte Schlacht zwischen Polizei Swap teams und den Bauern/Dealern gegeben haben.

Sogar einen Helikopter sollen sie ´runtergeholt haben. Der Trip nach Creel hätte zumindest zwei Tage gedauert und alleine ist das sicher keine zu gute Idee (will ja noch selber hin & wieder eine rauchen). Der Typ gab mir noch jede Menge Tips, wieder ´mal typischer Fall von „soviel zu tun, zu wenig Zeit“ (ich finde es immer ausgesprochen öd´, wenn Leute sagen „da war ich schon“ oder „hab´ ich schon gesehen“, allein in Mexico könnte man Jahre verbringen und erst einen Bruchteil des Landes entdeckt haben)   und ich entschied mich für die Route über Col. Olvegon nach Creel. Bis Olvegon öde Autobahn und Wind. Habe mir neue Sonnenbrillen („Ray An Extra“) gekauft. Verliere die Dinger, wie andere Leute ihre Haare. Nachdem ich die Abzweigung gefunden hatte, erstmal Taco Stop bei zwei wirklich netten Ladies; und gut waren sie auch noch. Auf der Strecke gab es die größten und fettesten Heuschrecken, die ich je sah. Habe zwei beim Kopulieren überrascht und aufgehoben. Der Typ (Tier oben) ist in Panik abgehauen und hat dabei ein Bein verloren. Wenn man bedenkt, daß manche Heuschrecken ihre männlichen Geschlechtspartner nach vollbrachtem Verkehr auffressen, dann ist er eigentlich recht gut davongekommen. Oder an­derer Gedanke: Was tut man nicht alles für Sex. Die Straße wurde zusehends kurviger und löchriger und führte durch tolle Täler und Schluchten. Fast zu viele Kurven für meinen Geschmack. War jedenfalls ein wildes Auf und Ab über viele Löcher und ich hatte kaum Zeit, die Landschaft zu beobachten. Mir gefällt´s je­denfalls in den Bergen weit besser als in den Küstenebenen. Bei einem Stop an einem „Café“ bin ich dann von drei Typen sofort wieder auf Marihuana und Ko­kain angesprochen worden und ob ich welche kaufen möchte. Hab´ nur ge­sagt „problemas“ und „mas problemas“. Waren sichtlich enttäuscht, aber ich will all dem Zeug soweit wie möglich aus dem Weg gehen. Ungute Stimmung und ich habe geschaut, daß ich verdufte. Habe erst dann die Gürtelschnalle des einen Typen gesehen: M. Blätter und Maschinengewehre; und hinter der Hütte war ein Flugzeug Landestrip freigemäht worden. Alles klar!

Da ich es nicht mehr bis nach Yecova schaffte, Übernachtung bei Familie im 1. Stock ihres Shops/Cafès/Restaurants/Stall/Marmeladenfabrik… gute Tortillas und Pfirsichmarmelade. Werde mir morgen noch einen Sack Apfelring mitneh­men…

Meine Turnschuhe stinken so, daß ich mir wünsche , sie würden nicht mir ge­hören.

 

Fr Sa, 18 19.11.94

Bin wieder ziemlich früh los, um endlich nach ?? zu kommen. Straße war wieder 1 2 Whack, means zwei Löcher, denen ich ausweichen konnte und ein drittes, das unweigerlich im Weg ist.

Zum Tanken mußte ich erst durch´s ganze Dorf, um die Zapfsäule schließlich in einem Restaurant vorzufinden. Nach Yecova wurde es dann zusehends kälter und es begann zu nieseln. Es dauerte wieder hundertmal länger, voranzukom­men, als ich dachte, aber was für eine Überraschung   3 Motos kamen mir ent­gegen, aber ich stoppte nicht   wäre wahrscheinlich eh nicht besonders warm geworden mit Racers aus Californien. Hatte eine gute Unterhaltung mit einem Typen beim desay uno. Er sprach gut englisch und ich bekam endlich Antwort auf brennende Fragen wie: „Warum hängen Mexicaner blaue Schachteln in die Bäume? (Gift gegen Afrika Killer Bee)… Dauerte wieder weit länger, loszukom­men, als geplant. In den Bergen wurde es dann richtig kalt und ungemütlich und ich war froh, die Wollhandschuhe bei mir zu haben. Gegen eins war ich an den Palemque Wasserfällen. Der hike??? dauerte nur eine halbe Stunde und all­zu­viel konnte man nicht sehen wegen des Wetters. Ich weiß nur, daß es recht scasy war, auf die andere Seite des Flusses zu kommen, nur über einen nassen Baumstamm und alle Felsen glitschig. Bin später noch auf die andere Seite des Canyons gefahren, um noch einen guten Blick auf die Fälle zu bekommen   sehr windig. Ab hier dann Schotter und es begann, sich wirklich zu ziehen. Es wurde immer kälter (war ja auf 2700 m Höhe) und später. Auch die Stimmung sank und eine kleine Unaufmerksamkeit warf mich fast. Da wurde mir wieder bewußt, daß nur eine Sekunde, ein Stein den Trip sofort beenden könnte. Wenn man alles aufsummiert, besteht die Reise also aus Tausenden von Momenten der Auf­merksamkeit   nicht nur beim Fahren.

Jump: Wenn ich 20x pro Minute schalte, habe ich am Tagesende 7 8000x ge­kuppelt   müßte eigentlich Muskeln wie ein Gewichtheber bekommen  .

 

Also durch Kälte und Kurven gepoltert und wieder kaum Zeit, die Canyonland­schaft zu bewundern. Es ist wirklich ein abso­lutes La­byrinth von auf und ab, Nord Süd Richtungswechsel. Es ist hart genug, eine ge­nerelle Richtung zu er­kennen. Endlich, gegen 4:30 h in San Juan ange­kommen und von dort in 30 min auf Asphalt nach Creel, ungewohnt.

Creel auf den ersten Blick schon sehr kalt und verschlammt. Habe im Führer „Margeritas Hotel/Pension“ gesehen und mich gleich dorthin durchgefragt. War bumsvoll mit Leuten, die in Küche oder Wohnzimmer herumhängen, Gitarre spielen, essen, singen etc. 15 Pesos (3 $) für einen Platz im Matratzenlager incl. Frühstück und Abendessen, ist kaum zu schlagen. Gut, wieder im Warmen zu sein. Jede Menge Travellers, Engländer…, Small talk, aber gut, nach zwei Wo­chen alleine. Nach dem Abendessen noch Bier und so spät, wie schon lange nicht mehr (11:30), ins Bett. Alles juckt, morgens großes „regrouping“. Guter „Traveller hangout“, in dem man es auch aushalten kann, wenn es einmal, so wie heute, regnet! Scheißkalt ist´s und es schüttet wie aus Kübeln. Ist aber wurscht, da ich da nur mit Wäsche waschen, Essen usw. zu tun habe. Mit Vi­vian, Caroll und Lora abends noch in´s „Margerita“, einer seltsam dunklen Bar.

 

 

So, 20.11.94

„Tag der Revolution“. Um 4 Uhr morgens Fahne hissen mit unglaublich schlech­ter Marschmusikband. Da ist die klassische Musik, die der Pfarrer jeden Abend über Lautsprecher ins Dorf bläst, weit angenehmer. Seltsam, hier mitten in Me­xico Tschaikowsky zu hören. Am Morgen waren alle Autos mit dicker Eis Reif­schicht überzogen und ich hab´ erstmal alles angezogen, was ich so hatte. Um 10 Uhr startete die Parade durchs Dorf und das durfte ich mir natürlich nicht entgehen lassen. Alle Vereine, oder was auch immer sie repräsentierten, waren gestellt und hatten ihre Abordnungen. Seltsamerweise waren es hauptsächlich Kinder, die tanzten, Pyramiden aus Körpern errichteten Aerobic machten etc. Ziemlich „wierd??“ und seltsamer Umzug. Der ganze Trupp zog dann minde­stens 2x durchs Dorf und das Ganze zog sich über den Vormittag hin. Wurde mir dann zu öd und ich habe mein Zeug für die Zugfahrt nach Divisadero, zum höchsten Abbruch des Canyons, hergerichtet. Zug ist dann auch pünktlich, mit nur einer Stunde Verspätung, angekommen. Die Strecke ist angeblich eine der wildesten Zugfahrten der Welt und tatsächlich windet sich die Strecke ganz schön durch den Canyon. Der wildeste Teil ist aber südlich von Divisadero und so kenne ich ihn nur von Erzählungen. Die Diesellok stank jedenfalls ordentlich und nach 1 1/2 Stunden Schüttelei war es mir auch gleich, daß wir da waren. An der Station gab es dann supergute „Cornilos“, von denen ich gleich drei ver­schlungen habe. Mit den öligen Damb vom Vormittag hätte ich eine Unterlage für ein drei­tägiges Saufgelage gehabt. Mit den Engländern hikte ich entlang des Canyon­randes und verbrachte die meiste Zeit nur damit, dazusitzen und ich den Canyon ´runterzuschauen. Riesig! Tiefer und weiter als der Grand Canyon und außerhalb des Ortes auch absolut keine Menschen. Wir starrten solange auf den Canyon, daß wir den Zug zurück nach Creel versäumten, was doppelt blöd war, da Gene und Andrew mit ihm ankommen sollten. Wir saßen erstmal 2 3 h am Bahnsteig, bis wir überrissen, daß alle Leute ihre Taco Faß Öfen räumten und auch die Indiofrauen ihre Kinder und Körbe zusammenpackten und heim­gingen. Im Hotel in D. saßen wir und genossen den absolut unwirklichen Aus­blick durch ein riesiges Panoramafenster. Total unwirklich, fast wie eine Wandtapete. Wir hatten aber Glück, denn nach 1h kam ein Pickup, der uns mit­nahm. Neun Leute im Wagen ging´s dann die 50 km zurück nach Creel.

Viel fun mit Mexicanos mit Weihnachtslieder singen und Fachsimpeln über Pla­cido Domingo. Der Typ in der Kabine warf andauernd Böller aus dem Fen­ster. Hat ihn wahrscheinlich mehr gekostet als das Benzin. Irgendwo unter­wegs hat­ten wir dann noch einen Patschen auf der Schotterpiste, aber die Jungs flick­ten den in „no hive“???  Hatten anscheinend schon ziemliche Erfahrung damit. Gegen 10 h dann wieder in Creel saumüde von dem Geschüttel im Auto. Dann noch kurz ins „Margerita“, aber kaum einer war fähig, noch etwas zu reden.

 

Mo, 21.11.94

Andrew weckte mich morgens auf. Sie hatten anscheinend keine Schwie­rig­kei­ten, den Typen mit dem Moto ausfindig zu machen. Andrew hatte auch schon ein Taxi nach Batopilas in den Canyon organisiert und nach kurzem Frühstück (Porrege   Yam) ging´s gegen 9:30 h im Datsun Taxi los, d.h., erst mußte der Typ noch Werkzeug und Öl kaufen, dann Geld leihen, um Benzin kaufen zu können, dann seiner Familie „Auf Wiedersehen“ sagen und dann noch tanken.

Gegen 11 h ging es dann wirklich los. Taxi, vollbepackt mit Gene, Andrew , Ke­vin, mir und Rucksäcken, sah schon ziemlich seltsam aus. Die Kiste war ein ziemliches Wrack mit ausgeschlagener Lenkung, kaputter Bremse und Fede­rung. Brauchten die ganze Straße, so ging es hin und her. Nach ca. 1 1/2 h war dann auch der Asphalt zu Ende und es wurde zusehends wilder. Wir saßen permanent auf und bei einigen kleinen Flüssen mußten wir aussteigen und schieben. Nach ca. 4 h waren wir am Rand des Canyons und das war wirklich spektakulär. Endlos tief und weit. Weit in der Tiefe konnte man den Fluß glän­zen sehen. Auf dem Weg hinunter mußten wir dann noch einige Male stehen­bleiben, um die Bremsen zu reparieren bzw. abkühlen zu lassen. Wir bekamen wirklich unser Geld zurück, denn das Auto wurde schwer mitgenommen. Wir saßen permanent auf und irgendwo auf dem Weg muß jetzt auch noch ein Auspufftopf herumliegen. Für 140 km brauchten wir schließlich 7 Stunden; trotz spektakulä­rer Szenerie war jeder froh, daß wir da waren. Batopilas ist ein „dry town“, d.h. es gibt keinen Alkohol zu kaufen   außer einmal im Jahr am Unabhängigkeitstag   welcher gestern war. Das ganze Dorf ist voll von Besoffenen, die entweder auf ihren Trucks herumfahren oder nur herumliegen. Seltsam. Coole Mariachi Band, die durch die Straßen wanderte. Auf der Suche nach einem Führer nach Urique fanden wir nur einen Typen, der aber irgend­welche Traumpreise verlangte. Fragten auf der Plaza noch eine ganze Weile herum   erfolglos. Keiner, so sieht es aus, will zu Fuß gehen. Fand schließlich doch noch einen Typen, der uns morgen um 6 h abholen und uns den Anfang des Weges zeigen und begleiten will.

 

Di, 22.11.94

Gegen 1/2 7 ging es dann auch tatsächlich los durch das noch stockdunkle Dorf. Unser Führer war, wie sich herausstellte, ein Lehrer, der in verschiedenen Dör­fern in den Canyons unterrichtet. Eigentlich nicht schlecht, denn pro Schule gibt es nur etwa 15 20 Schüler, die die ganze Aufmerksamkeit des Lehrers ha­ben. Erst ging es den Rio Batopilas entlang durch kleine Dörfer und später dann in einen Seiten Canyon Richtung W. Der Weg, obwohl natürlich nicht markiert, war eigentlich leicht zu finden   wenn man einmal auf ihm ist. Gene´s Rucksack hatte mindestens 20 Kilo und für ihn war es eine ziemliche Plackerei. Wann im­mer wir auf Leute stießen, fragten wir nach dem Weg, was eigentlich sehr gut ging und wir verliefen uns nicht einmal (was ich eigentlich irgendwie eingeplant hatte). Wir wollten von den Ran­cheros einen Esel für Gene´s Rucksack mieten, aber 100 Pesos (330 ÖS) war jedem zu wenig für einen Tag. Auch wollte nie­mand über den Preis handeln, was ich seltsam fand, denn die meisten Typen saßen nur herum und waren nicht am arbeiten.. Wäre eigentlich leicht verdien­tes Geld. Vor allem hier oben in den Canyons, wo es sonst wenig Möglichkeiten gibt, auf ehrliche Weise etwas zu verdienen. Aber vielleicht brauchen sie das Geld auch nicht. Wir hikten jedenfalls weiter und es wurde steiler und heißer   im Sommer muß das hier die Hölle sein! Die Landschaft war o.k., aber nicht un­bedingt überwältigend; es wäre weit spek­takulärer ohne Vegetation, wenn man die Gesteinsformationen besser sehen könnte. Gegen fünf schlu­gen wir unsere Zelte auf. Schließlich fanden wir noch einen tollen Platz ganz oben am Canyon, mit einem Wasserfall auf der gegenüberliegenden Talseite und einer Quelle, in der man toll duschen konnte (ließ ich aber aus). Gene´s Ex­peditionsessen füllte mich und ließ mich bewußtlos schlafen.

 

Mi, 23.11.94

Tolle Szenerie morgens. Allein dieser Abschnitt war die Tour hierher wert! Aus dieser Höhe kann man toll auf die Canyons hinunterblicken. Wenn man be­denkt, wie lange es dauert, um nur an die andere Talseite zu gelangen, wird ei­nem bewußt, wie riesig dieses Gebiet hier ist; wahrscheinlich das unzugäng­lich­ste in ganz Mexico! Auf dem Landweg von den U.S. mindestens 10 Tage, ein­schließlich wilder Autofahrt + Hikerei. Keine Fahrzeuge, nicht einmal Flugzeuge   abgesehen von einem Helikopter für Drogentransporte. Nachdem wir den Canyonrand erreicht hatten, ging es durch Pinienwälder auf und ab   schön. Immer wieder kleine Flüsse und Lichtungen. Gegen 12 kamen wir zu ei­ner Ranch, wo wir Mittag machten. Sehr nette Typen   gaben uns Tortillas und Thunfisch und ???. Verarztete die Zehe von einem der Rancheros und wir hat­ten viel Spaß beim Essen. Sechs Stunden auf dem Pferd in jede Richtung! Ziemlich unglaublich, wie die Zeit hier stehengeblieben zu sein scheint. Der Wilde Westen vor 100 Jahren war wahrscheinlich nicht viel anders. Pferde, Ko­chen am offenen Ofen, die Kleidung, Indianer   alles erinnert mich an Western Filme. Gene war so fertig, daß er schließlich für 175 Pesos einen burro??? mie­tete, der seinen Rucksack transportiert. Zuerst wollten sie unser ganzes Ge­päck aufladen, aber ich will mein Zeug selber schleppen. Es ist Teil des Trips, nur so­viel mitzuhaben, wie man tatsächlich braucht und selber tragen kann, sonst komme ich mir vor wie ein „package tourist“, der sich um nichts kümmern muß, außer Souvenirs zu kaufen Mit dem Esel (genauer Muli) war´s aber Spaß, denn 1. war Gene besserer Stimmung und 2. war der Typ, dem er gehört, sehr o.k. Er war ein alter Ranchero, der immer gelacht hat und sehr freundlich und zuvorkommend war. Außerdem war es gut, jemanden zu haben, den man ver­schiedene Dinge fragen konnte. Mit dem Muli funktionierte es je­denfalls gut und wir kamen ziemlich schnell voran. Runter zum Rio Urique war es heiß und stei­nig. Irgendwie hatte ich, obwohl die Vegetation nicht danach war, oft den Ein­druck, als ob ich im Dschungel wäre. Wenn man so über die ganzen Täler schaut und einzelne Ranchos irgendwo hoch oben sieht, bekommt man wirklich ein Gefühl, wie abweisend  und unzugänglich das Land hier ist und wie sehr wir auf die Technik angewiesen sind, um uns von A nach B zu bewe­gen. Trans­portmittel ist jedoch das Muli, ohne es würde sich hier wenig abspie­len. Auch mein Schweiß stinkt so wie in Afrika und vor allem morgens, wenn al­les noch feucht ist, riecht es modrig   genauso wie in Zentralafrika oder Zaire. Haben den ganzen Tag keinen Menschen getroffen (außer bei der Ranch), was irgendwie enttäuschend war. Ich dachte , es gäbe hier mehr Siedlungen der Tarahumara Indianer aber scheinbar nirgends, wo wir hingekommen sind. Gegen 5 machte wir dann Camp an einem Fluß. Wollte erst in einer Felshöhle am Fluß schlafen, aber nachdem unser Guide erzählte, daß es hier unten Anacondas geben soll, schlug ich doch lieber das Zelt auf. Wieder Lagerfeuer und üppiges Essen mit Spliff, gerollt in Fahrscheine vom Zugtrip.

 

Do, 24.11.94 (Thanksgiving)

Sobald es hell wurde, aufgestanden   wer kann schon 11Stunden schlafen? Entlang des Flusses nach unten bis zum Rio Urique. Den hatten wir zu überque­ren und da das Wasser ziemlich hoch war, mußten wir ein ganzes Stück strom­aufwärts latschen, bis wir eine seichte Stelle fanden. Man muß ganz schön auf­passen, um nicht schwindlig zu werden und auszurutschen. Was für ein Desa­ster, wenn die Kamera naß würde.! Am anderen Ufer begann dann ein Weg, der uns in ca. 5 h nach Urique führen sollte. Stoppten aber im ersten Dorf, wo wir so ziemlich alle Colas im Laden aufkauften. Ein Kind beobachtete uns die ganze Zeit und Andrew meinte, daß es in jedem Dorf so ein Kind gibt. Es ist entweder sehr gescheit oder sehr dumm, gut beobachtet. Nach einigen Km entlang des Weges bei brütender Hitze, nahm uns dann ein Pickup mit   sehr angenehm und gratis. In Urique erstmal ordentlich gegessen & Kaffee getrun­ken. Gut, sich be­quem hinsetzen zu können und frisches Essen zu haben. Sehr nettes und an­genehmes kleines Dorf. Strom gibt es von 8 11 h und jeder grüßt mit „Hola“. Am Plaza gibt es ein tolles Geschäft in einem alten Haus aus der Kolonialzeit, bumsvoll mit Waren aller Art. Andrew und ich spazierten noch auf und ab, um dem Muskelkater vorzubeugen. Ansonsten „chillin out“, wie Kevin sagt. Glaube, ich komme in die Phase, wo ich beginne, „well chilled out “ zu sein. Kevin ist wahrscheinlich „the king of the chill“.   Ist sonderbar, ich ertappe mich nun dabei, englische Sätze ins Deutsche zu übersetzen! Morgen um 8 h geht´s mit dem Bus weiter.   Hätte eigentlich gute Lust, noch ein paar Tage so weiterzumachen. Bin irgendwie über die Schmerzgrenze hinweg und das Gehen und der Dreck sind Gewohnheit geworden.   Have to come upwith my business (Gris Drogen­fahndung? THINK!).

 

Fr, 25.11.94

Nach 3 h Busfahrt Warten auf Zug nach Creel. Kam auch pünktlich mit nur ei­ner Stunde Verspätung. Im Zug Typen getroffen, der genauso aussah, wie der In­dianer in „Einer flog übers Kuckucksnest“. War Antropologe und beschäftigt sich mit Heilpraktiken der Indianer   interessanter Typ. In C. wieder ins Margeri­tas eingecheckt, wo es abends eine ziemlich wilde Auseinandersetzung zwi­schen Rednecks, Deutschen und einem Typen aus Portugal gab   wegen ei­ner Gabel. Was für Idioten!

 

Sa/So, 26./27.11.94

In der Nacht setzte Dünnpfiff ein und ich bin ziemlich außer Gefecht. Kevin und die Mädels sind nach Chihuhaha abgereist. „Regrouping“ ist angesagt und ich will sehen, ob ich am Montag abfahren kann.   Muskelkater in den Wadln ist weg und ich kann mich wieder wie ein Mensch bewegen.

 

Mo, 28.11.94

Guter Tag. Morgens Andrews Paket und ein Buch nach Hause geschickt. Na­tür­lich eine 3/4 h gedauert, bis alle erledigt war. Bin gespannt, ob es an­kommt! Gestern einen Typen aus Chihuhaha getroffen, der auf einer alten Husquarna unterwegs ist. Er ist Hobby Völkerkundler und verdient sein Geld mit dem Ver­kauf von Artifakten (?), die er von den Tamahuara Indianern in den baranchas kauft und dann weiterverscherbelt. Netter, witziger Typ, der Roberto, außerdem spricht er etwas Englisch. Mit ihm werde ich heute nach Narogachi fahren, wo er jemanden kennt, bei dem wir übernachten können. Nachdem das Moto die ganze Woche gestanden hat, dauerte es ziemlich lange, bis ich es zum Laufen brachte, dazu kam noch, daß ich die Schlüssel verloren hatte. Schlecht! Gut ist, wenn man Kopien hat! Bis alles lief   wir mußten Bertos Vergaser aus­bauen   war es auch schon wieder 12 Uhr. Erst ging´s auf Asphalt Richtung Batopilas und dann weiter auf Schotter Richtung Osten. Tolle Waldlandschaft mit kleinen Indianersiedlungen und wilden Sandsteinformationen. Fast wie in der Türkei in Góremel haben die Leute ihre Häuser und Ställe in die Sandsteinhöhlen hinein­gebaut. Es gab jede Menge kleine Bäche zu überqueren, aber Gottseidank kei­nen, der wirklich tief war. Da es heute morgen Eis auf den Laden und Dächern gehabt hat, wäre das eine frostige Angelegenheit gewesen. Ich bin ohnehin schon verschnupft genug. Die Leute in dieser Gegend waren wirklich sehr freundlich und bei jedem Stop wurden wir mit einem freundlichen „Hola“ ge­grüßt. Bis Narogachi waren es auch nur 4 h, nach denen es mir  schon wieder gereicht hat, denn die Piste war zeitweise from „Ilizi Treppen Typ“. Robertos Freund ist ein 80 jähriger Mann, der hier im Dorf ziemlich populär ist. Er kennt die ganze Gegend und hat u.a. für einen Franzosen, der ein Buch über die Ta­mahuaras  geschrieben hat, als Führer gearbeitet. Freundlicher Empfang und feurige Chilli Suppe und Frijoles zum Essen. Mit Roberto bin ich dann durchs Dorf und das war weit angeneh­mer, als allein unterwegs zu sein. Haben den In­dianer beim „Quinze  Spielen („15„)“ zugesehen. Jeweils zwei Spieler sitzen sich hier gegenüber und werfen abwechselnd 4 Holzstäbe mit Kerben auf einen Stein, von dem sie abprallen und auf die Seite des anderen Spielers fallen. Mit Steinen, die in Vertiefungen im felsigen Boden gelegt werden, wird der Spiel­stand markiert. Wie die Regeln ge­nau aussehen, konnte ich nicht herausfinden, es schien ihnen aber viel Spaß zu machen   erinnerte mich irgendwie an´s Eis­stockschießen daheim. Die Abhol­zung rund ums Pueblo ist fast 100%ig und die Konsequenz ist, daß die Leute ihr Holz von weither „eseln“ müssen. Daß es in den letzten Jahren kaum geregnet hat, kann sicherlich auch damit zusammen­hängen. Es gibt keinen Strom, abge­sehen von einzelnen Solaranlagen, und jetzt um 6:30 h ist es im ganzen Dorf, abgesehen vom Schein der Petroleumlampen in den Fenstern der  ??? Häuser, auch schon dunkel. Touristen finden hier kaum her in die wirklich tiefen Canyons, gute Straßen  bzw.  Zugverbindungen und Hotels gibt es hier nicht. Vielleicht ein typisches Dorf für diese Gegend. Je­der, den wir so trafen, war je­denfalls sehr freundlich und durch das fahle Licht, das durch den leichten Wol­kenschleier fiel, war alles in ein eigenartiges fernes und kaltes Licht ge­taucht. Ich weiß nicht, ob es mich an den Frühling oder den Herbst daheim erin­nert   seltsam. Roberto setzt ziemliche Hoffnungen in den Tourismus als Heilmittel für viele der Probleme der Leute, vor allem der Indianer hier in der Gegend. Publi­city und so. Die Kehrseite will er allerdings nicht sehen, aber wahrscheinlich wäre es zumindest ein Anfang, um etwas soziale Gerech­tigkeit herzustellen (ziemlich platt   eh?). War jedenfalls eine gute Idee, hierher zu kommen. Ließen den Abend am warmen ??? ausklingen; mit Tamahuara Musik auf MW.

Der Typ konnte sich noch an den Tamahuara  Guerillo Parisio erinnern, der 1918 gegen die Tamahuaras  kämpfte (bei Casas grande), als die (die Apa­chen) aus den U.S. (Arizona) vertrieben wurden.

Ich wußte nicht, daß 150.000  ???? Mexicanos im Golfkrieg für die U.S. nach Saudiarabien geschickt wurden. Wurden kurz davor eingezogen und dann entlassen….  *und Residency gewährt??

Pancho Villas war der einzige (außer den Japanern auf Hawaii), der jemals die U.S. (auf dem eigenen Territorium   Anmerkung des Datenerfassers Mike) an­ge­griffen hat.

Green Go! Gringo  (Green Uniform from Revolution 1910 1921???)

 

Di, 29.11.94

Schlecht geschlafen trotz traumhaften Sternenhimmels   total verkühlt. Mor­gens lange um den Ofen gesessen und Huevas con Frijoles gefrühstückt. Zum Wa­schen mußte ich erst eine zentimeterdicke Eisschicht im Faß durchbre­chen, saukalt! Bis 12 h sind wir dann am Dorfplatz gesessen und haben mit Locals gequatscht. Claudia, sie hat in den U.S. studiert, arbeitet an einem Projekt wel­ches alte Kulturpflanzen der Incas in dieser Gegend wieder seßhaft machen soll. Sehr interessant, werde sie vielleicht über Weihnachten in Oaxaca treffen. Habe nebenbei immer den Schulbetrieb beobachtet; alles läuft sehr dis­zipliniert ab, fast wie beim Militär. Bretto erzählte mir, daß Mestizos  und Tamahuaras  Kinder in separate Klassen gehen und daß beim Schreibunterricht der T. Wör­ter nicht oder absichtlich falsch gelehrt werden, um die Kinder ja nicht zu gebil­det zu machen. Ziemlich unglaublich und natürlich unterrichten Nonnen… Die Fahrt nach Guachochi (2200 m) war dann ziemlich scheußlich. Erstens hatte ich keine Lust und es war kalt, und zweitens war die Piste scheußlich. Vulkan­stein­geröll oder blanker Fels mit tiefen Furchen. Gut, daß es nur ca. 60 km wa­ren. Ich denke, eine Piste ist nur dann „schlecht“, wenn es über längere Zeit (= Tage?) grausam dahingeht. Ist also irgendwie ein Verhältnis zwischen Qualität und Länge. In Guachochi ersteinmal Grill Hendl gegessen. Great, nach all den Tacos und Quasadillas???. Später noch eine Schraube für meine Vorderrad­bremse aufgetrieben, was gar nicht so einfach war, da die Amis gemeinsam mit ihren Autos auch das Zoll System exportieren. Fanden schließlich doch noch eine halbwegs brauchbare Schraube auf dem Boden einer Werkstatt. Seltsam, aber mit Mechanikern habe ich eigentlich im­mer recht viel Spaß. Sind danach zu Brettos Freund Dr. Antonio gefahren. In seiner Ordination, einer eiskalten Roh­baubude, hat er sich um Brettos Finger gekümmert, den dieser sich blöd ausge­renkt hat. Konnte nicht hinsehen, wie der Dottore in Cowboystiefeln, Jeans, Hut und natürlich Messer am dicken Gürtel, versucht hat, ihn einzurenken. In Dr. Antonios Haus, einer weiteren Rohbaubude, ersteinmal heiß geduscht. Great! Alles ist total lieblos hergerichtet und ums Haus herum liegt jede Menge Gerüm­pel. Mit etwas Aufwand   nicht Geld   könnte es hier ganz anders aussehen. Warum legen die Leute so wenig Wert auf ein halbwegs komfortables oder zu­mindest sauberes Zuhause? (Bin ich ein Deutscher ????). Nach dem Abendes­sen, es gab gute Suppe, dann endlos Diskussion über Politik, Mexico und die U.S. Irgendwie haben die beiden rechtschaffenen Linken Annektion Mexicos durch die U.S. nicht verkraftet.

Das free trade agreement zwischen M. C. U.S. und der kulturelle Einfluß der U.S. gibt ihnen jetzt den Rest. Trotzdem, beide sehr nett und aufrichtig mit Idealen und Werten. Was ich so mitbekomme haben beide ihren Anteil Polizei­prügel, Drohungen etc. abbekommen. Antonio geht sogar so weit, daß er ohne Revolver nicht mehr aus dem Hause geht.

 

Mi, 30.11.94

Familie ist früh aufgestanden und daher auch ich, da ich auf dem Küchenbo­den geschlafen habe. Seit ich auf der Reise bin, träume ich fast jede Nacht, was ich sonst eigentlich kaum tue. Bin mit B. im Krankenhaus zum Röntgen und beim Versuch, das Haus zu verlassen, mit dem Kopf gegen den (zu niedrigen) Tür­stock geknallt. Habe geglaubt, mein Kopf wäre geknackt, aber es war nur etwas abgeschürft und wird halt eine ordentliche Beule abgeben. Heute nach­mittag wollen wir auf Antonios Ranch fahren. Bin schon gespannt… Wie ich mir hätte denken können, fährt der Bauer nicht zum „in der Sonne liegen“ auf seinen Hof. Haben zuerst diverse Werkstätten aufgesucht und dann eine Wendema­schine aufgeladen. Auf einer sehr staubigen Straße rumpelten wir dann zur Ranch. Ein wirklich schöner, romantischer Platz im Föhrenwald, ruhig und ent­legen. Erst wurde die Wendemaschine repariert und dann haben wir Kornhalm­bündel ein­gesammelt, die auf den Feldern lagen. Nebenher wurde gemütlich Tequila ge­trunken und gelacht. Auch der Doc hat fest zugepackt und mir kommt vor, daß er besser hierher paßt als in eine Ordination. Daß meistens romanti­sche Plätze einen Haken haben, trifft auch hier zu   denn es gab kein Wasser im Haus. Das hätte man aber auch am Typen, der hier wohnt, ablesen können. Zu­hause bei Antonio dann gutes Essen und später durch´s Dorf ge­latscht, um je­manden zu finden, der meine Packtasche reparieren kann   erfolg­los. Bin sau­müde und möchte eigentlich nur schlafen, aber ich bin ja Gast und der Abend wird sich si­cher noch in die Länge ziehen.   Guter Satz im Buch „Unser werter Roman An­drejewitsch“ von Daniel Granin, 1991: „Bei einem kal­ten Herbst, Ha­gel oder Hitze helfen auch nicht Protest oder Dankbarkeit“. Paßt für viele Situa­tionen.  „Non somos machos pero somos muchos“ or something.   Die Drogen­schmuggler haben einen Heiligen „Malverde“, zu dem sie beten und Marterl??? aufstellen. War angeblich ein Dealer in Sinaola, der das Geld den Armen gege­ben haben soll und schließlich erschossen worden ist.

 

Do, 1.12.94

Hat in der Nacht geregnet, was gut war, denn das heißt, es ist wenigstens nicht so saukalt. Habe noch die Packtasche richten lassen und mich von Familie und Bretto verabschiedet. Er war wirklich nett zu mir und ich hoffe, daß sein Finger gut wird und er es auch sonst schafft, auf einen grünen Ast zu kommen. Fahrt erst wieder eintönig auf mittelschlechter Piste. Kurz vor San Pablo Balleza öff­nete sich die Landschaft dann und es gab tolle Ausblicke auf weite, flache Canyons. Unglaublich gelbes Gras, daß, wenn nicht gerade eine Wolke davor ist, toll in der Sonne glänzt. Danach wurde es regne­risch, doch ich hatte Glück und fuhr meistens zwischen den Regengüssen. Beim Mittagessen kam ich d´rauf, daß ich schon wieder kein Geld habe und wechseln muß, also auf in die nächste Stadt, Hidalgo de Pavral ??? (1600 m). Wollte es noch vor drei Uhr schaffen, bevor die Banken schließen und heizte ziemlich an. Es war aber zwecklos, denn aufgrund irgendeiner politischen Veranstaltung in Mexico (sah am Abend Blut und Demonstrationen der Indianer im TV) war alles zu. Stieg im Hotel Acosta ab. Guter Platz mit heißem Wasser und Moto in der Eingangshalle. Small 23 gespielt und lange geduscht. Und wieviel heimliche Musik jedes Ho­telzimmer macht. Aussicht auf die Cathedral genossen, während es in Strömen gegossen hat. Das Hotel erinnert mich fast an Italien. Alte Hotels haben meist eine angenehme Atmosphäre und dieses ist speziell angenehm. Die Musik erin­nert mich an den letzten Herbst in Buffalo   an Kim, den Chevy, in der Kälte her­umfahren mit der dicken Mütze, an Fernsehen mit Eric, Party in a bowl etc. war ein sehr gutes Jahr (!!), an das ich wahrscheinlich noch oft senti­mental zurück­denken werde. Aber „panta rei“. Da ich schon um drei hier war, bin ich noch durch die Stadt gebummelt. Jede Menge Geschäfte und keine Amis. Sehr mo­dern und es gibt eigentlich alles, was es bei uns auch gibt. Habe fast eine Zuc­kerüberdosis erlitten, da  so viele Süßigkeiten… Aus unerklärlichem Grund bin ich ganz heiß auf das Zeug. Bin später noch ins Kino und habe mir dummen Ami movie angeschaut. Anschließend noch in eine Cantina mit of­fenem Klo, Pissrinne unter der Bar. War nicht betrunken genug, um sie auszu­probieren. And the mariachis played on.   Pancho Villas was killed in Paval??? on 20.7.1923.

 

Fr, 2.12.94

Sehr gute Nacht Die 50 U$ (150 ÖS) haben sich ausgezahlt. Brauchte die Zeit, um alleine zu sein nach dem doch etwas anstrengenden & exponierten letzten Tagen. Raus aus Paval??? bei kaltem, regnerischen Wetter. Gute Suppe zum Frühstück und aufwärmen. Die Straße ist regennass und schnurge­rade. Lang­weilig, aber es ist zu kalt, um auf gute Gedanken zu kommen. Nach einer Poli­zeikontrolle (ca. Km 200) wurde es dann für kurze Zeit gebirgiger und regneri­scher, aber wärmer. Trotzdem war irgendwie eine gute Stimmung. So ging es dann eine Zeit dahin mit Regengüssen und Trockenperioden, aber au­ßer den Füßen und Beinen war alles trocken. Die 240 U$ für die Moto Jacke haben sich ausgezahlt. Bei einem Stop sah ich einen Haufen Geier, wie sie auf einem Baum ihre Flügel trockneten. Cool. Da mein Licht hin ist, wollte ich nicht weiter bis Durango fahren und stoppte in Chupaderos, 12km N von Durango. Tomb­stone? Ist ein Witz gegen dieses Dorf. Obwohl verfallen, kann man glauben, im Jahr 1880 zu sein. Kirche, Saloon, al­les wie im Film. Leider schon zu dunkel und regnerisch, um Fotos zu machen. Bei der Suche nach einem Platz für die Nacht lädt mich ein alter Mann zu sich nach Hause ein. Sehr nette Leute. Es gibt heiße Milch und Faros.???.

 

Sa, 3.12.94

Morgens Fotosession im Dorf und gutes desay uno mit frejoles & huevos???. In Durango Licht repariert und Öl gekauft. Relativ nichtssagende Stadt, sehr modern und wenig Charakter, Auf dem Weg aus der Stadt das fette­ste Huhn seit langem gegessen. Hühnerfett ist das schlimmste, überhaupt wenn es nicht rich­tig durchgebraten ist. Langer Stop in einem Dorf am Weg mit Kaf­fee, Schuhput­zer etc. Auf dem Weg nach Zacatecas in Sambarete, einer kleinen Kolonial­stadt, haltgemacht. Schaute nur interessehalber in das (einzige ?) Hotel und konnte nicht widerstehen. Für  20 U$ ein Zimmer in einem tollen Haus mit offe­ner Halle und Balkonen im Kolonialstil. Das Moto konnte ich mitten hinein­fahren. Es scheint, als ob es in Mexico jeden Tag etwas zu feiern gibt. Hier war wieder ir­gendeine Prozession im Gange mit jeder Menge Kindern und dem Pater im Ford 4WD voranfahrend und über Lautsprecher vorbetend. Bin dann in eine Cantina und habe den Nachmittag mit Bier und Melodias der Mariachi Band verbracht. Ein Lied kostet 50 $ und bei „La Bamba“ habe ich selbst in die Saiten gegriffen. Hoffe, die Bilder werden ´was. Bin dann zurück ins Hotel und habe gelesen. Ir­gend so ein Thriller „Guet & Unusual“. Wollte eigent­lich noch ausge­hen, aber das Buch war zu spannend.

 

So, 4.12.94

Wollte eigentlich erst gar nicht aus dem Bett, denn ich habe mich so in den Win­ter in Virginia, wie im Buch, hineingelebt, daß ich glaubte, ich muß einen Anorak anziehen. Seltsam, wie ein Buch einen aufsaugen kann. Ordentlich ge­frühstückt und dann los nach Zakalekas. Auf dem Weg durch O.K. Landschaft, teilweise mit schwarzen Vulkansteinen und jeder Menge Kakteen, an einem Limo Stand haltgemacht. Neben Tuna (der Frucht des Nepal Kaktus, süß) ver­kaufen die Jungs auch getrocknete Klapperschlangen   da mußte ich leider pas­sen. Z. dann eine wirklich schöne , alte Stadt mit jeder Menge Kirchen und einer tollen Kathedrale aus rotem Sandstein. Auch auffallend viele hübsche Frauen gibt es hier, eigentlich das erste Mal in Mexico. Bin mit der Seilbahn auf den Hausberg gefahren, gute Aussicht. Wieder irgendeine Fiesta im Gange   die Mexicanos feiern wirklich gerne   mit Open air Band in der traumhaften Altstadt.

Noch ein paar Biere mit einem Typen getrunken, der unbedingt das Klo in mei­nem Hotelzimmer benutzen wollte. Da muß er sich schon einiges mehr ein­fallen lassen….

 

Mo, 5.12.94

Morgens im Hotel Kaffee gemacht und mich über den launigen Besitzer geär­gert. Moto aus der „Pension“ geholt. Anscheinend ist es wirklich nicht ratsam, es auf der Straße zu parken, denn jeder riet mir, es in einen bewachten Parkplatz zu bringen. Im Süden von Z. die Ruinen Chocomostoc angeschaut. Nicht so un­bedingt spektakulär. Ich denke, ich werde noch bessere sehen. War aber schön warm und ich bin ganz hinauf geklettert und habe die Aussicht genossen. Von Jalpo dann auf eine mittelscheußliche Schotterpiste in die Sierra. Aus unerklärli­chem Grund hat es mich dann geschmissen und dabei mein Schienbein aufge­kratzt. Mit Enduro Stiefeln wäre das nicht passiert. Was mich aber beunruhigt hat, war, daß es keine schwierige Stelle war und ich aufgepaßt habe   so etwas nagt am Selbstvertrauen…. Noch ca. 50 km im Schneckentempo, bis wieder As­phalt unter den Rädern war. Wollte noch unbedingt bis nach Lagos di Moreno und bin bis zum Einbruch der Dunkelheit gefahren. Ich glaube, ich habe jeden Mosquito zwischen San Pedro & Moreno im Gesicht gehabt. Waren von der harten Sorte und haben gestochen wie kleine Schottersteine… Hotel Paris (45 U$) ist o.k. und Moped steht in der Halle. Es ist wieder irgendeine Fiesta im Gange. Überall knallten die Böller, als ich durch die Straßen wanderte. Cola im Cafè „Kenya“ & „Las Vegas“.

 

Di, 6.12.94

Wäsche waschen (lassen). Auf der Plaza sitzen und Life Magazin lesen. Fisch­suppe essen. Ruhen. Weihnachtskarten schreiben. Gutes Joghurt zum Aben­dessen. Lagos ist eine moderne Stadt und alles wird eifrig von den U.S.A. ko­piert: von den Rollerblades über Megadelht´s und Macho Pickup Trucks. Trotz allem Fortschritt scheint es aber unmöglich, nach Österreich zu telefonie­ren. Die Stadt ist sehr sauber und ich habe noch keinen Sandler gesehen oder bin ange­bettelt worden. Das liegt sicher nicht an meinem Aussehen oder  den Spa­nisch­kenntnissen, obwohl mir eine Frau in einem Geschäft ein Kompliment für mein „gutes Spanisch“ gemacht hat! Ha ha, aber im Vergleich zu noch vor zwei Wo­chen habe ich schon viel gelernt. Hoffe, daß das so weitergeht, denn am Ende dieses Trips will ich zumindest halbwegs flüssig sprechen können. Spiele auch mit dem Gedanken, in Antigua einen Sprachkurs zu machen, wenn´s nicht zu teuer ist.

 

Mi. 7.12.94

Von Lagos de Moreno nach Granayato ??? waren es nur ca. 100 km Auto­bahn. Sah grausigen Unfall auf dem Weg   brrr…  J. tolle Stadt mit jeder Menge Tun­nels, in denen der Verkehr strömt. Manche sind, wie bei der  Wiener U Bahn, offen und man sieht die Rückseite der Häuser, Total eigene Philosophie, um der Verkehrsprobleme Herr zu werden, die aber nicht wirklich funktioniert, denn alle Straßen sind total verstopft und es stinkt ziemlich. Sehr verwirrend, wenn man einmal in einem der Tunnels ´drin ist, ist´s schwierig, wieder heraus­zukommen und wenn man´s schließlich geschafft hat, fehlt die Ahnung, wo man eigentlich ist. Bin am Nachmittag in´s „Museo des las Munias“ gegangen, wo jede Menge ca. 100 Jahre alte Mumien ausgestellt sind, cool. Manche haben noch die Soc­ken an und Haare am Kopf. Habe dort zwei Mädels aus Utah ge­troffen, mit denen ich später in einem Garten spazierengegangen bin und gequatscht habe etc. Da bei mir im Hotelzimmer noch ein Bett frei war, haben sie abends ihre Sachen ´rübergepackt. Hatten noch Pizza am Abend und haben lange ge­quatscht auf dem Balkon. Gute Stadt, werde noch einen Tag bleiben.

 

Do, 8.12.94

Hatten Balkontüre offen und um 7 h ging der Wirbel draußen los. Busse, die um Kunden werben, Polizisten, die total irrational in ihre Pfeifen blasen und der Die­selgestank ließen mich nicht mehr schlafen. Bin mit den Mädels zum Markt, wo´s gutes Frühstück mit Saft und Kuchen gab. Danach ´rauf zum Monument, das die Stadt überragt. Der Weg führte durch enge, steile Gassen, durch welche kein Auto mehr hindurchkommt. Umziehen muß hier ein Alptraum sein. Von oben gab es eine tolle Aussicht über die verschachtelte Altstadt. Auf dem Weg nach unten wieder um den Markt, wo Jessica als Vegetarierin nicht recht über die Fleischberge hinweggekommen ist. Die Beiden sind dann weiter nach San Miguel, einer kleinen Stadt weiter östlich mit einer größeren U.S. Population. Ich glaube, sie sind in for more Partying.. Habe am Nachmittag dann 2 h gebraucht, bis ich das Museo de Santiago Riviera gefunden habe. Unglaublich, wie man sich hier verlaufen kann. Ein Bild von Riviera zu haben, wäre toll! Danach nach Hause telefoniert und 450 S bezahlt, für 10`. Ich glaub´, mich haut´s um! Bin durch meine Finanzen gegangen und mußte feststellen, daß ich weit über mein Budget lebe. Muß mich einschränken, Telefon ist jedenfalls out. Andi hat seine Sponsionsfeier dieses Wochenende,. Schade, daß ich nicht dabei sein kann. Muß mir ernsthaft überlegen, ob ich jetzt eine Diss. schreibe oder nicht. In den letzten Monaten war ich ja eher der Meinung, ernsthaft einen Job zu haben und mehr Praxis zu bekommen. Auf der anderen Seite ist der Dr. doch einiges wert und wenn nicht jetzt, dann mache ich es nie. Well, I´ll see… Wegen der Finan­zen bin ich auch am Überlegen, schön langsam nach Süden und Guatemala zu fahren, wo es doch um einiges billiger ist. Auf der anderen Seite wäre es aber dumm, Plätze, die ich gerne sehen möchte, auszulassen, wo ich schon ´mal da bin. In Eile bin ich jedenfalls nicht, denn ich versäum´ ja nichts. Eiserne Regel: Im Zweifelsfall den langsameren Weg wählen und einige Tage länger bleibe. Würde mich später nur ärgern, wenn ich etwas nicht gemacht hätte.

 

Fr, 9.12.94

Morgens noch zur „La Valencia“ Kirche gefahren, die, da erst 8:30 h, noch zu war. Also weiter, hab´ eh nicht so unbedingt viel über für Kirchen, aber man muß sie ja nicht unbedingt wegen des religiösen Inhalts sehen, sondern als wertfreies Kunstwerk   wenn es so etwas überhaupt gibt. Danach den selben Weg zurück nach Silao??? , nur diesmal auf der mautfreien Straße, um mir die 17 U$ zu sparen. Auf langweiligem Highway nach Süden. Wollte etwas zu essen kaufen und habe carnitas bestellt. Bekam ein dreiviertel Kilo Schweinefleisch und habe alles gegessen. Unglaublich, wie voll & ekelhaft ich mich gefühlt habe. Daneben haben sie in einem riesigen Kupferkessel Schweinehäute im dreckigen Fett her­ausgebacken. Jeder war voll Fett und irgendwie hatte ich den Eindruck, daß das keine netten Leute sein können, die all das fette Fleisch verarbeiten. War jeden­falls eine etwas rauhe Bude und mein Bedarf an Fleisch ist für´s weitere ge­deckt. Nach Abasalo dann eine der wildesten Asphaltstraßen. Keine scharfen Kanten, aber es ging auf und ab wie auf einer Achterbahn. „Built in“ Topes! (die Dinger   speed brakes   ziehen mir noch den letzten Nerv. Vor, in und nach je­dem Dorf zwingen sie einen, fast auf Null abzubremsen und darüberzuhoppeln. Bin schon einige Male voll d´rübergedonnert…). Nach Villachualo wurde es dann schön gebirgig und grüner. Was für einen Unterschied die Vegetation macht. Alles sieht gleich viel freundlicher aus und irgendwie vertraut. Habe dann in ei­nem sehr netten Restaurant den Fleischgeschmack mit viel Kaffee und Fanta abgetö­tet. Später hat´s dann zu regnen begonnen, erst mit Sonnenschein von der Seite, dann richtig. Alles waschlnass bis ´rauf zur Hüfte. Bin bei einer Tischlerei 1 h untergestanden und hab´ gefroren. Kein Kaffee in dem verdamm­ten Kaff. Eine halbe Stunde später erreichte ich dann Angan??? , von wo aus ich mor­gen auf den Paricutin Vulkan will. Habe ein kleines Blockhaus gemietet und es ist richtig gemütlich. Die meiste Zeit am Abend mit einer Familie aus Ö. ge­quatscht, die an der österreichischen Schule in Guatemala arbeitet. Waren o.k.   für Lehrer.

 

Sa, 10.12.94

Um 7 h auf und Kaffee gemacht, wobei ich fast mit der ganzen Hütte in die Luft geflogen wäre, denn der Kocher war undicht! Vorbei an einer fast in Lava ver­sunkenen Kirche (1943 letzter Ausbruch) ging´s dann hinauf ins Lavafeld. War mit einem Trupp Mexicanern unterwegs, die mir aber zu langsam waren und so bin ich halt vorangegangen. Irgendwann habe ich dann die falsche Richtung eingeschlagen, denn der eigentliche Vulkan wollte einfach nicht näher kommen. Insgesamt 4 h durch das Lavafeld geirrt, vorbei an Fum???, die mir den Schweiß nur so auf die Stirn trieben. Lava ist wirklich scheußlich zu gehen. Je­der Stein ist scharf wie Glas und alles ist wacklig und zerklüftet. Manchmal bricht ein Brocken, halb so groß wie ein Auto, einfach unter einem weg. Hatte aber immer Glück und mich nur ein wenig aufgeschürft. War jedenfalls ein ziem­licher Anzipf und irgendwann bin ich dann weg von den Markierungen und direkt auf den Vulkan zu. Der eigentliche Anstieg war ein Kinderspiel im Vergleich zum Lavafeld. Bin nur froh, daß ich Papa´s Schuhe habe; haben sich wirklich be­währt. Am Vulkan selbst war das Gestein dann so heiß, daß man sich kaum hinsetzen konnte. Nur kurze Rast und dann auf der Westseite nach unten. Durch eine lange Aschenrinne, fast wie im Schnee. Eine Stunde Aufstieg   4 Mi­nuten zurück   was für ein Verhältnis! Danach ging´s 3 h durch Vulkanasche/ sand ums Lavafeld herum zurück zum Pueblo. Habe viel mit Mexicanern aus Uruapan??? gequatscht, sehr nett, vor allem die Mädels. Abends konnte ich eine heiße Dusche (Feuer) organisieren   ein Traum.

 

So, 11.12.94

Morgens sehr viel Zeit gelassen und erst um 9:30 h aus dem Bett. War wirk­lich müde nach der wilden Kletterei gestern. Gut, daß ich nicht mit den Mexica­nern nach Uruapan??? gefahren bin. Wäre gestern zu nichts mehr fähig gewe­sen. Meine cabana ausgeräumt und ordentlich gefrühstückt. Fahren hat mich gar nicht recht gefreut, deshalb bin ich langsam und mit mehreren Stops bis nach Palzanaro gefahren. Waren auch nur 70 km. Palzanaro  ist wieder eine Stadt im Kolonialstil. Im Gegensatz zu Zacotecas z.B. sind aber alle Häuser recht niedrig und die Stadt hat mehr den Charakter eines großen Dorfes. Bin auf den Markt, der ziemlich groß, aber sonst nicht so besonders war . der übliche Ramsch und auch nicht speziell farbenprächtig. Das wird in Guatemala sicher anders. Mor­gen soll hier wieder eine Fiesta stattfinden, aber schon heute ist al­les voll von Marktständen und die Böller krachen andauernd. Auf der Plaza spielte eine Ma­riachi Band   furchtbar; richtig schön falsch. Auch einen Rum­melplatz gab es hier und ich hab´ mir die „Freaks of nature“ gegeben mit einer sechsbeinigen Kuh und einem fünfbeinigen Hund   na ja. Anschließend den grausigsten Fisch ever gegessen.  Weißfisch aus dem See, an dem man die Verschmutzung und das lange Herumliegen schmecken konnte.   Scheint, als ob der Nescafè Gürtel endlich vorbei ist. Gibt jetzt richtigen Kaffee, auch wenn er seltsam nach Zimt schmeckt.

 

Mo, 12.12.94

Da das Hotel schon um 10 h zusperrte, war ich gestern schon früh im Bett und heute schon früh auf. Alles war total im Nebel und saukalt. Bin entlang des See´s gefahren, den ich aber nicht sehen konnte, nur in der Luft lag ein modri­ger Geruch, fast wie im Urwald. Ein Zeichen, daß die Vegetation langsam sub­tropisch wird. Bin im N um den ???il humbre??? (?)  Paß herumgefahren durch schöne waldige Gegend. Habe manchmal fast geglaubt, ich bin irgendwo in Südtirol oder sonstwo in den Alpen. Alles ist grün und zwar saftig. Zum Früh­stück gab´s dann Steak mit Zwiebeln   wieder das Falsche bestellt; war aber sehr gut. Nach dem Tanken und Ölwechsel in Merelio, einer eigentlich sehr schönen Stadt, ähnlich Palzanaro, etwas größer und mehr gewerbeo­rien­tiert, ging´s nach El Rosario. Dort überwintern die Monarch Schmetterlinge, die im Sommer die U.S. und Canada bevölkern. An einer Stelle oberhalb des Dorfes liegt ein Fichten Mischwald (2700 3100 m), in dem sie zu Millionen le­ben. Es gibt so viele von denen, Daß die Bäume ganz schwarz rot  sind; un­glaublich, wie viele es sind. Der ganze Wald ist erfüllt von einem eigenartigen Summen. Auch auf dem Boden liegen sie zu Tausenden. Sie sind aber nicht, wie in Afrika, ganz scharf auf alles Salzige (und Schweiß und Urin), was sie ebenso lästig wie die Fliegen macht, sondern ernähren sich vom Saft (Blüten?) der Bäume. Warum haben sie sich ausgerechnet diesen Platz hier ausgesucht? Mein Führer konnte mir auch keine Auskunft geben, alles was er herausbrachte, war „Muchas Monarchas“. Habe mein Zelt oberhalb des Dorfes aufgeschlagen, mit schöner Sicht auf die Hügel und Ranchos der Umgebung. Viel Maisanbau, schöne Gegend. Rund um schwirren andauernd 2   3 Buben, die für einen Peso alles machen, von Feuerholz sammeln bis aufs Zelt aufpassen. Trotzdem sie für alles Geld haben wollen, sind sie aber nicht aufdringlich oder lästig. Alles ist sehr friedlich hier oben und vom Dorf herauf hört man Musik plärren und Böller krachen. Wieder einmal eine Fiesta. Habe mich den ganzen Tag schon gewun­dert, warum die Maschine nicht richtig zieht   aber über 2300 m kein Wunder. Das ist   hoffentlich    auch der Grund, warum ich so schnaufen hab´ müssen, als ich durch den Wald ging   2900 m Seehöhe.

 

Di, 13.12.94

Angenehme Nacht   sehr ruhig. Morgens  ??? hingelegt in einer Hütte, wo mich mindestens 10.000 Kakerlaken beobachteten. Die Linie für den Tag habe ich gleich morgens festgelegt, als ich die berühmte Abkürzung nehmen wollte. Ging auf einer wilden Schotterstraße durch wunderschöne Gegend. Fragte  zig Leute nach Orten auf meiner Karte, doch keiner kannte welche. Ein Busfahrer, der ge­rade am Reparieren war, sagte mir, daß die Straße nach Villa Victoria führt. Er hatte recht, nur war es ein Umweg von 200 km. In einem Dorf bekam ich dann endlich den heißen Tip, der mich wieder auf Asphalt führte. Dann Fah­rerei durch schöne Gegend mit Ziegeleien und Maisfeldern in weiten Talebenen, die ich nicht so recht genießen wollte. Will schon lange ein Schaffell kaufen, um meinen Hämhoroid nicht unnötig zu reizen, doch es scheint, als ob es die hier einfach nicht gibt. Vor Toluca dann das Sandwich meines Lebens gegessen. Great. Die Fahrerei ging mir dann schon ziemlich auf den Geist. In Toluca dann minde­stens 10 Bankomaten angesteuert, bis ich endlich einen fand, der meine Karte wollte. Schon ein interessantes Konzept, 1000e Km von daheim innerhalb von Sekun­den cash auf die Hand zu bekommen   nur mit Karte und Code. Denke immer, daß es vielleicht nicht abgebucht wird   wishful thinking… Rich­tung Vul­kan To­luca dann durch großartige Gegend. Die Sonne stand schon sehr tief und die Schatten schnitten förmlich Lichtkegel in die Landschaft. Bis zum Ende der Straße war ich dann auf 4300 m. So hoch oben bin ich noch nie gefah­ren! Das Refugio war jedoch total zerfallen und so bin ich zurück auf 4200 m, wo in einer anderen Hütte die mexikanische Marathon Mannschaft (Luis, Jorche, Wedor, Miguel) wohnt. Die trainieren hier oben für irgendeinen Wettkampf. Alles junge und nette Burschen. Bekomme Abendessen und Gelegenheit, mein Spa­nisch aufzubessern. Ist weit besser hier unten, als oben in der Kälte zu zelten. Morgen auf den Vulkan. Luft ist schon dünn, das erste Mal, das mir das richtig auffällt.   Warum erinnert mich Hügellandschaft immer ans Mühlviertel?

 

Mi, 14.12.94

Morgens war´s saukalt und gefroren. Sobald aber die Sonne über die Berge kam, konnte man schon fast im T Shirt herumstehen, während im Schatten noch alles eisig war. Vor der Hütte Kaffee getrunken und Jimmy Hendrix gehört   he´s the best! „Right here, Right now   there is no other place i´d other be   Watching the world wabe?? up from history“. Endlich gegen 9 h los auf den Vulkan und trotz der dünnen Luft war ich in etwas mehr als einer Stunde oben. Tolle Aus­sicht auf die beiden Kraterseen. Im Osten sah man über einem Dunstschleier den Popocatepetel. Toll! Bin lange oben gesessen und habe der Stille zugehört. Kein Windhauch, keine Vögel, nichts. Über eine wilde Schotterrinne dann nach unten zum See gerutscht. Auf dem Weg zurück dann Idee für Diss.: „Evaluie­rung von Multimedia GIS ?? interfaces für spezifische Applikationen (z.B. Ge­mein­den). THINK! Bis ich mein ganzes Zeug dann wieder zusammengepackt hatte, war´s auch schon wieder nach zwölf. Zurück auf den Asphalt und dann durch den Wald, wo es an einer Kreuzung Schwammerl Tacos gegeben hat. Nicht übel, aber ich würde die Pilze anders verwenden. Weiter ging´s dann durch tolle subtropische Farmlandschaft. Bäume hatten lange Flechten und ca. 50 cm lange, rote Parasiten Pflanzen an den Ästen hängen   wieder was für Mutt. Überall auf den Feldern waren die abgeernteten Maisstangen zu Bündeln für Viehfutter aufgestellt. Habe mich wieder einmal mit der Distanz total ver­schätzt und bin nicht annähernd soweit gekommen, wie geplant. Auch die Be­schilde­rung geht mir langsam auf den Geist. Kilometerlang gibt es überhaupt keine Schilder und dann, wenn man eh schon 100x gefragt hat und es nurmehr 10 km bis zum Ortsrand sind, wo man hin will, steht alle 200 m eines. Und wie das mit den Auskünften der Einheimischen so ist, ist eh bekannt. Dann wieder die To­pes   i hate Topes! Die meisten sind ja durch Schilder gekennzeichnet, aber ei­nige   und das sind meist die schlimmsten   tauchen unmittelbar auf. Bin schon ein paar Mal voll d´raufgekracht. Auch die „Goush Map“ sucks. Eine gute Karte sollte einem eine Vorstellung davon geben, wo man hin will, wie die Ge­gend aussieht (Wald, Berge etc.) usw. Ich weiß jedenfalls nie, ob es eine wilde Kurve­rei wird oder  geradeaus geht, ob die Orte wirkliche Kaffs sind oder mitt­lere Städte. Werde denen einen Brief schreiben. Schluß schließlich in Malinalco. Markt mit mittelscheußlichem Ramsch. Fettes Steak, i gitt; warum esse ich das nur?

 

Do, 15.12.94

Mußte die Senora erst aufwecken, um mich aus dem Hotel zu lassen, da es erst 7:30 h war. Wollte mir noch die Ruinen von Malinalco ansehen, aber alles war noch zugesperrt. Stattdessen am Markt gut gefrühstückt, dazu Bananen­milch mit Ei und Nüssen. Kurz vor Guernavaco dann tolle Gegend, bis die Piste dann plötzlich mitten in „Beverly Hills“ endete. Reicher Wohnvorort der Stadt. War to­tal surreal und unerwartet. G. moderne Stadt mit Kentucky Fricol?? Chic­ken und McDonalds. Warum exportieren die U.S. immer den größten Mist zu­erst? War irgendwie total K.O. und machte eine lange Pause mit Fischsuppe und Kaffee, was mich aber auch nicht besonders aufbaute. Später, als es dann auf den Paso de Cortez hinaufging, wurde es wieder besser, wahrscheinlich war es die Höhe. Schaffte es bis zum Refugio. Morgens um 4 h geht´s auf den Po­po­catepetel (5425 m). Pickel und Steigeisen sind schon gepackt.

 

Fr, 16.12.94

Die ganze Nacht keine Minute schlafen können. Als es um 3:30 Aufstehen hieß, wollte ich erst gar nicht los. Ist doch eine ziemliche Tour und ein Tag Akklimati­sierung auf der Hütte wäre sicher gut gewesen. Bin aber dann doch mit den an­deren   vier nette Amis   los. Erst war mir gar nicht so gut, aber mit der Zeit fand ich meinen Rhythmus und im Mondschein ging es über die endlosen, san­digen Lavafelder. Nach 3 h waren die anderen soweit hinten, daß ich am Fuße des Gletschers fast eine Stunde auf sie wartete. War saukalt und windig, doch abso­lut toll. Im Westen sah man Mexico City und ein fahler Mond schien. Tolle Stimmung, alles war in einem seltsam klaren Licht. Als der Mond dann unter­ging, war es für ca. 20 min stockdunkel und unheimlich. Ich wartete, bis es im Osten etwas heller wurde und startete auf den Gletscher. Oben, noch weit, weit weg, konnte man rote Sulfurdämpfe aus dem Krater kommen sehen. Zick Zack arbeitete ich mich nach oben und es ging erstaunlich gut. Morgens hatte ich noch Angst, daß ich irgendwann zusammen brechen würde wegen der Höhe und des Schlafmangels, aber es lief alles so gut bis hierher, daß ich in einer richtigen Hochstimmung war und ging und ging. Verschwendete sicher eine Stunde, um die Steigeisen zu richten, da sie nicht richtig passten. Irgendwann, fast unerwartet, war ich dann am Kraterrand. Der Wind blies und die Schwe­feldämpfe brannten in den Augen, doch die Aussicht war toll. Endlich war auch die Sonne ganz aufgegangen und die Berge in der Ferne schienen auf den Wol­ken zu schwimmen, hinauf zum Gipfel waren es noch einmal ca. 40 min   und es hätte nicht mehr weiter sein dürfen, denn meine Kraft reichte genau aus, um noch hinaufzukommen. Legte mich in die Sonne und wartete auf die anderen   fast zwei Stunden. Als sie schließlich auch oben waren, brach Hugh gleich zu­sammen. Trotz der Höhe und der Anstrengung ging es mir aber recht gut. Baut mich auf für Peru. Zwei Flugzeuge kamen knapp am Gipfel vorbei und sie schienen zum Greifen nah´. Der Abstieg übers Eisfeld war dann lang und öd. Abends todmüde, wollte mich nicht mehr vom Fleck bewegen.

 

Sa, 17.12.94

Lange gequatscht und gefrühstückt. Wirklich nette Leute hier oben. Gegen Mit­tag ´runter nach Chelula??? in ein Hotel, wieder einmal duschen und Hendl es­sen. Mußte noch einen Patschen flicken und habe mich ansonsten nicht viel ge­rührt. Morgen geht´s nach Oaxaca??. Die 50 Pesos haben sich jedenfalls aus­gezahlt, denn der Chef hat mich noch durch den ganzen Ort geführt und ein Bier spendiert, weil ich ihm glauben gemacht habe, daß ich mir den Nagel auf sei­nem Parkplatz eingefahren habe   falscher Hund ich …

 

So, 18.12.94

War morgens wie festgenagelt im Bett. Als ich´s endlich heraus geschafft hatte, dauerte es noch einmal eine ganze Weile, bis ich von der heißen Dusche losge­kommen bin. Das war wirklich eine Wohltat. Das Blöde ist nur, daß ich kein fri­sches Gewand mehr habe und daher gleich wieder genauso versifft bin, wie vorher. Die Fahrerei ging mir anfangs schon ziemlich auf die Nerven. Keiner blinkt oder blinkt auf der falschen Seite oder hat die Warnblinkanlage permanent eingeschaltet. Die fahren noch alle wie die Wilden. Mußte mir hin und wieder denken, daß die hier gar nichts richtig machen können! Aber das ist wieder so eine Sache, die einfach zum Reisen dazugehört: einfach zu akzeptieren, daß die Dinge hier  anders laufen und nicht alles zu kritisieren, auch wenn es oft kei­nen Sinn hat oder dumm und gefährlich ist. Weiter im Süden ging es dann durch einen wunderschönen subtropischen Canyon. Richtig heiß wurde es und ich mußte mehrere Colastops einlegen. Von Oaxaca?? ging es dann wieder hinauf in die Sierra und es kühlte ab. Hat sich wieder einmal ziemlich gezogen, bis ich in Oaxaca?? war. Hat dann noch eine Zeit gedauert, bis ich ein Hotel gefunden habe. Alles ist ziemlich voll und teuer. Schließlich bin ich ins nächstbeste Hotel, das noch ein Zimmer frei hatte. Werde mir morgen einen billigeren Platz suchen.

 

Mo, 19.12.94

Ziemlich viel zu tun. Bin erst los, um einen anderen Platz zu suchen und habe eine O.K. Absteige für 20 Pesos gefunden. Dann Post abgeholt. Briefe von Ma­rianne, Ken und Denise. Hat mich toll gefreut. Marianne scheint wirklich nach S.A. kommen zu wollen! Werde mir in den nächsten Tagen einen Zeitplan für die nächsten Monate überlegen, kann sie ja nicht  so in der Luft hängen lassen. Oaxaca?? ist sehr lebendig. Tolle Plaza, auf der man den ganzen Tag herum­hängen und Leute beobachten kann. Sehr indianisch für eine Stadt mit 300.000 Leuten. Auch viele Touristen, aber die fallen nicht wirklich auf; gehen eher unter im Gewühl. Schuhputzer, Luftballonverkäufer, Pantomimen und natürlich Kinder, die   wie überall in Mexico   ihre Süßigkeiten an den Mann bringen wollen. Auch der sauberste Straßenkehrer, den ich je gesehen habe, war hier. Der Mann machte seine Arbeit wirklich mit Würde. Behinderter Idiot mit Gewehr aus Kar­ton, der Leute „abschießt“, das irre lustig findet, sich biegt vor Lachen und selt­same Tierlaute von sich gibt. Überall Ständer mit bunten Wollsachen. Hätte gute Lust, ´was zu kaufen. Well und ich konnte wieder einmal nicht widerstehen und sitze nun in einem Fischrestaurant. Kann einfach nicht vorbeigehen und recht viel Besseres habe ich auch nicht zu tun, so esse ich halt etwas. Ist aber immer so , daß   wenn ich in einer Stadt bin   die Verlockungen einfach zu groß sind und ich alles esse, was mir so in den Weg kommt und gut oder interessant aus­sieht. Morgens auf dem Markt waren es die …., die nur mittelmäßig schmeckten, aber aussahen wie eine Calzone, nachmittags Mars & Milky way und jetzt „Filete de Cameron“. Ist wahrscheinlich an der Küste viel billiger, aber was soll´s. Ja, was sells. War mittelgrausig. Panierter Fisch ist einfach nichts. Gehört gebac­ken, gegrillt oder in die Suppe. Die 20 Pesos hätte ich mir sparen können. Hab´ noch Claudia angerufen und eine Nachricht hinterlassen, bin gespannt, ob das Treffen klappt.

Seltsame Kombinationsgeschäfte: Apotheke & Trafik, Motorradgeschäft & Kopierladen, Schuhgeschäft & Fruchtsaftladen.

Abends noch ins Kino: El Especialista   wahrscheinlich wieder etwas, das ich mir hätte sparen können.

Am meisten stört mich am Imperialismus der U.S., wie durch massive Wer­bung lokale Kultur verfälscht und zerstört wird. Geht mir daheim der Weih­nachtsmann schon ziemlich auf den Nerv   hier ist´s unerträglich. In der Hitze dieser Witzfigur mit Bart, Klingel, Plüschmantel und Rentier zuzusehen, ist ein­fach lächerlich. Aber bei uns wird das Christkind ja auch schön langsam vom Weihnachtsmann ersetzt, warum soll es hier anders sein. Does Money rules, or what?

 

Di   Fr, 20.   22.12.94

Wollten zum Monte Allan??, doch zuviele Leute. Hans, ein Österreicher, und ich haben dafür 2 h gefrühstückt. Dann den ganzen Tag herumgelaufen, um Sa­chen zu erledigen. Unglaublich, wie man sich verlaufen kann. Grausige Suppe gegessen. Bin wirklich oft in Versuchung geraten, Souvenirs zu kaufen (wirklich meane loob etc.??), doch wohin damit? Stiefel, Sandalen, Hemden, Ponchos, Ledersachen, Keramik, Körbe, religiöse Paraphenelia. Jeden Tag ist irgendwas los. Umzug, Konzert… Eine Fiesta fließt in die andere. Heute sind noch ein paar Straßen zu Marktgebiet umgewandelt worden und morgen gibt´s ein Ra­dieschen Fest, was immer das ist. Heute, Freitag, die meiste Zeit damit ver­bracht, Post zu erledigen. Mescal für B.B. & Gunthi, Bilder für Denise, Briefe … fast 200 Pesos für Porto ausgegeben   verrückt! Weitere mail wird aus Gua­temala geschickt, wo´s billiger ist. Abends wieder Bier getrunken auf der Plaza. GOOD! Donnerstagmorgen auch den Monte Alban geschafft. Maya Ruine auf´m Berg. Warum haben sich die Leute das angetan, solch riesige Städte zu bauen? Aber dasselbe könnte man sich auch daheim fragen: Warum wurden Kirchen unter so großem Aufwand gebaut? Habe auf der Plaza (??) George getroffen, einen Ami auf BMW; werden morgen gemeinsam an die Küste ´runterfahren.

 

Sa, 23.12.94

Packen dauerte eine ganze Weile, da mein Zeug im ganzen Zimmer verstreut war. Da morgens keiner da war, der einen Überblick über meine Rechnung hatte, sind wir   ohne zu zahlen   abgehauen. Selbst schuld, denn jedesmal, wenn ich zahlen wollte, hatten sie kein cambiso??   60 Pesos gespart. Sind erst nach El Tule, wo angeblich der dickste Baum der Welt stehen soll. 40 m im Umfang War nicht sonderlich beeindruckend. Weiter im Süden ging´s dann recht lang­weilig dahin, bis wir in die Sierra kamen. Kurven, Kurven, Kurven. War ein ganz anderes Gefühl, zu zweit zu fahren. ´Runter Richtung Pachutla?? wurde es rich­tig feucht und tropisch. Der tropische Wald umschloß alles völlig und es war be­wölkt und schwül. Am späten Nachmittag waren wir  in Huapulco??, wo Ge­orge einen Freund hat, der im Club Med arbeitet. Wir  mußten am Door mit den Se­curity Leuten checken und es stellte sich heraus, daß er woandershin ver­setzt worden war. Wäre auch zu schön gewesen. Am Eingang hauchte mir noch eine Blondine „see you inside…“ zu. In der Dunkelheit fuhren wir noch die 60 km wei­ter nach Santiago Astala??, ein Tip, den mir Bernie gegeben hatte. Ich hasse es, im Dunkeln zu fahren! Endlich angekommen, rannte auch schon das ganze Dorf hinter uns her mit einer Nachricht von Ron, den ich schon am Popo und in Oaxaca?? getroffen hatte. Er ist auch hier und wir konnten bei den Leuten, die ihn eingeladen hatten, unsere Hängematten beziehen. Später noch auf eine Fiesta auf dem Dorfplatz mit irre lauter Band. War irgendeine Einführungsparty für ein 15 Jahre altes Mädchen   seltsam. Bier wurde gleich kistenweise ver­kauft, Später haben mich die Mosquitos so gequält, daß ich das Zelt noch auf­geschlagen habe.

 

So, 24.12.94

Früh auf und ordentliches „Eierfrühstück“ gehabt. Danach an den Strand, der ca. 15 km außerhalb liegt. Fahrerei mit tiefen Spurrillen und Sand. Der Strand ist sehr schön. Bis auf ein paar Palmhütten ist alles total einsam und verlassen. Baue das Zelt ganz am Meer auf und beginne sogleich mit der Siesta. Wollte ei­gentlich zuhause anrufen, doch der Weg zurück schreckt mich ziemlich ab. Bin auch ordentlich geschafft und will keinen Meter mehr fahren. Außer drei Fi­schern ist niemand hier und ich vertreibe mir die Zeit damit, mit ihnen in die La­gune zum Fischen zu fahren. Geringe Ausbeute, aber was sie gefangen haben, schenken sie uns für die Weihnachtsfischsuppe am Abend. Wir sammeln Ko­kosnüsse, die wir mit unserem „high tech“ device von den Bäumen holen und Georges Rum läßt etwas „Bacardi Feeling“ aufkommen. Der Haken an unserer Fischsuppe war nur, daß wir zuviel Salzwasser genommen haben. Absolut ver­salzen   aber sonst nicht schlecht. Gegen 9 h fing es dann zu regnen an und wir verzogen uns unter unsere Plane, wo ich irgendwann wegdöste.

Alles, was die Fischer heute fingen, haben sie uns gegeben   umsonst!

Kein schlechtes Weihnachten! Nur total versifft   ohne Süßwasser.

 

Mo, 25.12.94

Früh auf und von den Fischern Kaffee bekommen. Unsere Fischsuppe haben sie vorsichtshalber weggeschüttet! Wir bekommen frischen Fisch, der zum Frühstück gleich gegrillt wird. Wenig zu tun. Spazierengehen, Lesen, Baden. Einige Mexicaner sind hier, um den Weihnachtstag zu verbringen. Ruhe. Könnte ´mal wieder etwas Gescheites essen. Einen richtigen Salat etwa. Könnte in Ve­nezuela den Divemaster machen? Warum sind die Amis so „körperbezogen“? Reden dauernd über ihren Scheißdreck, Dehydration, Food Groups, wie dreckig sie sich fühlen und wie toll eine Dusche wäre; wissen alles über Medikamente, ob man Wasser trinken kann oder nicht etc. Abends gab es Fisch von den Fi­schern und Tacos. Wegen der verdammten Sandfliegen bin ich schon bald im Zelt und hab´ Ron und George allein über Politik weiterstreiten lassen. Alles juckt.

 

Di, 26.12.94

Weg zurück ging viel besser, als in die andere Richtung. Viel zu viel Gepäck. Habe irgendwo etwas gestreift und die linke Packtasche heruntergerissen. Warte in Santiago auf die beiden anderen. Ein Lautsprecher plärrt unbeschreib­lich laute Musik und lokale Werbung übers Dorf, dabei wohnen hier  vielleicht 2000 Leute und jeder kennt jeden und alles. Alle 10 min drehen sie den Laut­sprecher, der auf einer windschiefen, wackligen Stange montiert ist, in eine an­dere Richtung. Irgendwie aber auch eine gute Einrichtung. Verstärktes Lokalra­dio. Mir gegenüber ist ein Haus, das nicht viel mehr ist als ein Dach aus Palm­wedeln, ein riesiger Sony Fernseher, eine zerlegte Satellitenschüssel und 5 Hängematten. Wamseas?? sind hier überhaupt unentbehrlich. Überall hängen sie herum und werden benutzt, wie bei uns die Stühle. Nach Huevos con queso endlich los   heiß. Nehmen Ron, der keinen ride bekommen konnte, mit bis Sa­lina Cruz. Tolle Aussichten aufs Meer mit schönen Buchten und riesigen Salz­pfannen. Nach Tehuantepec dann fürchterlicher Seitenwind, der mich ein­mal fast umwirft. Ungut zu fahren und sehr anstrengend. Wollten eigentlich zu den Wasserfällen „50 km östlich von Tres Gruces“, aber wir haben weder den Ort noch die Abzweigung gefunden. Als es dann in die Berge von Chiapas ging, stand die Sonne auch schon sehr tief. Tolle Landschaft, wie ich sie eigentlich noch nie gesehen habe. Saftig grüne Wiesen und Bäume wechseln mit Palmen und scheinbar weit trockeneren Gebieten. Seit S. A. alles ausgesprochen freundliche Leute! Sehr hilfsbereit und gesprächig. In P. ?? in ein Hotel   gut, endlich heiß zu duschen. Moderne Stadt, aber alles scheint um 9 h zuzusperren, ist das etwa eine Ausgangssperre? Schließlich sind wir ja schon in Chiapas und da soll es zur Zeit nicht unbedingt ruhig zugehen. Spaghetti zum Abendessen   gut; wahrscheinlich das letzte Mal für lange Zeit. Fahre weiter mit George, der auch nach Guatemala will.

 

Mi Do, 27.   28.12.94

Milchkaffee und Gebäck zum Frühstück   ausgezeichnet. Wir sind jetzt in Chia­pas und es gab alle möglichen Geschichten über unangenehme Militärkontrollen bis hin zu Schießereien, in die Touristen verwickelt wurden. Landschaft ist hier traumhaft schön. Gebirgig und grün mit Maisfeldern, Kaffee  und Bananenplan­tagen. Wir sind jetzt wieder auf über 2000 m Seehöhe und das spürt man auch, denn abends ist es bitterkalt. Auf dem Weg nach Las Casas grandes gab es dann auch einige Polizeikontrollen, doch wir wurden immer nur durchgewinkt. Sehr korrekt und zivilisiert. Die politische Situation in C. G. war dann auch sehr angespannt. Am 1.1.95 ist Jahrestag der Revolution und die Armee befürchtet einen Aufruhr der Zapatistas. Der Bischof ist für die Indianer in den Streik ge­tre­ten und jeden Tag gibt es eine Pressekonferenz für die vielen Journalisten, die den ganzen Tag in dem Lokal herumhängen. In der Pension Glodig?? erzähl­t uns Dick, der hier schon seit 8 Jahren lebt, über den Bürgerkrieg, wer ihn fi­nan­ziert, wer welche Interessen hat etc. Anscheinend geht es ja nicht nur um die Rechte der Indianer, sondern auch um Geld (Landrechte an erz  und rohstoffrei­chen Gebieten im Süden von C. G.) und da kommen auch gleich wie­der aus­ländische Interessen ins Spiel. Alle sind jedenfalls in Warteposition für Neu­jahr und ich werde wohl bis dahin hierbleiben. Ist auch sehr angenehm, nette Pen­sion mit schönem Innenhof und Hängematten, nette Leute und nicht so heiß. Von der Stadt habe ich allerdings noch wenig gesehen, da ich gestern mit häufi­gen Toilettenbesuchen ziemlich beschäftigt war. Ein weiterer Grund, warum ich erst einmal hierbleiben werde, ist, daß der Weg nach Guatemala über Cami­tan??? anscheinend durch „killing fields“ führen soll   na ja   wahr­scheinlich wie­der so eine Information…, werde mir in den nächsten Tagen mein eigenes Bild machen.

 

Do, 29.12.94

War auf dem Markt, alles ist sehr ruhig und anstelle der üblichen Musik hört man überall Nachrichten. Alles ist gespannt, was passiert. Viel Militär in der Stadt und ich hörte von Journalisten, die mit Konvois in die Dörfer unterwegs waren, daß Militärs Transporte dorthin aufhielten. Der aktuelle „Bestseller“ unter den Touri­sten ist die „la Ramona “ oder „Subcommandante Marcos“ Puppe.

„A taste of the revolution!“ Morgen mit Rick in den Llanoforest. Wird sicher gut.

 

Fr, 30.12.94

Want to the market in the morning, um Essen für die Wanderung zu kaufen. Holten Rick´s Freunde, „Indianerkinder“, ab, cool hike??, aber nicht so unbe­dingt aufregend. Sahen Indianer  im Wald beten. Einige heilige Plätze oben in den Bergen. Dann in ein Indianerdorf. Jeder hatte einen rosa Poncho. Zuviel Geschwätz über Indianer und Zapatistas. Sonst guter Tag. Abends in einer Bar „zuviel Bier“.

 

Sa,31.12.94

Started to lake Lariam!??? Beschlossen, zu den Ruinen von Palenque zu fah­ren, um dort Silvester zu verbringen.  Zig Militärkontrollen, anmoying. Waren aber alle sehr korrekt. Dann auf den Campingplatz, George nannte ihn „Hippie summercamp“. Lauter Hütten (Palapas), unter die man seine Hängematte schlingen konnte. Kein schlechter Ort. Jede Menge Freaks hier mit Tatoos und gepiercten Augenbrauen und Zungen. Ron kaufte einen Sack voll Mushrooms für die Silvesterparty. Wierd.??? Machten Tacos, aßen sie und nichts passierte. Nach ca. 1 h ging´s dann los… Alle lachten wie die Irren und vor allem George was hillarious??. Lag für Stunden in meiner Hängematte und krümmte mich vor Lachen. Um Mitternacht unter den Sternenhimmel   Wow   war das spektakulär! Die Sterne schienen sich zu formieren und über den Himmel zu bewegen „Chin­gonship??“. Jemand spielte „Here comes the sun“ in einer Hippie Acoustic Ver­sion und die Welt war in Ordnung. Unglaublich, daß wir nun 1995 haben, hier scheint es, als ob wir noch in den 70 ern sind. Dann zurück in die Hängematte und eingedöst. Trotz 2 Ltr. Sangria ohne Kopfweh aufgewacht. Wirre Farben beim Einschlafen.   Idee: Warum nicht TV als Screensaver? Nach 2 min beginnt automatisch ein Film zu spielen.

 

So, 1.195

Lange Kaffee gebraut. Schreiben. Auf zu den Ruinen. Schöner Weg, vorbei an Wasserfällen und Becken im Fluß, durch den Dschungel. Die Ruinen, was soll ich sagen, viele Steine… Werde einfach nicht warm damit. Irgendwie fehlt mir die Vorstellungskraft, um diese Gebäude lebendig erscheinen zu lassen. Aber ich weiß halt einfach noch zu wenig über die Mayas, ihre Kultur und Bräu­che, als daß ich mit den einzelnen Tempeln viel anfangen könnte. Ist zwar alles sehr beeindruckend, daß sie all diese Gebäude ohne Hilfe von Tieren oder dem Rad gebaut haben, auf der anderen Seite haben andere Kulturen schon 638 AD (Zeit, zu der diese Stadt ihre Blütezeit hatte) schon Trigonometrie betrieben und den Erdumfang berechnet (stimmt das?). War auch den ganzen Tag bewölkt, somit auch keine gescheiten Fotos. Habe mir am Nachmittag noch schrooms und Sangria gegeben und mit den Hippies gequatscht. Die meisten waren aber noch ziemlich bedient vom Vortag. Seltsam abgefuckter, verkiffter Platz.

 

Mo, 2.1.95

Hat die meiste Zeit der Nacht geregnet und die Affen im Dschungel haben auch einen irren Lärm gemacht   wenig geschlafen. Gegen 10 h morgens hörte der Regen dann endlich auf und nach Frühstück im Ort, Abschied von Michelle und Jonathan, einem flippigen, aber netten Paar aus Canada, machten wir uns auf den Weg nach Coumitan??. In Agua Azul?? setzten wir Ron endgültig ab. Ob­wohl er ein recht netter Kerl ist, ging er mir in den letzten Tagen schon etwas auf die Nerven mit seinem Zapatista Geschwafel und seinen flachen Meldun­gen. Habe irgendwie das Gefühl gehabt, daß ich mit diesen Diskussionen nur meine Zeit verschwende. Weiß auch nicht, wie lange ich noch mit George zu­sammen­bleiben werde. Der jammert auch zuviel und seine ganzen Weh Weh­chen, die immer gleich mit irgendeiner Pille kuriert werden müssen, interessie­ren mich wirklich nicht. Warum können die Amis nicht einfach sagen: „Ich habe Durst“? Nein, jeder ist „dehydriert“. Das ganze Gerede über den eigenen Körper ,und was an ihm gerade nicht optional ist, nervt. „Gesunde Härte“ ist zwar (für mich?) auch ein blöder Ausdruck, aber die ewige Analysiererei und Jammerei zipft mich an. Die hätten ´mal in Afrika gewesen sein sollen… Bei Altamivano??? gab´s dann eine besonders lästige Militär  und Immigrationskontrolle; eine Frau und drei Typen lesen sich gegenseitig die Pässe vor. Dauert 1 h und hat sehr ge­nervt. Warum sind Militärs, Polizisten und Beamte mit  (staatlich zuerkannter   Anmerkung des Datenerfassers) Autorität immer so blöd? Gegen den Sonnenuntergang dann noch schöne Fahrt nach C. und ab ins Hotel zum Duschen. Morgen geht´s nach Guatemala. Waren noch im Tourismusbüro, wo wir (glaube ich jedenfalls) seit langem die ersten Touristen gewesen zu sein scheinen. Durch den Bür­ger­krieg ist eine ziemliche Flaute eingetreten. Haben uns mit Prospekten und Kar­ten ausgestattet. Taten mir fast leid.

 

Di, 3.1.95

Verrückte Träume. Warum  träume ich immer von zuhause, wenn ich unter­wegs bin? Soll mir das irgend etwas sagen? Versuche, mich an heute morgen in C. zu erinnern, aber irgendwie kommt mir das alles schon so weit entfernt vor. Fast jeden Tag woanders geschlafen   verliere ich schon den Überblick?  Zig Hotels, Camps, Straßen, Dörfer. Alles ist so verschieden und doch so gleich. Ist bald wieder Zeit, irgendwo ein paar Tage zu bleiben, um wieder einen Orientie­rungs­punkt zu bekommen, um Dinge und Plätze einordnen zu können. So, wie vor Popocatepetel   nach Popocatepetel. Ach ja, haben morgens noch alle mög­li­chen Dinge erledigt   Post, Botschaft, Bank und sind dann Richtung Grenze auf­gebrochen. `Raus aus Mexico. Der Übertritt ging erstaunlich schnell. Nach ca. “ h war alles vorbei. Natürlich haben sie uns ordentlich ausgenommen. Ein paar Pesos (J) für  die „Funigation“??, noch ´mal 50 fürs Moped,15 für den Im­migra­tionsmenschen und schließlich noch 5 für den Typen, der bestätigt, daß die an­deren drei ihre Arbeit ordentlich gemacht haben. Jede Menge Geldwechs­ler wollten uns ihre Quetzals?? andrehen   die übliche Grenzstadt halt. Aber je­der war zumindest freundlich. Aus solchen Orten will ich immer nur so schnell wie möglich ´raus   zuviele Schacherer und Ganoven, obwohl es hier eigentlich eine recht freundliche Atmosphäre hat. Sind erstmal einige Kilometer gefahren bis zum Mittagsstop. Bekam auch gleich einen Eindruck von den Fahrkünsten der Guatemalteken: In einer Kurve kam mir ein mit Personen vollgeladener Pickup auf zwei Rädern entgegengeschleudert. Puh   knapp! Gut, daß ich ganz rechts fuhr. Kurz darauf ist dann ein Lizzard?? über die Straße gesaust, auf zwei Bei­nen wie ein Saurier   irre schnell. Die ganze Strecke verlief durch ein tolles Tal mit steilen Wänden. Unglaublich, daß an diesen steilen Hängen immer noch Mais angebaut wird! Überall neben der Strecke warteten die Bauern mit den Maiskolben in großen Korbnetzen. Von Huenhuentenango?? ging´s dann steil auf Schotter nach Todos Santos. Tolle Landschaft mit ebenso tollem Licht. Janz tolle Sonne Wolken Schatten Szenerie. Todos S. ist ein kleines Dorf auf ca. 2700 m. Alle Leute tragen fast die gleiche Kleidung. Die Männer mit rot weiß  gestreiften Hosen, über der sie eine Art Latz über den Hintern hängen haben. Dazu kleine Strohhüte. Die Frauen in Blau. Eigenartige Kulisse, die ich morgen erkunden werde. Sechzig Motos in Huenhuentenango?? Auch etwas ,das mich beruhigt, denn ziemlich bald muß ich beim Moped Einiges auf Vordermann brin­gen. Verliert Öl, Kette, Reifen, evtl. Ritzel. Wenn ich die Teile bekomme, gibt´s eine Generalüberholung in Guatemala City.

 

Mi, 4.1.95

Konnten morgens beim Kaffee das Dorftreiben gut beobachten. War ziemlich kalt (2500 m) und so saßen wir, wie alle Hunde im Dorf, vor dem „Cafè“. Wirklich erstaunlich, wie sich die Tradition hier hält. Wirklich jeder trägt Tracht, auch viele der jüngeren Leute. Baseballmützen findet man kaum. Sind dann noch eine ganze Weile durchs Dorf spaziert. Seltsam ist auch, wie man die Toten hier be­stattet: Sie werden in gemauerte sarkophagartige Truhen gebettet, die wie Mar­terl herumstehen. Manche davon offen und bunt geschmückt mit Girlanden und Kränzen. Ich glaube, daß heute ein paar gute Fotos dabei sind. Gegen Mittag dann wieder zurück nach Huenhuentenango?? zum Geldwechseln (227,5 Quetzales für 50 U$). Mittagessen. Gutes Essen, aber irgendwie habe ich den Endruck, daß es meistens nur 3   4 Gerichte gibt, die überall gleich sind: Pollo, Pollo ???, carne, carne assada. Soll mir recht sein, solange es gut schmeckt. Zumindest gibt es Kartoffeln und Rote Beete (jetzt habe ich sogar den Tiroler Namen dafür vergessen!). Die Straße auf meiner Karte nach Momostenango hat natürlich nicht existiert und so müssen wir morgens die gleiche Piste wieder zu­rück. Mom. macht keinen besonderen Eindruck auf mich,   soll eines der Tep­pichwebzentren von Guatemala sein, aber das gleiche Zeug sieht man auch überall in Kalifornien. Nothing special here. Alles sperrt auch schon um 18 h zu, sodaß es eigentlich gar nichts zu sehen gab. Auch die Hospedaje ist so eine Bude. Kein Wasser, Stromausfälle, die Wände dünner als Papier, die Bus Sta­tion vor´m Haus und ein Paar mit Baby im nächsten Zimmer   für Unterhaltung ist gesorgt. Morgen weiter.

Bis jetzt macht Guatemala einen sehr freundlichen Eindruck!  Jeder fragt wie­der, woher man kommt (Österreich kennt natürlich keiner und ich habe mich schon  ertappt, Alemannia zu sagen!). Heute auf dem Dorfplatz haben die Marktfrauen alle nur ungläubig den Kopf geschüttelt, als ich ihnen sagte, daß ich zwei Monate von den U.S. hierher benötigt hätte.

mit den Straßenschildern gehen sie recht sparsam um. Ohne dauernd zu fra­gen, wo es hingeht, wäre ich ziemlich verloren.

Wichtigstes Ereignis für George: fester Stuhlgang.

 

Do, 5.1.95

Immer wieder faszinierend, wie sich die Landschaft verändert. Heute den gan­zen Tag durch Gegend mit Maisfeldern an den Hängen. Licht und Schatten in der Nachmittagspause. Männer füllen bunte Strohmatratzen am Straßenrand. Sind morgens erst nach Zulin???, wo es Schwefelbäder geben soll. War o.k., aber nicht wirklich einladend, darin zu baden. Unglaubliche Idioten im Range Rover getroffen, die mit CB durch den Wald gelaufen sind und mich annoyt?? haben. Warum fahrt Ihr nicht in einem Auto mit CD? Warum an Hose „dare devil things“ und was macht Ihr überhaupt in diesem „Kindergarten Country“? Habe ihn nur gefragt, ob er ein Lehrer ist. He did not get it. „Wir sprechen nicht die gleiche Sprache“. „What?“ „See?“ Weiter zum Lake ???. Toll   eingebettet zwi­schen drei Vulkanen. Die Motos am Strand geparkt und ein Bier geholt. Gut. Zwei Mädels aus Deutschland getroffen   gut.

 

Fr, 6.1.95

Viele Touristen. „Gringotenango“ ist aber o.k. Jede Menge bunte Kleidung, die ganze Straße ist voll von Ständen. Jede Art von Essen und gute Bars. Kann verstehen, daß Leute hierherkommen zum Überwintern. Bootsausflug auf die andere Seite des Sees nach Som…?? zum Markttag. Frage mich nur, wer all die Kleidung kauft? Abends durch die Bars   es gab sogar eine O.K. Disco. Getting the KICKS, wie Jack Keronack??? sagt. Wenn ich „On the Road“ 10 Jahre frü­her gelesen hätte, wäre vieles vielleicht in eine andere Richtung gegangen. Das Maximum leben. Ist es das, worum es eigentlich geht? Seltsame Hippie Szene hier. Kann das Gerede über Reisen und Leben schon nicht mehr hören.

 

Sa, 7.1.95

Football Play offs! George ist happy. Ansonsten Tag wie vorher, Kaffee, Sit­zen, Lesen und Spazierengehen.

Hippie Touristen: The low self est?? brigade. Könnte mir nicht vorstellen, so abzusacken und einfallslosen Silberschmuck zu verkaufen. Zuviele Amis hier. Seltsam, in einer Bar zu sitzen und im Sat TV die NFL Play offs zu sehen. Bekomme fast Heimweh nach Buffalo. Wenn die Bills es in die Superbowl ge­schafft hätte, wäre ich vielleicht von Guatemala City nach N.Y. geflogen. Eine Woche Buffalo   what a blast! Jedenfalls bin ich aber nicht so unbedingt inter­es­siert an der ganzen Gringoszene. Fischen & Maplesirup in Vermont und die ständige Fragerei: „Where are you franz? Do you know that bbla in…“. Ist schon ziemlich langweilig. Aber dennoch, die Amis reden wenigstens mitein­ander. Wenn Deutsche andere Deutsche treffen, gehen sie sich tunlichst aus dem Weg. Abends ausgegangen und sehr nette Mädels aus Aulignon?? ge­troffen. Eine war eine absolute Prinzessin mit Engelsgesicht. Wow! Aber auch die ande­ren waren sehr hübsch und o.k. In Juan´s Bar zuerst zugedröhnt und irgendwie landete ich schließlich in Pezi´s (oder so ähnlich) Haus. Cool. Sie war 28, sah aus wie 14 und hatte nur ein Kind. Otherwise war sie aber  „full of shit“ und ich weiß nicht, was ich ihr glauben konnte und was nicht. War aber eine gute Nacht mit S&D&R&R.

 

So, 8.1.95

Nachdem ich gegen Mittag wieder in´s Hotel bin, erstmal geduscht. Warum fühlt man sich immer so schmutzig nach so einer Nacht? Wollte schlafen, konnte aber nicht. Abends  ins Sunste Cafè?? und Sonnenuntergang beobachtet. Da­nach in die Bars. Auch die Mädels waren da. Seltsam, wußte überhaupt nicht, was ich mit ihr reden sollte. Um Mitternacht war ich dann endgültig so müde, daß ich nach Hause wollte, um zu schlafen. Sagte adios zu Pezi und ging. Sie kam mir nachgelaufen und irgendwie endete alles mit einem „Nice to meet you“. Felt bad!

 

Mo, 9.1.95

`Raus aus Pan. Ungutes Gefühl im Bauch. Ich hasse Dinge, die nicht richtig beendet wurden, aber was soll ich hier machen? Habe nicht einmal eine Adresse, um einen Brief zu schreiben. Zurück bleiben nur Scherben und übler Nachgeschmack einer Nacht. Die Fahrt lief erst entlang des Sees, bis wir auf ei­nem Trampelpfad endeten. Also zurück und auf schönem Schotter nach Anti­gua. Hatte irgendeine größere Stadt erwartet, aber alle Häuser sind einstöckig und keine Spur von Streß oder Verkehrsverstopfungen wie in vielen anderen Städten C.A´s. Soll mir nur recht sein!

 

Di, 10.1.95

Morgens Post abgeholt. Gunthi & Mutt. Great. Danach riesiges Spaghetti Früh­stück im „Cafè Wiener“. Hier gibt es wieder alles, sogar Wiener Schnitzel und Sachertorte. Viele Gringos, again. Rest des Tages Briefe schreibend ver­bracht. Morgen geht es in den Sprachkurs. Gespannt, wie das wird. Würde Mutt sicher gefallen!

Gunthis „Falter“ und einen „Wiener“ im Cafè nur so verschlungen! Seltsam, wie mich der ganze Tratsch so weit weg von daheim fasziniert.

John ???´t prayer for owen Meany, Ballantine Books N.Y. Gutes, wenn auch anfangs zähes Buch. Newspapers are like fastfood… but like a box of ice­cream you read them all after you started. Schlagzeilen sind wie das Fett beim Hamburger etc. … Gute Analogie Lösung? Keine Zeitungen etc. mehr lesen?

 

Mi   Fr, 11.   13.1.95

Spanisch lernen ist doch Arbeit! Endlich jemand, der alle meine Fehler korri­giert und das ganze Französisch ´rausbringt. Antigua ist eine einzige riesige Sprach­schule. Ich glaube, es gibt zumindest 30 oder so. In jedem Ort dauerte es bis jetzt immer nur 1  2 Tage, bis man fast alle oder zumindest eine Gruppe von Leuten kennengelernt hat, mit denen man sich gut versteht und denen man täg­lich über´n Weg läuft. Auch hier ist das so. Man trifft sich im „Rainbow“, „Pi­casso“ oder im „Macendo“ und beschließt den Abend im volltrunkenen Zustand im „Casbah“. So auch am Mittwoch. George wollte noch nicht nach Hause und so machte ich mich allein auf den Weg. Nach nicht ´mal 100 m, in einer einsa­men Gasse, stoppte dann ein Auto neben mir und ein Typ mit vermummten Gesicht und einer Pistole sprang heraus. Er schoß sofort und ich dachte, ich bin tot, spürte aber nichts. So stand ich mit dem Rücken zu einer Hauswand und der Typ schrie „dinero, dinero“, während ein anderer an meiner Swatch zerrte. Dabei hatte ich absolut nichts bei mir, keine Geldtasche, Papiere, nur etwa 5 Quetzales (10 öS). Als der Typ mit der Pistole nach meiner Hemdenta­sche langte, wozu er sich nach vorne beugen mußte, kickte ich ihm den Schuh ins Gesicht. Ich traf ihn wohl nicht richtig oder er wich zurück und ich fing an zu laufen, woraufhin 3 oder 4 Schüsse fielen. Die Gegenwehr irritierte die Jungs wohl und sie liefen zurück zum Auto und preschten davon. Ich lief dem Auto noch nach und erschöpfte dabei mein Schimpfwörtervokabular. Zurück in´s „Casbah“ und bei einem „Cuba libre“ wurde mir erst richtig bewußt, was gerade passiert war. Ich denke, ich hatte Glück! Rob getroffen, auch ein GIS Mensch   guter Typ.

 

Sa, 14.1.95

Wollten eigentlich mit ein paar Mädels (Ann, eine Fotografin…) auf den Ja­guar Vulkan, um zu campen, aber sie tauchten zum vereinbarten Frühstück nicht auf. Also entschlossen George, Rob und ich, auf den Agua Vulkan zu ge­hen. Schlimme Straße bis San Francisco, wo wir die Motos bei einer Familie unter­stellten. Mit Mace?? und Messer in der Hand gewappnet gegen Überfälle, mach­ten wir uns dann auf den Weg. Es war schon ca. 4h, als wir losgingen und von weitem konnte man schon ein dumpfes Grollen hören. Nach ca. 1 h sahen wir dann den ersten Lavabrocken aus dem Vulkan schießen. WOW! Auf den letzten 100 m, knapp unter dem Vulkankegel, schossen die Brocken über uns hinweg. War ziemlich aufregend. Zwischen den einzelnen Eruptionen war immer für 10   15 min Ruhe, die wir nutzten, um auf den gegenüberliegenden Krater zu kom­men. Zwischen uns und dem Krater lagen nur etwa 200 m. Zwischen La­va b­rocken machten wir unser Lager und bei Wein und Spaghetti beobachteten wir das unglaubliche  Schauspiel. Erst bebte der ganze Berg, dann ein dumpfes Grollen und der ganze Vulkan leuchtete in grellem Rot. Sekundenbruchteile später dann die Eruption. Manchmal fielen die Brocken gleich neben uns nieder und zersprangen in hunderte Stücke! Später fing es dann an zu regnen und der Wind verblies uns fast. Das und die Ungewißheit, ob der nächste Brocken dies­mal auf anstatt neben uns landen könnte, führten zu einer etwas unruhigen Nacht. George tat überhaupt kein Auge zu. Gegen 5 h standen wir auf, um den Mond hinter dem lavaspeienden Vulkan untergehen zu sehen. Tolles Spektakel mit Agua und Fuego Vulkan im Hintergrund. Hoffe, daß die Fotos ´was werden. Blieben noch bis ca. 9 h auf dem Gipfel, um zu genießen. Rob und ich versuch­ten, noch näher an den Kraterrand heranzukommen, hatten aber zuviel Schiß, was auch gut war, denn 5 min, nachdem wir umgekehrt waren, gab es wieder eine major eruption, die den ganzen Südhang mit Lavabrocken bestreute. Ich denke, man ist ziemlich tot, wenn man von so einem Geschoß getroffen wird. Rückweg dann durch Nebel. Noch eine gute Nacht im Hotel „Cristal“.

 

So   Do, 15.  19.1.95

Nach Guatemala City. Ins McDonalds, um einen Cheeseburger und Pommes zu kaufen   gelebter Kulturimperialismus!  1. Nacht in Scheiß Hotel im Huren­viertel. Ziemlich abgefuckt, aber interessant   zumindest. Nächsten Tage damit ver­bracht, meine abgelaufene MC zu ersetzen. Lauferei, aber schließlich doch er­folgreich. Umgesiedelt in die Pension „Meza“, die wir „Hippie Haven“ nennen. The ??? of Dope everywhere. Haben uns in der Hochzeitssuite eingerichtet (Klo innen, 50 Q = 100 öS). Guter Platz, nur jeder ist ziemlich mit sich selbst be­schäftigt und von daher wenig „commity feeling“. In der Bibel (C.A. Handbook) fand ich die # von Andy Young, dem ehemaligen 125 ccm C.A. Meister, der hier eine Werkstatt hat, in welcher er uns werken ließ. Sehr netter Typ! Sehr straight . Verbrachte die meiste Zeit damit, Teile zu suchen, zu kaufen und zu montie­ren. Ölwechsel, Kette waschen, neuer Hinterreifen etc. Moto ist wieder gut in Schuß. Hab´ aber irgendwie gar keine richtige Freude daran, denn George will mir viel­leicht seine 1000er BMW verkaufen. Das wäre ein Traum! 5000 $ wäre auch ein Superpreis, für den ich sogar den Trip abkürzen würde. Muß Mutt anru­fen! Auf dem Bike könnte man auch zu zweit fahren! Peru? Wäre jedenfalls toll, wenn das klappen würde. Andy war jedenfalls sehr nett und es war wirklich weit ange­nehmer, in einer richtigen Werkstatt arbeiten zu können, als irgendwo auf dem Boden herumwurschteln zu müssen. Abends nie recht lange ausgegangen. Fühlte mich nicht mehr richtig wohl dabei, im Dunkeln durch die Straßen zu wandern. Vor allem, nachdem ich bei Wolfgang & Edith (dem Lehrerehepaar, das ich schon in Mexico getroffen hatte) zum Abendessen eingeladen worden war. Gab Leberkas´ und Kartoffelsalat. War recht gut, aber ich könnte wirklich nicht sagen, daß ich es vermißt hätte. Wolfgang zeigte mir die Kriminalstatistik der letzten zwei Wochen: 57 und 67 Tote durch Schußwaffen, 111 durch Mes­serstechereien etc.   und das sind nur die offiziellen Zahlen! Sie hatten auch jede Menge anderer Geschichten auf Lager. Nicht sehr beruhigend. Das Selt­same an der ganzen Kriminalität in Guatemala ist aber, daß man sie nicht sieht. Alle Leute waren bisher (klopf klopf klopf) ausgesprochen freundlich und hilfsbe­reit. Aber das ist wahrscheinlich das Gefährliche daran, daß man sich zu sicher fühlt, unaufmerksam und nachlässig wird. Nach dem Abendessen bin ich noch in die Bar neben der Pension gegangen. Voll mit Leuten, einer abgefuckter als der andere. Ein Hippie nervte mich mit seinen Bongos und ein noch größeres Arschloch erzählte mir die ganze Zeit, wie er bereit ist, für Subcommandante Marcos in Chiapas zu kämpfen und zu töten. Für eine „gerechte Sache“. Be­zweifle allerdings, daß der Typ überhaupt hell und dunkel unterscheiden kann. Gefährliche Leute! Schlußendlich konnte ich ihn aber mit einem doppelten „Cuba libre“ befreunden. Resumè Guatemala City: Großes chaotisches Loch; die Zona uno war irgendwie interessant mit den niedrigen Gebäuden, den gan­zen Reklameschildern, dem fürchterlichen Verkehr und den Autobussen (alles alte U.S. „Bluebird“ Schulbusse), die ohne Auspuff die engen Gassen verpe­sten. Ich glaube, in G.C. gibt es fast mehr McDonalds und andere U.S. Fast­food Ketten als in L.A. Die Frage ist nur wieder: Wie können sich die Leute das mit einem Durchschnittseinkommen von 400   600 Q  (800   1200 öS) nur lei­sten? Bin je­denfalls froh, daß wir noch hierhergefahren sind.

 

Fr, 20.1.95

Grausiger Fahrtag! War in keiner guten Verfassung heute morgen und es dau­erte bis 11 h, bis wir endlich unser Zeug zusammen hatten. Habe noch ein Pa­ket mit Filmen zu W & E gebracht, die es einem Freund nach Ö. mitgeben wer­den. Hoffe, daß das klappt. Die Filme sind ja ein finanzielles Standbein des Trips. Ich hoffe, ich kriege genug gutes Material zusammen, um eine „Kickars“ Diaschau zu machen. Freue mich schon auf diese Arbeit. Das und das Versen­den von Bewerbungen werden die ersten Aktivitäten sein, die ich daheim ange­hen werde. Ich denke, wenn ich eine halbwegs professionelle Show auf die Beine stelle, daß damit ein Gutteil des Trips bestritten werden könnte. Werde mich jedenfalls dahinterklemmen, um einige gute Plätze für die Show zu finden. Das Größte wäre natürlich das AudiMax in Wien, aber wir werden sehen… Ach ja, grausiger Fahrtag! Dauerte fast eine Stunde, bis wir aus der Stadt ´raus wa­ren. Danach unzählige stinkende LKW und Busse, gesteuert von Affen auf Speed oder von Vollidioten. Mußte einige Male aufs Bankett, weil irgend so ein Trottel trotz des Gegenverkehrs und mitten in einer Kurve überholen wollte. „Dios es mi camino“. Ich glaube aber nicht, daß die ganzen heiligen Sprüche auf den Autos gegen Raserei und Idiotie helfen War froh, als wir gegen 4 h am „Bio­top Quetzal“ ankamen. Hoffen, hier einen der Wappenvögel Guatemalas, einen Quetzal, zu sehen. Morgen daher früh aufstehen. Morgens kein Quetzal. War seltsam, wieder auf dem Bike zu sein. Die letzten zwei Wochen waren wir  ja nur in Städten. Muß mich immer wieder erst daran gewöhnen und (Selbst ) Ver­trauen aufbauen. Ist auch gut, die ganze Hippie  und Dope Szene wieder zu verlassen. Die Traveller hier sind wirklich weit abgefuckter als in Afrika. So viele „Looser“ und „Scumbags“ habe ich noch selten auf einem Haufen gesehen. Ganze Familien, incl. Kindern (ein deutsches Paar z.B.), sind hier auf dem „Low self esteem“  Trip und halten sich durch den Verkauf von Dope und Cokain über Wasser.

 

Sa, 21.1.95

Es regnete am Morgen und ich war sehr vorsichtig. Der neue Hinterreifen ist nicht so unbedingt optimal für den Regen. Ab Coban dann Schotterstrecke. Berglandschaft und Dschungel. Dann 10 km Stichstraße `runter nach Lanquin, wo Höhlen geben soll. Wir fuhren bis ganz vor den Höhleneingang, was keine unbedingt gute Idee war, denn auf dem nassen Untergrund war es fast unmög­lich, wieder nach oben auf die Straße zu kommen   Schieben half. Campierten am Ufer des Flusses, der aus der Höhle kam. Tolles, grünes und klares Wasser, in dem wir erst einmal eine Stunde schwammen und den ganzen Dreck herun­terwuschen. Abends dann Nudeln gekocht und in meiner 12 Peso Hängematte weggedöst. Die Höhlen  haben wir jedoch nie gesehen, da der Typ, der den Schlüssel für den Stromgenerator hatte, nie aufgetaucht ist   auch wurscht, war ein schöner Campingplatz.

 

So, 22.1.95

Shit! I! Scheißtag. Es regnete in der Nacht und die Straße/Piste war naß und schlammig. Durch die Berge, auf und ab über Geröllstraßen und durch kleine Dörfer. Großartige Dschungellandschaft, vor allem anfangs, kurz nach Lanquin. Dann wurde es immer schlimmer und sehr rutschig. Es war eine wirkliche Qual über die riesigen Steine. Der Hinterreifen rutschte ständig weg, es war wirklich schwierig, das Moped gerade zu halten. Irgendwann auf einer steilen Abfahrt wurde es dann zu viel und ich rutschte. Keine große Affäre, aber es verbog den Bremshebel, daher dauerte es einige Zeit, bis alles wieder geradegebogen war. Danach dann immer die Angst, wieder hinzufallen; bin daher entsprechend langsam gefahren. Scheißstraße bis Sebal. Dachte, daß das eine halbwegs große Siedlung wäre, es war aber nur eine Ansammlung von Hütte und kein comedor?? Dafür gab es in Paxruya?? gutes Essen. Riesenportion Fleisch, Reis, Gemüse für 12 Q. George gefiel aber das Restaurant nicht so unbedingt. Seine hygienischen Standards sind doch etwas höher und schließen Schweine und Hähne in der Küche aus. Bis Sayache?? dann wieder normale Piste. Im Dunkeln dann ´raus zu den Ruinen bei El Ceibal??, wo wir unsere Hängematten schlangen. War so müde, daß ich nach max. 5 min eingeschlafen bin   trotz der Mosquitos. Morgens Ruinen besichtigt   nichts Besonderes.

 

Mo, 23.1.95

Auf nach Flores   zurück auf den „Gringo Trail“. Auf Asphalt nach Tikal, wo ich mich erstmal über die unverschämten Preise ärgern mußte. Konnten schließlich das Zelt im Garten eines Hotels aufstellen und spazierten am späten Nachmit­tag zu den Ruinen. Riesige Tempel, vor allem ‚4, wo wir lange saßen und den Son­nenuntergang beobachteten. Weit beeindruckender als Palenque und viel grö­ßer (mehr über Mayas in Büchern nachzulesen). Ich glaube aber, daß Tikal je­denfalls den Trip durch den Peben?? wert war!  Wenn ich mir noch einmal eine der Maya Ruinen anschauen wollte, wäre es wahrscheinlich in Tikal! Auf der Fahrt dorthin mit George Moped getauscht. Was für ein Unterschied: Diese Po­wer! Wollte gar nicht mehr auf mein Spielzeugmoped. Hoffe, daß alles klappt mit dem Bike, der ganze legale Kram etc….

 

Di, 24.1.95

Frühstück im „Ripoff“ Hotel. Warum kann man Pankakes als Teil eines Früh­stücks mit Huevo & Frijoles bestellen, aber nicht alleine? Diese Art von Logik geht mir schon langsam auf den Geist. Auch die Scheißbedienung. Kein Bitte   kein Danke. Alles wird einfach hingeknallt, nachdem man eine halbe Stunde auf einen Kaffee gewartet hat. Beim Bezahlen nahm die Kellnerin erst einmal die 100 Q und setzte sich zu ihrer Freundin auf die Straße, um eine weitere halbe Stunde zu quatschen. Dann irgendwann, nach mehrmaligem Urgieren??, das Wechselgeld wortlos auf den Tisch geknallt. This place sucks! Zurück nach Flo­res und dann weiter nach Süden. Wollten erst nur zu Mittag essen an einem Platz mit Namen „Finca Ixabel“, wurden aber gleich vom langsamen Rhythmus hier aufgesaugt. Die Hospedaje?? ist eigentlich eine Ranch mit Camps, Schlaf­saal, Zimmer etc.; guter Platz, um zu versumpfen   mitten im Dschungel. Nette Leute und gutes Essen, zum Fahren sowieso keine Lust   also hiergeblieben. Habe irgendwie das Gefühl, das dies die letzte große Tour auf einem Motorrad ist, habe auch mit dem Gedanken gespielt, in Venezuela einen billigen Pickup Truck zu kaufen, aber das ist wahrscheinlich nur eine vorübergehende Idee bzw. Spinnerei und wenn ich die BMW kaufe, dann steht mir das finanzielle Wasser sowieso mehr als über dem Hals, um so etwas zu  finanzieren. Muß in Ö. wirk­lich anfangen, für einige Zeit gutes Geld zu machen. Der Platz hier ist je­denfalls optimal. Habe gerade das beste Essen seit langem bekommen. Jeder geht ein­fach in die Küche und wandert um den Herd, wo alle guten Sachen wie Ge­müse, hausgebackenes Brot, Salat und Lasagne hergerichtet sind. Als Nach­speise gibt´s dann Kuchen und Kaffee und das Beste daran ist: soviel man will. Alles, was man sonst noch konsumiert, wird in ein Buch eingetragen und am Ende bezahlt. Ich wundere mich, wieviele Leute abhauen, ohne zu bezahlen. Rund um das ganze Gelände leben neben Pferden auch noch zwei Affen, die aber mehr zur Familie gehören als zu den Haustieren. Wissen genau, wann Abendessen und Frühstück ist und sorgen dafür, daß auch ja nichts übrigbleibt. Daneben gibt es auch noch einen riesengroßen, wunderschönen Papagei, der auf meinen Zehen herumhackt und gerade meinen Toast gefressen hat. Guter Platz, ???, und wenn wir  es nicht so eilig hätten, an die Karibik zu kommen, si­cher ein paar Tage wert. Aber nächsten Samstag ist die Superbowl und bis da­hin möchten wir  in ??? unter einer großen Satellitenschüssel sein. George kann es schon nicht mehr erwarten, tauchen zu gehen und spricht andauernd davon. Aber all die Geschichten, die man über die Karibik und Plätze wie Livingstone hört, lassen es auch ziemlich gut erscheinen, dort eine Weile herumzuhängen. Der einzige Minuspunkt am heutigen Abendessen war eine große Spinne, die sich genau über mir über die Gabel auf den Kuchen abseilte. Ich habe dann den Platz gewechselt. Die meisten anderen haben jedenfalls mehr geschrieen als ich und vor allem die Amis fanden es absolut „uncool“, daß ich den Kuchen fer­tig aß. Ach ja: heute nachmittag ist mir irgendwann die Kette abgesprungen. Ir­gendwie regen mich solche Pannen aber gar nicht auf. Am Abend quatschte ich noch mit Dave (?), einem Schotten, und auch er, der schon 10 Tage auf einen Kardan für seine Suzuki wartet, sieht in solchen Pannen nur einen Teil des Trips, dem ohne so etwas irgendwie die Würze fehlen würde. Im Rückblick sind das immer die Dinge, die man sich am besten merkt  (siehe auch Ted Si­mons „Jupiters Travels“). Würde gern auch einmal das Moped stehenlassen und, wie z.B. hier auf der Ranch, für ein bis zwei Wochen arbeiten. Habe mir aber ausge­rechnet, daß ich nach dem Tauchkurs Auf Ulica?? nur noch einen Monat habe, um nach Costa Rica, Panama und dann nach Venezuela zu kommen. Das wird eng. Auch weiter in S.A. wird irgendwie fast die Zeit zu knapp. Vor allem, wenn Mutt evtl. kommt oder ich mehr Bergsteigen will. Aber  „as“ said somewhere before: „We will see“.

 

Mi, 25.1.95

Solche Plätze sind immer schwer zu verlassen. Ausgezeichnetes Frühstück und dann auf in den Schlamm. Dieser Abschnitt war weitaus schlechter als der gest­rige und bei einem langen, tiefen Schlammloch ging mir auch fast der Mo­tor aus. Das wäre Scheiße gewesen   bis zum Bauch im Wasser. Nach ca. 3 h dann wieder auf Asphalt und von dort an Kilometerfresserei durch Regen und Wind bis zur Grenze. Im Hotel eine Stunde lang versucht, meine Sachen und das Moto vom Schlamm zu befreien.

 

Do, 26.1.95

Gleich morgens zur Grenze   im Rallyetempo. Für die Ausreise wollte wieder je­der, der einen Stempel halten kann, 10 Q haben. Auf der Honduras Seite dann nicht viel anders. 20 U$ Straßengebühr, 20 Lempiras für die Polizei etc. George war ganz erschüttert, daß sogar der Polizist Geld wollte. Mir gehen die ganzen Typen aber nur auf den Nerv. Wenigstens haben sie uns nicht mit Details wie Gepäckkontrolle usw. aufgehalten, sondern sind gleich an den Kern der Sache   Geld   herangegangen. Von der Grenze wieder Eilfahrt nach La Ceiba, von wo aus das Schiff nach Utila fährt. Bis es dunkel war, unterwegs gewesen und Ge­orge wäre beinahe in eine Baustellengrube gecrasht. In La Ceiba nach dem „Amsterdam 2001″gefragt, einer Pension, deren Name nach weit mehr klingt als sie ist. Aber alle Frauen auf der Straße waren Nutten und die wußten entweder wirklich nicht, wo diese Pension war oder sie hatten anderes im Kopf… So wie La Ceiba stelle ich mir irgendwie Panama City vor, heiß ?? und herunterge­kommen, aber irgendwie nicht ohne Reiz. Nach zwei Bier und einem dämlichen US Video, das in einer Bar lief, todmüde  mit dem Ventilator auf höchster Stufe   im fensterlosen Zimmer eingeschlafen.

 

Fr, 27.1.95

Mir gefällt der Pragmatismus der Leute hier. Obwohl man für Motorräder offi­ziell keinen Platz auf dem Schiff hat, gibt es welchen, wenn man 150 Lempiras hat. Also ´rauf mit den Motos und auf geht´s in die Karibik. Gleich auf dem Schiff herrscht eine andere Stimmung, denn die gesamte Crew von fünf Mann spricht Englisch, wenn auch in einem eigenartigen, fast lustigen Akzent. Die Überfahrt dauerte auch nur ca. eine Stunde, was für meinen Magen sehr gut war.

 

Sa, 8.2.95

Zehn Tage auf Utila und noch „keine Zeit gehabt“, zu schreiben. Das sagt ei­gentlich alles. Habe die Yamaha an Ricardo verkauft oder   besser gesagt   ein­getauscht für einen Divemaster  und einen Rescue Diver Kurs im Gegenwert von 1200 U$. Ich glaube, das war ein gutes Geschäft für uns beide!

 

8.2   27.2.95

Da ich es in den letzten Wochen einfach nicht geschafft habe, zu schreiben, hier nun ein Tag wie fast jeder andere: Schon halb Sieben, der Ventilator bläst mir ins Gesicht und hält die Sandflöhe und Mosquitos fern von mir. Vor allem die Sandflöhe sind eine wirkliche Plage. Nicht größer als 1 mm, aber sie jucken wie verrückt. Die halbe Insel ist ständig am Kratzen. Das Einzige, was hilft, ist eine dicke Schicht Kokosnußöl oder „Skin so Soft“, das aber bei Hendersons, dem einzigen Supermarkt auf der Insel, ständig ausverkauft ist. Ich muß tauchen ge­hen. Zuerst aber aufs Moto und die 200 m hinauf zu „Thompsons Bakery“, wo es ein gutes Frühstück gibt. Kann es mir einfach nicht verkneifen, die Maschine ein­mal am Tage anzuwerfen. Sorgt auch für ziemliches Aufsehen. Die einheimi­schen Mädels sind auch nicht schüchtern und schreien mir alles mögliche Ein  und Mehrdeutige zu. Bei Thompson´s tau­chen dann früher oder später alle auf, um ihr desay uno zu haben: Tom, Fiona, Dope Lary, Kim I, Kim II, Michel, Ju­dith, Lala & Joremy, Chris vom Dive Center, Nipple Chris, Grou und Monika, Martin, die anderen Divemaster aus Dänemark, Mike, der Ö., der immer nur über´s Tauchen spricht (sehr uncool), George (natürlich), Iris und Monique  die Mädels aus Belgien   die ich schon in Oaxaca und Guatemala getroffen hatte und viele andere, deren Namen ich mir einfach nicht merken kann. Nach ca. 1 1/2 h und dem obligaten „Have another wonder­ful day, Markus“ von Brenda, der Kellnerin in Thompsons Bakery, wo wir immer frühstücken, geht´s durch das Dorf zurück zum Dive shop, dem „Utila Dive Center“. 10 km/h Geschwindig­keitsbeschränkung ist schwer einzuhalten, aber die Strafen für speeding sind 100 Lempiras (  U$) und/oder ein Tag im Knast, wie es Chris kürzlich passierte. Der Dorfpolizist ist ein ziemlicher Idiot und inter­pretiert die Gesetze entspre­chend „großzügig“. Wenn ihm danach ist, vor allem nach ausgiebigem Bierge­nuß, zieht er auch schon mal die Pistole und ballert in der Luft herum. Angeblich hat er letztes Jahr im Rausch einen Menschen er­schossen… Im „07“, der loka­len Disco, gibt es immer noch Einschußlöcher in der Wand. Mit dem Typen will ich mir´s lieber nicht verderben! Im Dive shop plärrt schon die  letzte „Suicidal Tendencies“ CD:  „Don`t give a fuck“. Gute Stimmung. Öde Tankaufladerei   man braucht einfach zuviel Zeug zum Tau­chen. Bis alles beisammen ist, dauert es immer ewig und die Schlepperei geht mir schon furchtbar auf den Geist. Als Divemaster muß ich aber schauen, daß genügend Tanks, BCD´s etc. auf dem Boot sind   es ist doch immer eine ziemli­che Lauferei, bis alles beisammen ist. Dann ´raus zu den Dive Sites: Little bite, Black Corall Wall, Ron´s Wreck, Seamans ???, Calunas??, die Plätze auf der Nordseite. Auch wenn es immer eine ziemliche Aktion ist, bis alles läuft, sobald man im bzw. unter Wasser ist, ist alles wieder toll und paletti – Relax. Ich will aber nicht viel übers Tauchen schrei­ben, denn z. Z. habe ich schon die Nase voll da­von. Zu wenig excitement, ???.  Eigentlich ist´s ein Seniorensport. Aber in ei­nem Monat denke ich sicher anders darüber. Auf der „Martini“ hat Fabrice jetzt ein Radio installiert und manchmal würde ich schon lieber auf dem Boot bleiben und zu „Dizzy Miss Lizzy“ mitgröh­len, als ins Wasser zu gehen und Anfänger zu überwachen. Nachdem dann al­les wieder gewaschen und verstaut ist, smalltalk auf der Veranda. Viele der Ty­pen hier sind doch ziemlich flach und immer nur über Mädels und Parties zu re­den, verliert auch seinen Reiz. Auf dem Weg zu­rück zum „Cross Creek“, dem „Hotel“, wo wir wohnen, bekomme ich immer ei­nige Konversationsfetzen der Einheimischen mit. Seltsame Sprache. Alle schreien und obwohl sie Englisch sprechen, ist es oft hart, sie verstehen zu wollen. Bei 1000 Einwohnern kann ich mir gut vorstellen, daß Inzucht hier ziem­lich normal ist. Jeder ist mit Jedem ver­wandt und wie Laura von Lauras sagte: „I am a Cooper myself“, der häufigste Name auf der Insel. Die einzige Blutauffri­schung sind die Langzeiturlauber und Leute, die hier arbeiten oder hängen­geblieben sind. So z. B. Ron, der Typ von Cross Creek, der schon seit 16 Jahren hier ist und eine Einheimische geheiratet hat. Auch die Kinder sind sehr laut und absolut nicht scheu. Aber dennoch sind sie nie ungut oder betteln   einfach nur lebhaft. Es gibt nur zwei Typen, die einen ständig um Geld anhauen. Jack und ein anderer Suffkopp, die manchmal (meistens) so weg sind, daß sie nicht einmal mehr den Mund aufbringen. Sie sind aber sicher nicht die Regel. Obwohl die meisten einen guten Teil ihrer Zeit auf der Hollywoodschaukel verbringen, scheint doch jeder irgendeiner Beschäf­tigung nachzugehen. Endlich daheim in der Hängematte! Die 400 öS war sie si­cherlich wert, wenn man bedenkt, wieviel Zeit ich in ihr verbringe. Cola und rela­xen und checken, wer neu angekommen ist. Wir sind ja sozusagen die „old kids on the block“ und ernten mittlerweile schon bewundernde „Ah, really; six weeks?“, wenn ich erzähle, wie lange ich schon auf der Insel bin. Irgendwann geht´s dann zum Mittagessen. Meist gibt es irgendwo „comida corriente“   einen großen Teller mit einem Stück Fisch oder Fleisch, dazu Püree, Nudelsalat, Reis, Bohnen und Spaghetti. Wirre Kombina­tionen, auf die ich zuhause nie kommen würde, aber es schmeckt. Auf der gan­zen Insel sieht man Leute mit ih­ren „Open Water“ Manuals herumlaufen, very uncool! Genauso uncool, wie am Abend übers Tauchen zu sprechen. Gegen 6 h geht´s dann zum „Seabreaker“, einer Bar auf Stelzen und mit Palmdächern, zum „Sonnenuntergang schauen“. Natio­nal, Salvavida und Port Royal sind die  drei Biersorten, um die sich alles dreht. Die Musik ist meistens furchtbar   Techno und so´n Zeug. Wo ist die Zeit geblie­ben, in der die Hippies Led Zeppelin, Hen­drix oder Van Morrison moch­ten? Be­vor es ins „07“ geht (vorausgesetzt, es ist Dienstag oder Freitag   die Party­nights), noch schnell was essen gehen, was mindestens 1 1/2 h dauert. Rekord war 2 h Wartezeit auf eine Pizza in „Captain Roys“  Restaurant. Wenn man so richtig die „munchies“ hat, kann sich das ganz schön ziehen. Aber das Einzige, was man machen kann, ist geduldiges Warten, denn sich aufzuregen bringt ab­solut nichts. Aber für Unterhaltung ist immer ge­sorgt. Paradoxerweise ist es oft so, daß je weniger Leute um einen herum sind, desto weniger Zeit hat man für sich selbst, denn man kennt halt jeden und quatscht, quatscht, quatscht. Pizze sind meistens ziemlich lahm, mit seltsamem Käse und ohne die richtigen Ge­würze, aber immer noch besser ,als ständig Ta­cos zu essen.  Dann, um 10:30 h, ab ins „07“, wo es inzwischen 10 und 11 h gra­tis Rum gibt. Ich habe es aller­dings noch nie geschafft, etwas zu ergattern. „07“   Salon, Bar, verspricht das Schild draußen. In Wirklichkeit ist es aber mehr eine Baracke mit glaslosen Fenstern, einer rauhen Bretterbar und einer Glühbirne in der Mitte. Ein großer, dunkler Verschlag also, was aber niemanden stört und nach 11 h geht dann die Post ab. Bei den Kindern angefangen ,bis zu den Se­nioren, tanzt alles und die Touristen fallen nicht wirklich auf. Weil es so dunkel ist, bringen die einheimi­schen Jungs ihre Taschenlampen mit, um die Mädels auszuchecken. Toilette gibt es auch keine, was aber nichts ausmacht, denn der ganze Hinterhof ist für diesen Zweck designiert. Alles tanzt und gröhlt zu den Hits der Saison wie „I wanna get high, so high“, dem „Banjo Song“ etc. Obwohl die DJ´s immer mordshektisch ihre Kassettenhaufen durchwühlen, sind es doch immer wieder die gleichen 7  10 Songs, die sie spielen, oft 2  3x am Abend. Scheint aber kei­nen zu stören. Letztens mischten sie aber einmal 1  2 neue Songs in ihren be­währten Mix und organisierten, von was weiß ich woher, ein Stroboskoplicht   der ganze Laden flippte aus und die Bude bebte, als ob sie je­den Moment zu­sammenbrechen würde. Gegen 12 h gibt es dann die fast obli­gate Rauferei un­ter den Einheimischen oder Touristen. Erstere sind lustiger, denn da wird schon ´mal eine Zaunlatte heruntergebrochen und einem anderen über den Schädel gezogen. Im Gegenzug gibt es dann eine wilde Jagd der sich bekämpfenden Parteien quer durch´s Lokal. Auch der Dorfpolizist ist meist ir­gendwie involviert, genau so wie die 2  3 Schwulen auf der Insel, die öfters Op­fer dieser Fehden sind. Habe letzten Dienstag einen ganzen Fight mit meinem Kassettenrekorder aufgenommen   hat guten Unterhaltungswert. Auf dem Weg nach Hause noch schnell eine Balleada  von den Frauen vor´m Lokal gekauft und versucht, die Abzweigung nicht zu versäumen, denn unser Ortsteil hat wie­der einmal kein Licht   alles im Dunkeln. Noch schnell die „Can Fishes“ in unse­rer „Open Air“ Toilette gefüttert und bevor es ins Bett geht, noch mit den Nach­barn in der Hän­gematte auschillen??, denn morgen muß ich ja wieder früh auf zum Tauchen…

Warum:

ist Country Music auf der Insel so populär (evtl. Verwandte in den U.S?)?

Polizeichef Gott ist: 100 LP´s für Radfahren ohne Licht!

jeder hier eine Story hat,

ich ein Segelboot haben will.

Wir wären fast in ein Haus gezogen, das zwei Tage später abgebrannt ist, Glück gehabt!

kann ich mich nicht daran gewöhnen, daß alles hier so langsam geht und ewig dauert? Es ist nicht möglich, ein Stück Kuchen unter 10 min zu be­kom­men.

Christoph Columbus ist auf seiner 4. Reise in Utila gelandet.

 

Mo, 27.2.95

Abgang von Utila. Alles ist gepackt. Frühstück bei Thompsons. Tickets gekauft (100 LP fürs bike   50 weniger als für die Hinfahrt) und dann warten auf´s Schiff. Jede Menge Leute sagen noch „Auf Wiedersehen“, but nobody seems to really care. Ist mir sehr recht, denn Abschiedsszenen liegen mir nicht wirklich. Habe jede Menge Adressen in den letzten Wochen gesammelt, bin gespannt mit wie vielen ich wirklich in Kontakt bleiben werde! Bei manchen muß ich mir jetzt schon Notizen machen, um die dazugehörigen Gesichter nicht zu vergessen. Bei anderen ist´s aber schade (Tom, Kim, Eddie…), daß nicht mehr Zeit war, um sich besser kennen zu lernen. Werde sehen. Zurück in La Ceiba bin ich erst mal vom Hafen abgehauen, denn irgendein Typ wollte Papiere für´s Motorrad se­hen, die ich leider nicht habe. Bin in´s „Amsterdam 2001“ und dann in die Stadt, um noch einige Dinge zu erledigen. Danach dann endlich einmal Zeit zum Schreiben und Post erledigen. Abends dann ins Cafè „Verde“. Nutten, Nutten überall. Könnte aber beim besten Willen (= eigentlich absolut geil) mit keiner von denen heimgehen. Auch wenn´s nur 100 LP kostet, so heißt es dann, daß man nur einen Hunderter für AIDS bezahlt hat.

 

Di, 28.2.95

Tag 1 auf BMW! Morgens noch zur Post und Bank und dann los. Oder doch nicht, denn die Staatsdiener streiken wieder einmal und haben die Straße mit brennenden Autoreifen blockiert. Nix geht weiter. Also zurück nach La Ceila und noch einige Sachen erledigt: Schlauch kaufen, Gepäckträger schweißen lassen, essen etc. Schließlich schaffe ich es doch, zwischen den brennenden Autorei­fen durchzukommen und los geht´s! Erst noch ziemlich vorsichtig, denn ich möchte nicht riskieren, gleich am ersten Tag durch irgendeine Unachtsamkeit mit der neuen Maschine Mist zu bauen. Die Straße nach Tegucicalpa, wo ich Visa(s) besorgen muß, ist sehr gut und langsam gewöhne ich mich an´s Moto. Ist ziemlich heiß und vor allem die Füße hinter den Zylindern sind unangenehm warm. Die heizbaren Griffe scheinen hier ein gutgemeinter Witz. Ist toll, wie die Maschine abzieht. In fast jedem Drehzahlbereich volle, aber dennoch weiche und kontrollierbare Power. WOW! Das ist das Motorrad, das ich eigentlich schon vor 10 Jahren hätte kaufen sollen. Was für ein Gefühl und Genuß, diese Maschine zu fahren. Bis zum ersten Stop bin ich auch schon gut 200 km gefah­ren, ohne meinen Hintern zu spüren. Der Sitz ist wie eine Couch!. Am Lago de Yojoa dann ziemlich mittelmäßigen, gebratenen Fisch gegessen und ein Typ, der mit seiner Familie am Nebentisch aß, schenkte mir eine Ananas. Guter Tag. Wollte erst in einem Park bei Zambrano campen, hatte aber keine Lust. Weiter also nach Tegucicalpa, das zumindest auf den ersten Blick nicht so schlecht aussieht, wie alle sagen. 424 km, 5,7 l Verbrauch. Abstieg im Hotel „Granada“. Fensterloses Zimmer, aber erste heiße Dusche nach mindestes 6 Wochen. Wa­schen macht Spaß. Great Radiostations! No songer less ten five years old. „The best of cheese“.

 

Mi, 1.3.95

Morgens erst zur nicaraguanischen Botschaft, Visa besorgen. 25 U$, was für ein Betrug! Als ich aus der Botschaft ´rauskam, lag ein Geruch in der Luft, wie bei uns im Frühling. Tolles Wetter und nicht mehr so heiß wie an der Küste. Habe mich wohlgefühlt. Bin zurück ins Zentrum spaziert durch alle möglichen Straßen. Tegucicalpa macht keinen schlechten Eindruck: sauber und lange nicht so chaotisch wie Guatemala City, aber wirkliche Sehenswürdigkei­ten gibt es kaum. Habe mir eine Riesenportion Reis in einem China Lokal ge­holt. Konnte nicht einmal die Hälfte davon essen. Zurück ins Hotel, Postkarten schreiben, dann auf die Post. Die Frau im Souvenirladen hatte vergessen, meine Kreditkarte durch die Maschine zu ziehen und ist mir bis zur Post nach­gelaufen. Hatte Glück, daß sie mich im Gewühl noch gefunden hat. Nachmittags dann Paß abholen und wieder durch die Stadt gelatscht und versucht, noch alle möglichen Sachen zu erledigen. Muß unbedingt wieder Wäsche waschen, meine Jeans ist schon ganz braun, aber irgendwie stört es mich nicht mehr so richtig. Nach drei Tagen sieht sowieso alles wieder gleich dreckig aus. Muß heute noch alles vorbereiten für den Grenzübertritt nach Nicaragua. Ich hoffe, die Trickserei mit den zwei Pässen haut hin und sie werden nicht unverschämt, weil das Moto nicht in meinem Paß eingetragen ist. Bin jedenfalls vorbereitet, den einen oder anderen 20 Dollarschein hinüberwandern zu lassen, um die Sa­che zu beschleunigen. Werde sehen. Abends noch ins Kino: Forest Gump. Film o.k.  Forest Gump & Jenny Dialog: Jenny: „I wish, i was whit you all the time. Gump: „You were!“.

„Der wichtigste Besitz eines Bettlers sind seine Schuhe“, gelesen in: Guillermo Yuscara: Northcoast Honduras   Tropical Karma, 1993.

 

Do, 2.3.95

Morgens neue Mastercard abgeholt und ´raus aus der Stadt. Bei einer Polizei­kontrolle wollen sie meine Dokumente sehen. Habe mich dumm gestellt, dann das Gas aufgedreht und bin abgehauen. Ungut! Fing dann auch noch zu regnen an und ich mußte den Weg aus Tegucicalpa nach Danli?? finden   immer mit der Angst, daß eine andere Polizeistation informiert worden ist. Ist ja doch an­ders als in Afrika, wo man davon ausgehen kann, daß die Kommunikation nicht funktioniert. Aber glücklicherweise wurde ich nicht mehr angehalten. Das hätte mir gerade noch gefehlt, wenn sie mich ohne Papiere erwischt hätten! Bis zur Grenze dann halböde Fahrt mit 100 km/h?? über gute Straße. This bike can move! Ich dachte, ich bin besonders schlau und bin an der honduranischen Grenzstation einfach durchgefahren   war aber nichts   wurde gleich zurückge­schickt. Erstaunlicherweise fiel es aber niemandem auf, daß ich keinen Stempel für´s Moto im Paß hatte, nur die Lady am Ende der ganzen Prozedur bemerkte, daß mir ein Papier fehlte. Sie gab mir den 20 Dollarschein, den ich für den Fall der Fälle im Paß plaziert hatte, zurück und lachte nur. Frauen am Zoll sind mir lieber als Männer! Die ganze Aufregung wegen nichts. Außer den 20 U$ „Stra­ßengebühr“, die sie mir abknöpften, ging auch der nicaraguanische Zoll sehr zivilisiert über die Bühne. Es hörte auch auf, zu regnen und die Stimmung wurde gleich besser. Auf den ersten km in Nicaragua gab ich Gas und schrie in guter  Eric Cavino Manier „Yes, yes!“. Die Gegend wurde immer trockener und an den Hügeln waren kleine Farmhäuser mit roten Ziegeldächern. Macht alles einen är­meren Eindruck als in Honduras. Bei Esteli?? dann das erste Mal zö­gernd auf die Schotterpiste nach Jinotega abgebogen. Nur aufpassen, daß nichts passiert. Vorbei an Bäumen, die mehr Moos an den Ästen hängen hatten, als Blätter. In Jinotega  wurde ich dann von einem Polizisten aufgehalten und ich glaubte, ein Strafe wegen zu schnellen Fahrens zu bekommen. Er klopfte mir aber auf die Schulter, schüttelte mir die Hand und gratulierte mir. Wozu, habe ich nicht ver­standen, ich muß aber ziemlich blöd´ geschaut haben. Fünf Minuten später wurde ich schon wieder angehalten, weil ich gegen eine Ein­bahn gefahren bin. War auch nicht so einfach zu erkennen   ohne Verkehrszei­chen. Aber wieder nur Bewunderung für´s Moto und keine Strafe. Später durch die „Stadt“ spaziert und den Kindern auf ihren selbstgebauten „Skateboards“ zugeschaut. Aus dem Gefängnis (während der Revolution) haben sie jetzt ein Jugendzentrum bzw. Disco gemacht   gute Idee, schließlich ist doch jede an­dere Verwendung eines Hauses besser, als die einer Folterkammer. Nicaragua macht jedenfalls auf den ersten Blick einen sauberen und freundlichen Ein­druck.

Beim Friseur war im Hinterzimmer ein großes Kartenspiel im Gange und alle mussten warten, bis der Chef mit mir fertig war. Ist deshalb sehr schnell ge­gan­gen, was mir nur recht sein konnte.

75 Co Lon?? = ?? U$

Sah eine riesige Echse (ca. 1 m) auf der Straße, von der ich zuerst glaubte, es sei ein Stück Holz. Erst als sie weglief, erkannte ich, was es wirklich war.

 

Fr, 3.3.95

Gleich morgens ein Patschen. Von Matagalpa?? dann durch trockene Land­schaft nach Baaco. Irgendwann flog mir ein Geier hinein (oder ich ihm   je nach Blickwinkel). War ein riesiges Tier und so ziemlich das Größte, mit dem ich auf dem Moped bisher zusammengestoßen bin. Sah nur, daß ihm einige Federn wegstanden, sonst dürfte aber nicht viel gefehlt haben, denn er haute gleich da­nach ab. Die Landschaft erinnerte mich irgendwie an die Tschechei im Frühling, mit Bäumen, die in Rot und Gelb blühen; nur der Duft fehlte. Nach dem „en­counter“ mit dem Geier wurde ich noch von einem faustgroßen Stein, den ein Pickup wegschleuderte, an der Schulter getroffen. Gut, daß ich die Protektoren in der Jacke habe. Wenn ich den ins Gesicht bekommen hätte, wäre ich schön bedient gewesen… War jedenfalls schön kühl morgens, daher habe ich´s ge­nossen, die Jacke bis ganz oben zu schließen. Schöne Berge und dort oben auch Wald, wenn auch die Deforestation?? teilweise schon ziemlich fortge­schrit­ten ist. Blieb zweimal auf Brücken stehen, um den Frauen beim Waschen zuzu­sehen. Was für eine Arbeit, die Schrubberei und dann die ganze nasse Wäsche wieder ins Haus zurücktragen. Schwerarbeit! Kann gut verstehen, daß die Leute nicht immer die frischesten Sachen tragen. In Boaco entschloß ich mich, doch nach Bluefields zu fahren und nicht ,wie geplant, nach Granada. Wer weiß, ob ich jemals wieder hierher zurückkomme   isolierte Städte, fern von den Adern der Zeit, haben mich schon immer gereizt. Die Fahrt nach Rama?? ist nicht sonderlich spektakulär. Langsam es wieder heißer und schwüler und die Straße war, um eines meiner Lieblingswörter zu gebrauchen: „pathetic“. Erst nur Löcher im Asphalt (riesige allerdings), dann nur mehr Löcher ohne As­phalt. Einen halben bis einen Meter tief, es kam mir vor wie auf einer BMX Bahn. Gut, daß es trocken war, sonst wäre es eine ziemlich dreckige Angele­genheit ge­worden. Es zieht sich schon ziemlich bis nach Ramma??, von wo ich ein Boot nach Bluefields nehme und außer einzelstehenden Palmen an den Hügeln gibt es nicht viel zu sehen. Es ist die am dünnsten besiedelte Gegend Nicaraguas. In Rama?? ziehe ich ins „Ramada Inn“, eine Holzbude mit Innen­wänden aus Bambus. Die Madam ist farbig und ausgesprochen freundlich. Sie erlaubt mir, das Motorrad ins Haus zu bringen   mitten in ihr Wohnzimmer. Spä­ter erzählt sie mir vom Hurrican „Joan“, der 1988 das ganze Gebiet hier verwü­stet hat. Wasser, 16 m über dem Normalpegel, hinauf bis in den 1. Stock, wo ich mein Quartier habe. Kaum vorzustellen. Tolle Frau, sah sicher einmal sehr gut aus und ist eine interessante Geschichtenerzählerin. Hörte ihr zwei Stunden lang zu. Abendessen in einer Bar am Fluß. Tolle Stimmung (Sonnenuntergang) und Camaroni o.k. Am Nebentisch schütteten sich zwei Mädels mit Schnaps zu. Beide hatten ihre Schneidezähne, wie viele Leute hier, mit Gold bzw. Silber ein­gefasst. Furchtbar! Verstehe nicht, was die Leute daran schön finden. Später wieder die fast schon obligate Anmache eines Schwulen „Falls du jemanden brauchst…“ Warum immer ich? Guter Platz. „LCTS“ (Last chance to see   soll heißen: noch schön, wird sich aber ändern).

Im Zweifelsfall für den Zweifel.

Schön, wieder ´mal im Regen zu fahren.

Überall hängen große, eingerahmte Poster von nackten Frauen. Nicht nur in Bars und Restaurants, sondern auch in meinem Zimmer und im Wohnzimmer von Rosa, der Frau, bei der ich wohne.

 

Sa, 4.3.95

Morgens regnete es und alles war feucht und modrig. Muß unbedingt wieder waschen, denn meine Jeans hat schon einen richtigen Braunstich. Zusammen mit der Feuchtigkeit ergibt das eine ungustiöse Kombination. Bei Tageslicht sieht man, wie vermodert das Haus an manchen Stellen ist. Wo kein Farbe ist, zerfällt und verschimmelt es. Daheim würde man diese Bude, die aber nicht ohne Charme ist, bestenfalls als Holzhütte verwenden. Um 7:30 h zur Anlege­stelle, um einen Platz im „Speedboat“ (punta) nach Bluefields zu ergattern. Bis 8 h sind dann 19 Leute in dem kleinen Boot, obwohl es nur 12 Sitzplätze (= Bretter) hat. Das ganze Gefährt hat ja kaum mehr 10 cm Freibord! Nach ca. 3 min Fahrt wird umgekehrt, da wir zu schwer sind und das Boot vorne kaum aus dem Wasser kommt. Ich sehe einen 100 Cordoba ??Schein (der Fahrpreis) zu mir nach vorne wandern und der Käpt´n gibt mir zu verstehen, daß ich ausstei­gen soll. Ich sehe das allerdings gar nicht ein, denn ich war der erste am Boot, habe kein Gepäck (alle anderen Passagiere verstauten Dinge wie Gasflaschen, Fahrräder, Riesenkoffer etc.) und wiege auch nur die Hälfte, gemessen an eini­gen anderen Passagieren. Nach einigem Hin und Her, aber ohne Geschrei und Streß, mußte schließlich eine etwas füllige  (eigentlich fette) Lady und der zweit Bootsmann zurückbleiben. Dann ging´s los   mit ca. 40 Sachen übers Wasser. Nach ca. 5 min der erste Regenguß und schon wurde   so schnell konnte ich gar nicht schauen   eine Plastic Plane nach vorne weitergereicht, die wir dann immer wieder über die Köpfe zogen. Gute Gegend , aber ohne große Bäume, die vom 88er Hurrican hinweggefegt worden sind. Nach 1 1/2 h tauchen auf einmal jede Menge Wracks an der Mündung des Rio Esconotiato?? auf. Riesige Schiffe, die es nicht mehr geschafft haben, dem Hurrican zu entfliehen und so in die Flußmündung abgetrieben wurden, wo sie dann strandeten (das ist meine Theorie, aber niemand konnte mir eine bessere Erklärung geben). Einige der Schiffe lagen kieloben auf Grund und es war ein guter Nervenkitzel, denn unser Skipper schien diese Hindernisse immer erst im letzten Moment zu sehen. Nach ca. 2 h erreichte wir dann schließlich Bluefields. War total müde und die hohe Luftfeuchtigkeit machte mir ziemlich zu schaffen. Verließ das Hotel (Cafè Cen­tral) immer nur für etwa eine halbe Stunde, um mich dann wieder zurück zum, auf höchster Stufe laufenden, Ventilator zu retten. Obwohl der Ort eigentlich nicht allzuviel zu bieten hat, herrscht eine gute Stimmung. Viele der Bewohner sind schwarz und/oder sprechen Englisch. Karibik Feeling & Reggae. Jeder, den ich frage, ob ich ein Foto machen darf, stimmt zu und es wird gelacht und pala­vert. Viele sitzen in ihren Schaukelstühlen auf den Verandas. Irgendwie scheint es modern zu sein, mit Lockenwicklern durch die Gegend zu laufen. Der halbe weibliche Teil der Bevölkerung hat diese grünen Dinger in den Haaren, was mich immer zum Lachen brachte, wenn drei Damen im gleichen Look vor´m Haus sitzen. Aber wie gesagt, vielleicht ist das hier modern und ich weiß es nur nicht. Der Hafen ist voll von Wracks und es ist schwer zu erkennen, wel­ches der Schiffe überhaupt noch in Gebrauch ist und welches gleich vor Ort entsorgt wird. Natürlich werde ich wieder gefragt, ob ich ein Girl möchte, aber das scheint ja hier normal zu sein. Normal wird es auch, daß mich ständig Leute wegen meiner Schuhe anhauen, die ich in Guatemala als Ersatz für die stinken­den Nikes gekauft hatte. Scheinen jedem zu gefallen.  Neu aber war, daß ein Typ, dem ein Bein fehlte, nur meinen rechten Schuh haben wollte. Irgendwann sah aber auch er ein, daß ein Schuh alleine nur für ihn von Nutzen ist. Ja, und einen versifften Markt gibt es hier auch.

 

So, 5.3.95

Tatsächlich weckte mich der Alte in der Hospedaje um 4:30. Auf zum Hafen, einen Kaffee in der Kneipe dort getrunken, während im Hintergrund ein Porno Streifen lief; illustres Publikum. Der Skipper von gestern erkennt mich gleich wieder und teilt mir den besten Platz in der Panga?? zu. 5:30 Abfahrt, den Rio escandido aufwärts. Der Skipper (der mich immer  „Pellone“ = Glatze nennt) stehen beide?? im Boot und schreien „Hola, mas rapido, ramonos??“. Leider nutzte das alles aber nichts   nach 20 min fiel der Motor aus und wir trieben stromabwärts. Glücklicherweise kam das Linienboot und wir setzten unsere Fahrt auf diesem fort. 4 /2 statt 2 h Fahrtzeit. Grausige Schweinshaut frittiert gegessen und viel Spanisch gequatscht. Reggae gehört und mich wohlgefühlt. War nicht so schlecht, auf dem langsameren Boot zu sein, denn es gab einige wilde Regengüsse, die uns auf der Banga ziemlich gewaschen hätten. In Rama?? dann zurück in die Hospedaje, wo ich wieder lange mit Frau Cathrine quatschte. Während meiner Abwesenheit hat sie sogar eine Seite des Motorra­des geputzt, weil ständig Leute kamen, die Fotos machen wollten. Auch ein Vo­doo Heiler/Wahrsager aus Belize war dort abgestiegen und ich war stark am Überlegen, ob ich noch einen Tag bleiben sollte. Trotz des Regens brach ich aber schließlich auf, um nach Granada am Lake Nicaragua zu fahren. Die Leute an der Schlaglochpiste haben sogar einen Weg gefunden, mit der mise­rablen Straße etwas Geld zu verdienen: sie füllen die Löcher vor ihren Hütten mit Sand und Steinen auf und wollen dafür von den passierenden Autos einen „Straßen­er­haltungsbeitrag“ kassieren. Mir kamen aber so meine Zweifel, als ich diesel­ben Typen, die mich schon vor zwei Tagen anhauten, heute wieder beim selben Loch stehen sah… Da Sonntag ist, waren viele der Leute herausgeputzt und vor allem die Kinder in ihrem besten Gewand. Kann mich nicht mehr erinnern, wann ich mich das letzte Mal, nur weil Sonntag war, schön angezogen habe. Je weiter weg ich von der Karibik kam, desto heißer und trockener wurde es und ich stoppte mehrere Male für die obligate Cola und das Gequatsche mit den Ein­heimischen. Jeder (!) ist wirklich ausnehmend freundlich. Wäre aber schön, wenn es auch Mineralwasser zu kaufen gäbe, denn die ewige Cola hängt mir schon ziemlich zum Hals ´raus. Habe sogar Cacaomilch getrunken (Yok, nur der Abwechslung wegen). Bis Granada hat es sich dann doch wieder gezogen und ich war am Ende des Tages ziemlich geschafft. Nette Hospedaje mit Innen­hof gefunden und ausgezeichnetes gegrilltes Fleisch in Palmenblättern (cavesa de vaca (spelling?)) an einem Straßencaneder?? gegessen. Lauwarm geduscht und alte Unterhose ausgegraben   muß unbedingt waschen! Granada am Nica­ragua See macht einen guten Eindruck, viele Gebäude im Kolonialstil   erinnert mich fast an Mexico. Abends sitzen die Leute in Schaukelstühlen vor ihren Häu­sern und in der gesamten Hospedaje gibt es überhaupt keine „norma­len“ Ses­sel.

Witzig: Die Mädels hier rufen nur: “ I love you, „pellone“!

Viel an Kim und Marianne gedacht.

 

Mo, 6.3.95

Ins beste Hotel von Granada und dort für 35 S gefrühstückt. Die volle Ladung. Traf zwei Ostdeutsche und wir quatschten bis 12 h. Einer fuhr auf einem Segel­boot, das 1.3 t (Tonnen!!) Candis von Marokko nach Holland transportierte. Live story, nicht so unbedingt mein Stil, aber sicher jede Menge excitement. Dabei macht der Typ einen absolut guten Eindruck und sah über­haupt nicht fertig aus   was er auch nicht war. Er gab mir sogar noch seine Adresse. Frage mich nur, warum er mir das alles erzählt hat. Spazierte später noch durch die Stadt. Sehr freundlich, gefällt mir ausgesprochen gut. Wieder ein Platz für die Pension, vor allem auch deshalb, weil es hier kaum Amis gibt. Kein McDonalds etc. Dafür gibt´s Ladas und MZ´s. Man merkt wirklich, daß es hier wenig Touristen gibt. Obwohl eine Stadt (war einmal die Hauptstadt), grüßt je­der und man erregt fast Aufsehen. Vor allem mit dem Moto, mit dem ich am Nachmittag herumge­kurvt bin, um einen Patschen zu flicken, den Gepäckträger schweißen und den Aus­puff richten zu lassen. Alles Kleinigkeiten, aber ich bin froh, daß alles wieder tip top ist. In gewisser Beziehung bin ich ja doch ein Pedant. Die Lady im Hotel hat mir die Wäsche gewaschen und als „Bonus“ so­gar noch die Socken ge­stopft! Guter Platz. Abends noch „Dizzy Miss Lizzy“ in voller Lautstärke auf der Ste­reoanlage des Hotels gehört. Guter Tag und alle flippten weg mit offenen Türen und den Schaukelstühlen auf der Straße. Die Jungs von der Hospedaje sind ganz scharf darauf, meine Kassetten zu kopieren. Der einzige Platz in Nica­ra­gua, wo man CD´s kaufen kann, ist Managua und dort sind sie Mangelware. Der eine Typ erzählt mir, daß er für eine Radiostation arbeitet. In Kürze werden dort dann wahrscheinlich Kopien von Kopien einer „White Zombie“ Kassette ge­spielt werden.

 

Di, 7.3.95

Wieder ins Hotel zum Frühstück. Dauert ewig lange, bis es endlich Kaffee gibt. Der Ober erklärt mir   auf meine Beschwerde hin, daß 30 min für einen Kaffee doch etwas lang sind   daß er ja noch zwei Tische zu bedienen hat. Ist anstren­gend, ihm zuzusehen, wie er mit jeweils einem Glas oder einer Tasse durch die Gegend läuft und es einfach nicht schafft, auf dem Rückweg zur Küche das be­nutzte Geschirr mitzunehmen. Das ist wieder ein Extra Gang. Während der ganzen Zeit sitzt eine andere Lady, die hier arbeitet, hinter der Bar und manikürt ihre Finger…, dafür ist dann noch 8 % Bedienungszuschlag zu zahlen. Manchmal ist es wirklich nicht einfach. Meinen Weg aus der Stadt heraus er­fragt und Richtung Insel Ometepe?? im Lake Nicaragua. Sind nur 55 km, was mir sehr recht ist, denn es ist heiß und der Wind bläst stark von der Seite, was die ganze Fahrerei unangenehm macht. Gut, daß nur wenig Verkehr ist, aber das ist in ganz Nicaragua so. Privatautos gibt es fast keine, den größte Teil am Straßenverkehr stellen LKW, Busse und Taxis. Gelegentlich Pickups und Ge­ländewagen von internationalen Organisationen (UNO, ECC). In San Jorge kaufe ich ein Ticket für das Boot und fahre hinaus auf die Pier. Als ich das Boot aber sehe, vergeht mir die Lust überzusetzen: eine alte Holzkiste, bereits voll mit Leuten, Bananen etc. Nicht, daß ich dem Gefährt nicht getraut hätte (ich war schon auf weitaus wilderen), aber ich einfach nicht in der Stimmung, bei recht hohem Seegang über die schmale Planke auf´s Boot zu fahren. Der Vulkan auf der Insel, ein perfekter Kegel, sah zwar recht einladend, aber das Ganze sah mir einfach nach zuviel Action aus. Eigentlich ganz gegen den Grundsatz: „Im Zweifelsfall für den Zweifel“. Entschloß mich, stattdessen auf die Pacificseite nach San Carlos del Sur zu fahren, denn im Führer hieß es irgendwo: Sonnen­untergänge, die man gesehen haben muß, um sie zu glauben! Also dorthin. Frage mich durch und finde schließlich eine sandige Bucht, einige km nördlich des Ortes. Kann bei netten Leuten mein Zelt aufstellen und die Hängematte aufhängen. Wenig Aufregendes passiert und ich verbringe die meiste Zeit in der Letzteren lesend und Musik hörend. Victor, ein Typ, mit dem ich heute ge­früh­stückt habe, hat mir einige Tapes gegeben, die etwas Abwechslung in mein Musikprogramm bringen. Nirvana muß ich jedoch irgend­wann abdrehen. Dieser „State of Mind“ ist einfach zu weit weg und ich habe auch keine guten Erinne­rungen, die mich mit dieser Musik verbinden. Ach ja, den Sonnenuntergang habe ich leider verschlafen. Abends spielen die Leute noch Karten und es geht    ohne Radio und Fernsehen   recht lustig zu. Ist aber auch hier nur eine Frage der Zeit, bis eine Sat Schüssel auf dem Dach ist.

 

Mi, 8.3.95

4 Uhr morgens. Kämpfe, um schlafen zu können und komme mir vor, wie ein Soldat im Minenfeld. Die Minen sind das Kikeriki des Gockels, der neben dem Zelt auf dem Motorrad sitzt und in völlig unvorhersehbaren Abständen sein Ge­schrei auf mich losläßt. Einige Minuten Ruhe, dann schießt er wieder los, daß es mir durch Mark und Bein geht. Scheißvieh, soll warten, bis es hell wird! Dann den ganzen Tag über in der Hängematte gesessen und gelesen: „Die of­fenen Adern Lateinamerikas“ und ….. Beide gute Bücher, die ich behalten werde. Auch wieder etwas Spanisch gelernt. Wird schön langsam Zeit, daß ich endlich einen großen Sprung vorwärts mache. Komme zwar gut zurecht, oft das zu be­kommen und zu erfragen, was ich will, von einer ordentlichen Konversation bin ich aber immer noch recht weit entfernt. Das muß sich ändern. Habe mir auch Gedanken gemacht, wohin ich in den nächsten Wochen noch will. Bin mir nicht sicher, ob ich noch nach Panama fahre oder von Costa Rica nach Venezuela übersetze; und wenn Costa Rica, dann von wo aus? Werde sehen. Wird aber si­cher eine Stange Geld kosten. Die neue Fähre nach Columbien ist sicher um einiges billiger, aber dann muß ich wieder über die Grenze… und den ganzen Weg nach Venezuela fahren. bin dann morgens mit den Jungs noch die Kühe melken gegangen und am Nachmittag gab´s dafür Milchreis. Excellent! Habe ein etwas falsches Bild von ihrem Tagesablauf ge­habt: Zuerst habe ich ge­glaubt, daß sie die meiste Zeit des Tages in ihren Hängematten verbringen, dem war aber nicht so. Zuerst haben sie eine ganze Reihe von Palmen ge­pflanzt, sauber gemacht, sich um die Kühe gekümmert, eine Tür gezimmert etc. Das wäre auch daheim ein voller Tag gewesen. Apropos daheim: Was ma­chen?

¨ Halbtagesjob beim Umweltbundesamt o. ä., Rest der Zeit für Diss., evtl. in Verbindung mit der „Reef Research“ Organisation in London?

≠ Fulltime Datamed?

Æ (mit Erich) etwas Eigenes auf die Beine stellen?

Ø Fulltime Diss. mit irgendeinem Stipendium?

∞ Arbeit an einem Institut und dort Diss. schreiben?

± ESRi Redlands?

≤ ESRi Südafrika und dort Diss. schreiben oder

≥ in Südafrika Thema definieren, Material sammeln und daheim fertigmachen.

Zumindest habe ich jetzt einmal einige (wenn auch nicht alles spezifische) Op­tionen vor mir. Auf der einen Seite will ich ganz schnell wieder in Österreich sein und arbeiten, auf der anderen Seite reizt mich die internationale Ebene doch weit mehr. Und dann gibt´s ja noch die UNO und ähnliche Organisationen; und die Idee mit einem „Relief Info System“, um z.B. UNO Einsätze in Ruanda bes­ser koordinieren und organisieren zu können, habe ich auch noch im Kopf (das wäre auch ein 1A Diplomarbeitsthema gewesen!).

 

D0, 9.3.95

Heute nicht weit gekommen. Bin zurück ins Dorf, wo ich dann erst einmal bis fast 12 h gefrühstückt und mit einem Deutschen, der in Rochester arbeitet, über „daheim“ gequatscht habe. Hatte dann keine Lust, weiter bis an die Plaja del Coco zu fahren und habe mir  stattdessen ein Hotel gesucht (mit Dusche!). Den Nachmittag   zwischen den Regengüssen    am Strand verbracht und meinen Heißhunger auf etwas Süßes mit Milchreis gestillt. In den Cafès an der Bucht hängen schon die Typen herum., die nach billigen Grundstücken und Buchten suchen und hier das große Geld wittern. Diese Spekulanten sind mir alle zuwi­der. Können diese Loosers nicht daheim in den U.S. oder Deutschland (oder Austria) bleiben und dort ihre Deals machen? Aber dazu sind die meisten, glaube ich, nicht fähig. 5000 $ für ein Grundstück sind ja wirklich nicht viel Geld, aber die Einheimischen (wie auch in Ö) können diese Preise nicht bezahlen und sind gezwungen, abzuwandern oder zu fünft in einem 1 Zimmer Haus zu leben.

Abends wieder Sonnenuntergang geschaut   einer muß es ja tun… Morgen nach Costa Rica, werde es sicher bereuen, nicht länger in Nicaragua geblieben zu sein…

What about building an underwater, video equipped, remotely controlled ve­hicle?

 

Fr, 10.3.95

Schlecht geschlafen, zu heiß, Polster zu hoch und mit Stroh gefüllt. An die Grenze, vorbei an Rinderfarmen und durch große Schwärme von Spatzen. Übli­ches Chaos an der Grenze, wo keiner weiß, wo man überall hin muß und wo 10 jährige mir die Ohren vollabern, mein “ guija“?? (Führer) durch die Bürokratie sein zu dürfen. „Vergesse“ einen Stempel (obwohl ich zweimal gefragt hatte, ob ich nun auch alles zusammenhabe) und muß 4 km zurückfahren. Muß noch für einen Stempel bezahlen bei genau derselben Beamtin, die mich zu einem ande­ren Büro für eben diesen geschickt hat. Diese Bürokratie ist einer westlichen Zivilisation nicht würdig! Auf Costa Rica  Seite ist alles sehr gut organisiert, ha­ben sogar einen Computer   was aber nicht heißt, der diensthabende Beamte seine Zeitungslektüre meinetwegen unterbricht. Wie an allen zentralamerikani­schen Grenzen gleich Geld gewechselt bei den Typen, die mit Bündeln von Banknoten herumlaufen. Erstaunlicherweise habe ich immer einen recht guten Kurs bekommen. Als ich weiter will, erklärt mir ein Beamter, daß es nicht erlaubt ist, Reifen ohne Felgen nach Costa Rica zu importieren; darunter fällt auch mein abgefahrener Hinterreifen, den ich als Ersatz für den (nicht minder abgefahre­nen Reifen) auf dem Rücksitz mit mir herumschleppe. War absolut nicht in der Stimmung, zu diskutieren und habe dem Typen erklärt, daß das ok ist und ich ihn gleich hier vor dem Zollgebäude verbrennen werde. War schon dabei, ihn abzubauen, als einige Leute, die um uns herumstanden und diese Regelung auch nicht einsahen, intervenierten und der Beamte (in guter Beamtenmanier )die Entscheidung auf einen anderen abschob, der mir schließlich auf einem Stück Packpapier eine „Ausnahmegenehmigung für die Einfuhr eines Reifens ohne Felge“ ausstellte. Es lebe die Bürokratie! Den Rest des Tages war ich dann ziemlich launig, eigentlich aus unerklärlichem Grund, denn alle Leute wa­ren nett zu mir und es lief auch sonst alles ok. Hatte aber irgendwie einen richti­gen Mißmut gegen alles Amerikanische, von dem Costa Rica ziemlich durch­tränkt ist. Hier gibt es wirklich wieder (fast) alles. Sogar ein Restaurant mit rich­tigem Service, wo ich dann aber auch öS 60 für Bier, Kaffee und Juice bezahlt habe. Bin ich nicht mehr gewöhnt. Am Nachmittag zum „Monte Verde“ Cloud Forest Park. Schöne Fahrt zu kleinem Dorf mit  zig Herbergen und hunderten Leuten. Abends mit ein paar netten Typen gequatscht. Ok, wieder unter Leuten zu sein.

 

Sa, 11.3.95

Auf Schotter zum Lago Arenal. Je höher ich kam, desto nebliger wurde es, bis es richtig zu regnen begann. War aber schön, durch die ganzen Kaffeeplanta­gen zu fahren. Waren richtig nette Leute in der Hospedaje. Entlang des Sees dann immer wieder Lodges und Hotels, alle mit den gleichen Logos „Ecotours“. Costa Rica ist „Ecotours Disneyland“. Alles organisiert und geplant wie in den U.S. Deshalb hat es mich gestern auch gar nicht gereizt, in den Clou Forest zu wandern. Eingezäunte Wanderwege und Schilder, das ist nicht meine Vorstel­lung von Jungle. Vor allem ein Hotel war bizarr: ein „Swiss Chalet“, ganz im Le­derhosenstil, mit Lüftelmalerei und Blumen auf dem Holzbalkon   und das mitten in Zentralamerika. Auch jede Menge Touristen in Mietwagen, vor allem vor ei­nem Schwimmbad „Hotsprings“; großer Parkplatz und 20 U$ Eintritt! In Fortuna dann nette Pension gefunden   mit Familienanschluß. Später noch Patschen geflickt und in den Zirkus gegangen. Great, 5 Leute machen die ganze Show. Alles hautnah zum Angreifen und echt. Vulkan und Lava leider nicht gesehen, da alles in Wolken; falls morgen das Wetter nicht besser ist, geht´s wieder wei­ter.

Der Zirkus hatte 5 Leute, die vom Popcorn Verkauf bis zum Trapezrad alles erledigten. Des weiteren gab es dressierte Hunde, Clowns (die ganze Zeit), Einradfahrer und als Finale, nach einem Messerwerfer (der auch Clown, Jon­gleur, Einradfahrer war), der seine Messer auf die leicht übergewichtigen Da­men in ihren hautengen Kleidern losließ.

Idee: GIS für demographische Fragestellungen: Begriff des „Disposable In­come“. Wer hat mehr Geld, als er zum Leben brauchen kann und wo sind diese Bevölkerungsgruppen > Konsulting ex: Kreuzfahrten für Schwule.

 

So,12.3.95

Wollte eigentlich nach San Jose, um meine Post dort abzuholen, aber nach ausgedehntem Frühstück entschied ich mich doch, noch einen Tag in Fortuna zu bleiben. Mit den beiden Amis Mac und Tom & David aus Australien, machte ich mich auf der ??? zu einem Wasserfall auf. War heiß und kühlte erst auf dem letzten Stück durch den Jungle etwas ab. Nahmen eine Abkürzung, die fast senkrecht in ein Tal hinunterführte, was uns fast zum Verhängnis wurde. Alle Steine waren lose und der schlammige Boden bot kaum Halt. Kurz nachdem wir unten angekommen waren, stürzte ein anderer Typ ab und verletzte sich seine Hand ziemlich böse. Wasserfall war schön, umgeben von Dschungel und erfri­schend. Bäume mit riesigen Blättern und Lianen überall. auf dem Rückweg dann erste Blicke auf den Vulkan, der zum ersten Mal wolkenfrei war. Perfekter Kegel und alle halbe Stunde hörte man ihn rumpeln, war aber nichts gegen die Show am Pacayo?? Danach in ein Restaurant, ein Radler getrunken und mich über eine liebe Deutsche geärgert, die einfach immer nur (über sich selbst) ge­quatscht hat. Warum können die Leute nicht manchmal das Maul halten? Am Abend vor der Pension gesessen und nix gemacht. Trotz des eigentlich kurzen hikes war ich ziemlich geschafft. Was sagt mir das? I am in bad shape again! Muß sich ändern!

 

Mo, 13.3.95

Auf nach San Jose. Habe David, den Australier auf dem Rücksitz. Abschied von Maria und Carlos, den Leuten von der Pension, die wirklich sehr freundlich und nett waren. Schöne Fahrt auf kurviger Straße durch schöne, grüne Hügelland­schaft. Kaffee und jede Menge anderer Pflanzen, von denen ich nicht einmal den Namen weiß, werden angebaut. In San Jose dann ins Hotel „Elisabeth“ eingecheckt. Sehr sauber, aber erst später kamen wir d´rauf, daß es haupt­sächlich stündlich vermietet wird. Bekamen ziemlich schräge Blicke, als wir   zwei Männer   ein Zimmer wollten (nur von innen abschließbar). Die Leute wa­ren aber sehr vertrauenerweckend und ich hatte wenig Bedenken, mein Zeug hierzulassen. Beim Verlassen bekamen wir dann noch alle möglichen Hinweise, wo wir ja nicht hingehen dürften etc. … Holte meine Post bei dem Amex office ab. Post von Ken, Denise, ???, Ron (2x) und Marianne (2x). Hat mich sehr ge­freut. Danach noch ins Kino und im McDonald einen Milchshake und trocknen vom strömenden Gewitterregen, durch den wir latschten. Die Stadt selbst hat mich wenig beeindruckt, sehr modern, sauber und, verglichen mit Guatemala City, auch sehr gute Luft. Aber ich war auch nicht in Stimmung, etwas anzu­schauen. Bin eigentlich nur hierhergekommen, um die Post abzuholen und will, so schnell es geht, wieder ´raus. Abends wollte ich dann noch etwas Trinkbares kaufen gehen, aber der Typ vom Hotel meinte, daß das keine so gute Idee sei, schnappte seinen Revolver und escortierte mich zur nächsten Sienda??. Er meinte, daß er seine Waffe ca. einmal im Monat benutzt! Bin auch beruhigt, daß das Moto hinter einer Eisentür mit drei dicken Schlössern versperrt ist. Irgend­was wird schon dran sein an den ganzen Sicherheitsvorkehrungen. Habe mir überlegt, ob es billiger wäre, die Fahrt von Panama nach Kolumbien zu nehmen   was sicher einfacher zu organisieren wäre   aber schlußendlich, durch alle möglichen Posten wie Zoll, Visa, Benzin, Übernachtungen etc., würde es mich wahrscheinlich teurer kommen, als nach Venezuela zu fliegen; so wird´s wohl ein Flug von Panama aus werden.

 

Di, 14.3.95

Ausgezeichnete Nacht im Stundenhotel. Montagnacht scheint nicht die Nacht der Liebe zu sein, denn es war sehr ruhig und ich glaube nicht, daß viele Gäste (eigentlich keiner außer uns) im Hotel waren. Morgens dann in San Jose herum und neuen Hinterreifen gekauft. Der alte hätte vielleicht noch 1000 km gemacht, aber es ist halt doch ein ganz anderes Gefühl und auch sicherer, mit einem or­dentlichen Reifen unterwegs zu sein. Pirelli MT50, 75 U$. Dann aber ´raus aus San Jose. Habe überhaupt keine Lust auf Städte, obwohl S. J. eigentlich sehr sauber und modern ist. Die „Ticos“ (Costaricaner) waren hier auch alle ausge­sprochen freundlich und hilfsbereit   vor allem ein Mechaniker im Kawasaki Ge­schäft   und wenn man die vielen Bauten hier sieht, verstehe ich, warum Costa Rica die „Schweiz Zentralamerikas“ genannt wird. Auf Autobahn geht´s dann nach Cartago (?), von wo aus Dave und ich auf den …Vulkan wollen. Schöne Straße, fast wie in den Alpen, und schön kühl in der Höhe. Die 15 U$ waren uns dann aber doch zu viel, um eine Mondlandschaft im Nebel bewun­dern zu kön­nen. Die Eintrittspreise für Nationalparks sind hier überhaupt recht gesalzen und ich glaube nicht, daß ich noch viele besuchen werde. Wieder ´runter, einen Kaffee in einem Lokal getrunken, das völlig bepflastert war mit Visitenkarten und anderen Dingen wie Hosen, Hüten, T Shirts etc. und mich dann von David ge­trennt, der nach Norden an die Atlantikküste will. Ist mir auch schon etwas auf die Nerven gegangen. „Not too light ???“, vor allem, als er ge­stern 2 Stunden lang herumgerechnet hat, wieviel er für seine Austral $ DM etc. bekommt. Ich bin ja kein Mathe Genie, aber er hat es einfach nicht auf die Reihe bekommen. Wollte erst auf die Nicoya Halbinsel??, nach Montezuma („Parking lot at a Greatful Dead show“), bin aber dann nach Westen, ´rauf in die Berge. War schön kühl, bis es dann immer nebliger wurde und man die Hand vor den Au­gen kaum mehr sah. Später fing es dann auch noch an zu regnen. Was ich erst nur für einen kurzen Schauer hielt, war aber eine ausgewachsene Front und ich lernte die beheizbaren Griffe am Motorrad zu schätzen. Da ich be­reits auf 3000 m war, wurde es auch empfindlich kalt und unangenehm. Schön langsam war alles, vom Penis abwärts, völlig durchnässt. That sucked! War froh, daß ich wenigstens gute Reifen hatte und, obwohl es eine nicht enden wol­lende, be­schissene Fahrerei war, es hätte auch schlimmer sein können   wie etwa eine Patschen flicken zu müssen oder ähnliches. So ging es ca. 3 h dahin, immer abwärts bis nach San Isidoro el General, von wo dann eine Schotterpiste nach San Gerardo de Rivas führte, von wo ich morgen auf den höchsten Berg von C. R., den Chirripa (3819 m) starten möchte. So ging´s halt im Regen dahin und langsam wurde es auch noch dunkel. Ich dachte aber, daß es wenig Sinn hat, irgendwo vorher zu übernachten, denn wer weiß, wie es morgen sein wird und es ging auch trotz schlechter Piste sehr gut voran. War aber froh, in San Isidoro dann endlich eine Hospedaje zu finden und aus den klatschnassen Sachen ´rauszukommen. Schlief, total müde und fertig, mit allen trockenen Sachen an, um acht Uhr ein. Jetzt weiß ich wieder, was Kälte und Regen sind.

 

Mi, 15.3.95

Nicht lange geschlafen, denn mit der einen Decke ist mir ziemlich kalt gewor­den. Geschwind alles zusammengepackt und gegen6:30 h los. Habe mein gan­zes Zeug bei der Lady zum Trocknen gelassen, hoffe, daß ich morgen nicht in das feuchte Zeug ´rein muß. Der hike bis zur Hütte (3400 m) ist ca. 16 km durch Cloudforest und bis zum Gipfel sind´s 2600 m Höhendifferenz. War eigentlich mehr eine Wanderung als eine Bergtour, denn richtig steil oder anspruchsvoll war es nie. Im Wald war es recht kühl und ich habe alle möglichen Tiere, vor al­lem Vögel, gesehen. Großer grüner Vogel mit großem Schnabel, Vögel mit wei­ßen, roten oder gelben Schwänzen. Einer, den ich aber nie zu Gesicht bekam, machte eigenartige, singende Geräusche, als ob man ein Glas singen läßt oder ein Zug bremst. Ich nannte ihn „Techno Vogel“. Daneben noch Eidechsen, Hörnchen, wilde Hühner und ein Affe, der mir fast eine Ast auf den Kopf ge­schmissen hätte. Weiter oben war es dann ziemlich kahl und die meisten Bäume waren niedergebrannt. Einmal glaubte ich, ein Flugzeug im Tiefflug sei über mir, es war aber ein Vogelschwarm, der irre schnell dahinschoß und die­ses laute Geräusch verursachte   seltsam. Seltsam auch, daß die Hatscherei, egal auf welchem Kontinent oder Berg auch, immer dieselbe ist. Von einem Stein zum nächsten, von einer Biegung zur anderen. Und trotzdem hat man immer ein anderes Gefühl dabei. Nach 6 1/2 h und einer Rast auf einem son­nenbeschienenen Stein dann an der Hütte. Kochte Eintopfstampf   na ja. Kalt und früh in den Schlafsack, obwohl es wegen des ganzen Betriebes hier sicher noch bald keine Ruhe einkehren wird; vor allem die beiden Japaner, die auf Pferden hier herauf geritten sind, haben noch zuviel Energie.

 

Do, 16.3.95

Um 4 h auf und losmarschiert. War toll, im Dunkeln ganz alleine durch die Berge zu gehen. Der Mond war gerade untergegangen und nur die Sterne warfen ein eisiges Licht. Als die Sonne nach ca. 1 1/2 h aufging, war die ganze Stimmung irgendwie zerstört. Gefiel mir besser im Dunkeln, weil man ganz andere Dinge sieht, als im Licht. War schöner hike ´rauf zum Gipfel, der aber dann nicht so unbedingt eindrucksvoll war. Bin kaum 5 min obengeblieben, nicht weil es so kalt war, sondern irgendwie wollte ich schnell wieder nach unten. Außerdem ging der Fotoapparat nicht und einen Tschik hatte ich auch nicht. Machte mich auf den Rückweg im Eiltempo   7 1/2 h für 21 km. Als ich dann, zurück in der Pension, las, daß die Strecke zur Hütte und zurück in 3 1/2 h geschafft wird (ich brauchte mehr als 9 h), konnte ich es erst nicht glauben. Aber das sind Bergläu­fer, die nichts anderes tun, als Kondition zu schinden. Ich war aber ziemlich  „tschick“ und habe am Nachmittag nicht viel mehr unternommen, als einen Milchreis zu kochen. Beim Abstieg wurde mir auch klar, warum die fetten Typen, die gestern auf der Hütte waren, soviel Zeug mithatten (von der schwe­ren Ei­senpfanne bis zum Schaps und Radio): Haben sich selbst und ihr ganzes Zeug mit Pferden hochschleppen lassen. Gilt natürlich nicht.

 

Fr, 17.3.95

Gut wie lange nicht geschlafen! War auch ziemlich ko. Zurück auf die Transa­merikana und (das einzige Mal heute!) ich hatte Glück, denn niemand war da, um Eintritt für den Park zu kassieren. Sparte mir die 25 ÖS?, was oh­ne­hin sehr übertrieben für das Gebotene gewesen wäre. Auf der CA1 dann heiße Fahrt durch grünes Agrargebiet, ??pflanzungen etc. Als ich einen total abge­holzten Berg (als Beispiel für exzessive bzw. intensive Rodung) fotografie­ren wollte, gab die Kamera endgültig den Geist auf. Die Fahrt im Regen, wobei das ganze Fo­tozeug durchgewaschen wurde, war doch zuviel. Hatte mir total die Stimmung verdorben. Vielleicht kann ich sie in Panama City reparieren las­sen. Außer Heiß war die Fahrt jedenfalls nicht besonders aufregend und das braune Wasser des Rio Tarraba war auch nicht so einladend, um darin einen erfri­schenden „Schwimm“ zu veranstalten. Richtig schön wurde es dann, als ich bei Piedras Blancas nach Puerto Jimenez abbog. Tolle schmale Asphaltstraße durch hü­gelige Dschungellandschaft. Manchmal sah man das Meer aufblitzen, ruhig und fast aussehend wie ein See irgendwo in Kanada. Costa Rica ist mit Sicherheit das grünste aller Länder Lateinamerikas (vielleicht mit Ausnahme von Gua­temala). Toller Wald, dicht und hier bis ganz heran ans Meer. Irgend­wann bei La Palma hörte dann der Asphalt auf und bei einem Abstecher zu ei­nem traum­haft schönen Strand (leider keine Fotos) hatte ich dann noch einen Patschen. Übersah einen ziemlichen Stein, über den ich mit 70 Sachen krachte    „Snake­bite“. Ich habe vielleicht geschwitzt beim Pumpen in der Hitze…! In Puerto Ji­menez mir dann einen guten Platz gegönnt   1200 Colones (72 ÖS)   mit Du­sche und direkt am Meer. Abends Briefe gelesen   man fühlt sich wie an einen anderen Ort versetzt, als ob die Briefe sprechen könnten (H.R.M  King Buzzo!).

 

Sa, 18.3.95

Wäsche waschen, was für eine Scheißarbeit. Sollte mir die „Seesack Wasch­maschine“ patentieren lassen. Zumindest wurde alles wieder sauber und riecht wieder gut. Später noch ein paar Kleinigkeiten am Moto gerichtet, gele­sen, Mu­sik gehört, durch den Ort spaziert, auf´s Meer ´rausgeschaut, Ameisen vertrie­ben und mit vorbeispazierenden Amis übers Motorrad geredet. Wenn sie allzu dumme Fragen oder langweilige Fragen stellten, habe ich sie ordentlich ange­schmäht. Trotzdem bin ich für etwas Gequatsche zu haben und suche es auch manchmal; das Gute daran ist, daß ich bestimmen kann, mit wem und wie lange und worüber ich reden will. War aber eher ein fader Tag. Morgen früh auf und nach Panama.

 

So, 19.3.95

Um 4 h auf und dachte mir, daß ich den Tagesanbruch im Dschungel verbrin­gen und irgendwo gemütlich frühstücken werde. Realität war aber, daß es gleich wie wild zu regnen anfing und ich mich durch den ganzen Matsch und Schlamm zu kämpfen hatte. Bis ich an der Grenze war, stoppte auch der Regen und ich konnte mich wieder aufwärmen   nicht trocknen, denn dazu war die Luft zu feucht. Die Grenze war dann fast „europareif“. Nur 45 min und nur 4 U$ zu bezahlen. Danach Fahrtag auf der Panamericana. Alle 10 km Polizei, aber ich wurde nie gestoppt. Hatte dann wieder einen Patschen, den ich in der glühen­den Hitze flickte. Wollte eigentlich in Kana?? bleiben, ein Ort, der einer der äl­testen in Zentralamerika sein soll. War aber nicht viel übrig davon, außer einer Kirche im Kolonialstil und von denen habe ich ja schon in Mexico eine ganze Menge gesehen. Weiter nach Santa Clara, wo das billigste Hotel 80 U$ geko­stet hätte. Habe also die Nacht am Strand geschlafen   wie tot, war saumüde.

 

Mo, 20.3.95

Zwei Engländer in einem VW Bus haben mir Kaffee gemacht. Guter Zug. Zu­rück auf die „Pan Am“. Nur 100 km bis nach Panama City   magischer Name (wie Timbuktu). Wieder so ein Platz, der wegen seines Namens und all den Dingen, die man damit assoziiert, eine magische Anziehungskraft hat. Kurz vor Panama dann wieder einen Patschen und bis vor eine US Navy Base ausge­rollt. Seltsame Oasen amerikanischer Kultur und Lebensart. Zwei Stunden ver­geblich versucht, den Patschen zu flicken   hoffnungslos. Mit Taxi zwei Stunden quer durch die Stadt, um Schlauch zu kaufen. Zurück, flicken etc.. Abgestiegen im Hotel Central. Cooler Platz. Zimmer im Kolonialstil ist größer als die Woh­nung in Wien. Balkon auf die Plaza Central. Wilde ?? Stadt, gutes, wildes Fee­ling.

 

Di, 21.3.95

War sicher einmal ein tolles Hotel in besseren Tagen, ist aber jetzt ziemlich her­untergekommen. Wasserhähne, die nicht funktionieren, Eine Glühbirne in der Mitte des Zimmers, alles mit unmöglicher Farbe gestrichen etc.. Trotzdem viel Flair und für 4 U$ pro Nacht kann man sich auch nicht beschweren. Auch die Lage in „Panama viejo“ ist ziemlich „funky“. Nicht gerade die beste „Neighbour­hood“ im Vergleich zum modernen Panama. Trotzdem ist der Präsidentenpalast gleich um die Ecke, was das viele Militär hier erklärt. Morgens mit Willie (aus NZ) und Nacio (Arg) in den modernen Teil der Stadt. Bei Canon sagte man mir, daß die Reparatur der Kamera 300 U$ kosten würde   Bummer!! Aber wenn ich glaubte, daß das ein schlechte Nachricht war, dann wußte ich noch nicht, was die anderen beiden auf der „Intel“ (Telefongesellschaft) erfahren würden. Wil­lie´s Bruder brauchte Willie´s Ersparnisse auf, um seine Garageneinfahrt neu zu asphaltieren! 3000 U$ weg. Wenn man unterwegs ist, kann man sich kaum vorstellen, warum man für so etwas all das Geld ausgeben kann   das wären 4 Monate mehr Travel gewesen. Das war aber alles noch nichts gegen das, was Nacio aus einem Fax erfuhr. All seine Ersparnisse von 40.000 U$ waren weg, da seine Bank in Argentinien bankrott gegangen ist. So etwas ändert den Lauf der Dinge natürlich. Er scheint´s aber relativ gelassen zu nehmen, zumindest äußerlich; ich weiß nicht, was ich gemacht hätte. Abends noch lange auf dem Balkon gesessen und mei­nem nervenden Zimmergenossen Ovy zugehört. Lähmender Israeli.

 

Mi, 22.3.95

In der Stadt ein Geschäft gefunden, daß mir die Kamera für 80 U$ repariert. Habe noch eine gebrauchte K. gekauft, denn wenn sie wieder ausfällt und ich ohne Dias nach Hause komme, fällt auch ein wichtiges finanzielles Standbein weg. Da meine diesbezügliche Situation ziemlich kritisch sein dürfte, will ich sichergehen, daß ich wenigstens mit den Dias etwas Geld verdiene. Muß aber auch einfach mehr aufpassen auf all das Fotozeug. Später noch Fährticket Co­lon Cartagena gekauft (80.  und 50.  für´s Moto). Scheint ein ziemlich gutes Schiff zu sein   Whirlpool, Menues und abendliche Show im Preis inbegriffen. Dann noch in eine Werkstatt, um einige Kleinigkeiten an Willie´s und Nacio´s Moto schweißen zu lassen. Abends wieder Leute beobachten vom Balkon: Ei­ner, der aus dem Müllkübel ißt, Schüsse und ein Polizist, der durch die Straße läuft, die Geier auf den Dächern etc., ziemlich einzigartiger Platz hier. Einge­schlafen zu Frank Sinatra tunes, welche mein Zimmernachbar auf voller Laut­stärke spielte.

Panama City   heißes Pflaster. Man spürt richtig die jüngere Vergangenheit   die Invasion, den Einfluß des Kanals, die Internationalität.  Zig Banken in Downtown und ich möchte nicht wissen, wieviel Geld hier gewaschen wird. Typisch für Länder der 2. und 3. Welt: Sehr reich und sehr arm und eine kleine Mittelklasse. Vor allem hier im alten Teil der Stadt gibt es viel Armut und Leute, die auf den Straßen und in den Ruinen wohnen. In einer zusammengeschossenen Kirche spielen die Jungs Basketball   gefällt mir.

Viele Nationalitäten leben hier: Chinesen (die den Einzelhandel betreiben), Latinos, Weiße, Leute aus der Karibik etc.

And Willie and I are „hormy as fuck“.

Zum Frühstück gibt es nur fettes Zeug wie Krapfen. Wie kann man das bei die­ser Hitze nur essen?

 

Do, 23.3.95

Wieder in die Stadt, Tickets ändern, denn wir fanden noch eine Australierin, die mitfahren will, was jedem 10 U$ spart. Nacio hat sein Geld aus Kanada be­kommen und so verbringen wir den ganzen Vormittag auf Banken, Telefonbüros etc.. Wollten eigentlich nach Yavica un Da??, doch es war schon zu spät dafür. Stattdessen fuhren wir (Nacio, Willie und ich) nach Carti Scutepa??, einem Dorf (wie wir glaubten) an der Atlantikküste. Zuerst in Richtung W, schnurgerader Highway,im Easy Rider Stil mit den Füßen auf den Zylindern. Die Piste nach N war dann sicher eine der schönsten, die ich jemals befahren habe. Hügelig und schöner, harter Lehm, fast ohne Steine etc.. Möchte aber nicht im Regen hier sein. Der Urwald war nicht so unbedingt dicht und es gab auch keine hohen Bäume, aber das Auf und Ab mit vereinzelten Blicken auf den Atlantik war toll. Am Ende der Piste war aber dann nicht das erwartete Dorf, sondern eine Lan­depiste am Ozean, auf der wir noch einmal richtig aufdrehten und in den Son­nenuntergang „hineinfuhren“. Wollten eigentlich dort campen und hatten auch schon ein Lagerfeuer angezündet, als ein Karjuco?? vorbeikam und anbot, uns ´rüber auf die Insel zu bringen. Im Dunkeln dann übers Meer, fast natürli­cher­weise fiel irgendwann der Motor aus und es dauerte wieder einige Zeit, bis wir schließlich die Insel erreichten. Seltsames Gefühl, über den wackligen Steg und die dunklen Wege zwischen den Bambushütten zu gehen. Für 5 Dollar gab es dann auch eine OK  Unterkunft in einem Haus auf Stelzen. Nach „Rip off“ essen todmüde ins Bett gefallen. Irgendwann habe ich dann noch das Fenster zuge­macht, weil der Mond und die Sterne so hell schienen.

 

Fr, 24.3.95

Die ganze Insel stellte sich als nicht so toll heraus. Hütte an Hütte mit engen Gängen dazwischen, 300 m lang und statt eines Strandes nur Müll. Auch die Leute, Kuna Indianer, welche die San Blas Islands bevölkern, wollten für jedes Foto 25 c. Das ganze Dorf war sehr rührig, denn am Nachmittag sollte eines der riesigen Kreuzfahrtschiffe hier ankommen und einige hundert Leute ausschüt­ten, die dann die furchtbaren T Shirts kaufen sollen. Könnte mir nicht vorstellen, auf dieser kleinen Insel, auf so engem Raum, zu leben. Da der Typ mit seinem Kanu nicht zur vereinbarten Zeit auftauchte, heuerten wir einen anderen Fischer mit einem winzigen Kanu an, uns zurück aufs Festland zu bringen. Da wir den Typen vom Vortag auch noch nicht bezahlt hatten, sparten wir uns auch die 5 Dollar each. Als wir um das riesige Schiff fuhren, war mir aber nicht ganz wohl, denn das ganze Kanu füllte sich ständig mit Wasser und Nacio war stän­dig am Schöpfen. Die Amis auf der Kreuzfahrt schauten ziemlich blöd, als sie uns in dem kleinen Kanu kommen sahen. Schließlich machten wir es doch si­cher zu­rück an Land und hatten eine tolle Rückfahrt durch den Dschungel. Kurz vor Panama ging Nacio noch das Benzin aus und wir mussten noch die ganze Ver­gaserbatterie ausbauen, da die Düsen total verdreckt waren. Waren ziemlich dreckig, müde und hungrig, als wir schließlich im Dunkeln das Hotel erreichten.

 

Sa, 25.3.95

Hatte chinesisches Frühstück mit Jorge aus Panama und später machten wir noch einen Ausflug mit den Motos zu den  ??? Locks und weiter nach Norden. Guter Typ, hatte schöne Bilder in seiner Wohnung hängen. Hatte sehr pragma­tische Ansichten in puncto Korruption und Bestechung. Er sah es einfach als einen Teil der Gesellschaft an   wertfrei. Die Leute bekommen so wenig bezahlt, daß sie halt auf diese Art etwas dazuverdienen. Besser, als einen Rechtsanwalt zu bezahlen, der die ganze Angelegenheit regelt. Später noch am Kanal geses­sen, die Schiffe beobachtet und „Panama Hot“ gefrönt. Noch einige Sachen gekauft, Karten geschrieben und meinen ganzen Sauhaufen wieder in Ordnung gebracht. Ansonsten auf dem Balkon gesessen, was so ziemlich alles war, wozu ich mich bei dieser Hitze und Schwüle aufraffen konnte.

Warum sagen die Leute, nachdem man bezahlt hat, nie „Gracias“, sondern im­mer nur „Hmm“??

 

Mo, 27.3.95

Riesenaufregung, da ich mein grünes Papier für das Moto verloren habe. Erst zur Reederei, dann zum Zoll, aber die wollten uns auch nicht helfen. Ist ziemlich wichtig, daß ich das Papier habe, denn anscheinend lassen sie „ohne“ keinen aus dem Land. Ich weiß aber absolut nicht, wo ich es gelassen habe; eigentlich bin ich doch ziemlich pedantisch, was die Papiere anbelangt. Bin dann zurück zu Jorge, dessen Bruder beim Zoll in Colon arbeitet. Glücklicherweise war er zuhause und erreichte seinen Bruder auch, um ihn auf mein Kommen vorzube­reiten. Im Eiltempo  speedeten wir 3 (+ 2 Deutsche auf einem „Um die Welt Trip“) nach Colon und waren sogar pünktlich am Boot. Jorges Schwager?? hatte auch schon alles vorbereitet und für 30 diskret zugesteckte Dollars kam ich dann auch an Bord der „Crucero Express“. Gleich am Anfang ein Schock, als die halbe Mannschaft angetreten war, um jeden mit Foto und Begrü­ßungscocktail zu empfangen. Recht nahe ist mir aber wegen meiner ver­sifften Klamotten keiner gekommen. War großartig, heiß zu duschen, 5 Gang Menü zu essen und die „Baltic Dance Show“ zu sehen. Hab´ es mir ordentlich gegeben und Unmengen von Longdrinks bestellt. Der Barkeeper war am Ende meines Abends (was relativ früh war) mein bester Freund. Habe seit Monaten nicht mehr getrunken und als einer der Entertainer F. Sinatras „My way..“ sang, sind mir vor lauter Begeisterung und Rührung fast die Tränen gekommen. Great! Später bin ich aber noch ordentlich seekrank geworden und habe dementspre­chend für meine Sünden gebüßt. Mann, hatten diese Tänzerinnen Beine! I think I am gonna like Columbia!

 

Di   Mi, 28. 29.3.95

Nach Frühstück (kalte Milch) habe ich mir im Duty Free eine neue Uhr gekauft und mit der abgelaufenen Kreditkarte bezahlt. Bin gespannt, was zurückkommt. Der Zoll war, entgegen aller Beschreibungen, der einfachste seit langem und außer der „Funigation“ (1 U$) gratis. Superb organisiert und (Columbien)! Dro­genhunde. Danach ins Hotel Viena, wo draußen auf der Straße, während der 4 sec, in denen ich nicht hinschaute, auch schon der Tankrucksack offen war. Gute Lektion; ich war froh, daß noch alles da war. Welcome to Columbia! Sonst ist jeder hier absolut freundlich und man spürt richtig das Leben auf den Stra­ßen. Musik aus allen Fenstern, Kaffeeverkäufer auf den Straßen und jede Menge Stände mit dem üblichen Sortiment an Sonnenbrillen, Uhren etc.. Die Altstadt ist wirklich schön mit Kirchen, Festungsmauern und engen Gassen, durch die sich Menschenmassen und der Verkehr drängen. In der Hitze ist es aber schwer, den ganzen Tag durch die Straßen zu wandern, denn sobald man die Straße betritt, ist man sofort verschwitzt und schmierig. Mit dem Geld, daß das Hotel macht, kümmert sich der Belgier, dem es gehört, um die Straßenkin­der. Gutes Projekt, das auch ein Restaurant und ein Haus mit Schule für diese Kinder umfasst. Gestern sprach ich mit einem Jungen, von dem ich glaubte, er sei 14 Jahre alt oder so. Konnte es fast nicht glauben, als er mir sagte, er sei schon 20. Der ganze Körperbau zurückgeblieben durch das tägli­che „sniffen“ von Klebstoff. Scheint eines der größten Probleme zu sein, die Kinder davon wegzubekommen. Einige der Kinder (meistens Buben) leben im Hotel und ler­nen so etwas Englisch. Auch keine schlechte Idee. Die Stimmung im Hotel ist aber nicht so toll. Zuviele Freaks und die ganzen Traveller Geschichten gehen mir schon auf die Nerven. Ich glaube wirklich, daß man von verschiedenen Qualitäten von Travellern sprechen kann, die von Ort zu Ort bzw. von Land zu Land variieren. Honduras war ok und auch Guatemala. An anderen Orten gibt es einfach zuviele „Herumhänger“ ohne Perspektive; diese Typen sind zumeist recht öd und hohl. Habe für Toni eine Schachtel Zigarren auf dem Schwarz­markt gekauft und wollte sie heute abschicken. Bin zur Post und die Dame am Schalter fragte, was in dem Paket drinnen sei. Ich hatte es auf das Paket und sagte es ihr. Trotzdem bestand sie darauf, es zu öffnen und selber nachzuse­hen, was fast eine halbe Stunde dauerte; ihr zuzusehen, machte mich fast ver­rückt. Dann reichte sie mir das aufgerissene Paket zurück und erklärte, daß ich keinen Tabak mit der Post verschicken könne! Scheißdumme Kuh! Gestern und heute venezolanisches Visum besorgt und am Nachmittag soll´s nach Sta. Martha und an den Strand gehen.

 

Do, 30.3.95

Es dauerte den ganzen Morgen, bis wir loskamen. Visa abholen etc.. War irre heiß und ich hab´s in der Jacke fast nicht ausgehalten, aber ohne zu fahren, passt mir einfach nicht   habe dabei ein ungutes Gefühl. Vor Santa Martha ging es entlang der Küste dann durch eine totale Mondlandschaft. Alles war total versalzen und übersät mit Baumstümpfen und ausgetrocknetem Holz. Sah aus wie in einer Kulisse für einen Science Fiction Film. Da wir es bis zu den Buch­ten des Nationalparks Tycon nicht mehr geschafft haben, campten wir hin­ter ei­nem Restaurant. Haben uns auch gleich wieder gelöffelt. Erst sagten sie uns, das Essen kostet 4000, , aber als es dann ans Zahlen ging, waren es auf ein­mal 5000, . Ich hasse das.

 

Fr, 31.3.95

Morgens wollten sie dann noch für´s Campen kassieren. Scheißbande. Der Park sollte 15 U$ ?? pro Tag kosten, das war aber allen zuviel. Wir wollten eine andere Bucht   das artete in eine irre Herumsucherei aus. Zweimal die 20 km auf und ab gefahren und  zig Leute gefragt, aber entweder sind die alle blöd oder sie haben Spaß daran, uns in der Gegend herumzuschicken. Schließlich fanden wir  doch noch eine ok Bucht, wo wir hinter einer Bananenplantage campen konnte, Aber ohne Wasser etc. macht auch die schönste Bucht wenig Spaß, außerdem war die Brandung zu stark, um Baden zu können. Später sa­hen wir, wie Leute Schildkröteneier ausgruben, um sie an einem sicheren Platz wieder einzugraben, damit sie von den Einheimischen nicht gestohlen werden können. Die Eier waren faustgroß und werden als Aphrodisiakum verkauft. Die Leute, die sich um diese Eier kümmerten, waren von irgendeiner Uni und erklär­ten uns, daß die Schildkröten, von denen sie stammten, 2 m groß werden. Ziemlich unglaublich, aber die Eier waren ja auch riesig. Die Schildkröten sollten jede Nacht hierherkommen   in voller Erwartung wanderte ich später mit der Ta­schenlampe auf und ab   ohne Erfolg. Am Abend grillten wir noch das zähe­ste Fleisch, das sich jemals Kuh nannte. Wenn ich es vorher nicht gesehen hätte, daß es Fleisch ist, ich hätte es nicht glauben können. Nun weiß ich, warum der Mensch das Feuer zum Kochen erfunden hat. Mit beiden Händen musste ich es zerreißen, an Beißen oder Schneiden war nicht einmal zu den­ken. Als es zu regnen anfing, gab ich die Schildkrötensuche auf und verkroch ich mich ins Zelt.

 

Sa, 1.4.95

Morgens wieder einen Patschen am Vorderrad, wird schön langsam fad. Der Typ, der ihn flicken sollte, machte gleich noch zwei Löcher mehr in den Schlauch und wollte mir dann noch ca. 250 ÖS für seine Scheißarbeit abknöp­fen. In dem Cafè nebenan lief gleichzeitig die „No hay cambio story“. Der Typ wollte einfach wieder das Wechselgeld behalten. Alle sind, sobald es ums Geld geht, absolute Arschlöcher und wollen es einem mit allen möglichen Tricks ab­luchsen. Daß sie mir nicht einfach ein Messer angesetzt haben, wundert mich eigentlich. Fast jeder in Columbia war bisher ein Gauner. Als Willie und ich später tankten, der Typ mit unserem Geld abhaute, um das Wechselgeld zu holen und dann behauptete, Willie hätte ihm nie Geld gegeben, war es zuviel für einen Tag. Willie war fast soweit, eine Schlägerei mit dem Typen anzufangen, aber mittlerweile waren schon  zig Leute zusammengelaufen und wer weiß, worin das dann ausartet. Sicher hat irgendwer eine Pistole und wenig Hem­mungen, sie auch zu benutzen. Runterschlucken. Wir beschlossen, noch heute nach Venezuela zu fahren und Columbia einstweilen zu vergessen. Über die Strecke bis zur Grenze hieß es im Reiseführer: “ In höchstem Maße unsi­cher; die Geschäfte in Maracaibo ?? (Grenzort) schließen um 4 h, später auf der Straße zu sein, ist fast eine Garantie dafür, ohne Hab und Gut dazustehen. Am besten vermeiden!“. Wir fuhren im Konvoi durch und wirklich: was für ein stau­biges, ber dorthin fährt sowieso keiner. Über die Grenze ging´s schnell und unkompliziert   absolut ungewöhnlich und noch dazu gratis. Campten weiter südlich in der Nähe von Maracaibo auf einem Campingplatz am Strand.

 

So, 2.4.95

Ganze Nacht Musik und Autolärm. Venezolaner feiern gerne, vornehmlich nach Mitternacht und laut. Wenig Schlaf. Habe auch irgendwo in der Nacht das Zelt aufgebaut, denn die Mosquitos waren ziemlich lästig und haben keinen Körper­teil ausgelassen. Vor allem die halbe Stunde nach Sonnenaufgang war schlimm. Der ganze Arm war voll von fetten, schwarzen Mosquitos. An einer Tankstelle trennten wir uns von Chris und Nacio??. OK Typen, die ich sicher ir­gendwo wieder treffen werde. Wir schauten, daß wir möglichst schnell nach Südwesten in Richtung der Berge kommen, denn die Hitze hier am Golf von Maracaibo (der die höchste Durchschnittstemperatur Südamerikas hat) geht schon jedem ziemlich auf die Nerven. Außerdem stinke ich wie ein Tier und al­les ist von den letzten Campingtagen völlig versifft. Bei Valera ging es dann hin­auf in die Berge und sofort änderte sich die Stimmung. Obwohl alle saumüde, machte es uns wieder Spaß. Die kleinen Orte, die wir dann durchfuhren, mach­ten auch alle einen sehr zivilisierten Eindruck und jeder fühlte sich wohl. Bin halt doch irgendwie ein Bergmensch… Den Paß Aguila hinauf (4500 m, so hoch war ich noch nie mit dem bike!) gab es dann eine richtige Kurvenjagd, wie auf dem Timmelsjoch, und oben war´s dann schön sonnig und ausgezeichnet. Ange­nehm, wieder einen Pullover anziehen zu müssen und den kalten Wind im Ge­sicht zu spüren. Bis Merida zog es sich dann und, obwohl der erste Eindruck von den Anden ziemlich stark war, ich wollte eigentlich nur mehr duschen und ein Bett. Dauerte aber noch eine Weile, bis wir ein Hotel fanden. Nach ausge­zeichneten, aber teuren Tortellinis dann bewußtloser Schlaf.

 

Mo   Di, 3. 4.4.95

Merida. Gute Stadt, gutes Klima, Frauen mit viel Lippenstift. Sehr zivilisiert und westlich. Alte Autos, vornehmlich amerikanischer Herkunft aus den 70er Jahren, sind höher gestellt und haben Breitreifen. Längste Gondelbahn der Welt, aber „out of order“. Nacio und Willie sind weitergefahren. Also wieder allein. Habe in einem dummen Ami Yuppie Männermagazin gelesen: „Do not suffer from lonelyness. Go outside. Go away. It’s all the people that are making you lonely. Pich a spot on the horizon and head straight for it (…)“. You aren’t the one who’s lonely. (hike??). Was ist da dran? Habe endlich mit Marianne telefoniert und hoffe, daß die Sache mit den Teilen hinhaut. Sie sagte mir, daß alle (wer ist das denn?) meinen, ich sollte endlich heimkommen. Weiß nicht, ob mich das besser oder schlechter fühlen macht. Scheiß Geld. Irgendwie wird’s brenzlig. Ist nicht das Leben hier, für das ich viel Geld brauchen würde, sondern das Motorrad und alle westliche Errungenschaften, wie Telefonieren etc.. Muß mir wirklich überle­gen, wie ich die Schulden loswerde. Andi sagte auch etwas von 10.000 S, die die Hausverwaltung von mir haben will. Shit!

 

Mi, 5.4.95

Zurück über den Paß Schön langsam, um all das zu sehen, was ich während der Raserei nach Merida versäumt habe. An den Hängen kann man riesige Erosionsrinnen sehen. Frage mich, ob dies hier alles einmal bewaldet war oder ob diese massive Erosion „natürlich“ ist. Bei einem Stop seltsame Bohnen mit Reis, die in einem Blatt eingewickelt waren, gegessen. Schmeckte auch selt­sam. Bis Bocanó dann „Timmelsjoch Straße“, breit, kurvig und asphaltiert. Gut, denn auf Schotterpistenfahren habe ich zur Zeit keinen Bock. Müßte nur wieder endlos Patschen am Vorderrad flicken. Habe dann San Miguel verpaßr, weil das Handbook falsch war. Bin dann 20 km zurückgefahren, nur um in einer zwar sauberen und schönen, ansonsten aber reizlosen Hospedaje unterzukommen. Bin der einzige Gast, was mich aber nicht stört, denn ich endlich wieder im Führer lesen und die nächsten Tage planen. Geht besser, wenn ich alleine bin. Wenn man mit anderen Leuten fährt, ist viel zu wenig Zeit dafür übrig, abgese­hen vom Nachlesen oder gar Spanisch lernen. Alleine sind es doch jeden Tag ein Paar neue Wörter, die ich lerne. Gestern abend habe ich in einer Bar mit ei­nem „Mobiltelefon Yuppie“ einige Zeit geplauscht und ich war erstaunt, wie gut es eigentlich ging. Die Standardkonversation funktioniert schon gut, aber sicher noch weit entfernt von flüssig oder gar fehlerfrei. Müßte den ganzen Trip eigent­lich noch einmal machen, nachdem es mit dem Spanischen klappt. Würde si­cher ganz andere Eindrücke und Erlebnisse haben.

 

Do, 6.4.95

Um halb fünf losgefahren. Gefällt mir, noch vor Tagesanbruch unterwegs zu sein. Weniger gefiel mir, daß absolut niemand auf war, was heißt, es war nir­gendwo ein Kaffee auf zutreiben. Man möchte doch meinen, daß die Leute um diese Zeit oder zumindest gegen 6h oder 6:30h schön langsam in Schwung kommen. Um 6.30h, als es hell wurde, dann endlich einen Kaffee ergattert   aus einem vergitterten Küchenfenster heraus. Wenigstens fing es nicht zu regnen an und kalt war es obendrein. Die Sierra flachte schließlich ab und ich fuhr in die Agrarebene von Barquisimento, einer nichtssagenden Agrarstadt, von wo es weiter nach Norden ging   eingeklemmt zwischen Lastwagen, voll beladen mit Zuckerrohr, von dem immer das eine oder andere Stück herunterfiel. Fast wü­stenartige Gegend, erinnerte mich stark an Süd Kalifornien. Kurven ohne Ende. Irgendwann einen Liter Wasser gekauft   100 centavos. Dafür hätte ich 15 l Benzin bekommen! Wasser ist teurer als Benzin, ist ja eigentlich auch sinnvoll, denn es ist nun einmal die wichtigste Flüssigkeit. Schon seltsam, für 10 S voll­tanken zu können! Sollte einen Tanker voll Benzin hier kaufen und heimschic­ken. Deshalb fährt hier auch jeder noch riesige 70er Ami Schlitten, die 30 l/100 km brauchen. Und ich dachte, das Benzin in den USA sei billig. Wenigstens et­was Billiges. Ach ja, das Wasser ist mir übrigens alles ausgeronnen. Die Sierra ´rauf und ´runter wurde es schließlich wieder waldiger  und ich legte einige Kaf­fee Stops ein, bei denen ich Spanisch üben konnte. Zum Park „Cueva de la  Quebrada del Toro??“ ging´s dann auf einer ziemlich scheußlichen Steinpiste. War froh, keinen Patschen zu haben, aber der kommt ja vielleicht morgen noch… Ließ mein Zeug beim „Wärter“, der auch ein kleines E Werk betreibt und marschierte gleich los zu den Kalksteinhöhlen. In die größeren bin ich allerdings nicht hinein, denn irgendwie   allein im Dschungel und in einer Höhle   ging die Phantasie mit mir durch. Was mir dann restlos die Stimmung versaute war, daß die Kamera, die gerade in Panama repariert wurde, schon wieder hin war. 80 U$ und ein ganze Woche Ärger umsonst. Muß mir überlegen, was ich fotomä­ßig jetzt machen werde. Abends noch allerletztes Aufgebot aus meiner Küche gekocht: Spaghettisauce pur, mit viel Wasser zum ´runterspülen   Yack. Aber da geht´s mir immer noch besser als dem ungustiösen, räudigen Hund, der hier herumläuft, denn der fängt und frißt die Riesenkäfer, die, angelockt vom Licht, an mein Zelt knallen.

Wenn man im Dschungel auf den Boden schaut, bewegt der sich! Tausende Ameisen schleppen riesige Blätter zu ihren Bauten. Sah ein braunes, hund­großes Tier (genauer geht es nicht).

Das ganze Zelt ist voll von Käfern, glücklicherweise aber außen.

Alles wird langsam hin: Kamera, Handschuhe, Schuhe, Stoßdämpfer, Lenk­kopflager   Socken ohne Löcher habe ich auch keine mehr, Helm löst sich auf, Tankrucksack etc.

Soll ich morgen nach Covo zu den Sanddünen oder nach Macuto? Habe noch Nacios Schuhe, die er sicher gern haben möchte.

Viel Brandrodung in dieser Gegend.

 

Fr, 7.4.95

Über den steilen Schotterweg wieder zurück auf die Straße. Schlängelte sich schön durch den Wald und es war angenehm kühl. Fahre gerne am frühen Morgen, nur der kleine Kaffee, den mir der Wärter/E Werk Hausmeister gege­ben hat, greift nicht richtig. Die Straße wurde immer böser, bis es über Geröll auf und ab ging und keine Zeit mehr war, die Landschaft zu genießen. Scheiß­fahrerei. Um 9 h bin ich schon saumüde, weil auf diese Grobheiten heute abso­lut nicht vorbereitet. Bei einem Stop fluchte ich über diese Scheißstraße, aber schon 100 m später begann der Asphalt. Gut. Wollte eigentlich erst nach Covo, doch ich hatte keinen Bock auf Sanddünen   so geht´s also nach Caracas. Auf der Autobahn geht es gerade dahin und ein paar Mal drehe ich auf 120 km/h. Darüber macht´s keinen Spaß mehr und außerdem geht mir der Reis. Verstehe nicht, wie man 200 km/h oder so fahren kann; viel zu viel Streß. Ging so dahin, ich stoppte kaum, es war eh viel zu heiß. Links und rechts überholten mich breitbereifte Autos mit verdunkelten Scheiben. Wie mir diese Fahrerei auf die Nerven geht! Natürlich zog es sich wieder bis Caracas und ich war schon wie­der saumüde. Endlich die Stadt. Ein Meer von roten Ziegelhäusern, wie an die steilen Berge geklebt. Zu den meisten geht nur ein Weg. Ein Großteil der 6 Mio Einwohner wohnt dort. Nach jedem der drei stinkenden Tunnel (die Lüftungsan­lagen fehlen entweder ganz oder arbeiten nur träge) ein weiterer Berg, bepfla­stert mit Häusern. Auf den Talsohlen stehen Wolkenkratzer. Habe noch vor ei­nigen Wochen mit dem Gedanken gespielt, hier zu arbeiten, weiß jetzt aber nicht so recht!? Erster Eindruck: Chaos. Wenigstens funktioniert die Autobahn und ich fahre die 28U ´runter ans Meer nach Macuto??. Willie und Nacio sind schon weg. Werde halt Nacios Schuhe, die er wohl vergessen hat, jemandem schenken. Hotel Alemania   Loch. Abends noch ein Bier mit einem sehr netten englischen Pärchen und einem sinnlosen Deutschen getrunken, der nur wegen der Frauen hier ist. Irrealer Germanistik Student Träumer. Muß mich an diese Typen in Europa erst wieder gewöhnen.

 

Sa, 8.4.95

Saumäßig geschlafen und nicht gut beieinander. Habe keine Lust , in diesem Loch für 1500,  Cordobas (80 öS) zu bleiben, aber etwas Billigeres gibt es kaum. Dauerte dann ewig, bis ich doch ein besseres Hotel gefunden hatte. Schleppe mich von einem Platz zum anderen, bis ich schließlich im „Colonial“ unterkomme. War nicht ganz einfach, denn es ist ja Ostern und ganz Caracas ist am Strand, aber für 2000,  Cordobas habe ich jetzt doch ein wirklich gutes Zimmer mit Bad, WC und TV, in dem ich den Rest des Tages verbringe. Macuto ist voll von Touristen und alles spielt sich am (nicht sonderlich schönen) Strand ab. Venezolanisches Jesdo??, aber besser, als irgendwo in Caracas eine Wo­che verbringen zu müssen. Habe den Fernseher an. Absolute Gehirnwäsche. Die dümmsten Programme aus den USA, z.B. American Gladiator, vermischt mit venezolanischen Soap operas und Shows. Nicht zum Aushalten. Das Pro­gramm wird unterbrochen von den immer gleichen Vorschauen, der Werbung, „LocoVideoLoco“ Einspielungen und Nachrichtenfetzen. Man weiß eigentlich nie, welches Programm man gerade schaut. Schlimmer als in den USA   ein einziges Gewäsch von belanglosem Zeug. Ein Verkaufsargument für alle mögli­chen Dinge ist „importada“ (importiert), ganz im Gegensatz zu den USA oder daheim, wo „Made in Austria“ etwas gilt. Scheinen nicht viel von ihren eigenen Produkten zu halten. Lang lebe der ORF!

 

So, 9.4.95

Eines muß man den Venezolanern lassen: sie machen wirklich guten Kaffee; Cappucino fast wie in Italien   der beste Kaffee bisher. Nur die fetten, öligen Krapfen, gefüllt mit Fleisch, Käse etc., die hier jeder zum Frühstück ißt, bringe ich nicht hinunter. Bin zum Flughafen und habe Karte von C. gekauft und di­verse Öle am Moto gewechselt. Eine Deutsche, die mich für einen Ami hielt, klärte mich ganz toll auf, daß sie schon 1 Jahr unterwegs sei und Tips, wie mei­nen, besser auf ihren Rucksack aufzupassen, der neben ihr herumstand, nicht benötige. So furchtbar schlau war sie aber doch nicht, denn ich wechselte ihr Bolivares zu einem Kurs, der 25% besser war, als auf dem Schwarzmarkt. Später traf ich dann zwei Typen auf ?? BMW´s. Wirklich seltsam   in Venezuela gibt es 8 Dakkars und sofort treffe ich zwei davon. Wir fahren gemeinsam in die Stadt und später mit ihren Frauen/Freundinnen nach Colonia Tovar ?? , einer 1834 (?) gegründeten deutschen Siedlung. Das Experiment, Deutsche und Ve­nezolaner zu vermischen, funktionierte aber nicht und so gibt es einen ganzen Haufen „eingezüchtete“ retards?? Rindsrouladen im Hotel „Bergland“   etwas, von dem ich vor zwei Wochen noch geträumt habe. Guter Abend mit netten Leuten. Habe allerdings nicht ganz durchgeblickt, was sie alle eigentlich so ma­chen. Auch schöne Fahrerei durch die Berge um Caracas. Schön hier, hätte al­lein nie hierher gefunden. Später im Nebel hatte ich es schwer, mit den beiden anderen mitzuhalten. Gegen 12 h zurück in Macuto.

Wenn ein Hotelzimmer 2000 Bolivar kostet und die Autobahnmaut 5, warum stehen dann an jeder Mautstelle Bewaffnete? Ist so, als ob man bei uns jeden Kaugummiautomaten überwachen würde.

 

Mo, 10.4.95

Am Morgen war ich wieder wie erschlagen, saumüde und lasch. Bin schließlich los nach Caracas, um meine Post abzuholen und am Moto zu arbeiten. Stoppte einen Biker und fragte ihn nach dem Weg und prompt begleitete er mich zum Amex Büro. Das funktioniert immer   an die Bikersolidarität zu appellieren. Den Rest des Tages verbrachte ich in der BMW Werkstatt. Sehr nette Leute, vor al­lem Hannibal. Konnte all ihr Werkzeug benutzen und er zeigte mir noch einige Tricks. Zu bezahlen hatte ich nur das Öl. Ist genau umgekehrt wie daheim, wo die Arbeit das Teuerste ist. Als ich den Chef fragte, was denn die Arbeit für das Auswechseln der Lenkkopflager kosten würde, schüttelte er nur seine Hände und meinte „nada“. Brauchte trotzdem 30 U$ für importiertes Öl etc.; ist alles sehr teuer hier, weil sie c. 40   50 % Steuer auf allem haben, was nicht in Vene­zuela erzeugt wird. Verkorkstes System. Guter Platz, um zu arbeiten. Habe wieder mit dem Gedanken gespielt, dies hier einige Zeit zu tun und die Idee ei­gentlich nicht mehr so schlecht gefunden. Caracas gefällt mir immer besser. Sehr modern und lebhaft, auch das Klima ist angenehm, warm am Tag und kühl in der Nacht. Auf dem Weg zurück durch die Tunnel hatte ich auch das erste Mal Spaß dabei, am „Verkehrsspiel“ mitzumachen, mich also zwischen den rau­chenden Trucks durchzuschlängeln und, wie alle anderen auch, links und rechts zu überholen. Für einen Moment glaubte ich, in einem Film zu sein, der rück­wärts abläuft, denn auf der Gegenspur fuhr eine ganze Kolonne rückwärts. Sie wollten einem Stau ausweichen und schoben zur nächsten Ausfahrt zurück. Sah jedenfalls total seltsam aus.

 

Di, 11.4.95

`Raus aus Macuto und entlang der Küstenstraße nach Osten. Wunderschöne Stände und kleine Orte. Habe leider zu spät überrissen, daß ich dort hätte eine Bleibe suchen sollen, denn später war es 1. nicht mehr so schön und 2. total überfüllt. Die Osterwoche raubt mir noch den Nerv. Ganz Caracas scheint an die Strände übersiedelt zu haben. Alles völlig überfüllt und ich verbringe die meiste Zeit des Nachmittags damit, von einem Ort zum anderen zu fahren, um einen Platz für die Nacht zu suchen. Bleibe schließlich in Rio Chico, einer selt­samen Stadt, in einem emsigen und lauten Hotel. Als ich telefonieren will, werde ich sofort von fünf Prinzessinnen überfallen, die für mich wählen und mir dabei an die Hose greifen, uhh. Will heute endlich einmal in Ruhe den Verlauf des Trips planen und vielleicht den einen oder anderen Brief schreiben.

 

Mi, 12.4.95

Konnte um 3 h morgens nicht mehr schlafen und packte mein Zeug zusammen. Der Nachtportier musste erst den Lkw Fahrer aufwecken, der mich eingeparkt hatte   war nicht sehr gut gelaunt. Frühmorgens zu starten scheint nicht meine Sache zu sein, denn wieder fing es an zu regnen, doch nur genug, um lästig zu sein und auch nur kurz. Außerdem habe ich beschlossen, mir durch schlechtes Wetter nicht die Laune verderben zu lassen. Ereignislose Fahrt nach Pto. Chico und schon so früh am Morgen viel Verkehr. Jedes Auto mit einer Kühlbox auf dem Dach und wenn sie nicht alle verdunkelte Scheiben hätten, könnte man sie um halb sieben schon beim Biertrinken beobachten. Beim Frühstück wieder die alte Story: Warum kann man Eier & Bohnen & Schinken bestellen, Eier mit Schinken allein aber nicht? Bin in Santa Fe hängengeblieben. Hotel war schweineteuer, aber direkt am Strand und ich war froh, überhaupt etwas gefun­den zu haben; wie gesagt: ganz Caracas ist an die Strände gefahren. Die Instal­lateure sind gerade fertig geworden und ich bin der erste, der hier schläft. Alles riecht noch feucht, nach Putz und Farbe und das Bett ist ausgezeichnet hart und sauber. Viele Deutsche hier, aber die reden nicht mit einem, was mir nur recht ist. Später noch den „Spiegel“ verschlungen und „Small 23“ gehört. Kim hat nichts hören lassen   das war´s dann wohl.

 

Do ,13.4.95

An billigeren Platz umgezogen. Schlafe im Kinderzimmer einer Familie. Erinnert mich an früher, als Mutti noch vermietet hat und Ines und ich hin und wieder aus unserem Zimmer ´raus mussten, um Platz für die Fremden zu machen. Nicht viel getan den ganzen Tag über, außer am Strand herumzuhängen und die tau­sende von Leuten zu beobachten. Marenge Musik überall, Beach Volleyball, mit ihren Bikini Designs, Geschrei, Bier und Kinder. Muß immer an den Herbst ´93 in Buffalo denken: Mit dem Chevy in der Kälte zu Wilson Farm´s fahren, um Taffy zu kaufen, die Lavalampe anzuwerfen und in´s Chevy´s, um Chicken Wings zu essen. Waren eigentlich nicht die allerbesten Momente in den U.S.. aber ausge­rechnet an diese erinnere ich mich mit fast sentimentaler Verklärt­heit. Warum fallen mir da keine anderen Sachen ein? Mir gehen die Men­schenmassen je­denfalls schon etwas auf den Nerv, kann kaum mehr warten, bis Ostern endlich vorbei ist. Später noch zwei Engländer getroffen. Einer war der Keyborder von „Catherine and the Waves“. Zufall. Ansonsten habe ich mich mit wenig Geld über den Tag gerettet (keine Wechselmöglichkeit hier). Habe noch 500.  B. (25 öS), um zurück nach Caracas zu kommen. Bin gespannt, ob das Zimmer, das ich reserviert habe, auch wirklich frei ist… Wider Erwarten ausgezeichnet ge­schlafen im Kinderzimmer.

 

Fr   So, 14.   16. 4.95

Der Rundumschlag mit dem Insektenvernichtungsmittel vor dem zu Bett gehen wirkt   keine Mossie Stiche. Möchte aber nicht wissen, wie giftig das Zeug ist, das ich da versprüht habe. Wenn man nach oben sieht und der Sprühnebel auf einen heruntersinkt, brenne die Augen und auch Kopfweh ist angesagt. Aber es ist ja auch die „Formula mas Efectiva“. War dann ereignisloser Fahrtag zurück nach Caracas und Macuto. Vor der Küste östlich von Pto. La Cruz liegen Öltan­ker und die ganze Gegend ist übersät mit Öllagern, Pipelines und ein   zwei Raffinerien und etlichen Pumpstationen. In den „Offenen Adern Lateinamerikas“ las ich, daß Venezuela der Ölexporteur  #1 der Welt sei. Das, so glaube ich, stimmt heute nicht mehr, ein wichtige Rolle spielt das Öl aber immer noch. Meine letzten 100 B. habe ich dann für süße Fladen ausgegeben, die sie als riesige Scheiben an Ständen neben der Straße verkaufen. Die BMW scheint oft der Schlüssel für viele Dinge zu sein: Traf Pablo, auch auf einer 1000er P/D, der zufällig eine Pizzeria im Nobeldorf El Hatillo?? (wo auch Annine und Inako woh­nen) besitzt. Er lud mich ein und so kam ich   ohne Geld   doch noch zur besten Pizza seit langem. Netter Kerl, der eigentlich aus Uruguay kommt, doch hier sein Geschäft hat. Von Caracas nach Macuto hat es dann stark geregnet und viele der Straßen waren glatt wie Schmierseife und es gab auch einige Unfälle. Die Straßen waren aber glücklicherweise wie leergefegt, denn die meisten Wie­ner sind in den Ferien ja auch in Jesolo. Marianne kommt heute, 17:45, UA 707! Ich glaube, ich werde dem Moto zum ersten Mal einen Namen geben (Loder) Ganzen Tag mit Planen, Schreiben etc. verbracht. Macuto geht mir schön lang­sam auf den Nerv, genauso, daß man so auf sein Zeug aufpas­sen muß, zusper­ren, das Moto sicher parken, kein Geld mit sich herumtragen… Das ist halt auch ein Teil der Lebensqualität zuhause, daß dies alles Dinge sind, um die man sich nicht zu kümmern braucht.

Bevor ich dann zum Flughafen fuhr, um Marianne abzuholen, checkte ich noch   Pedant, der ich bin   das Moto, alles ok. Natürlich hatte ich dann, als es Zeit war, zu fahren, 200 m nach der Ausfahrt einen Patschen und rettete mich mit 2 CO2 Kartuschen zurück ins Hotel. Also Taxi suchen   es wurde schon ziemlich eng, als ich endlich am Flughafen ankam. Marianne war da mit zwei Reifen und einer ganzen Ladung von Souvenirs und Geschenken der Freunde. Hat mich wirklich sehr gefreut! Hatte ein wenig ein komisches Gefühl, was Marianne be­traf, ich wußte ja nicht, was sie sich so vorstellte unter der ganzen Sache. Fühlte mich aber sehr wohl bei allem, ohne Magenweh und so und denke doch, daß wir eine gute Zeit haben werden. Morgen zur BMW Werkstatt, Lenkkopf­la­ger reparieren etc… Bin froh, wenn wir erst einmal on the road sind und vor al­lem auf die Grand Salaner?? und die Tepuis freue ich mich schon sehr.

 

Mo, 17.4.95

Kopieren, Briefe aufgeben, in die Werkstatt. Alles hergerichtet und Oscar und Hannibal haben mir geholfen   viel gelernt. Wir gingen dann fast als alte Freunde auseinander. Später noch in El Hatillo in eine Pension gegangen. Was für eine andere Welt das hier dann doch ist! wenn ich ein Caraquener mit Geld wäre, würde ich es auch hier ausgeben. Aber auch hier scheint schon die „Handy Krankheit“ ausgebrochen zu sein, jeder läuft mit einem herum und benützt es hemmungslos. Haben auch noch bei Annie vorbeigeschaut und das Federbein, das ich ?? für 250 U$ abkaufe, abgeholt. Wirklich sehr schöne Frau etc., lebt aber in einer anderen Welt als ich. Abends zurück in die Realität (Macuto), wo wir von einem ziemlichen Regenguss fast von der Straße gewa­schen worden wären. Macuto stand fest unter Wasser und bei uns im Hotel platschte das Wasser nur so durch´s Dach auf den Fernseher, was aber keinen sonderlich zu stören schien, niemand machte Anstalten, ihn vom Wasserfall wegzurücken oder das Wasser zu stoppen. Auch der Chinese, bei dem ich im­mer mein Geld (schwarz) wechselte, hatte so seine Probleme, denn aus den Abflüssen drückte es ihm das Wasser ins ganze Lokal. Und nicht nur dieses stieg herauf, sondern auch  zig hunderte Kakerlaken, die nicht in den Ritzen ersaufen wollten. So kämpfte die ganze Familie mit Besen und Kübel gegen das Element und mit Spray gegen die cocarachas. Gute Aktion.

 

Di, 18.4.95

Endlich ´raus aus Macuto. Aufpacken dauerte natürlich länger, denn wir haben doch viel Zeug zu verstauen. Diesen Seesack und dann noch einen Reifen oben drauf. Mit neuen Reifen und Lagern fuhr es sich trotzdem gar nicht so schlecht. Wieder entlang der Küstenstraße auf dem schönsten Abschnitt bis Hi­guerote??. Schöne Fahrt und wir plauderten die ganze Zeit. Ein Schlammloch saugte uns dann bald auf und nur mit Glück kamen wir halbwegs trocken durch. Das wäre wieder so ein „Anzipf“ gewesen, der uns gleich am 1. Tag alles ver­saut hätte. Mit M. geht es eigentlich sehr gut, sie jammert nicht und ist auch sonst angenehm. Sie sorgt jedoch für unfreiwillige humorvolle Einlagen: Der Spruch des Tages, als wir von der Autobahn ab, auf eine Tankstelle fuhren und ich den Tankdeckel abschraubte: Was mach ma da? Da hab´ ich erst mal nicht geantwortet und sie geschickt, uns einen Kaffee zu holen… Sind gegen Abend dann wieder in Santa Fe angekommen und haben uns das 2500.  B. Zimmer gegönnt. Marianne hat mir viel aus Wien erzählt und ich würde eigentlich ganz gerne jetzt dort sein. Die ganzen Leute, die ich dort kenne, gerne wiedersehen   anscheinend haben sie mich auch nicht vergessen, wenn ich all die Sachen sehe, die sie mir mitgegeben haben. Vor allem der Go ?? beschenkt mich ja wie sein Patenkind. Nur mit CD, die er mitgeschickt hat, kann ich hier wirklich nicht viel anfangen. Bücher, Zeitschriften, PEZ und Gummibärchen kommen aber gut (und sind schon alle weg).

Bestelle nie mehr wieder „Malta“   schmeckt wie flüssiges, trockenes Brot.

 

Mi, 19.4.95

Tag am Strand. Nicht viel getan außer Wäsche gewaschen, Schuhe geflickt etc.. Alles löst sich auf. Viel gequatscht und Postkarten geschrieben. Marianne schrieb 17 Stück in 1 1/2 h   beeindruckende Leistung. Ich glaube, sie sieht meinen Trip irgendwie als „davonlaufen“ vor irgend etwas. Muß darüber nach­denken. Glaube aber nicht, daß es die Arbeit oder Verantwortung ist, denn er­steres hatte ich in den Staaten und letzteres habe ich heute jeden Tag. Eher ist es irgendeine Entscheidung, die ich in den nächsten Monaten fällen muß, wie es nun beruflich und privat weitergehen soll. Aber again: Werde sehen.

 

Do, 20.4.95

War viel zu heiß heute nacht und als ich halbwegs müde war, fingen die Katzen an zu schreien und der Hahn an zu krähen. War ziemlich geschlaucht heute morgen. Marianne hatte auch immer einen Teil auf mir und das konnte ich we­gen der Hitze gar nicht haben. Ging erst der Küste entlang durch mittler­weile schon gewohnte Landschaft, dann Richtung Süden. Wird für einige Zeit das letzte Mal gewesen sein, das Meer und die Karibik zu sehen. Aber endlich gab es wieder Hügel und Berge, ohne daß alles dicht bevölkert ist. Mehr Land­schaft als Leute und da fühle ich mich immer weitaus wohler. Wir wollen nach Ca­ripe??, wo es eine tolle Kalksteinhöhle geben soll. Ist eine schöne Fahrt durch die Berge dorthin, nur einmal. als ich einen Laster überholen will, schert dieser nach links aus und es wurde fast knapp. Muß aufpassen, denn ich sah die Si­tuation kommen. Mit einem Führer, einigen Venezolanern und einer Ben­zin­lampe machten wir uns auf den Weg in die Höhle. Im ersten Teil gab es tau­sende von Guacharos, Vögel, die irre Geräusche machen, um sie zur Naviga­tion zu benutzen. Sie fliegen in der Nacht aus und fressen Beeren und andere Früchte, die sie dann in der Höhle wieder ausscheiden (speien), wodurch Guyano??, der Dünger. entsteht. Unglaublich, wieso auch in der Dunkelheit der Höhle Pflanzen wachsen. Das war zuerst überhaupt das Beeindruckendste: das ganze Leben in der Höhle, die Vögel, Grillen, Crickels??, Tausendfüßler, Krebse und Fische im Fluß. Hätte ich nicht erwartet. Tiefer drinnen wurde es dann en­ger und es gab schöne Kalksteinformationen, für die wir unsere Phan­tasie mehr oder weniger benutzen mußten, um all die Dinge darin zu sehen, die unser Füh­rer immer zu sehen glaubte (Zunge, Eulen, Hei­li­gen­sta­tuen: viel Phantasie   Pe­nisse, Busen; eher einfacher). Wie muß sich A. v. Hum­boldt ge­fühlt haben, als er diese Höhle (1877? 1857?) entdeckte? Kaum zu glau­ben ist auch, daß Guyano einmal einer der Hauptexportartikel Venezuelas nach Europa war. Nach 2 1/2 h sahen wir wieder das Tageslicht. Beim Eingang gab es dann jede Menge Tour Touristen, die alle möglichen dummen Fragen stellten, die ich ent­sprechend beantwortete. Später stiegen wir im Hotel Venecia ab. Sehr sau­ber und mit 1600.  nicht teuer. Höre mir gerade das briefing einer Reisegruppe an. Lustig, wie ihnen Stories verkauft werden. Käse , Wurst und gutes Brot auf dem Bett zum Abendessen. Gut  und „Eierkraulen is leiwand“.

 

Fr, 21.4.95

Morgens noch ins teure Hotel Kaffee trinken und den Deutschen am Nachbar­tisch zuhören müssen. Danach ging´s los. Marianne war aus irgendeinem Grunde launig, was mich aber nicht weiter störte. Furchtbar fade Fahrerei, unin­spirierend heiß, dreckig durch den Staub und Steine, die von entgegenkommen­den Lkw hochgeschleudert werden. Nach Maturin?? war´s dann nurmehr flach und windig. Bei einem Stop an einer Kreuzung, wo verschiedene Fruchtsäfte verkauft wurden, entdeckte ich dann, daß mein linker Zylinderkopf nicht mehr ganz dicht ist. Was das wieder bedeutet!? In Tucupita??, im Orinoco Delta (eigentlich Amacuro D., obwohl der Orinoco der größte Fluß ist), haben wir ein Boot für die nächsten zwei Tage gemietet, mit dem wollen wir nach Norden fah­ren, tiefer ins Delta.

 

Sa, 22.4.95

Wider Erwarten war um 9:00, wie ausgemacht, alles abfahrbereit, Essen gek­auft und getankt. Omar, unser Kapitän, hat schon alles erledigt. Sonst dauern solche Dinge ja immer ewig. Wir hatten eine riesige „Landra??“ für uns beide und 150 L Benzin. Ganz ok für 25 U$. Ein paar Stunden ging es dann strom­aufwärts und wir sahen jede Menge Vögel und auch einige Süßwasserdelphine. War schön, auf dem Boot im Wind zu sitzen. Später bogen wir dann in einen Seitenarm ein, der wieder voll von Vögeln und Schildkröten war. In einem der vielen „Canales“ blieben wir dann mit dem langen Boot fast stecken und Omar hatte viel Mühe, uns da wieder herauszumanövrieren. Er war aber sehr nett und bemühte sich, uns den Tag so angenehm wie möglich zu machen. Später fuh­ren wir dann zu­rück an die Flußgabelung, wo zwei Häuser standen und wo wir die Nacht ver­bringen sollten. Jede Menge Kinder, Hühner, Hunde und einen kleinen Tapir gab es dort. Ich wußte nicht, daß diese Viecher so groß werden. Später tauchte noch ein Typ (Ossi) in seinem schnellen Motorboot auf, der uns noch sein Camp zeigte. Er hat es mitten im Urwald ganz aus Holz „auf rustikal“ gebaut und will Tours dorthin organisieren. Wunderschöner Platz an einer Fluß­gabe­lung, mit viel Gespür hergerichtet. Irgendwann sagte er: „Wir glauben hier nicht an die Elektrizität“. Hat wohl auch Sinn in dieser Umgebung, den der Ge­nerator­lärm würde nur stören und die Stereoanlage kann man ja auch mit einer Auto­batterie betreiben… In unserem Camp wartete Omar schon mit dem Aben­dessen   Fisch und gutes Brot. Schlief gut in meiner Hängematte. Erstaunli­cherweise gab es überhaupt keine Mosquitos. Die Leute sagen, das ist so, weil überall die Felder niedergebrannt werden und der viele Rauch sie vertreibt. Zeitweise war es dann auch so rauchig, daß alles in einem fast orangeroten Licht erschien.

 

So, 23.4.95

Um 6:00 morgens ging es schon los in einen der Seitenarme. Aber ich hätte eh keine Minute länger schlafen können, weil der Gockel total irrational schon  seit 3:00 gekräht hat. Hatten ein kleines Kanu im Schlepp, mit dem wir die kleineren Seitenkanäle erkunden wollen. Mit einem amerikanischen Pärchen machen wir uns dann auf den (wackeligen) Weg. Die Kamera habe ich lieber im Boot gelas­sen. Gar nicht so einfach, ein Kanu zu steuern   die meiste Zeit geht es zick zack voran. Bleiben einige Male stecken zwischen Wasserhyazinten und ver­senkten Baumstämmen. Machte aber Spaß, obwohl außer Vögeln und Af­fenge­schrei wenig von der Tierwelt hier mitbekamen. Danach noch ein Bad auf einer Sandbank und gegen Mittag zurück in´s Lager, wo es wieder Fisch gab. Dann der lange und feuchte Weg zurück nach Tucupita. Durch den Wind und die Wellen war mal wieder alles patschnass. Blieben noch bei der Familie ste­hen, wo wir auch schon gestern waren. Mann, Frau ,8 Kinder, Hunde, Schwein. Ein Leben von einem Tag auf den anderen. Gestern gleich wie heute. Fischen, Ko­kosnüsse pflücken, Jams?? ausgraben, Fischen. könnte ich mir nicht vorstel­len. Zurück im „Pequenio Hotel“ geduscht und die Türe zu laut zugeknallt, was die launige Mutti gar nicht gern hatte. Arabisch gegessen   wer hätte das heute morgen gedacht?

 

Mo, 24.4.95

Geld gewechselt. Einfach mit MC, aber zu einem Scheißkurs. Ärgert mich, aber ich will nicht meinen ganzen cash aufbrauchen. Guten Kaffee und „Chips Ahoy“ zum Frühstück, unseren Zirkus und los in Richtung Ciudad Guyana. hatten wie­der excellenten Mangosaft und Kuchen unter dem Baum an der Kreuzung nach Barranca??. Es ging dann durch Pinien ( Plantagen)  wälder, was fast unglaub­lich wirkte, hier im Orinoco Delta. Überhaupt habe ich es mir weitaus feuchter und schwüler vorgestellt. Einige Landstriche hier haben aber fast wüstenartigen Charakter und auf den trockenen Hügeln wachsen Kakteen. Unterbrochen wird dieser Abschnitt immer wieder durch kleine „tropi­sche Oasen“ mit Palmen und dichtem Grün. Fast plötzlich standen wir dann am Orinoco, wo auch schon eine schmierige Fähre u.a. auf uns wartete. Wenig er­eignisreiche Überfahrt, außer daß mich eine ziemliche Welle erwischte und mich somit waschlnass machte. Viel Schiffsverkehr auf diesem Teil des Flusses   eigentlich hatte ich mir den O. ja ganz anders vorgestellt. Kein Dschungel, wenig Hitze, kein chaotisches Trei­ben… auf einer Autobahn dann nach Upala. Hatte noch Diskussionen mit M., ob man:   20.000,  öS für die Behandlung einer Katze beim Tierarzt ausgeben kann;    leere Dosen über Bord werfen oder das vom Reinigungspersonal erle­digen lassen soll etc.. In Upala dann ordentlich eingekauft für die nächste Wo­che, in der es öfter zum Zelten kommen wird. Guter Platz zum Schlafen, nur durch die Klimaanlage bin ich total verschnupft. Mariannes erste Begegnung mit einer Kakerlake: „kontrollierte Hysterie“.

 

Di, 25.4.95

Schuhe abgeholt, die ich wieder einmal reparieren ließ, noch mehr Zeug ein­gekauft und dann auf nach Süden. Ziemlich fade Fahrt mit Polizeikontrollen und heiß. Orte wie „El Dorado“ (Papillons Gefängnis) ?? weckten in mir Gedanken an wilde „outposts“ von Goldsuchern im Dschungel. Erwartete irgendwie etwas wie „??“ im Niger, aber dem war nicht so. Machten keinen besonderen Eindruck auf mich. Ganz gewöhnliche Kaffs ohne sonderliches Flair, die es wahrschein­lich zu Hunderten gibt. Glaube aber, daß diese Orte erst in den letzten paar Jahren so aufgebaut wurden   mit ein bis zwei Geschäften, Bars und natürlich Tankstellen. Nach „Km 88“ ging´s dann hinauf in die Grand Sabana (ca. 1600 m). Erster Gang, in der Regenzeit 4WD erforderlich, stand im Führer. War aber eine gut ausgebaute Straße, auf der es flott voranging. Es fing dann zu regnen an, was vor allem für Marianne unangenehm war, da sie kein gescheites Re­genzeug hat und es auch recht kühl wurde. Fanden einen schönen Camping­platz an einem kleinen See/Fluß, wo wir das Zelt unter einer cabana aufstell­ten. Später schüttete es noch, aber wir waren ja im Trockenen und es war ge­müt­lich. Bitterster, zuckerloser Kaffee, den ich je getrunken habe.

 

Mi, 26.4.95

Wenn man so früh ins Bett geht, kann ich einfach nicht länger als bis 6:00 schlafen. Sobald es hell wird, bin ich auf. M. braucht immer etwas länger, bis sie aufwacht. Ich lasse sie in Ruhe, damit sie nicht grantig wird. Anscheinend ist es eh schon viel besser damit, weil sie früher vor 7:00 überhaupt nicht lebensfähig gewesen sein soll… Verstehe Morgenmuffel nicht. Ist doch die beste Zeit des Tages, alles liegt noch vor einem, ich kann das machen, was ich den Tag vor­her geplant habe und muß mir noch keine Gedanken machen, wo ich heute wieder schlafen werde und wie ich die langen Abendstunden bis zum Einschla­fen verbringe. Alles ist noch feucht und die Fahrt durch die Sabana ist kühl und angenehm. Große weite Flächen mit wenigen Bäumen und vereinzelten Indio Siedlungen an der Straße. Bei San Francisko geht´s dann auf die Piste nach Paratepui. Bei einer Flußdurchquerung muß M. absteigen und durchs Wasser latschen, was sie ziemlich anzipft. Gegen eins sind wir dann in Paratepui, dem Ausgangspunkt für die Besteigung des Rovaima (2800) Tepuis. Wir wissen nicht, ob wir heute noch losgehen sollen oder erst morgen und die ganze Unsi­cherheit   mit/ohne Führer zu gehen, Mariannes Launigkeit etc. verdirbt mir ziemlich die Stimmung. Die Indianer hier sehen es nicht gerne, wenn man al­leine geht und erklären einem lang und breit alle Probleme: Müll, orientierung, Erste Hilfe etc.. Vor allem das Argument, daß die Führer dafür sorgen, daß der Park sauber bleibt, macht mich aber heiß, denn in meiner Erfahrung sind es meistens die Einheimischen, die alles wegwerfen und sich kaum um die Natur scheren. Da wir nur zu zweit sind, will ich auch keinen Führer haben, der die ganze Zeit um uns herum ist. Marianne spricht ja kein Spanisch und so wäre es irgendwie eine ungute Situation. Sozusagen das dritte Rad am Motorrad. Schlußendlich ist es aber hauptsächlich das Geld, das sie haben wollen und so zeigen sie sich auch wenig kooperativ, einen Platz für das Motorrad zu finden. Freddy, der Dorflehrer, verspricht mir aber, für 200 Cordo/Tag ein Auge auf es zu werfen. Abends noch gekocht und mit zwei Typen gequatscht, die wegen Herzrhyth­musstörungen umkehren mussten. Einer war aus Wels und kannte Bernies „Kulturclub“ in Lembach/OÖ. Gegen 10 ging der Generator aus   Bettruhe.

 

Do, 27.4.95

Um fünf Uhr Radio in der Nachbarhütte auf voller Lautstärke und Gockelkrähen. Also auf, alles zusammengepackt, eine Banane zum Frühstück und los. Es geht durch hügelige, teilweise bewaldete Landschaft und ist angenehm zu gehen. Der frühe Morgen ist doch die beste Zeit! Sind insgesamt 22 km bis zum „Base Camp“, das wir heute erreichen wollen. Nach zwei Stunden Frühstück an einem kleinen Fluß. Wunderschön und sauber. Später dann (ca. 6 h) überqueren wir zwei Flüsse, den Rio Tek und den Rio Kukenan??, wo uns bissige Fliegen, die puri puris, nur so hernageln. Alles juckt und ist voll roter Flecken. Schaffen es aber, trocken über den Fluß zu kommen. Danach wird´s zäh! Das Gelände steigt an und das „Base Camp“ will und will nicht auftauchen. Nach 11 Stunden Geherei ( mit ca. 17 kg Essen und Campingzeug auf dem Rücken) schlagen wir schließlich unser Zelt auf. M. ist ziemlich fertig, aber auch mir reicht es für heute. 11 Stunden sind einfach zu viel. Der Campingplatz aber ist perfekt   ruhig und windstill, mit toller Aussicht auf den Vulkenan?? Tepuis. Habe kaum mehr Hunger, obwohl wir außer ein paar Keksen, den ganzen Tag nichts gegessen haben   schlafen um sieben ein.

 

Fr, 28.4.95

Anstieg zum Tepui. Wie ich vermutet hatte, wären es nur noch 5 Min. zum „Base Camp“ gewesen, aber gestern hätte M. das nicht mehr geschafft. Mit vielen Pausen geht´s dann durch den Dschungel hinauf zum Fuße des Tepui. M. ist ziemlich ko und das langsame Gehen und die vielen Pausen machen auch mich langsam müde. Sie schlägt sich aber tapfer und jammert nicht. Ich glaube, sie reißt sich wirklich zusammen   aber was für eine andere Wahl hat sie denn auch? Irgendwann geht es auch noch unter einem Wasserfall hin­durch und wir werden wieder einmal waschlnass. Nur gut, daß es bisher nicht ge­reg­net hat. Hatten wirklich Glück mit dem Wetter. Schließlich, nach fast 6 Stun­den, sind wir oben. Das „Hotel“ finden wir im Labyrinth von schwarzen Kalksteinfor­mationen zwar nicht, aber einen anderen, perfekten Campingplatz auf einem kleinen Plateau. Absolute Stille   wie in der Wüste   ein Traum. Ko­chen noch Spaghetti Carbonara mit Original Südtiroler Speck   ausgezeichnet   sehr guter Tag. Sonnenuntergang mit Gewitter hinter Kukenan?? Tepui. Diese Ruhe und das Gefühl, absolut alleine hier oben zu sein   einfach phantastisch. Guter, guter Platz.

 

Sa, 29.4.95

Morgens etwas die Gegend erforscht und eine Idee gehabt: Einen „Multimedia Führer“ über den Rovaima zu machen. Brauche: Laptop, GPS, Kamera Video und ein halbes Jahr Zeit. Könnte das Ganze über Zeitschriften vertreiben, etwa als Bonus für GEO, Globus Abonnenten   viele Gedanken im Kopf!! Ich glaube, daß wäre eine wirklich gute Idee, bei der ich meine Ausbildung mit dem, was ich gerne tue, verbinden könnte. Gegen 11 h essen und Aufbruch zur Erkundung des Tepui. Sind ca. 4 h umhergewandert über schwarzes Gestein, Bäche, Kri­stalle, bizarren Felsformationen, durch sumpfige Gegenden, Täler, Ebenen. Großartiger Platz! Macht einen total unwirklichen Eindruck. Das dunkle Gestein und die spärliche Vegetation machen dies wirklich zu einem absolut einmaligen Ort. Haben den Pfad zum „Triple Pajub??“, dem Grenzstein zwischen Vene­zuela, Guyana und Brasilien gefunden und sind ihm einige Zeit gefolgt.  Gab schöne Becken mit kristallklarem Wasser und Steinbrücken. Die Vegetation be­schränkt sich auf kleinere Pflanzen, deren Namen ich leider nicht kenne, aber wenn ich wieder in Ö. bin, dann werde ich das GEO Buch über die Tepuis kau­fen. Einige sehen aber fast aus wie Almrosen, und dann gab es da noch diese sternförmigen, zackigen gelben Pflanzen auf langen Stielen. Auch hatte es viele blättrige Dinger, die aussahen wie Ananaspflanzen, aber ohne Früchte. Auch an Tieren gibt es eigentlich wenig Aufregendes: Schwalben und spatzenartige Vö­gel mit rotem Bauch, das war alles, was ich gesehen habe. In de Bächen und Teichen gibt es noch einige Arten von Käfern (deren Namen ich  nicht….). Das wars auch schon. Einmalige, fast unnatürliche Ruhe hier oben. Gegen zwei fiel dann der Nebel ein und die Sicht ging gegen null Meter. War dann nicht mehr so leicht, sich zu orientieren. Ohne Führer im dichten Nebel schaute es nicht so gut aus und so kehrten wir mit Gefühl und Kompass zum Zelt zurück. M. hatte überhaupt keinen Plan, wo wir herumgewandert sind. Als ich sie 50 m vom Zelt entfernt vorgehen ließ, wäre sie zweimal in die falsche Richtung gerannt. Abends saß ich nahe am Rand des Rovaima und beobachtete ein Gewitter hinter dem Vulkenan?? Tepui. Toll. Wenn die Kamera hier oben versagt hat, bin ich wirklich sauer! Abends noch eine endlose Diskussion über Beziehungen, Beziehungen, Beziehungen. Habe hier eigentlich andere Gedanken.

 

So, 30.4.95

Bin um 6 .00 los, alleine. War total klar und ich rannte denselben Weg entlang wie gestern. Tolle Stimmung. Ging dann noch weiter über tiefe Schluchten und setzte mich an den Rand des Tepuis. Unter mir war ein Wolkenmeer und ich schwebte über den Dingen… Machte den Platz noch isolierter, als er eigentlich schon ist. Tolles Gefühl, hier oben zu sitzen und ´runterzuschauen. Dann wurde es mir aber etwas mulmig, denn vor mir ging es sicher so an die 400 m senk­recht hinunter. Kehrte dann gegen 9:00 zum Lager zurück, wo M. gerade dabei war, den „worst?? kaffee ever“ zu kochen. Schmeckte total nach erdigem Was­ser, wie durch den Blumentopf gefiltert. Packten zusammen und begannen den langen Abstieg. Marianne tat das Knie weh und sie kam auch sonst nicht recht vorwärts. Ging eine Minute   wartete zwei   anstrengend. Irgendwann sahen wir auch eine Schlange. Im Base Camp, das wir schließlich doch erreichten, gab es Nudelsuppe. Warum muß sie immer so grantig sein, aus allen möglichen und unmöglichen Gründen? Ich weiß, daß sie das nicht absichtlich macht und sie sich wirklich zusammenreißt, aber anstrengend ist es doch. Eine halbe Stunde nach dem Mittagessen brach sie dann völlig zusammen und konnte nicht mehr   Kreislauf. Es wurde dann wieder etwas besser und im Schneckentempo wan­derten wir noch, bis wir einen Platz zum Campen gefunden hatten. M. schläft gerade, hat sich ziemlich verausgabt. Für mich ist das irgendwie schwer nach­vollziehbar, denn ich war noch nie so ko, daß ich umgefallen bin. Sitze nun am Fuße des Tepui und denke, daß ich eigentlich lieber oben wäre. Hoffe, daß wir morgen halbwegs problemlos die restlichen 17 km bis Paratepui schaffen wer­den. Hatten aber noch einen guten Abend mit Kochen am Lagerfeuer.

 

Mo, 1.5.95

Tag der Arbeit   haha. Um fünf auf, Feuer gemacht, abgewaschen, Kaffee ge­kocht. Tolle Stimmung über dem Tepui, wo die Sonne ihre ersten Strahlen warf. Breite rot blaue Lichtbündel. Toll. Abmarsch gegen halb acht und wider Erwar­ten kamen wir sehr gut voran. Der Rückmarsch war ziemlich eintönig und heiß, aber ich genoß es, nur zu marschieren. Ist ein gutes Gefühl, sich zu verausga­ben. Gegen 2 hatten wir auch die letzten 15 km geschafft und waren nun wieder in Paratepui. Für Marianne, die jeden Schritt zählte, hätte es keine Minute län­ger dauern dürfen. Freddy, der Lehrer, der auf das Moto aufgepasst hatte, war auch gleich da, um sein Geld zu kassieren und wir gönnten uns ein eiskaltes Polar (Bier) und ebensolche Chinollo (Limo). Umpacken und los ging´s wieder   zurück nach San Francisko. Der Schotterweg schien nicht enden zu wollen und ich spürte auch die Strapazen der letzten Tage. In S.F. gönnte wir uns dann Super Hendl, doch ich war fast zu müde, um noch richtig zu essen. Vor dem Lokal fiel mir auch noch fast der „Loder“ um, weil ich einfach zu wenig Kraft hatte. Wir wollte dann zurück zu dem Camp, in dem wir die erste Nacht in der Grand Sabana verbracht hatten. Die Sonne stand schon tief und warf ein wun­derbares Licht auf die Tepuis, die im Osten von uns vorbeizogen. Manchmal regnete es ein wenig, aber wir fuhren in der Sonne! Einmalige Gegend, leer und frisch. Alles ist grün und vereinzelt stehen Waldflecken oder Palmen in kleinen Seen.

Am Samstag war eine Sonnenfinsternis. Habe sie fast nicht bemerkt, weil so­viel Nebel war. Nur einmal, als ich aufschaute, sah ich den Mond vor der Sonne.

Habe mit Freddy über Schule und Penon?? Indianer geredet. Netter Kerl.

Meine Schuhe haben sich mittlerweile fast völlig aufgelöst. Muß mir ´was ein­fallen lassen, wenn ich in Ecuador/Peru noch auf Eis gehen will.

Irgend so ein Fratz hat meine Hinterradbremse angezogen   und ich wundere mich, warum der Loder nicht gescheit geht…

Das, was die Sabana so stimmungsvoll macht, ist das Licht. Habe selten einen so klaren Himmel mit solch „reinen“ Wolken gesehen.

 

Di, 2.5.95

Irgendwie kann ich nicht gescheit schlafen, obwohl immer saumüde. Wirre Träume   immer von daheim    und am Morgen bin ich wie gerädert. Packen un­ser Zeug und dann gehts zurück nach Upata. Flotte Fahrt. Da wir beide wirklich eine Dusche brauchen, stoppen wir kaum, außer bei dem kleinen Restaurant, bei dem wir auch schon auf der Herfahrt gegessen haben. Nette Mutti und wir scherzen und spaßen. „Wenn ich so einen Mann hätte, würde ich ihn nicht al­leine weiterfahren lassen etc. …“ In Upata dann: DUSCHE & RASUR, tut das gut. Haben uns dann noch den Magen vollgeschlagen und liegen wie gelähmt auf dem Bett. Bin nicht mehr gewohnt, so viel zu essen   kann mich kaum mehr bewegen.

 

Mi, 3.5.95

Unseren ganzen Saustall wieder aufpacken. Wenn alles so verstreut liegt, dann kann man sich kaum vorstellen, alles wieder auf dem Moto verstauen zu kön­nen, doch irgendwie geht´s immer. Fahrt nach Ciudad Bolivar, dann vorbei am ?? Staudamm. Alles Sperrgebiet und wir müssen auf ein Begleitfahrzeug war­ten, das mit uns durch den Sperrsektor fährt. Quatschen gut mit den beiden Jungs vom Wachtposten, die hier ziemlich gelangweilt herumhängen. Nach ei­ner 3/4 Stunde kam dann ein Jeep, dem wir in den ärgste Wolkenbruch seit lan­gem folgten. Wurden natürlich waschelnass, aber es war egal und tat der Stim­mung keinen Abbruch, denn schon 15 min später wurde alles schon wieder im heißen Wind getrocknet. In Ciudad Bolivar dann filmreifer Auftritt im Hotel Italia: Mußte über einige Stufen durch den Speisesaal in den Hof fahren. War mir erst meiner Sache nicht so sicher, da die Stufen ziemlich hoch waren und ich noch das ganze Gepäck auf der Maschine hatte, aber mit Schwung schoß ich über die Stufen und durch´s Restaurant. Den Leuten fiel das Essen aus dem Gesicht. Schön langsam bekomme ich auch die BMW in den Griff. Später ließen wir noch Fotos entwickeln und nun weiß ich wenigstens, daß die Kamera zu lange belichtet hat   Scheiße. Alles wird hin. Fand endlich jemanden, der mit Gunthi´s CD auf Kassette überspielt und so schallte “ Bei mir seid´s alle im Arsch daham“ über die Hauptstraße von Ciudad Bolivar am Orinoco. Konnte mir ein Lachen nicht verkneifen. Essen gekauft (unglaublich, was Marianne verdrücken kann) und am Orinocoufer mit Blick auf Delphine verspeist. Abends noch Bier ge­trun­ken. Hier ist´s heiß und auch die lauwarmen Duschen helfen da nicht viel.

 

Do, 4.5.95

Stiefel gekauft und in der Stadt herumgelaufen. Es gibt einen kleinen, recht schönen, kolonialen Teil, in dem wir herumspazierten. Es war aber so heiß, daß wir uns nach 1   2 Stunden wieder zurück ins Hotel vor den Ventilator flüchteten. Am späten Nachmittag sind wir dann noch chinesisch essen gegangen   ich war so voll, daß ich nur mehr flach auf dem Bett liegen konnte. In einem Cafè hat ein Besoffener dann Liebeslieder in Mariannes Richtung gesungen, was mich sehr amüsiert hat. Haben beschlossen, in Richtung Merida zu fahren, von wo aus Marianne einen Flug nach Caracas nehmen will. Die grausigsten „perro ca­lientes“ gegessen   ever.

 

Fr, 5.5.95

Relativ früh weg und noch ein Fax an Ron wegen der Kamera abgeschickt. Fahrt ist recht eintönig und heiß. Echt anstrengend, auf der engen, schlechten Straße immer aufzupassen und gegen den Seitenwind ankämpfen zu müssen. Landschaft wurde erst am späten Nachmittag abwechslungsreicher, aber uns tat beiden der Hintern weh und wir campten abseits der Straße zwischen Stein­hügeln. Hatte mich allerdings mit der Härte des Bodens verschätzt und so blie­ben wir am Ende des Tages auch noch im Schlamm stecken. Also abladen und weil wir so müde waren, schleppten wir die Tonne Gepäck nur noch zum näch­sten Baum, unter dem wir dann auch campierten. Guter, ruhiger Platz.

 

Sa, 6.5.95

Los nach El Burro, wo die Fähre den Orinoco überquert. An einer Tankstelle bei ?? frühstückten wir. Trauriges Bild: Indianer, die halbnackt im Bergwerksort zwi­schen den Bauxit Mineros herumhängen und Flechtware verkaufen. War schöne Fahrt zwischen großen, runden und schwarzen Felsen, grünen Wiesen und Feldern. Ich habe mir die Gegend um den Orinoco immer weit dschun­gelähnlicher vorgestellt, aber es scheint hier eher trocken zu sein. Erstaunlich ist es aber immer wieder, Palmen zwischen den Laub  und sogar Nadelbäumen zu sehen. Erscheint fast unwirklich. Die Fähre machte dann einen wenig ver­trauenerweckenden Eindruck. Eine Eisenbargè, geschoben von einem Kanu. Die Angst war aber wieder einmal unbegründet und der Bootsmann steu­erte sie geschickt über den recht turbulenten Fluß. Schönes Bild: Sandbänke und Fel­sen in und am Fluß. Nach Norden ging´s dann auf guter Schotterpiste weiter. Wir hatten noch drei weitere Flüsse auf Fähren zu überqueren   ging schnell und problemlos. Auf dem Weg trafen wir ??, der sehr nett war, Refres­cos? be­zahlte und mir ein Tape und ein Buch schenkte. Er ist Goldsucher und hat jede Menge gute Stories zu erzählen. In San ?? aßen wir dann einen Hau­fen gegrill­tes Fleisch und spulte die letzten 200 km bis ?? fast ohne Stop ab. War wieder saumüde und hatte wenig Lust, noch auszugehen. Schlugen uns den Magen im Hotel mit Kuchen und Milch voll. Zu faul, um zu duschen. Ma­rianne war aber happy, da wir auf dem Weg jede Menge toller Vögel und sogar Krokodile sahen, letztere lagen in den Teichen neben der Straße. Eines war so­gar auf der Straße überfahren worden. Beim Gedanken, hier zu campen, lief es mir kalt über den Rücken.

 

So, 7.5.95

Weiter durch den Llanos. Tausende von Vögeln aller Arten gibt es hier, ein Pa­radies für Ornithologen. Die Teiche, die durch den Bau des Dammes für die Straße entstanden sind, bieten ideale Bedingungen für sie. Ich dachte mir aber schon gestern, was für ein labiles Öko System das hier ist. Die Vegetations­decke ist nur sehr dünn und an manchen Stellen ist alles schon versandet; es gibt sogar richtige Dünen. Ein paar Grad C wärmer oder einige 100 mm Nieder­schlag weniger hätten hier sicher gravierende Folgen. Wäre auch interessant, in der Regenzeit hier zu sein, wenn alles überflutet ist. Jedenfalls sah ich noch nir­gendwo eine solche Vielzahl von unterschiedlichen Vögeln. Auch gibt es riesige Rinder , Pferde  und sogar Eselherden. Es scheint, als ob die Landwirtschaft hier in ziemlichem Einklang mit der anderen Pflanzen  und Tierwelt steht. Spä­ter ging´s dann nach Bananquilla, am Fuße der Anden, und wir waren beide froh, als wir durch das tropische Tal an Höhe gewannen und es wieder kühler wurde. Erstaunlich, wie schnell die Landschaft so radikal wechseln kann. Heute morgen noch in heißer, topfebener Landschaft und jetzt mitten in den Anden, wo die Vegetation spärlich und die Temperaturen niedriger sind. Ganz andere Stimmung hier oben und ich bin froh, daß Marianne auch noch diesen Teil des Landes sieht. Noch an einigen Ramschgeschäften stehengeblieben, um Sou­venirs zu kaufen. Dann wieder Ins Hotel Italia.

Viele verschiedene Namen für Landwirtschaften: Finea, Hato. Rancho, Ha­cienda, Estancas.

Eisverkäufer mit ihren Wägelchen und Klingeln sind überall. „Tio Rico“ sogar auf einsamen Landstraßen.

 

Mo, 8.5.95

Herumlaufen durch die Stadt! Marianne will noch Souvenirs und Zeug kaufen, findet aber nix. Daneben noch ein leichter Grantanfall und etwas Schweigen. Abend zum 3. Mal „Tiempos Violentos“ angeschaut und zu allem Überfluß noch Gnocci und Knoblauchbrot gegessen. Flugticket gekauft und mich etwas geär­gert: Die Dame, die es uns verkaufte, meinte, wir müssten den Flug morgen am Flugplatz bestätigen. Der Herr im Sessel neben ihr, bei dem wir die Reser­vie­rung tätigten, meinte, das sei nicht notwendig. Wie können sie so unter­schiedli­che Auskünfte geben, wir sind ja nicht die einzigen, die hier ein Ticket gekauft haben und die Frage stellen.

 

Mi, 10.5.95

Letzter Abend mit Marianne. Habe sie heute zum Flugplatz gebracht und war ir­gendwie erleichtert, wieder alleine zu sein. Ich weiß nicht, wie es ihr geht, aber ich glaube, ihr fiel der Abschied sicher schwerer. Waren schließlich vier sehr gute Wochen mit ihr! Nachdem es mit meinem Zahnarzt Termin (eine Plombe ist hin) nichts geworden ist, bin ich in die Possada Las Heroinas auf den 24. Colle?? umgezogen. Will nicht in dem einsamen, dunklen Zimmer im Italia blei­ben. Jetzt, am Nachmittag, packt es auch mich etwas, daß sie weg ist. Man ge­wöhnt sich an „company“ und merkt immer erst später, daß man etwas vermißt. Habe irgendwie „mindblock“ und weiß nicht recht, etwas anzufangen. Wird ein paar Tage dauern, bis ich wieder im „travel alone mode“ bin. Hätte gute Lust, jetzt nach Hause zu fliegen und zu arbeiten, aber ich weiß, daß ich das gleich bereuen würde. Obwohl mir Marianne das Leben in Ö. und Wien sehr schmackhaft gemacht hat, will ich doch erst noch in die Anden, Altiplano, Pata­gonien. Abends noch ins Kino & „Alfredos“.

 

Do, 11.5.95

Zahnarzt Termin! War aber eher eine angenehme Überraschung und für 150 öS bekomme ich vom Fuchs Marschitz nicht einmal die Tür geöffnet. Werde mor­gen wieder hingehen und noch einige Kleinigkeiten richten lassen. Gute Frau, die Frau Doktor. Bin dann ´rauf zu Tulio, den ich vor 5 Wochen in Caracas ge­troffen hatte und der eine Finca oben in den Bergen besitzt. Wunderschöner Platz und er hat eine Wohnung frei, in die ich morgen umziehen werde. Ist gut so, denn nun habe ich einen Platz für mich selber und komme hoffentlich end­lich wieder dazu, einige Briefe zu schreiben und für die nächsten Wochen zu planen. Auch will ich weg von den Touristen in der Possada.  Vor allem ein Ami ist einfach unglaublich ignorant und blauäugig. Ist einerseits gut, daß er den Mut aufbringt, zu reisen, andererseits tun mir die Leute leid, auf die er losgelassen wird. Will einen „verlorenen Indianerstamm“ im Amazonasgebiet entdecken, weiß aber nicht einmal, wo der Amazonas überhaupt liegt. Seine Unwissenheit ist schon fast wieder lustig. Ach ja, heute morgen hab´ ich mit Gunthi fast eine Stunde lang auf Kosten der Post telefoniert. Updates on current events… Las am Nachmittag ein interessantes Buch: Zur Psychologie des Bergsteigens (von Ulrich Aufmuth, Fischer 42314). Habe schon sehr Lust auf Ecuador und Peru. Bin gespannt, wo ich hinaufkommen werde. Zumindest einmal einen 6000er will ich gehen. Wäre toll! Obwohl es hier so billig ist, habe ich es heute wieder ge­schafft, viel zu viel für´s Essen auszugeben. Muß besser aufpassen.

 

Fr, 12.5.95

Morgens wieder zur Zahnärztin. Alles ok, taugt mir ungemein, daß ich nicht so viel Geld dafür ausgeben muß. Bin später zurück in die Hospedaje, packte mein Zeug und fuhr ´rauf zu Tulios und Veronicas Finca, außerhalb von Merida. Hatte dann am Nachmittag endlich Zeit, ein paar Briefe zu schreiben und mein „Büro “ zu organisieren. Tulio lebt hier ziemlich isoliert und ist gerade dabei, ein Haus zu bauen. Ganz toll, im Kolonialstil, mit viel Gefühl. Er macht alles selbst und hat auch die Möbel „getischlert“. Gefällt mir sehr gut. Viele gute Ideen mit mini­malem Technikaufwand. Tulio hat eine bewegte Vergangenheit, rückte auch nur zögernd mit seiner Geschichte heraus. In den U.S. Aerospace studiert, in Brasi­lien Holz geschlägert, für viele Cartagener Möbel getischlert, Mo­torrad­rennen gefahren, Vater und Mutter verloren, zwei Söhne (17 und 18 J.), Frau davon­gelaufen, Freundin ist 17 Jahre jünger als er (42) etc.. Sehr netter, ruhiger und überlegter Mann. Abends bin ich mit Eric, seinem Sohn, noch aus­gegan­gen. Da ich keinen Paß mithatte, kam ich in die Bar, in die wir wollten, nicht hinein. Machte aber nichts, denn wir hatten einige Biere auf der Hinfahrt und dazu Kil­lersmoke. Ich kam mit dem Schauen gar nicht mehr nach und auf dem weg zu­rück ging mir alles viel zu schnell. War froh, daß ich nicht fahren mußte „Was für ein Abenteuer“ dachte ich und war froh, als sich endlich im Bett lag.

 

Sa, 13.5.95

Wieder Briefe geschrieben und nach Merida hinein, um Geld zu wechseln. Ban­ken waren aber alle zu so werde ich meine letzte 25 öS über´s Wochenende strecken müssen. Bin dann noch zu Tom in die Possada?? und habe mit Ro­bert, einem netten Engländer , gefrühstückt. Tom hat sich hier ein kleines Impe­rium gebaut. Pension mit Vollservice. Hier gibt es alles, von Ansichtskarten, ge­trockneten Früchten bis zu Touren, die er mit seinen Leuten veranstaltet. Guter Mann. Zurück bei Tulio wieder geschrieben und Veronica beim Kochen Gesell­schaft geleistet. Heute abend kommen Gäste und sie hat den ganzen Nachmit­tag zu tun mit den Vorbereitungen. Vicki und …, die Gäste , haben ein Motor­rad­ge­schäft und sind Traveller gewöhnt. Sie erzählten von anderen Leuten, die hier durchkamen, ein paar Wochen blieben oder überhaupt  hängenblieben. Gute Stories, gute Leute. Um eins ins Bett und noch überlegt, ob ich am Montag auf den Pico Bolivar gehen soll.

 

Do, 18.5.95

Am Montag ist leider nichts geworden, weil Tulio keine Zeit hatte und dann krank wurde. Habe die Tage damit verbracht, zu planen, Zeug einzukaufen etc.. Habe auch wieder Eddie getroffen, der in Utila Divemaster war, er wird mitge­hen. Ist auch gut, daß Tulio mitgeht, so kann ich das für eine organisierte Tour nötige Geld sparen. Trotzdem hat das Ausleihen von Steigeisen, Pickel etc. doch einiges gekostet. Bin jedenfalls froh, endlich losgekommen zu sein. So schön es bei Tulio auch ist, mir ist es doch fast zu still jetzt, nachdem ich die meiste Post erledigt und eigentlich nichts mehr wirklich zu tun habe. Werde nächste Woche wieder in den Ort ziehen, wahrscheinlich zu Tom in die Pos­sada Las Heroinas. Guter Platz und kochen kann man dort auch. Jedenfalls sind wir heute gegen sieben Uhr los, d.h. Erik fuhr uns nach Mucui??, von wo aus wir starteten. ging schön durch den Wald nach oben, nicht zu steil und gut zum Einlaufen. Bei der ersten Lagune, so gegen eins, überraschte uns aber der Regen, so suchten wir Unterschlupf in einer Höhle. Da es ziemlich trüb aussah und der Regen für längere Zeit auch nicht aufhörte, beschlossen wir, gleich dort auf ca. 2500 m zu übernachten. Mit von der Partie sind außer Tulio und Eddie auch Veronicas Bruder David und dessen Freund Ramon. Beide 18 und ganz ok. Nach ausgiebigen Spaghetti und Panella (Tee aus Zuckerrohr) gute, wenn auch etwas mosquitogestörte Nacht verbracht. Tulio versuchte noch sein Glück als Fischer, Aber er fing   wie zu erwarten   nichts.

 

Fr, 19.5.95

Kochte morgens grausigen Porrèe. Weiter zum Basislager. Waren nur drei (anstrengende) Stunden, die wir leicht auch noch gestern hätten schaffen kön­nen, wenn uns nicht der Regen dazwischengekommen wäre. Ich wäre gerne noch weitergegangen, aber Tulio fühlte sich nicht so gut und auch Eddie sah schon recht angeschlagen aus. Machte aber nichts, denn das Wetter war bes­ser und wir saßen zumeist den Nachmittag herum, aßen, tranken Panella und quatschten. Ich hätte mir aber doch fast eine schärfere Gangart gewünscht, denn der Pico Humboldt ist für mich hauptsächlich Vorbereitung für den Chim­borazzo und meinen Traum, den Huarazcan in Peru. Trotzdem guter Tag und für 3200 m erstaunlich warme Nacht.

 

Sa, 20.5.95

Um fünf auf, Panella gekocht und dann mit Eddie und David los. Da wir nur Eis­zeug für drei Mann hatten, wurde gestern beschlossen, daß Tulio und Ramon uns am Fuße des Gletschers erwarten und nach uns auf den Gipfel gehen. Im Halbdunkel ging es erst eine Steinschlagrinne , wo wir uns mit Händen und Fü­ßen (no na!) durch lose Geröll hocharbeiten mussten. Ich dachte, wenn das so weitergeht, schaut´s schlecht aus. aber nach ca. 2 Stunden hatten wir, nach ein­igen wilden Klettereien, die ja nicht so ganz mein Fall sind, den Fuß des Glet­schers erreicht. Zick zack ging´s hoch und ich war um einiges schneller als die anderen. Wenn ich erst einmal meinen Rhythmus gefunden habe, dann geht es eigentlich immer ganz gut, obwohl es ja doch eine Schinderei ist. War aber ganz überrascht, als nach weniger als einer Stunde der Gletscher endete und nur mehr die letzten 100 Höhenmeter Fels zu klettern waren. Wartete 15 min auf die anderen, Steigeisen abgeschnallt und in 20 min waren wir dann auf dem Gipfel. Diese Augenblicke entschädigen immer für alles! Über den Wolken zu sein, das Wetter unter sich zu haben, toll! Hatte auch keine Probleme mit der Höhe (4850 m) und war beim Abstieg auf einer westlichen Variante richtig in Hochstimmung. Am Fuß trafen wir dann Tulio und Ramon, wie verabredet, tauschten die Aus­rüstung und machten uns über das Trogtal eines sich zurückziehenden Glet­schers auf zum Basiscamp. Tolle, vom Gletscher geschliffene Felsen mit allen möglichen Farbschattierungen. War eine ziemliche Kletterei über diese glatten Felsen, aber faszinierend, praktisch „real time“ Geologie. Leider keine Fotos, weil ich Tulio meine Kamera für´s Gipfelfoto mitgegeben habe. Gegen halb zwei zurück im Camp, ordentlich Panella getrunken und kernigen, grausigen Porrèe verschlungen. Guter Trip. Hoffe nur, daß das genügend Training war. Nachmit­tags dann diesen ganzen Stuß niedergeschrieben.

 

So, 21.5.95

Schlecht und wenig geschlafen. War ziemlich ko am Morgen. Eddie und ich gin­gen vor den anderen los, die ewig brauchten, bis sie ihr Zeug zusammen hat­ten. Es war ´runter, über die ganzen Felsen, fast so anstrengend wie ´rauf   wir wa­ren auch nur eine halbe Stunde eher am Camp des ersten Tages, als wir für den Aufstieg benötigt hatten. Mein Hals tat ziemlich weh, ich konnte kaum noch sprechen. Vor allem der letzte Teil bis zur Straße zog sich noch ziemlich und hatte auch noch einen relativ langen Anstieg. Wir stoppte uns ein „por puesto“, mit dem wir ins nächste Dorf (Macui??) fuhren. Heiligenbilder neben nackten Frauen auf dem Armaturenbrett, das aussah wie ein Altar (wo der Autozubehör­industrie geopfert wird). Der Fahrer war stoned und fuhr im Schleichtempo, was mir sehr recht war. Weiter zurück nach Merida mit dem Bus. Bumsvoll und Steigeisen und Pickel sind auch nicht gerade sehr handlich. Gaben die ganze Ausrüstung zurück und schlugen uns die Mägen mit Pizza voll. Great, nach den Spaghetti und der ekelhaften Mayonnaisesauce. Oben bei Tulio funktionierte das Wasser nicht, da die Leitung hin war. Tulio hatte noch eine Stunde Arbeit und einen langen Weg zu machen, um sie wieder in Gang zu setzen. Ich konnte es aber nicht erwarten und schlief im vollen Dreck ein. Ab 3 h morgens konnte ich dann aber nicht mehr schlafen, holte die lang überfällige Körperpflege nach und spülte das Geschirr etc.. Wieder zurück in Tom´s Pos­sada, um noch ein paar Tage in „down town“ zu verbringen. Brauche wieder et­was Leben um mich herum.

 

Mo   Mi, 22. 25.5.95

Weiß eigentlich, was ich in den letzten paar Tagen so gemacht habe. Keine großen Sachen, aber ich war die ganze Zeit über im Streß. Kleinigkeiten am Moto richten, Wäsche waschen etc.. Abends ins „Alfredos“ und lasse mir von einem Inländer die Ohren vollquatschen („you know“   nach jedem zweiten Wort). Merida ist ein guter Platz aber langsam wird es wirklich Zeit, wieder wei­terzufahren. Je länger ich an einem Ort bleibe, desto schwieriger wird es, davon loszukommen. Hier ist alle schon so vertraut und einfach. Wird eine ziemliche Umstellung werden, wieder allein „on the road“ zu sein. Verbrachte schließlich   alles zusammengerechnet   fast einen Monat hier, ohne wirklich etwas getan zu haben. Sicher sind es auch die Menschen, die ich jetzt kenne, die einen Ab­schied schwerer machen. Aber es ist fix: Morgen geht´s weiter!

 

Do, 25.5.95

Morgens ins Hotel Italia zu Eddie, der meine Kamera mit nach Europa nimmt. Habe beschlossen, den ganzen Krempel zu verkaufen. Habe mich genug geär­gert. Immer war irgendwas hin und ich bin nie sicher, ob die Fotos etwas wer­den. Der ganze Aufwand umsonst (vergebens wäre richtiger). Eddie meint, daß es in Bogota günstige Kameras zu kaufen gibt. Werde mich dort umsehen. Dann ´rauf zu Veronica und Tulio zum Verabschieden. Kurz und schmerzlos. Die beiden waren wirklich nett und ich würde mich freuen, wenn sie es einmal nach Europa schaffen würden. Tulio treffe ich vielleicht in Ecuador wieder, aber ich glaube kaum, daß er kommen wird. Dann geht´s endlich los. Das Moto fährt sich total schwammig, ich weiß nicht, woher das kommt. Vielleicht bin ich´s nur nicht mehr gewöhnt. Langsam windet sich die Straße hinauf, es regnet und wird immer kälter. Handschuhe habe ich nicht mehr und friere ziemlich. Wäre toll, wenn die Griffheizung noch funktionieren würde, aber die ist auch hinüber. Auf dem Paß N von Griha?? setzt dann noch dichter Nebel ein und man sieht kaum noch 10 m weit, aber endlich geht es wieder hinunter und wird wärmer. Durch einige Dörfer hindurch wieder das „wer ist schneller“  Spiel mit localen Moto Fahrern gespielt. Ein Dreh am Gasgriff genügt und sie geben auf. Auch wenn ich gerne mit ihnen quatsche   diese Spielchen werden schön langsam langweilig und ich bin ja auch nicht mehr 16, daß ich irgendwem beweisen muß, wer der Schnellere ist. Kurz vor San Christobal ging´s dann weiter nach unten und ich tauchte durch die Wolkendecke. Auf einmal war alles klar, warm und trocken. Tolles Gefühl. Im Hotel Uri(n)mare abgestiegen. Gut, wieder ein Zimmer für sich zu haben. Morgen will ich nach Columbien, durch das Scheißnest Quanto??. Jeder hat davon schon irgendetwas Negatives erzählt. Bin gespannt, wie das wird. Bin auch gespannt, was der venezolanische Zoll zu meiner seit einem Monat ab­gelaufenen Motorrad Einfuhrgenehmigung sagt… Will früh los und , so weit es geht, weg von der Grenze und den ganzen Schmugglern, Dealern und sonstigen Gaunern, die da so ´rumhängen.

 

Fr, 26.5.95

Moped neben wild kläffenden Wachhund aus dem Hotel geschoben, Auf dem Boden, 2 m daneben, schläft der Nachtportier   tief. Frage mich, wozu er überhaupt da ist, wenn ihn nicht einmal der Lärm um halb acht Uhr morgens aufweckt. Nach kurzer Fahrt bin ich in San Augustin , wo ich erst durch die ganze Stadt muß, um die DIEX(Zoll)office zu finden. Parke das Moto außer Sichtweite und die Zöllner bemerken nichts von meinem abgelaufenen Visum, fragen nicht einmal nach dem Papier für´s Moto   gut. Auf der columbianischen Seite dauert es dann nur 10 min. Der schnellste Grenzübertritt bisher und überhaupt keine Spur von kriminellen Taktiken wie „Drogen pflanzen“, Geldversicherung etc.. Alles sehr korrekt und der Junge am Schalter sieht auch nicht so aus, als könnte er jemanden übers Ohr hauen. Bin gleich nach Pamplona weiter, durch eine Landschaft, die mich irgendwie an die Gegend um Berchtesgaden erinnert. Schön. Pamplona ist auch eine schöne, kleine, geschäftige Stadt und jeder, den ich nach dem Weg frage, ist ausgesprochen freundlich und verabschiedet mich mit einem ehrlich gemeinten „Que te vaya bien“. Von hier geht´s dann nach Süden in Richtung Malaga. Traumhafte Straßen, ohne Verkehr, durch riesige Täler. Sicher eine der schönsten Bergstrecken, die ich bisher gesehen habe. Sicher auch deshalb, weil alles so gut geklappt hat und die ganzen Gerüchte sich wieder einmal als falsch erwiesen haben. Irgendwann beginnt dann der Schotter und die Straße windet sich aufwärts. Das Wetter wird auch immer schlechter und schließlich muß ich die volle Regenmontur anlegen. Es geht durch kleine Dörfer und das Pferd ist wieder das Hauptfortbewegungsmittel. Jeder trägt hier einen Poncho und überall auf den Hängen arbeiten Menschen bei der Kartoffelernte oder sind beim Pflügen hinter einem Ochsengespann. Gute Gegend, keine Spur von Mißtrauen oder Argwohn und ich fühle mich trotz des Sauwetters wohl. Nicht vielen ist so etwas vergönnt! Später erreiche ich dann den Paß und es geht einige Zeit auf einer Hochebene dahin. Am Straßenrand steht ein Marterl, geschmückt mit Autoscheinwerfern   weiß nicht, warum   aber warum nicht? Nach 4 h Schotter und 2 h Asphalt bin ich schließlich in Malaga. Als ich etwas zu essen kaufe, stehen auch schon wieder  zig Leute um das Moto herum. Viele Touristen dürften sich nicht hierher verirren. Jeder ist sehr nett, stellt die üblichen Fragen und läßt mich ansonsten in Ruhe. Wieder guter Auftritt durch die Hotelhalle. Schicke noch einen Brief an Kim ab. Die bitch hat mir bis jetzt noch nicht geantwortet. Hoffe, die 1800 pesos? (25 öS)  sind nicht umsonst. Finde endlich ein Paar Handschuhe, die groß genug für meine Hände sind (es scheint, als ob hier nur Kinder, Frauen und Zwerge Handschuhe tragen). Morgen wird nicht mehr gefroren.

Wann werden sie es endlich lernen   Austria ist nicht Australia.

Paris/Dakkar ist nicht der Ort, von dem ich komme.

und nur, weil ich ein Zollabziehbild von Guatemala habe, wohne ich noch lange nicht dort.

Irgendwie habe ich das Gefühl, daß ich nur mehr Stuß schreibe und mich wiederhole.

Schade, daß ich keine Kamera dabei hatte: Kinder in den Bergen in einem Geschäft etc..

Habe neues Tape: Tom Waits/Neil Young „Rust never sleeps“.

 

Sa, 27.5.95

Toller Blick in die Sierra. Wolkenverhangene Täler, Nebel, der über den Bergrücken zu fließen scheint und hin und wieder ein Fleckchen Sonne. Schotter und schlammige Passagen wechseln sich ab   es macht richtig Spaß, im Schlamm zu wühlen. Tankstop in einem kleinen Bergdorf mit der üblichen Ansammlung von Männern, die fasziniert um das Moto herumstehen. Später wieder auf Asphalt   es folgte eine geile Fahrt über einen Paß. Einige Zeit lang regnete es und wurde saukalt. Mußte unterstehen und warten, bis das Schlimmste vorbei war. In Tunja wurde ich dann noch auf Bier und Würstel eingeladen und wärmte mich in der Sonne auf. War guter Dinge und beschloß, da es noch früh war, weiter bis nach Bogota zu fahren. Viel Verkehr und Busse, denen ich guten Gewissens nicht nachkomme. Einfach irre, wie die fahren und vor allem überholen. Möchte da nicht drinnensitzen und hoffe nur, daß die Heiligen  und Abziehbilder der Mutter Gottes (gleich neben Pinups blonder Mädchen) auch wirklich etwas nutzen. Bei einem Aufwärmstop haucht mir ein Mädchen Küsse zu und zwei andere geben mir „2 thumbs up“. Gutes Gefühl. Obwohl ich dem Moloch Bogota immer näher komme, merkt man nichts von einer Großstadt. Ich hatte erwartet, durch elendig lange Slumviertel (Favelas) zu fahren, mit denen sich solche Städte sonst meist ankündigen. Stattdessen war es schön grün und nur vereinzelte Siedlungen lagen schön in der Landschaft. Schließlich in Bogota angekommen, regnete es wieder und durch dichten Verkehr suchte ich den Weg zum Hotel Platybus??. Ein Mopedkurier zeigte mir einen Gutteil des Weges, doch der letzte Teil war noch ziemlich wild durch die kleinen, engen Gassen der Altstadt, voll mit Leuten, die auf dem Gehsteig lagen, Hunden und trotz des Regens gute Stimmung. Im Hinterkopf hatte ich wieder die ganzen Horrorgeschichten von bewaffneten Überfällen am hellichten Tag etc., doch jeder, den ich nach dem Weg fragte, war wirklich bemüht und freundlich. Keine Spur von Großstadtfeindseligkeit oder gar Agressivität. Moped ins Hotel und erstmal viel Gratiskaffee gegen die Kälte getrunken. Gute Pension mit guten Leuten. Abends noch auf ein Bier durch die wie ausgestorben wirkende Stadt.

 

So, 28.5.95

Frühstück mit Nicole, einer Holländerin. Sehr nett. Anschließend auf den Flohmarkt, der weit kleiner war, als ich erwartet hatte. Wieder keine Spur von Hustlern oder falscher Polizei. Dieses ganze schlechte Gerede über Bogota kann einem ziemlich den Spaß verderben. Jedesmal, wenn man   unabsichtlich   angerempelt wird, läuten die Alarmglocken und man vermutet irgendeine heimtückische Aktion. Man begegnet jedem, als sei er ein potentieller Dieb oder gar Mörder, was eigentlich ziemlich unfair ist gegenüber allen ehrlichen und netten Leuten, denen ich bisher begegnet bin. Wenn ich einen Container besäße, hätte ich ihn hier mit Kolonialmöbeln und Silbergegenständen vollgeladen. Tolles Zeug. Gegen Mittag zog dann die ganze Meute des Hotels zu einem Speedmetal Konzert in einer Open Air Arena. Seltsam, wie sich das Publikum gleicht. Die gleichen T Shirts etc.. Viel Polizei und Rempeleien und am Ende nahmen sie auch noch ein paar Typen fest, die „Dope“ rauchten. Für einige Zeit stand ich neben einer Alten, die so stank, daß ich den Platz wechseln mußte. Später gingen Diana (die einzige, die die Musik ausgehalten hatte) und ich noch auf ein Bier, saßen am Straßenrand und beobachteten die Szene. Wild. Eine Alte, gehüllt in Plastiktaschen   Hintern frei, Betrunkene, Typen auf Drogen, Bettler etc.. Funky! Im Hotel dann eine geraucht, geschlafen und abends ins Haus eines Typen aus den U.S, der hier wohnt und als Model arbeitet. Sein Haus glich jedem College Frat House in den U.S. Seltsam. Techno Musik, herumsitzen quatschen, um zwei ins Bett.

 

Mo, 29.5.95

Heute war Feiertag und so wurde es nix mit Shopping. Gingen am Nachmittag ins Kino. Actionfilm „Die hard III“. Total ausverkauft und in der Reihe vor uns rauchte einer einen Joint! Für zwei Stunden zurück in die U.S. versetzt. Kino kommt mir jedesmal vor wie eine vertraute Oase, in die man sich flüchten kann. Abends wieder Party im „…Haus“. Auf dem Weg zurück ins „Platybus“ stieg dann eine mexikanische Mariachiband aus einem Kleinbus. Mit Sombreros und in voller Montur   unwirklich.

 

Di, 30.5.95

Morgens mit Taxi nach San Andresito, einem Stadtteil Bogotas, in dem man alles (Gestohlene) kaufen kann. Bin auf der Suche nach einer Kamera für´s Leben. Erst waren aber alle Geschäfte geschlossen, da die Regierung von all dem Geld, das hier umgesetzt wird, nix an Steuern sieht und kurzerhand die Geschäfte sperrte. Recht wilder Stadtteil, Tausende von Leuten auf der Straße und ein Geschäft neben dem anderen. Von der Autofelge bis zum Discman bekommt man hier alles. Alles geschmuggelt oder gestohlen. Wild, daß ein ganzer Stadtteil   praktisch offiziell   kriminelle Geschäfte  betreiben kann. Die Suche nach einer Kamera war auch entsprechend chaotisch. Von einem Typen zum andern, sehen, was er auf Lager hat, Funktion checken, Handeln etc.. Wurde schließlich mit einem Typen über eine Nikon 800 und ein 24 70 mm Tamron Objektiv handelseinig (700.000 pesos, 10 öS = 870 pesos). Ich glaube, daß das ein ausgezeichneter Deal war. Der einzige Krampf dabei ist, daß ich jetzt noch mehr auf mein Zeug aufpassen muß. Habe  auch noch eine Dose Selbstverteidigungsspray gekauft. Werde ich jetzt paranoid oder bin ich nur vorsichtig?

 

Mi, 31.5.95

Bin mit Nicole die meiste Zeit des Tages durch die Stadt gezogen, Sachen zu erledigen und uns mit unfähigen Reisebüro  bzw. Botschaftsangehörigen herumgeärgert. Im Hotel ist es jetzt total ruhig, da viele abgefahren sind. Der Ami mit den Tätowierungen und dem Ring durch den Penis, George?? und ihr Freund aus England etc.. Sehr gute Leute (welche denn?), sehr guter und angenehmer Platz. Bis auf die Wanzen im Bett, die mich jede Nacht zur Verzweiflung bringen. Kaffee ist gratis und Hermann, der Besitzer, eine unerschöpfliche Informationsquelle. Frage mich, ob so ein einfaches, billiges Hotel in Wien funktionieren würde? Abends wieder ums Feuer gesessen (es ist saukalt in der Nacht) und gequatscht. Guter Nachmittag mit Nicole auf ihrem Zimmer…!

 

Do, 1.6.95

Wahnsinn, wie die Zeit vergeht. Schon Juni! Wann bin ich los? Wie war das in Mexico? Ist alles schon so lange her und an viele Sachen kann ich mich kaum noch    oder erst nach einigem Nachdenken   erinnern. Wollte eigentlich schon  weiter nach Cali, aber einer der Gründe, warum ich überhaupt nach Bogota bin, war ja, das Goldmuseum zu besuchen. Tausende von Exponaten   zwischen 1000 und 3000 Jahre alt. Vor allem der „Goldene Raum“ mit über 8000 Stücken war ziemlich beeindruckend. Nachmittags wieder ins vegetarische Restaurant mit Walter, einem Grazer, der mit 32 Jahren noch nie etwas gearbeitet hat, vom Geld seiner 87jährigen Großtante lebt und stolz darauf ist. Er spricht von „Wahrheiten finden….“ Uhhhh!?! Ersten Film mit Nikon geschossen, geil!

 

Fre, 2.6.95

`Raus aus Bogota. Gingen abends noch in eine Clubbar  Einlaß nur, wenn man wen kennt   ein Bier 3000.  und bumsvoll mit Prinzessinnen einer Modellagentur. Nicht so ganz mein Fall, aber viel zu schauen. Dauerte eine Weile, bis ich aus der Stadt ´rauskam   es regnete, aber ich fühlte mich trotzdem wohl, wie immer am frühen Morgen. Später ging es durch eine Schlucht mit den wildesten Grüntönen und Palmen zwischen Laubbäumen und alleinstehend auf den Hängen. Schön. Später dann auf einen Paß (3500 m), wo es schön kühl und neblig wurde. Viel zu viel Verkehr und vor allem die Busse fahren immer am Maximum. Aber was soll man eigentlich von einem Busfahrer erwarten, der das letzte Abendmahl auf die hintere Scheibe seines Busses gemalt hat… Herunter vom Paß, dann eine Polizeikontrolle und ich wartete schon auf übelste Praktiken. Stattdessen aber war jeder absolut freundlich, ich machte Fotos und sie luden mich sogar zum Essen ein. Dann durch das Canca Tal?? in Richtung Süden nach Cali. Schönste Landschaft mit langem, sattgrünen Gras auf den Feldern, bunte Blumen, die gleich neben der Straße in Unmengen blühen und alle Arten von Getreide  und Gemüseanbau. Nach  fast 10 Stunden „on the road“ erreichte ich dann Cali und war natürlich saumüde. Fragte ca. 15mal, bis ein Hotel gefunden war. Jeder gab mir freundlichst Auskunft und von den ganzen Drogendealern keine Spur. Spazierte abends noch die Av. Sixta auf und ab, war aber so müde, daß ich nur so dahinstolperte.

Um in mein Hotelzimmer zu kommen, musste ich fünf Schlösser aufsperren   was sagt mir das?

Betrachtung über das  zigste, immer gleiche Hotelzimmer.

 

Sa, 3.6.96

Wie tot geschlafen und daher spät auf. Sinnloses, grausiges Frühstück in einem „Dunkin Donut“ Laden. Warum kaufe ich das Zeug hier nur, wenn ich es noch nicht einmal in den Staaten gemocht habe? Such´ mich zu Helgas Wohnung durch, eine Freundin B.B´s., der hier vor 4 Jahren einige Zeit verbracht hat. Sie war zuerst nicht da, so habe ich mit ihrem Vater und de ganzen Familie eine Zeitlang gequatscht, bis sie aufgetaucht ist. Sehr nettes Mädel, Lehrerin, Studentin etc.? Bot mir an, bei ihnen zu wohnen, aber das wäre mir etwas zu eng. Ganze Familie, komplett mit Neffen etc., in einer Wohnung. Gab gutes Essen, aber danach bin ich abgeschwirrt. Auf dem Weg zurück sprach mich ein ca. 20jähriger Typ auf einer K100, mit Handy am Gürtel, an, ob ich zu ihm nach Hause kommen wolle. Ich dachte mir, so sehen Drogenhändler aus und wenn ich schon in Cali bin, dann kann ich ruhig auch einen Dealer kennenlernen. Vor seinem Haus warteten erst einmal drei Prinzessinnen. Ich dachte mir: Nicht schlecht… Habe aber wieder einmal falsch spekuliert, denn Iman ist der Sohn von Miguel, der zwar dealt   aber mit Motorradteilen. Er ist wahrscheinlich der größte BMW Fanatiker, den ich je gesehen habe. Unglaublich! Neben drei bikes besitzt er so ziemlich alle Accessoires, Bücher, Videos etc.. Von der BMW Gürtelschnalle bis zu  Taschenmesser und  Armbanduhr besitzt er alles. Ein Raum ist auf einer Wand mit dem BMW Emblem verziert und alles, woran er interessiert ist, sind Motos. Verbringe den Rest des Nachmittags in seinem Haus und schaue mir seine Sammlung an. Abends zurück ins Hotel, suche verzweifelt Diana und Maja´s Telefonnummer. Die mußte ich wohl irgendwo verloren haben. War sauer auf meine Schlampigkeit, daß ich Sachen einfach so verliere. Beschloß dann, auf die Sixta zu gehen, mir ein Bier zu bestellen und mich ordentlich über mich zu ärgern. Stattdessen aber traf ich Ori, den Israeli, den ich aus Bogota kannte und auch er wollte sich mit den beiden treffen. Gut. So fuhren wir beide zu dem Haus, was aber mit einiger Aufregung verbunden war, als nämlich nach unseren eigenen, vergeblichen Versuchen, die Adresse zu finden, auch der Taxifahrer, den wir angestellt hatten, schließlich fast aufgab. Letztendlich schafften wir es aber doch, hinzufinden und nach kurzem Plausch auf dem Dach des Hauses   mit Aussicht auf die Stadt   ging es in die I. Salza theka??. Geil, wenn auch die Musik nicht so mein Geschmack war. Nur Prinzessinnen   ein Wahnsinn   alles, was man so über die Frauen in Cali erzählt, ist wahr! Später in eine Reggae Bar und ich habe abwechselnd Diana oder Maja auf dem Rücksitz. Fahren die Sixta hinunter, die Leute gaffen, alles pulsiert und ich komme mir vor wie in einem „Being young “  comercial. Wenn ich für jedes Rotlicht, das ich überfahren habe, bestraft worden wäre, hätte ich wohl einige Zeit sitzen müssen. Aber hier macht das jeder und Verkehrszeichen sind nicht mehr als Anregungen oder Empfehlungen… Es macht richtig Spaß, das „Verkehrsspiel“ zu spielen, links und rechts zu überholen, zu hupen und auf Macho zu machen. Jedem gefällt das und jeder macht mit. Weiter in einer Biker Bar, alles ziemlich yuppiemäßig, aber uns wurden gleich einige Biere auf Rechnung des Hauses serviert, was schon ´mal nicht schlecht war. Trafen auch einen netten Typen (William) auf einer Harley (von denen es hier viele gibt), mit dem ich gut quatschte. Saßen noch bis 3 h morgens draußen. Guter Tag.

 

So, 4.6.95

Schon um sieben auf und das Zeug zusammengepackt, denn um 8:30 h will ich mit Miguel und anderen Bikern zum Lago Calima fahren. Bin ziemlich geschafft von der Nacht before. Erinnere mich noch an das Schild in der Reggae Bar „No Coke“ auf dem Klo. Bin jedenfalls ziemlich müde und weich in den Gliedern zu Miguels Haus, wo ich in den nächsten paar Tagen bleiben werde. Gab gleich Frühstück   serviert von einem Küchenmädchen   und den heiß ersehnten, unersetzbaren Kaffee. Nach und nach trudelte auch die illustre Runde für die Motorradtour ein. Ein Taschenfabrikant, ein Besitzer von über 40 Restaurants und einigen kleinen Hotels etc.. Gutsituierte Runde und alle sehr nett. Gegen zehn ging´s dann auch endgültig los. Unglaublich, aber wahr   die Prinzessin von gestern, Natasha   kam auf meinem Moto mit. Whoopie! Nicht schlecht. Und wie sie sich festhielt! Ging ziemlich schnell in Richtung See, wo wir einige Zeit im Pueblo Calima verbrachten. Spaß und Schmäh waren angesagt und die Prinzessinnen lachten sich wegen meiner Adjustierung (Sonnenbrille, Bandana etc.) fast krumm. Habe schon wieder Probleme mit der Kamera und weiß nicht, ob das ein Bedienungsfehler oder ein wirkliches Problem ist. Fotomäßig dürfte das nicht mein Jahr sein. Weg zurück, eine schnelle, sichere Fahrt mit vielen Kurven und Überholmanövern. Sind alles Moto Routiniers. Small talk mit Na­tasha. Sie stellt viele interessante Fragen: Ob ich eine Freundin habe? Ob ich Kinder mag? usw. und erklärt mir schließlich, daß sie eine gute Köchin und un­kompliziert sei und ob ich später am Abend noch ins Kino will. Was soll mir das sagen? Ich glaube, sie sucht einen Vater für ihre bezaubernde 4jährige Tochter… War jedenfalls ein guter Ausflug und vor allem das üppige Gratisessen in einem der Restaurants von Hildebrando war supergut und massiv viel. War aber schließlich froh, wieder zu Hause zu sein und endlich duschen zu können. Stank schon ziemlich, was in der Gesellschaft all der sauberen Menschen doch recht unangenehm war. Hoffe, daß ich morgen ´mal Wäsche waschen kann, denn mein letztes Shirt ist mittlerweile auch schon weit entfernt von frisch   ab morgen wird´s dann kritisch.

 

Mo, 5.6.95

Holy Fuck!! Einen Tag hier und schon finde ich Liebesbriefe auf meinem Kopf­polster. Was soll ich davon halte? Natasha ist sehr nett und hat wahrscheinlich das liebste Kind, das ich bisher je gesehen habe. Wie schon gesagt, 4 Jahre alt und einfach bezaubernd. Ist eigentlich das erste Mal, daß ich ein Kind wirklich lieb finde, aber bei ihr kann ich einfach nicht anders und sie versteht auch mein Spanisch gut. Überhaupt gehen manche Konversationen schon ganz flüssig und ohne viel nachzudenken. Habe im letzten Monat viel gelernt und da hier keiner Englisch spricht, ist das für mein Spanisch nur gut. Natasha hat einen Verehrer aus den U.S., der sie nächste Woche besuchen und heiraten will. Das Problem ist nur, daß sie darauf keine Lust hat. Tragödie vorprogrammiert…

(als Randnotiz:  Natasha, Paula, Gloria, Juan, Fernanda).

 

Fr, 10.6.95

Die letzten Tage am Moto gearbeitet, wobei mir Antonio viel geholfen hat. Netter Kerl, weiß alles über BMW´s. In Miguels Haus dreht sich wirklich alles um Motos, was mir manchmal schon etwas auf die Nerven geht. Ist immer gut, wenn ich das Haus verlassen kann, um z.B. mit Antonio in einige der wilderen Barrios?? zu fahren, um Autoteile etc. zu kaufen. Verbrachte auch einige Nachmittage bei Diana und Maja, die bei Freunden in einem anderen Stadtteil wohnen. Haben eine schöne Dachterasse, auf der es sich gut Kaffee trinken läßt. Muß einfach aus dem Haus, denn der ganze Betrieb hier macht mich ganz wirr. Vor allem Gloria, die Mutter, geht mir mit ihrem Organ ziemlich auf den Keks. Ziemlich dumme Frau. Verbringt den Tag mit Telefonieren, Schuhe kaufen und kitschige Porzellanengel anzumalen. Null Manieren, spricht (schreit) dauernd mit vollem Mund und hebt die Füße beim Gehen nicht.  ??? Wenn sie zwei Zahlen addieren muß, fragt sie Juan, der aber auch nicht unbedingt der Hellste ist. Als wir einige Male abends auf ein Bier gingen, beschränkte sich die Konversation auf das „Beavis?? & Butthead“ ähnliche Ausstoßen von Motorradmarken („Harley, eh, eh, eh!“). Ziemlich fader Trupp   ich kam mir schon vor wie ein Alleinunterhalter. Ja, die Kamera war wirklich hin! Soviel Pech ist kaum zu glauben. Dabei passe ich auf sie auf wie auf ein krankes Pferd. Wieder ein 1000er weg für sinnlose Reparaturen. Das wird ein böses Erwachen bei meiner Rückkehr nach Ö… Nun eine gute Story: Den ganzen gestrigen Nachmittag kreisten Helikopter über der Stadt, um   wie ich glaubte   Publicity für high tech Drogenfahndung zu machen und die U.S. zu beschwichtigen. Wie sich aber herausstellte, war es diesmal ernst und man inhaftierte Hidalgo Rodriguez, den Kopf des Cali Kartells, der angeblich unglaubliche 80% des Kokainhandels weltweit (!) kontrollieren soll. Die ganze Stadt war voll von Polizei und Militär   Radio und Fernsehen berichteten laufend. Von Miguels Haus konnte ich die Helikopter über dem Haus des H. R. kreisen sehen. Irgendwann packte mich dann die Neugier, ich die Kamera und schon war ich dort. Natürlich überall Militär, das alles abriegelte. Die einzigen, die durchkamen, waren Journalisten und ich dachte mir, probieren kostet nix, zeigte die Farbkopie des Passes und eine „Waldenbooks“ Buchclubkarte als Presseausweis vor und schon war ich durch die erste Sperre. Auch bei der zweiten Kontrolle funktio­nierte das und zu meiner Überraschung stand ich nach 5 Min. mit  zig Journalisten , Kameraleuten und allen Arten von Militär und Geheimpolizei vor dem Haus. Ich sah mich um und muß gestehen, daß ich mich nicht so ganz wohl fühlte in dieser Umgebung. Hatte das Ausmaß des Unternehmens und die Publicity dafür unterschätzt. Nach zwei Min. kam dann auch der erste Offizielle und fragte nach meinem Presseausweis, Paß etc… Da ich das alles nicht hatte, ging die Fragerei erst richtig los. Verschiedene Offiziere in Zivil und Uniform stellten  zigmal immer die gleichen Fragen: Wo ich her sei? Für wen ich arbei­tete? Wie ich hereinkam? Ob ich Fotos gemacht hätte etc…?. Schließlich wurde ich abgeführt und als die Fernsehleute das mitbekamen, stürzten sie sich auf mich, interviewten (mit den ziemlich gleichen Fragen), machten Fotos. Im Blitzlichtgewitter Interviews für´s kolumbianische Fernsehen (!)   ich wußte nicht so recht, was ich davon halten sollte und ob das nun eine ernste Situation war oder nicht. Ich wurde dann zu einem Auto geführt und wartete dort, bewacht von drei Typen in Zivil (mit entsicherten Pistolen im Hosenbund   eine Hand immer am Griff). ich glaube aber, daß sie an diesem Abend Wichtigeres zu tun hatten, als einen Gringo zu bewachen. Es ging dann auf die DAS(Fremdenpolizei) Office, wo alle meine Personalien geprüft wurden. Nach vier Stunden im Gewahrsam der Polizei, war ich dann schließlich wieder frei und ich konnte Miguel die Story erzählen, der für diese Dummheit aber nur ein Kopfschütteln übrig hatte. War jedenfalls eine interessante Erfahrung, im Hause des Drogenbosses Nr. 1 ge­wesen zu sein! Abends noch in eine Bar, wo ich Judith (Schwester Liliana) ken­nenlernte. Traumfrau! Hat in England studiert, ist gescheit und hat eine gute Story zu erzählen. Ihre Mutter wurde vor ihren Augen erschossen und solche Sachen. Ziemlich wild. Werde nächste Woche in ihr Haus ziehen. Als ich sie am Samstagnachmittag aufsuchte, wurde sie gerade von einer Alten mit einer Machete angegriffen. Das alles nur, weil sie nicht mit ansehen wollte, wie das Pferd, das den Wagen der Müllabfuhr zog, geschlagen wurde und sie auch noch etwas sagte. Unglaublich! Bin dann mit ihr zur Polizei, um alles anzuzeigen. Tag 2 auf Polizeistation. Abends gingen wir noch aus und hatten gute Gespräche. Auf der Einzelsitzbank des Motos   ziemlich eng   durch die Stadt, gut! Auf dem Weg nach Hause dann wieder Polizeikontrolle und eine Stunde lang Diskussion   bin ich schon fast gewöhnt. Traf dabei einen Schweizer  ihn hatten sie eben­falls angehalten. Er war in zwei Monaten von Kolumbien nach Feuerland gefah­ren   frage mich nur, ob der überhaupt Zeit zum Essen gehabt hat. Fader Typ. Sonntag bin ich dann mit Miguel und seinem Trupp wieder zum Lago Calima und teilweise auf Schotterstraße zurück. Schöne Gegend mit viel Grün und runden Bergen. Abends noch auf ein Bier mit den Mädels   eine Freundin Natashas greift mir dann auf der Heimfahrt in die Hose und steckt mir ihre Telefon Nr. zu.

 

Mo Di, 12.  13.6.95

Umgesiedelt in Judiths Haus. Lebt mit ihrer Schwester und ihren drei Töchtern. Nett hier   mehr „down to earth??“, Sitzen vor´m Haus trinken Bier und quatschen. Gehen essen, fegen auf dem Moto durch die Stadt und genießen es. Abends ins Kino und ins „Martyn“ mit Freundinnen von Judith. Alle sehr nett und ich fühle mich sauwohl. Es scheint, als ob jede(r), die/den ich hier treffe, immer ein Volltreffer ist. Nur nette Leute. Am Nebentisch unterhalten sich noch andere Mädels über mich, wer mich wohl kriegt und als wir heute nachmittag Judiths sechs Freundinnen im Benetton Geschäft besuchten, zerrissen sie sich gleich das Maul über mich. Einfach unglaublich, wie es hier abgeht. „Cali, el sucursal del cielo??“. Will weiter, obwohl ich weiß, daß es mich später sicher ärgern wird, so einen Platz verlassen zu haben. Will nach Quito, um Post abzuholen. Habe meinen Zeitplan schon überschritten   will doch noch andere Plätze sehen. Aber was ist das eigentlich   „eine Reise“?.  Ist es nicht, da zu bleiben, wo es einem gefällt und man nette Menschen trifft? Irgendwie hat der Trip aber eine Ei­gendynamik entwickelt, die mich vorantreibt und ich weiß nicht, ob das gut oder schlecht ist.

 

Mi, 14.6.95

Will nach San Augustin. Durch höllischen Stadtverkehr zurück zu Miguel, mei­nen Reifen abzuholen, da ich nicht weiß, ob ich zurückkommen werde. Bis Poayan??, abgesehen von wahnsinnigen Bus  und Lkw Fahrern, ganz gut. Warum können die nicht, sagen wir, 100 km/h als Spitze akzeptieren und müssen immer bis zum Anschlag fahren? Wenn zwischen mir und dem Vordermann mehr als drei Meter Abstand sind, ist das eine Garantie, überholt zu werden. Nervt. Später dann Schotter, der immer schlechter wird und irgendwann verfahre ich mich und muß 12 km zurück. Später dann, als es in den Parque de Puracé?? geht, Regen, Nebel und Bachbettpiste. Nur manchmal reißt es auf und es gibt Blicke auf traumhafte, tropische Berglandschaft. Aber in der Regenzeit (Winter) regnet es halt. Ziemlich kalt und 59 von 60 Sekunden habe ich meine Augen auf der Straße. Trotzdem ich wenig geschlafen habe und irgendwie unaufmerksam bin, habe ich überhaupt keine Probleme.  Jahre Motorradfahren machen sich bemerkbar… Käse und Kaffee bei der Hütte einer alten Frau. Was für eine andere Welt das hier im Vergleich zu Cali doch ist. Am Ende der 9 Stunden bin ich dann doch ziemlich gegast. In den Fußrasten stehend   zu viele Rallye Videos geschaut. Ein umgefallener Laster und Hunderte von Schachteln auf dem verschlammten Weg stoppen dann meine Raserei und gemächlich trudle ich in San Augustin ein. Treffe sofort Wilson, der die örtliche Radiostation betreibt und mir sofort einen Platz zum Schlafen besorgt. Auch zwei Ostdeutsche sind mit Motos hier. Einer davon mit einer MZ (cool), der mich total an André erinnert. Sehr gute Typen. Schade, daß sie in die andere Richtung fahren. Woher kommt es, daß mir Ostdeutsche oft sympathischer sind als Westdeutsche?

Mein Selbstvertrauen ist z. Z. kaum zu erschüttern (gefährlich?)!

Als ich im Regen stoppte, lief ein katzengroßes, dunkelbraunes Tier mit spit­zer Schnauze seelenruhig an mir vorbei und ignorierte mich völlig.

Mittlerweile bin ich (glaube ich) der Mopedfahrer mit dem wenigsten Gepäck.

 

Abends dann Maja und Diana in der Pajanka  Bar?? getroffen. „Gringo Hangout“. Mit einem Hippie noch etwas „Rojo“ geraucht und paranoid ins Bett. Das Zeug ist hier einfach zu stark und läßt keine positiven Gedanken aufkommen.

 

Do, 15.6.95

Mit den beiden Ossis gefrühstückt und mir noch viele Tips geholt. Bin dann ´raus zum Parque Archeologico und habe mir dann die seltsamen Steinfiguren ange­sehen, die sich so gar nicht einordnen lassen. Ziemlich einzigartige Ausgrabungen, die es in dieser Art nur hier in San Augustin gibt. War aber nach einer Stunde schon fertig mit dem Kulturausflug und bin zurück ins Dorf, wo ich Wilson im Radio Studio getroffen habe. Waren wieder  zig Leute um´s Moto und irgendwann ist dann ein Typ vom Fernsehen aufgetaucht und hat ein Interview mit mir gemacht. „Woher ich komme?“, „Wie es mir hier gefällt?“, „Wieviele Länder ich besucht habe?“ etc.. Bin schon ein ziemlicher Profi im Beantworten dieser Fragen. Soviel Aufmerksamkeit, nur weil ich mit einem Motorrad durch die Gegend fahre   ist aber nicht schlecht. Das Ganze soll am Sonntag zur Hauptsendezeit ausgestrahlt werden und bis dahin werde ich wohl hierbleiben. Habe dann endlich wieder Zeit, etwas Spanisch zu lernen und zu lesen. (Gabriel Garcia Marquez`s „Hundert Jahre Einsamkeit“). Gutes, aber seltsames Buch, das gut hierher paßt. Irgendwie will ich aber endlich weiter, ´raus aus Kolumbien nach Ecuador und Peru. Vor allem von Bolivien erwarte ich mir noch viel, nach­dem mir die beiden Ossis den Mund (und die Gashand) auf den wüstenartigen Altiplano wäßrig gemacht haben. Muß auch endlich nach Quito, um Post abzuholen. Kann kaum erwarten, wer mir alles geschrieben haben wird.

 

Fr, 16.6.95

Wilson weckte mich morgens, um zu einer Straßenblockade demonstrierender Taxi  und Busfahrer zu fahren. Sie demonstrierten gegen den Zustand der Straße von Pitolito?? nach San Augustin, der, wie ich mich auf der Fahrt dorthin überzeugen konnte, wirklich unter aller Sau ist. Tiefe Schlaglöcher und Steine auf der ganzen Strecke. Wilson macht Interviews und ich einige Fotos. Gut organisiert und es gibt „tinto“ (schwarzer Kaffee) und Limo. Auf einem Feuer wird auch Essen gekocht. Scheinen sich auf einen längeren Aufenthalt einzurichten. Wir fahren zurück und eine halbe Stunde später geht alles auf Sendung. Hier wird gearbeitet, ohne viel zu editieren. Walkman ans Mikrofon gehalten und los gehts. Radio, so spontan, wie es sein soll. Auf dem Rückweg macht Wilson schnell noch einen Bericht über ein Kind, das von einem Lastwagen getötet worden ist. Zehn Minuten später wird alles gesendet! Gefällt mir und Wilson macht einen ziemlich professionellen Eindruck. Lädt mich später noch zum Essen ein und ich ersticke fast an einem grätigen Fisch. Endlich Ruhe und Zeit zum Schreiben und Lesen. Nach dem ganzen „rat race“ in Cali fast ungewohnt.

 

Sa, 17.6.95

Wollte mit Maja und Diana reiten gehen, aber einer der Typen, der mit uns ging, diskutierte eine halbe Stunde, ob es nun 4 oder 5 Dollar kosten sollte. Dem Besitzer der Pferde wurde es schließlich zu blöd und er ging wieder heim. Auch mir war das zu blöd und peinlich, deshalb ging ich zu Wilson ins Studio, wo wir einige Jingles aufnahmen. „Nuestro professionalism hace la differenzia“ und „A rumba en Carrocal?? „. Meine Sager?? wurden sofort ins Programm eingebaut. Später dann mit Roland und Warwick ´rauf in eine Finca, außerhalb von San Augustin, zum Pizza Essen. Ausgezeichnet. Viele Freaks dort. Vor allem ein etwa 45 jähriger Deutscher, der auf einem vom Pferd gezogenen Wägelchen durch die Gegend kurvt, ging mir ziemlich auf die Nerven. Tagelöhner… Später sah ich mir im Fernsehen den Beitrag über mich an. Wäre aber fast nichts damit geworden, weil es bis fünf Minuten vor Sendebeginn im ganzen Dorf keinen Strom gab. Ich hoffe, daß ich ein Video des Ganzen bekommen werde. Auf dem Weg zum Pub hörte ich dann die Leute tuscheln. Haben wahrscheinlich ferngesehen. Abschied von Maja & Diana; will morgen um 4 h früh los, da die Straße nach Silvia ab 8 h gesperrt ist. Hoffentlich wache ich auf.

 

So, 18.6.95

War gestern noch bis 12 h in der Pajanka Bar und habe mit Warwick, einem Australier, der im selben Hotel wohnt, noch einige Biere getrunken. Hebt sich ab von den anderen Travellers, die hier ziemlich perspektivlos herumhängen. Irgendwie seltsame Szene hier. Viele Franzosen, Deutsche und Israeli. Vor allem mit den Israelis kann ich nicht immer so gut. Natürlich gibt es Ausnahmen (Ovi, der mit Maja und Diana zusammen war; der eine Typ in Merida auf seiner XR war auch ok), aber vor allem, wenn sie in Gruppen zusammen sind, sind sie ziemlich eigen. Aber so sind auch Deutsche etc.. Weiß nicht genau, was es ist, aber viele haben so eine ungute „Nur so, wie wir es machen, ist es richtig“ Manier, die ziemlich nervt. Außerdem schotten sie sich in ihren Cliquen ab. Bin aber trotzdem um 4:30 h abgedampft, nachdem ich erst den Besitzer aus dem Bett holen mußte. Ohne Zähne sieht er ziemlich verändert aus… Morgens zu fahren, gefällt mir immer wieder. Der ganze Tag liegt noch vor einem und alle möglichen Gerüche sind morgens immer besonders intensiv. Mit dem Hellwerden gab es auch schönes Licht durch Wolken und Nebel. Beim ersten Stop in Pisolito kotzte mir dann ein übergebliebener Besoffener fast aufs Moto; haute also schleunigst ab. Auf die Frage „Quanto vale esta moto?“ antworte ich inzwischen nicht mehr oder nur patzig. Gibt es denn nichts anderes, was die Leute interessiert? Von Garzon aus ging´s dann auf Schotter bzw. Schlamm weiter   trotzdem gute Straße. Es fiel mir schon früher öfter auf, wieviele Schuhe auf der Straße liegen   einzelne und Paare. Paare verstehe ich ja gerade noch, denn die könnten absichtlich weggeworfen worden sein, damit sie jemand anderes evtl. noch auftragen kann. Aber einzelne Schuhe? Was denkt sich jemand, der einen Schuh verliert? „Gut   habe ja noch den anderen!“ „Eigentlich brauche ich eh nur einen…“ Dumme Kleinigkeiten, aber ich mache mir halt so meine Gedanken: Auf dem Plateau des Passes fing es dann zu schütten an und weil ich zu faul war, die Überhose anzuziehen, wurde ich natürlich ´mal wieder waschlnass. Dafür fluchte ich ziemlich und wiederholte mindestens 50 mal „Fuck“, „Shit“, „This sucks“! Hatte richtig Lust, schnell zu fahren und stellte mir die ganze Zeit vor, wie es wäre, einmal bei einer Rallye mitzufahren. Irgendwie habe ich inzwischen doch ein ziemliches Repertoire an Fahrtechnik beisammen, aus dem ich schöpfen kann. Es gibt nur wenige Situationen, die ich nicht schon in irgendeiner Weise erlebt habe. Auch kommt mir vor, daß ich mich viel mehr in andere (sei es Rind oder Kind), die sich neben oder auf der Straße bewegen, hineindenken kann, was mich viele Situationen (… Kind springt auf die Straße, …Auto biegt ohne Blinkzeichen ab,  etc.) schon vorausahnen läßt. Aber: Nur nicht zu selbstsicher werden! Bin wieder zu Judith. Alle sind am Feiern   Vatertag   Musik auf der Straße und alle trinken. Bin so müde, daß ich kaum et­was wahrnehme   schlafe beim Lesen ein, ohne daß mich der Trubel stört.

 

Mo, 19.6.95

Wieder irgendein Feiertag und alle Geschäfte sind geschlossen. Nachmittags zum Haus einer Freundin Judiths in den Bergen oberhalb Calis. Schöner Platz. Kamera hin! Scheißtag!! Fuck….

 

Di, 20.6.95

Neue Kamera. Hoffe, daß die Mastercard Versicherung die Kamera ersetzt, da ich sie als gestohlen gemeldet habe. Die Nikon 801 habe ich mit DHL heimge­schickt. Schweineteuer. Habe sie versichert und hoffe auch hier, daß die Ver­sicherung den Schaden ersetzt! Dann wäre ich gut aus dem Schneider und hätte keine Kosten. Den ganzen Tag herumgefahren, um all diese Dinge zu erledigen. Viel mit Judith geredet. Ob sie nach Österreich kommen will? Sie ist fertig mit Kolumbien und will das Haus hier verkaufen und auswandern. Bin viel am Überlegen, ob es klappen könnte. Sie wäre sicher smart genug, um Deutsch zu lernen und einen Job zu finden. Das Problem ist mehr, glaube ich, daß sie niemanden kennt und man bei uns auf Ausländer keine Rücksicht nimmt. Will ir­gendwie nicht so weiterleben wie bisher. Mehr Verantwortung, einen fixen Partner und dergleichen. Weiß nicht, ob ich das Single Studenten Party „Go for it“ Leben fortsetzen möchte. Vamos a ver ??. Nachmittags dann noch einen neuen Vorderreifen gekauft   für 35 U$   sehr billig. Werde ihn in den nächsten Wochen, solange ich ihn noch nicht brauche, ziemlich oft verfluchen, aber ich will lieber auf Nummer Sicher gehen, um nicht am Altiplano in Bolivien 3 mal am Tag in der dünnen Luft Reifen aufpumpen zu müssen. Abends dann mit Beatrix, Carlos und Diana ins Martyn´s auf ein Bier. Auch Potschi??, ein Typ mit einem großen Maul, war dort. Ganz guter Abend.

Nachmittags hat mich noch die Polizei aufgehalten, war aber schnell erledigt, denn alle Papiere waren dabei.

Will endlich weiter. Zu lange an einem Ort macht es schwierig, weiterzufahren. Weiß aber genau, daß ich es später wieder bereuen werde, nicht länger geblieben zu sein.

 

Mi, 21.6.95

Sommerbeginn? Schlechter Scherz, denn hier ist´s das ganze Jahr über ange­nehm warm. Konnte mich nicht losreißen und bleibe deshalb noch hier, will aber morgen endgültig los. Habe mich noch einmal von Miguel und seinen Töchtern verabschiedet, die Judith ziemlich böse Blicke zugeworfen haben…  Sind dann noch mit der Kleinen zum Doktor gefahren, dann habe ich mich aufgerafft, endlich meine Wäsche zu waschen. War ja alles schon so versifft   ich habe mich wirklich schon etwas geniert. Ach ja: Morgens eine Stunde mit Gunthi telefoniert   er hat mich über den Tratsch der letzten Zeit informiert. Abends sind wir noch zu Carlos in die Wohnung im 13. Stock eines Penthauses. Tolle Aussicht über Cali. Später noch auf ein Abschiedsbier ins „Martyn´s“.

 

Do, 22.6.95

Frühe Abfahrt. Abschied von Judith. Bin gespannt, wie das weitergeht   ob sie wirklich nach Ö. kommen will, wie sie sagt, oder ob in sechs Monaten eh wieder alles anders ist, als man denkt. An Cali werde ich mich jedenfalls gerne zurückerinnern. Wollte ich zuerst nur zwei Tage bleiben, so sind es nun drei Wochen geworden. Jeder war außergewöhnlich freundlich, ich lernte jede Menge Leute kennen, wurde eingeladen usw.. Guter Platz, der seinem schlechten Ruf   jedenfalls nach meinen Erfahrungen   sicher nicht gerecht wird. Tut mir leid, daß ich Judith verlassen muß, hätte sie wirklich gerne besser kennengelernt! Zwei Stunden südlich von Cali traf ich dann Willi, einen Belgier, auf einer 1100 GS. Fuhren gemeinsam Richtung Pasto??. Irgendwann vergaß er seinen Rucksack mit Papieren etc. an einer Tankstelle, hatte aber Glück, daß alles noch da war. Später Regen, Regen, Sintflut. Von den unbefestigten Felswänden fliegen die Steine von links und rechts auf die Straße   ich hatte Glück, daß mich keiner erschlug. Platschnaß dann durch traumhaftes Tal ´raufgespeedet nach Pasto??. War saukalt. Dort lotste uns dann ein Mopedfahrer zum Hotel. Die Kolumbianer sind nette Leute.

 

Fr, 23.6.95

Morgens über die Grenze   ohne Probleme. Tolle Landschaft mit tiefen Tälern und grünen Hängen. Tolle Straße zum Speeden. Ecuador hinterließ dann erstmals einen sehr heißen Eindruck, sodaß wir, von weit kälteren Höhen im ersten Tal kommend, ziemlich ins Schwitzen gerieten. Fettes Schweinefleisch mit Kartoffeln und gerösteten Maiskernen neben der Straße gegessen. Hier drunten in der Hitze ist die Bevölkerung fast ausschließlich schwarz   die Indianer leben weiter oben in den Bergen. Gegen drei Uhr kamen wir dann in Otavolo an, wo wir in einer guten Hospedaje landeten. Drei U$ für „spotless“ sauberes Zimmer mit Balkon in den Innenhof. Mit einem Wiener, der mit Kleidern handelt, noch eine geraucht und Unmengen Pizza verdrückt.

 

Sa, 24.6.95

Markttag. Habe der Höhe wegen (2800 m) eh nicht gescheit schlafen können. und bin schon um 6:30 h auf. Markt ist fast im ganzen Dorf. Indianer aus den Bergen verkaufen alles, was man sich so vorstellen kann. Von Meer­schwein­chen (zum essen!) über Schnecken und getrocknetes Stierblut (gut) bis hin zu gestricktem Gewand, ?? und Touristenkitsch. Schieße viele Fotos, aber die meisten der Frauen in ihren weißen Blusen, mit Goldketten und gewebten Tüchern, wollen sich nicht fotografieren lassen. Nachmittags herum­gehangen, ein wenig am Moto geschraubt. Geiles Bike! Später mit einigen Typen zum Essen gegangen. Ziemlich langweilig. Vor allem Willi, der Belgier ist absolut fad. Keinen Schmäh! Sieht seinen Drei Monate Trip wie eine Expedition. Abgesehen davon, daß er so ziemlich jedes „Ausrüstungsgadet??“ gekauft hat, muß er auch jede Botschaft besuchen, um dem Botschafter die Hand zu schüt­teln und von seinen großen Abenteuern zu erzählen. Dabei war er nicht ´mal auf einer Schotterstraße und alles, was er tut, ist Mopedfahren   big deal… Ich hatte nie das Bedürfnis, eine Botschaft zu besuchen, um mit den Außenamtsgockeln zu schäkern. Sind doch die Übelsten von allen (warum eigentlich ?  fragt der Datenerfasser). Abends noch ins „Hardrock Cafè??“ und in eine peña, wo eine Folkloregruppe spielte und sich die Travellers in unmöglichen Gesten ge­bärden, um irgendwie zur Musik zu tanzen. Bevor die Gruppe anfing, spielte sie Hip Hop   kein schlech­ter Gegensatz.

Was soll man davon halten, wenn sogar in einer Bank in Otavalo, Ecuador, „Green day“ gespielt wird? Punk nun endgültig fertig?

Alle Indianer tragen diese seltsamen Plastikschuhe. Können nicht bequem sein.

Typen tragen Statuen und Kreuze durch die Gegend und aus vielen Häusern hört man Musik, sieht die Leute tanzen. Auf der Straße tanzte eine Gruppe junger Indianer.

Flußschnecken gegessen   na ja, hm…

 

So   Mo, 25. 26.6.95

Nach Quito schöne Fahrt mit toller Aussicht auf den schneebedeckten Cayamba. Ins Hotel Belmonte. Guter Platz   10.000 Suares sind auch nicht zuviel für ein blitzsauberes Hotel mit heißer Dusche. Traf Ianev wieder, den Israeli, der auch in Bogota war. Habe am Montag Post abgeholt. Leider nicht so viel, wie erwartet, aber immerhin. Quito macht keinen besonderen Eindruck auf mich. Die Altstadt ist total voll vom Smog der vielen Busse und es ist kein Vergnügen, durch die Stadt zu marschieren. Das Beste ist der klare, blaue Himmel, den man über den Bergen sehen kann. Sonntags fuhren wir mit dem Bus zu einer Brücke   ca. eine Stunde südlich der Stadt   Bungytime! Erst war ich mir ja nicht so unbedingt si­cher, ob ich mich die 90 m in die steinige Schlucht werfen will, aber irgendwann überkam es mich dann doch und ich legte einen 1a Jump hin. Voll abgesprungen und los. bekam ein T Shirt für den besten Sprung des Tages! Für 40 öS hätte ich eigentlich zweimal springen können, aber ich hatte einfach keine Energie mehr.  Hatte einen Puls von 120 auf dem Weg zurück. Woah. Bei diesem Sprung wurde ich wirklich schnell   so um die 140 km/h und es war sicherlich wilder als die an­deren Male. Konnte richtig spüren, wie der Wind meine Wangen flattern ließ   geil! Montagabend noch auf zwei Biere gegangen. Gibt viele Bars hier, die mei­sten jedoch voll von Expatriotes und Amis, was mir manchmal schon auf die Nerven geht. Typische College kids   am falschen Platz.

 

Mi, 28.6.95

Gestern Equipment ausgeliehen. 60 öS (30.000 Suares) pro Tag ist wirklich billig für 11 Steigeisen, Plastikschuhe, Seil, Gurte etc.. Im Taxi dann ´rauf zur Why nyser Hut?? auf 5000 m. Tolle Aussichten und das erste Mal, daß ich Lamas in freier Wildbahn gesehen habe. Tolle Schotter /Sandstraße und der Blick auf den Berg flößt mir ganz schön Respekt ein. Auf der Hütte war´s dann saukalt und der ewige Nudelstampf beim Bergsteigen nervt schon etwas. Guter talk mit zwei Australiern, mit denen wir noch einen Glühwein aufsieden. Mario und Ariel sind eher Gesundheitsfreaks und gehen lieber schlafen.

 

Do, 29.6.95

Um ein Uhr morgens ging´s los. Habe gestern noch ein Aspirin genommen und tatsächlich drei Stunden schlafen können. Erstaunlich auf dieser Höhe. Erst schneite es und ich war froh, daß eine Seilschaft vor uns los ist und wir uns somit an ihrer Spur orientieren konnten. Nach ca. einer halben Stunde ging es bereits aufs Eis und ziemlich steil bergauf. Alle 10   15 Minuten mussten wir eine zwei­minütige Pause einlegen, um wieder Luft zu bekommen. Es schien wie eine Ewigkeit, bis es endlich hell wurde und man sehen konnte, wo es eigentlich hin­geht. Eine Steigung nach der anderen und jedesmal glaubte ich, daß es nun endlich flacher würde. Aber nix da. Steil und steiler ging es bergan und für man­che Abschnitte musste ich den Pickel verwenden, um nicht den Halt zu verlieren. Beim Gehen verlor ich sogar manchmal das Gleichgewicht, so müde war ich. Konnte auch beim Gehen einfach keinen richtigen Rhythmus finden, da es oft ziemlich weich war und immer gerade nach oben ging   nicht Zick Zack, so wie ich es lieber habe. Knapp unterhalb 6000 m wurde dann Ariel ganz grün im Ge­sicht, bekam blaue Lippen und begann, Blut zu spucken und zu husten. Ungute Situation, denn ich wollte auf keinen Fall mit ihm umkehren und ihn allei­ne im Schlafsack anseilen   und zurücklassen war auch keine Option. Schließlich stieg Mario mit ihm ab und ich machte alleine weiter. War aber nur fair, denn schließ­lich sind die beiden gemeinsam los und wenn ich nicht den Vorschlag ge­macht hätte, hierher zu kommen, hätten sie´s hierauf nie geschafft. Es war jeden­falls saukalt ( 25 C   durch den Wind) und ich hatte jedes verfügbare Kleidungs­stück an. Sechs Schichten oben, drei an den Beinen, zwei Paar Socken. Trotzdem war´s kalt. Nachdem ich aber schon über 5 Stunden unter­wegs war, packte mich dann doch der Ehrgeiz. Der Rotz rann nur so aus der Nase und bei den immer häufiger werdenden Atempausen spuckte und blies ich den Speichel nur so in die Gesichtsmaske. Aber das war total egal   ich wollte nur weiter. Nach ca. 7 Stunden wurde es dann endlich flacher und das Gipfel­plateau kam in Sicht. Die letzten Meter lief ich wie ferngesteuert. Da die Sonne mir genau ins Gesicht brannte und die Finger so saukalt waren, daß ich die Brille nicht aus der Tasche bekam, zog ich meine Kappe über die Augen und stieg so   quasi blind   die letzten 15 Minuten weiter auf. Endlich oben. 6310 m. Mein absoluter Rekord. Tolle Aussicht. Alles ist total klar und man kann im Sü­den die Berge Perus sehen   durch die Wolken hindurch. Der Gipfel ist ganz flach (Whymper   6310 m und Veintimilla   6270 m) und besteht eigentlich aus zwei, nein, fünf Gipfeln. Der Schnee ist gepreßt und durch das Spiel von Sonne und Schatten gab es eigenartige Muster. Nach ca. 15 min begann ich dann den Abstieg, der durch den Schnee und das weiche Eis eigentlich ganz gut ging. Konnte mit den Steigeisen fast etwas rutschen, wodurch es gut voranging und so auch die Knie schonte. Einige Male rutschte ich ein wenig aus und blieb einfach sitzen oder liegen, so wie ich eben gerade hinfiel   so müde war ich. Wankte vom Berg wie ein Betrunkener. Während der letzten Stunde gab es noch einige Gletscherspalten, um die ich herum mußte, weil es schon nach 10 h war und das Eis immer weicher wurde. Allein traute ich mich natürlich nicht über diese Spal­ten und auch der Stein  bzw. Eisschlag, der   je wärmer es wurde   sich hör­bar steigerte, machte mir Sorgen. Schließlich wankte ich so gegen 11 h mit ei­nem großen Smile durch die Hüttentür (nachdem ich der anderen Seilschaft un­gefähr zwei Stunden abgenommen hatte) und fragte einen der Australier, ob er mit mir racen will. Guter Tag. War ganz schön stolz, daß ich das geschafft habe   gibt Selbstvertrauen für Peru. Danach noch endloses Warten auf jeman­den, der uns mit zurücknimmt nach Riobamba??. Liege vor der Hütte und es ist so, als ob die Jahreszeiten alle 5 min wechseln. Erst ist es so heiß, daß ich im T Shirt schwitze, wenig später schneit es. Auf der einen Seite des Hause ist Sommer, auf der anderen Winter. Nach 5 Stunden nimmt uns endlich ein Pärchen aus Quito in ihrem alten Toyota mit und es gibt noch traumhafte Ausblicke in unend­lich schönem Licht. Stoppen oft, um Fotos zu machen. Toll. Später noch Essen, wobei mir Mario und Ariel durch die ewige Schoderei?? und Kritelei schon ziem­lich auf die Nerven gehen. Jammerer und Kriteler gehen mir halt auf den Nerv. Um 8 h eingeschlafen   wie tot.

Auf der Rückfahrt Hügel und Kuppen gesehen, die ganz kahl waren, am Kamm nur eine Baumreihe hatten   mehr Feuchtigkeit.

 

Fr, 30.6.95

Morgens noch alle möglichen Sachen erledigt: Schuhe vom Schuster abgeholt, Geld gewechselt, Ansichtskarten gekauft etc.. Bin erst nach 10 h losgekommen. Seltsamer Tag. Alles schien irgendwie unwirklich. Die Landschaft abwechslungs­reich wie nie. Von fruchtbaren Ebenen, wo Kühe und Schafe grasten, hinauf auf einen Paß oder eine Hochebene ohne Vegetation   innerhalb von 10 min. Auf ei­ner Seite des Tales konnte man die unregelmäßigen Quadrate und Rechtecke der grünen bis erdfarbenen Felder sehen, während das nächste Tal nur trocken und braun war. Alles voller Gegensätze.

Einmal sieht man ausschließlich Indianer mit ihren flachen, runden Hüten, Ponchos oder schwarzen Blusen, dann wieder modern gekleidete Menschen mit Bomberjacken und Baseball cap.

Außerhalb der Städte Einfamilienhäuser, die in eingezäunten Sied­lungs­komplexen stehen und manchmal wie Burgen aussehen.

Das Wetter wechselte ständig zwischen Regen und Sonnenschein. Nach Cuanca war ich auf einer bewölkten Hochebene. Ringsum sah man aber den Horizont in Blau.

Ich fuhr bis in die Nacht hinein. Sonnenuntergang vor Loja: Noch nie sah ich solche Farben! Der ganze Horizont war blau rot gefärbt, die Farben so inten­siv, daß sie sich sogar auf Asphaltflecken widerspiegelten. Unglaublich!

Tolle Canyons in der Gegend um Alansi??. Jeder sicher über 1000 m tief.

Der ganze Tag war so voll von gegensätzlichen Eindrücken, daß ich manch­mal glaubte, ich sei unter irgendwelchen Drogen gestanden. Oft kam mir alles zu unwirklich oder übertrieben schön, zu kitschig, perfekt oder stereo­typ vor, um es als Realität ansehen zu können. Sicher einer der schönsten Tage auf dem Motorrad!!

 

Sa, 1.7.95

Morgens gleich nach Vilcabamba   nur eine Stunde   aber gestern in der Dun­kelheit hatte ich das nicht mehr geschafft. Bin zu den Cabanas. Rio Yambala?? Traf zu meiner Überraschung Phil & Georgie wieder. Guter Empfang an einem schönen Platz. Wohnen in der selben Hütte. Schön ruhig und wohnlich. Gutes Paar, die beiden.

 

So, 2.7.95

Morgens mit Phil & Georgie und drei Israelis auf einen Berg über Tal „San Pedro day“. San Pedro ist ein Kakteen Juice, der ursprünglich von den Indianern ge­trunken wurde, um „klarer “ zu sehen   ist also ein Haluzinogen??. Die drei Is­raelis haben 4 Becher von dem Zeug gekauft, das aussieht wie eine zer­stampfte Avocado und schmeckt wie die Seife in den Zug WC´s der ÖBB. Zeug ge­schluckt und gewartet   nach zwei Stunden ging´s dann los: Wolken rasten über den Himmel, die Farben auf dem gegenüberliegenden Berg veränderten sich an­dauernd und blitzten. Einen Vogel zu beobachten, war das größte Abenteuer. Am Horizont war eine Indianerin in den Felsen zu sehen und ich lachte die ganze Zeit wie ein Kind. Alles fühlte sich seltsam an und war gut. Keine negativen Ge­danken. Kam mir vor wie ferngesteuert und war doch ziem­lich geschlaucht, als die Wirkung nach ~14 Stunden nachließ. Seltsamer Tag.

 

Mo, 3.7.95

Müder Tag! Reifen gewechselt, zum Einkaufen ins Dorf gefahren etc.. Roland & Warwick, die beiden Aussis von San Augustin sind heute hier aufgetaucht und die meiste Zeit des Tages haben wir mit „Schmäh führen“ verbracht. Nach drei Tagen haben sie es noch immer nicht geschafft, meine Wäsche zu waschen! Hätte ich doch lieber selber machen sollen, Sandler   elendige. Unglaublich, wie langsam hier alles geht. 1   1 1/2 Stunden aufs Essen zu warten, ist ganz normal; sollte eigentlich daran gewöhnt sein…

 

Di, 4.7.95

San Pedro II: Um fünf Uhr auf und eine halbe Stunde ´rauf auf einen Berg ge­latscht. Mit dabei: Warwick, Roland, Simone und Irma, Zwei Schweizerinnen. Bei Sonnenaufgang ein Glas San Pedro (~ 3U$) getrunken bzw. `runtergewürgt. Erst haben wir alle gelacht wie die Irren und Roland diskutierte mit mir Fraktal­theo­rien. Noch nie in meinem Leben war ich so weggetreten! Konnte kei­nen klaren Gedanken mehr fassen und von einer Minute auf die andere vergaß ich, was ich eigentlich tun wollte. Es ging aber allen so   man saß auf dem Hügel und grinste die Welt und sich gegenseitig an. Fühlen sich so die Idioten? Ich wußte nicht, was oder ob ich überhaupt etwas fühlte   alle Sinne schienen ir­gend­wie zu ver­schmel­zen. Konnte kaum sagen, welcher Sinneseindruck nun welche Reaktion auslöste   es war eh gleich. Ob Regen oder Sonnenschein   ir­gendwie war alles dasselbe   und ob ich oder der Fluß unter mir sprach, war auch einerlei. Alles Eins. Ein einziger Misch Masch von Eindrücken, die auf mich einströmten, die ich weder klassifizieren, verstehen, noch verarbeiten konnte. Ich wußte nur sicher, daß ich „Fucked, totally fucked in the head“ war. Und das war auch die Schluß­folgerung bei allem, was ich zu tun versuchte   was ohnehin nicht viel war. So blieben wir den ganzen Tag auf dem Hügel und wanderten im Umkreis von ca. 100 m herum wie die Zombies und bestaunten alles. Irgendwann am Morgen kam auch noch so ein Hippie Mädel herauf, meditierte und begann zu singen „Fucked in the head“. Thats all there is and will be to it. Got pretty sick and tired of the whole thing by the end of the day and the whole talk about „how beautiful it is up here“ and „what colors!“ bored me to death. Für mich ist´s nur ein Tal wie jedes andere und mit etwas Phantasie kann ich auch so die „Indianerfrau“ in den Konturen der Felsen und Micky Maus und andere Gestalten in den Mustern der abgemähten Felder sehen. Von wegen „best day of my life“ und all der Quatsch. We were all just fucked in the head   That´s it   over out   sick of it   gotta move on!

 

Mi Do, 5. 6.7.95

Regrouping, Briefe schreiben etc.. Ach ja   gestern hat noch Simone bei mir übernachtet   nettes Mädel, werde sie vielleicht in Bolivien wiedersehen… Ins Dorf gefahren und ordentlich gegessen. Der vegetarische Stampf geht mir schon etwas auf die Nerven.

Der Typ in der Tourist Information verkauft „San Pedro“ und Gras. Unglaublich! Wie, wenn man das bei uns im FVV kaufen könnte…

Vilcabamba ist bekannt dafür, daß die Leute hier sehr alt werden. Ich glaube aber, daß das nur deshalb so ist, weil sie die Hälfte ihres Lebens auf etwas warten, z.B. Essen zu bekommen, auf der Post bedient zu werden etc.

 

Fr, 7.7.95

Auf nach Peru. Habe morgens noch Briefe aufgegeben und bin dann los. Irgendwann hörte dann der Asphalt auf und weiter ging´s auf Schotter. Die Straße wird jedoch ganz asphaltiert, daher gibt es immer wieder Baustellen und einige Male mußte ich sogar über grobes Geröll. Aber ich habe die Maschine schon gut im Griff; es gibt kaum noch etwas, daß mich nervös macht   wie das früher öfter der Fall war (verliert das Motorradfahren dadurch seinen Reiz?). Es gab dann noch etliche Polizeikontrollen, aber die wollten alle nur das Moto an­starren und merkten nie, daß ich nur die Farbkopie meines Passes vorzeigte. Die Grenze selber war dann wie ausgestorben, da wegen des Grenzkonflikts weder Peruaner noch Ecuadorianer passieren dürfen. Das letzte Fahrzeug kam hier im Jänner durch! Die Ausreise war kein Problem   die Zöllner mussten ihr Kartenspiel nur für fünf Minuten unterbrechen. Immigration und Polizei auf der pe­ruanischen Seite gingen auch sehr schnell vorüber, nur der Zöllner nahm sich Zeit und erklärte mir lang und breit die Ursache (aus seiner Sicht) des Grenz­krieges. War aber sehr nett und gewann schlußendlich auch den Kampf mit sei­ner Schreibmaschine, nachdem er sich fast eine Stunde abgemüht hatte, ein Formular auszufüllen. Abschied mit langem Händeschütteln und vielen „mucho gustos“. Danach auf wilder Straße durch eine öde, hügelige Gegend. Die Piste war sandig und es ging durch einige kleinere Bäche. Die meisten Menschen le­ben hier in Hütten mit geflochtenen Seitenwänden. Je weiter ich nach Süden kam, desto mehr erinnerte mich die Landschaft an den Sahel. Sand und Halb­wüste in Grau und    als es später wurde   in Rottönen. In Piura dauerte es dann noch ewig, bis ein Hotel gefunden war, in dem ich auch das Moto unter­bringen konnte. Teuer   38 SOL (fast 190 öS, 1SOL ~ 5 öS).

Zöllner kontrollierte noch meine Karte, ob der Grenzverlauf richtig eingezeich­net ist und ließ mich erst gehen, nachdem ich 50 U$ bei ihm gewechselt hatte.

 

Sa, 8.7.95

Herumgelaufen und einen ganzen Haufen Geld gewechselt (350 U$. Ich hoffe, das reicht für die nächste Zeit, denn außerhalb der großen Städte ist es schwie­rig, mit der Kreditkarte Geld zu bekommen. Außerhalb von Piura jede Menge Hütten (Favelas), aber im Gegensatz zu anderen Orten sehr sauber und ge­pflegt. Sah sogar ein Schild „Bienvenidos a San Juan“. Die Leute scheinen sich auf´s Bleiben einzurichten. Man kann richtig die Stadien der Ansiedlung beob­achten: Zuerst eine Strohhütte, dann die Hütte mit Lehm verputzt und schließlich Ziegelmauern. Viele Ziegen und manchmal hatte ich den Eindruck, als ob jeden Moment ein Tuareg um die Ecke biegen würde. Ted Simon hat einmal einen guten Satz gesagt: „Ein Slum ist nicht der Ort, sondern die Menschen“   sehr wahr… Habe mir Gedanken gemacht, wie ich es anstellen müßte, um permanent unterwegs sein zu können, so wie jetzt. Mit meinem Job ist das ziemlich schwie­rig. Müßte irgendein Geschäft aufmachen oder so ähnlich. Glaube aber, daß das nur eine vorübergehende Idee ist und sobald ich wieder daheim bin, holt die Realität (in Form eines Kontoauszuges) mich schnell ein. Einen Job in Südafrika   mit An  und Abreise auf dem Moto   könnte ich mir je­doch sehr gut vorstellen. Werde auf jeden Fall André kontaktieren. Nach der Sechura Wüste, in Chepen, wurde ich bei einem Kaffeestop von „Mototaxi“ Fahrern umringt, die mich mit Fragen löcherten. Diese dreirädrigen „Tuk Tuk´s“ ersetzen fast vierrädrige Taxis. Auch machte ich es hier das erste Mal richtig, einen Kaffee zu trinken. Blamierte mich heute morgen etwas, als ich nicht wußte, was mit einem Glas Milch und ei­ner Essigflasche mit einer schwarzen Flüssigkeit anzustellen sei. Anders als bei uns gibt es hier den Kaffee in konzentrierter Form   man schüttet das Konzentrat in die heiße Milch. Geht auch, nur wissen muß man´s halt . Später änderte sich dann die Landschaft   statt sandiger Ebenen braune Berge mit sandigen Flan­ken. Toll, toll, toll. Wie in Algerien, nur mit einer guten Straße mittendurch. Wüste ohne Anstrengung „Desert light“. Weiter süd­lich änderte sich dann das Land­schafts­bild wieder   ausgedehnte Zucker­rohr­felder bis Trujillo. Traf Typen in einem Golf, die mich zum Essen einluden (mit deutschem Zivildienstler) und spä­ter zwei Peruanerinnen, die mir ein Hotel zeigten. Eine ist Model, die andere Prin­zessin   ich werde später mit ihr ausgehen…

 

So, 9.7.95

Wie gesagt, gestern noch fest ausgegangen   von einer Bar zur anderen und  zig Bussis von allen möglichen Mädels bekommen und gesungen „a donde vas? a donde estas?“. Erst um 2 Uhr heim, daher ist es nichts mit früher Abfahrt gewor­den. Bin aber, ziemlich geschafft vom Nachtleben, gegen 8 Uhr los in Richtung Chimbote. Ganz eigenartige Stimmung in der Wüste. Bewölkt und kühl. Den Atlantik konnte ich nur ein  oder zweimal sehen. Dafür umsomehr riechen. Um Chimbote gab es jede Menge Fischmehlfabriken, die einen unglaublichen Ge­stank verbreiteten. Chimbote selbst würde ich in die Kategorie „Letztes Kaff auf Erden“ einreihen. Dreckig, alles ist auf der Straße, der Gestank etc.. Irgend­wie kam mir Chimbote vor wie irgendeine Stadt in China. Fragte mich im­mer, warum jemand, der nur etwas Geld hat, hier wohnen würde. Wo wohnen denn die Leute, die das Geld haben? Weiter ging´s dann durch Wüstenland­schaft, unterbrochen von einigen Oasen. Von einem gesprächigen Alten an einem Früchtestand erfuhr ich dann endlich, was die weißen Fahnen an den Häusern und Hütten bedeuten: Es gibt „Chicha“, eine Art Bier aus Weizen. Hat also nix mit „Sendero Luminoso“ und „Peace“ oder so zu tun. Bei Casmor?? bog ich dann nach Osten ab und nach einigen Kilometern stand ich vor der Cordillera Negros??. Whowh! Die Straße verwandelte sich dann schnell in eine Piste und durch kleine Dörfer und Siedlungen ging es aufwärts. Wenn ich nicht wüßte, daß wir das Jahr 1995 schreiben, könnte ich mich hier in jedem beliebi­gen vergangenen Jahrhundert befunden haben. Indianer, die ihre Schafe hüten und dabei Wolle spinnen, Büschel Getreide die steilen Hänge hinauftragen oder auf offenem Feuer ko­chen, leben in diesen Tälern. Es scheint, als ob die Zeit stehengeblieben ist. Entlang der ganzen Strecke sah ich vielleicht 10 Autos. Die Konversation war hier auch etwas schwierig, da viele der Leute nur einen india­nischen Dialekt (Chechuan) sprechen. Nach ca. 5 Stunden wilder Kurverei er­reichte ich schließ­lich den Paß auf (geschätzten) 4600 m und sah das erste Mal die „Cordillera Blanca“ mit all den gewaltigen Gipfeln wie dem „Huascaran“, „Huandoy“ etc. auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses „Santa Ana“ in N S Richtung aufge­reiht. Der Wind blies stark und ich stand nur da und staunte. Einer der Momente, in dem einem einfach die Worte fehlen! Ein einfach großarti­ger Anblick, all´ die eis  und schneebedeckten Gipfel. Ich weiß nicht, ob man so etwas überhaupt in Worte fassen kann! Gigantisch, Respekt, „A league of it´s own“. Runter nach Huaraz ging´s dann durch Getreidefelder, die aussahen wie Flecken an den Hängen. Stieg im „Hostal Lopez“ ab. Schön ruhig und freundlich.

 

Mo, 10.7.95

Ging morgens in die Stadt, um zu frühstücken, und traf gleich einen der Israelis aus Villcabamba. Sie waren auf dem Weg, um zwei Tage Eisklettern zu gehen. Da wollte ich natürlich mit, da es sicher ein gutes Training und ebenso gut für die Akklimatisation ist. Hatte 20 Minuten Zeit, mein ganzes Zeug zu packen und ge­gen 10 h  ging es dann auf staubiger Schotterstraße Richtung Süden nach Pasto Ruri??. Die Fahrt dauerte 4 Stunden und ich hatte wirklich Mühe mir vorzustel­len, wie es wäre, mit Bussen zu reisen. Während dieser Zeit schluckte ich mehr Staub als auf dem Moto in Wochen. Und es störte mich mächtig, daß ich dem Gutdünken und Gottvertrauen des Chauffeurs ausgeliefert war (unendlich viel Gottvertrauen bei Überholmanövern). An der Moräne des Gletschers angelangt, schleppten wir das ganze Eiszeug etc. noch ca. 45 min bis zu einem flachen Lagerplatz am Fuße desselben. Wir stellten die Zelte auf und an einer Spalte übten wir dann die Kletterei mit zwei Pickeln, Eisschrauben etc.. Great! Gefällt mir weitaus besser als die Felskletterei. Ging auch ganz gut   machte mir absolut Spaß, nur an einem Pickel hängend, eine Eiswand zu bezwingen. Aber auf 5200 m fing ich schnell zu schnaufen an. Auf dem Rückweg stand der Vollmond über dem Gletscher und beim Lager war es fast taghell. Für diese Höhe war es auch   da kein Wind   erstaunlich warm und wir saßen um unsere Benzinkocher herum, tranken Coka Tee und quatschten. Caesar, den wir als Führer angeheuert hat­ten, um uns zumindest die Grundbegriffe beizubringen, scheint ein guter Kerl zu sein   ich habe fast mehr Spaß mit ihm, als mit Dani, Gilad und Adi, die es vor­ziehen, Hebräisch zu quatschen. Gute, wenn auch unruhige Nacht. War es die Höhe oder der Vollmond?

 

Di, 11.7.95

Morgens wieder israelischen Kaffee (gar nicht schlecht) und Coka Tee gemacht und wieder ´rauf zum Gletscher. An derselben Stelle diesmal andere Techniken geübt. Lerne viel und es gibt mir mehr Selbstvertrauen, zumindest etwas forma­les Training zu bekommen. Den obersten Teil unserer Wand, der allerdings über­hängend ist, schaffe ich nicht im Alleingang. Gegen zwei Uhr machten wir uns dann auf den Rückweg zum Bus. Wieder 4 Stunden Geschaukel bis nach Hua­raz. Abends ins „El Pub“ und ins „Tumba??“, die lokalen Bars, wo mich gleich ei­ner anheuerte, bei einem Promotions Video für Mountainbiker rund um Huaraz mitzumachen. Wäre schon ok, aber mir ist es z. Z. wichtiger, einen Partner für den Huascaran zu finden. Ich hoffe, daß ich in den nächsten Wochen jemand treffe, der in etwa gleich stark ist und mitkommen will.

 

Mi, 12.7.95

Lange versucht, daheim anzurufen   bin schließlich auch durchgekommen. Gut, wieder mit Mutti zu sprechen! Wäsche gewaschen und etwas Ordnung in meinen Saustall gebracht. Habe einige Zettel aufgehängt und mit Leuten geredet, aber leider ohne Erfolg. Unglaublich, wieviele Bergsteiger hier sind. Ohne „Helly Han­sen“ Fleece Jacke gehört man nicht dazu. Lieber wäre es mir, wenn ich bald je­manden finden würde, also endlich aktiv werden könnte. Dieser Berg geht mir nicht aus dem Kopf! Ich will da hinauf…! Wenn alles gut geht   aber erst der Huascaran   gehe ich auch noch auf den einen oder anderen Gipfel; mit dem Gedanken spiele ich jedenfalls.

 

Do, 13.7.95

Gestern noch ins „Tumba?“, wo die ganzen Israelis und auch Caesar waren. Wir machten einen Deal mit ihm: Gilad´s Zelt im Tausch für Touren auf den Huasca­ran und Alpamyo??. Wenn´s hinhaut, wäre das sensationell billig. Caesar war aber schon etwas besoffen und ich hoffe, daß er sich noch an unsere Abma­chung erinnert! Quatschte auch noch lange mit Alona, einer Israelin   sehr nette, starke Frau. Schade, daß ich nicht länger hierbleibe   wir hätten sicher noch eine gute Zeit gehabt. Manchmal geht einfach alles zu schnell, um jemanden besser kennenzulernen. Heute morgen ging´s mit den Israelis nämlich auf den Santa Cruz Trail. Gut zur Akklimatisation und, wenn wir Montag oder Dienstag auf den Huascaran aufbrechen, dann ist es immer noch früh genug   außerdem ist ein wenig Trekking auch gut für die Kondition. Um 6 Uhr also auf und in den Bus nach Yungay, wo wir noch auf dem Markt Essen für die nächsten 4 Tage einkauf­ten. Im nächsten Bus ging´s dann 6 Stunden über die Cordillera Blanca nach Vaqueria. Die Busfahrt meines Lebens! Erster Blick auf den Huascaran. Schlichtweg beeindruckend! Was für ein riesiger, eisiger Koloss. Konnte die Au­gen fast nicht von ihm lösen, stellte mir immer vor, was sich Hermann, Andi oder Toni gedacht haben mögen, als sie diesen Berg zum ersten Mal gesehen haben. Von hier an ging es dann steil auf einer wilden Schotterstraße bergauf, vorbei an zwei hellblauen Gletscherseen, umrandet von steilen Felswänden. Tolle Aussicht auf Huandoy und den Gletscher. Als ich gerade schrieb, daß es steil bergauf ging, wußte ich noch nicht, was kommen sollte. Auf dem Moto wäre es eine tolle, wenn auch steinige Tour gewesen, aber mit dem Bus wurde es ein richtiges Abenteuer. Ein Rad über dem Abgrund, ständig reversierend, da die Kurven so eng waren, ging´s hinauf auf 4800 m   bis knapp an die Eisgrenze heran. Mehr als einmal entwich mir ein lautes „Whow“, aber nicht immer wegen der Land­schaft (natürlich sehr zur Belustigung der Peruaner im Bus, die derartige Trips gewöhnt zu sein schienen). Mieteten zwei Esel von Miguel, der uns in den näch­sten Tagen begleiten wird. 75 Soles schien mir ein fairer Preis zu sein, aber das Handeln überließ ich den Israelis, denn darin sind sie wirklich gut   aber so ag­gressiv, daß mir Miguel richtig leid tat. Campten schließlich unten im Tal an ei­nem Fluß. Später brachte Miguel noch Suppe mit Schaffleisch, das die Israelis (Dani, Gilad, Rial?) mit eher weniger Vergnügen hinunterwürgten. Miguel brachte die ganze Familie mit und ich lernte einige Wörter Chechuan.

 

Fr, 14.7.95

Der erste Teil des Weges ging noch durch besiedeltes Gebiet und wir quatschten mit einer Familie. Die Mutter konnte gar nicht lassen, meinen kahlen Kopf zu befühlen. Jede Menge anderer Trekker kamen uns entgegen   scheint eine popu­läre Route zu sein. Es ging dann durch ein Tal mit breitem Grund, an den Häu­sern hingen Maiskolben und das Korn wurde von der Spreu durch „in die Luft werfen“ getrennt. Für die Leute hier ist es wirklich schwierig, auf einen grünen Zweig zu kommen. Außer in der Landwirtschaft gibt es hier keine Arbeit und um sich eine Kuh kaufen zu können, muß Miguel die se Tour mindestens 10 mal machen. Die Trekker sind für die Leute die einzige Möglichkeit, an Geld heran­zukommen. Später ging es dann bergauf in Richtung Punta Unión, dem höchsten Paß auf 4750 m, den es auch noch zu überqueren galt. Immer wieder sah man spektakuläre, eisige Gipfel oder Felszacken, nur um ein paar Kilometer weiter zu entdecken, daß dahinter ein weit höherer Berg liegt. Als wir durch den Einschnitt am Paß kamen, bot sich eine tolle Aussicht auf das Santa Cruz Tal und die La­gunen. Gilad und ich hatten es satt, auf die anderen zu warten und waren ziem­lich schnell unterwegs   aber fast ohne Gepäck zu marschieren ist auch weitaus angenehmer, als mit 15 kg auf dem Rücken. Campten weiter unten im Tal mit Lagerfeuer gegen die Kälte. Miguel schlief bei mir im Zelt und wir hatten noch ein gutes Gespräch. Ist wirklich schwierig für ihn, über die Runden zu kommen.

 

Sa, 15.7.95

Früh auf und in der Kälte Frühstück gemacht. Vor allem das Geschirrspülen im eisigen Wasser läßt einem die Finger abfrieren. War toll, als die sonne endlich über den Bergen hervorkam und alles wieder erwärmte. Tolle Aussichten auf die Südseite des „schönsten Berges der Welt“, den Alpameyo   ganz in rotes Licht getaucht und von Wolken umgeben. Aufbruch aus der Kälte nach Westen durch das Santa Cruz Tal. Unten wurde es wieder warm und in der kurzen Hose ging es schnell voran. Die Aussicht, noch heute nach Huaraz zurückzukommen, spornte uns so an, daß wir keine einzige längere Pause machten. Der letzte Teil ging dann durch einen engen Canyon, bis wir schließlich Cashapampa erreichten und uns die Mägen mit Papas Fritos, Reis und Eiern vollschlugen. Die Jungs verhandelten noch mit einem „Collectivo Fahrer“, doch der hatte wenig Lust, nur wegen vier Gringos die holprige Straße nach Caraz zu fahren. Überzeugten ihn schließlich und durch spektakuläre Szenerie ging´s zurück ins Santa Cruz Tal. Überall puzzleartige Felder an den Hängen mit ausgeklügelten Bewässerungs­an­lagen. In Huaraz feierte ein Trupp Spanier die Rückkehr vom Huarascan mit ei­nem üppigen Grillfest. Ich schlug mir den Magen mit Unmengen von Hammel­fleisch voll und trank einige Gläser vom Pisco (dem lokalen Schnaps) zuviel. Mit Tanja, einer Peruanerin und Freundin von Elmo Lopez ging´s dann noch ins „El Pub“, wo sie mir ziemlich nahe kam. Wunderschöne Frau mit indianischem Ein­schlag. Dann fuhren wir ins Hostal zurück, wo die besoffenen Spanier immer noch feierten. Tue mich weit schwerer, ihr Spanisch zu verstehen, als das Ca­stel­lano, das ich gewöhnt bin. Weiter ging es dann ins „Tumla?“, eine Bar/Disco, wo wir noch bis 4 Uhr auf Tischen und Stühlen tanzten. Manchmal frage ich mich schon, wo ich denn die Energie hernehme, denn immerhin bin ich heute schon 20 km gelaufen und stundenlang im Bus gesessen… Gute Nacht!

 

So, 16.7.95

Wenig geschlafen, denn ich habe gestern Julio, der hier ein Moutainbikeverleih  und Sportgeschäft hat, versprochen, ihm bei der Produktion eines Videos mit dem Motorrad auszuhelfen. Natürlich ging es nicht   wie abgemacht   um 9 Uhr, sondern erst um 10:30 h los. Hätte dadurch 5 statt nur 4 Stunden schlafen kön­nen… Wir fuhren dann in ein kleines Seitental außerhalb von Huaraz und Regi­nald (ein Typ aus Lima, der für eine Fernsehstation in Florida arbeitet) und ich waren auf dem Moto und versuchten, etwas Action in die Mountainbike Szene zu bringen. Da er ein ziemlicher Brocken war, gestaltete es sich ganz schön schwierig, das Moto auf dem losen Schotter unter Kontrolle zu halten. Da er auch einige Action Szenen mit dem Moto machen wollte, ging´s in wilden Drifts um einige Kurven. Bei der letzten Szene hielt er die Kamera knapp über dem Boden und vielleicht einige Zentimeter zu nahe am Moto. Mit einem Zylinder streifte ich sie und alles, was von ihr übrigblieb, waren mehrere Teile   über den Weg ver­streut! Ziemlicher Schaden, aber Reginald trug es mit Fassung. Was hätte ich auch machen sollen   einmal im Drift hatte ich ja nicht mehr viele Möglichkeiten, auszuweichen. Außerdem konnte ich nicht wissen, wie nahe er an mir dran ist. Den Rest der Zeit filmte er dann mit einer kleineren Kamera Kletterszenen mit einem US Profi. Ziemlich wilder Hund, aber nichts für mich. Zurück dann eine superteure Pizza mit Reginald gegessen und versucht, endlich einen fixen Ter­min für den Huascaran zu vereinbaren. Die Unsicherheit geht mir langsam auf den Nerv. Habe gestern auch einen Ami, den ich bei einem Diavortrag in Red­lands, Ca., kennengelernt habe, wiedergetroffen. Ziemlicher Zufall, aber daran gewöhnt man sich, wenn man länger unterwegs ist. Vielleicht kommt er mit, aber ich bezweifle das, denn er tauchte heute zur vereinbarten Zeit im „El Pub“ nicht auf. Trank stattdessen mit zwei Oberösterreichern, die ich schon seit einiger Zeit von hier kenne, ein   zwei Biere. Beide Bergfanatiker. Was mir aber wirklich auf die Nerven geht, das ist die Unzuverlässigkeit und Unpünktlichkeit vieler der Leute hier   nicht nur der einheimischen. Fast täglich laufe ich irgendwo hin und warte lange (oder vergeblich), bis der  oder diejenige auftaucht. Auch von Tanja habe ich seit vorgestern nichts mehr gesehen.

 

Mo, 17.7.95

Morgens Gilad getroffen und wir haben wieder zu warten, bis Caesar von einer Tour zurückkommt. Ich hoffe wirklich, daß es morgen endlich losgeht. Das (den Berg) muß endlich ´raus aus dem Kopf, um wieder auf andere Gedanken zu kommen. Wenn es nicht klappt mit dem Berg, wäre das zwar Scheiße, aber ich habe es zumindest probiert. Durch Huaraz zulaufen, zu organisieren und andere Leute mit Bergzeug herumlaufen zu sehen, geht auch stark auf den Nerv. “ It´s not what you think, it´s what you do!“.

Sah mir in Gilads Hostal das Video unseres „San Pedro“ Abenteuers an. Ich glaube, ich sagte nur einen guten Satz: „It´s like Catch 22„.

 

Di, 18.7.95

Gestern war´s noch das absolute Chaos. Erst warteten wir bis 8 Uhr auf Caesar, der aber nicht auftauchte. Schließlich wollten wir auf den Pisco gehen, als es dann aber soweit war, machte Gilad einen Rückzieher. Ich hatte mich schon ent­schlossen, allein zu gehen, als ein Mädel (Tanja??) aus Huaraz kam und mitgehen wollte. Also langes Hin  und Hergerede, was mitzunehmen ist usw.. Schließlich noch ins „El Pub“ auf ein Bier mit Alona, die heute vom Trekking zurückgekom­men ist und um 12 h zurück ins Lopez. Mußte noch das ganze Zeug packen und deshalb Richard, den Österreicher, der auch in meinem Zimmer schläft, aufwec­ken. Ich gab ihm meine Filme mit und hoffe, daß sie auch ankommen. Als ich aber heute morgen am vereinbarten Platz war, fehlte von Tanja jede Spur. Ein­einhalb Stunden gewartet, dann wurde es mir aber zu blöd und ich nahm den Bus nach Mancos?? und weiter nach Moshi?? Im letzten Bus schwatzte ich noch lange mit einem Tierarzt, der mich zum Meerschweinchenessen zu sich nach Hause eingeladen hat. Eine dieser „4 Stunden für 15 S“ Busfahrten. In Moshi?? heuerte ich dann einen Esel für den Aufstieg zum „Campo di Base“ an. Brauchte nur 2 1/2 Stunden auf einem leichten Weg. Der Esel aber kam erst eine Stunde später, so mußte ich also im ziemlich vollen Basecamp warten. Unglaublich, wieviele Leute hier sind   ich schätze sicher so an die 10  15 Zelte. Es gefiel mir aber nicht sonderlich und da ich auch noch genügend Energie hatte, ging ich weitere zwei Stunden bis zum „Campo Moräne“. Der schwerste Teil war, gleich anfangs über steile Felsstufen aus dem Camp herauszukommen. Und das alles mit dem sauschweren Rucksack. Auch mit „Steinmanderln“ hatten sie gespurt, so mußte ich mir die Augen wäßrig schauen, bis ich das jeweils nächste aus­machen konnte. Über den Gletscherschliff mit seinen schönen, gerundeten For­men ging es bis knapp unter den Gletscher (ca. 4800 m), wo ich mit zwei netten Amerikanern campte. Hatte grausiges Essen, aber eine ausgezeichnete, ruhige Nacht. Vermutete eigentlich mehr Wind am Fuße dieses gewaltigen Gletschers.

 

Mi, 19.7.95

Weil ich so gut geschlafen habe, bin ich erst gegen 7 auf und 8:30 h los. Habe mir von Bob (Rob?)noch eine Eisschraube ausgeliehen, so kann ich mich im Falle eines Falles die schwierige 80° Stelle zwischen Camp 2 und 3 hinauf­schrauben. Bis zum Gletscher hatte ich mich noch ein zweimal vergangen, was darüberhinaus sehr anstrengend war. Ausgiebige Pause am Gletscherrand und es dauerte noch eine Weile, bis ich die Gurte etc. anhatte. Die Sonne genau im Gesicht, ging´s dann erststeil und dann flacher hoch. Hatte gestern einen Kro­aten gesehen, dessen ganzes Gesicht verbrannt war   werde mich gründlich ein­cremen müssen! Am G. wurde es auch ordentlich warm und die Sonne blen­dete sehr. Erreichte nach ca. 2 Stunden am Eis das Camp 1 und beschloß gegen 12 h, mir einen ruhigen Nachmittag zu machen. Guter Zeltplatz und im Schnee gibt es die ersten Spaghetti   mehr werden folgen. In der Sonne ist es zu heiß, so ver­bringe ich die meiste Zeit im Zelt. Die Höhe schätze ich so auf 5200 m und der Puls geht (in Ruhe) auf 104   ich weißnur nicht, ob das viel oder wenig ist. Von hier sind es ca. 4 Stunden bis zum Camp 2   ich hätte es vielleicht heute noch schaffen können, aber ich will lieber auf Nummer Sicher gehen und morgen or­dent­lich ausgeruht sein, wenn es schwierig wird. Die Ruhe hier oben ist un­glaub­lich   das Flattern des Zeltes im ganz leichten Wind empfinde ich fast schon als störend. Nur manchmal, vor allem am Spätnachmittag, hört man den Glet­scher brechen und einmal sah ich sogar eine Eislawine abgehen   Respekt!

 

Do, 20.7.95

Morgens Schnee gehabt   bin aber trotzdem los. Spüre die Höhe und die An­strengung schon recht deutlich. Alle 50 Schritte eine Pause, um 12   15mal tief durchzuatmen. Dann die Schlüsselstelle: ca. 50 m 80° steil. Mußte ohne Siche­rung und mit nur einem Pickel da hinauf. Habe fast eine Stunde gerastet und mich darauf vorbereitet, bis ich es endlich anging. In einer halben Stunde hatte ich es geschafft, war aber total fertig. Dreißig Minuten vollste Anstrengung und Kon­zentration. Nur einmal habe ich eine Eisschraube gesetzt, um fünf Minuten Luft schnappen zu können. Auf dem Rückweg wird jedenfalls abgeseilt   und wenn ich drei Stunden warten muß. Danach ging´s dann noch ziemlich scheuß­lich zwi­schen Spalten hindurch, in die ich nicht gerne hineingefallen wäre. Durch den Neuschnee zu gehen, war auch echt anstrengend. Noch dazu war ich der Erste, der heute aufstieg, daher gab es auch noch keine Spur. Nachdem ich dann aus dem Spaltenbereich heraus war, konnte ich kaum mehr als 15  20 Schritte am Stück gehen (5900 m), vor allem das letzte Stück bis zum Camp zog sich. Also: „h bis zur Schlüsselstelle, 30 min für das steile Stück. 2 h bis Camp 2. Werde morgen um 3 Uhr mit Pancho??, einem Chilenen, den Gipfel probieren.

 

Fr, 21.7.95

War ziemlich kalt und windig, aber durch all die Lagen Gewand, die ich anhatte, kam die Kälte nicht durch. Habe sogar ganz gut geschlafen. Ein Schotte, der bei mir im Zelt schlief, hatte sogar ein Fläschchen Whisky als „Gutenachttrunk“ da­bei. Überhaupt ist es überraschend, wieviele Leute Hier oben sind. Im Camp 2 stehen ca. 10 Zelte und weiter unten sind noch jede Menge Leute im Anmarsch. Gewaltig populär   das Bergsteigen hier. Wenn man jemanden trifft, wird gerade noch gegrüßt, von Kameradschaft etc. ist wenig zu spüren, außer man versteht sich mit jemandem wirklich gut. Vor allem aber die vielen Slowenen hier sind echt freundlich. Um 2 Uhr bin ich dann auf, Tee gemacht (Hunger habe ich hier oben kaum   etwas Schokolade und Äpfel sind alles, was ich ´runterbringe), im Zelt umständlich angezogen und losmarschiert. Pancho und ich haben ausge­macht, daß wir zwar gemeinsam losgehen, aber jeder sein eigenes Tempo ver­folgt. Es geht auch ziemlich rasch vorwärts   ich bin erstaunt über das Tempo. Die erste Stunde ganz ohne Pause! Meine Stirnlampe fällt dauernd aus und ich bin froh, daß noch Halbmond ist und so wenigstens etwas zu sehen ist. Vor al­lem am Beginn waren doch einige große Spalten. Dann wurde es steiler und teil­weise war die Spur sehr verweht. Ich mußte immer öfter stehenbleiben, um zu verschnaufen, vor allem dann, wenn es zu steil wurde, um ohne Pickel vorwärts­zukommen. So ging es ca. Eineinhalb Stunden dahin   absolute Schinderei. Der Wind wurde auch immer stärker und es ist kalt. Die Jacke war steifgefroren und von der Gesichtsmaske hingen die Eiszapfen herab. Ich wünschte mir nichts mehr als ein paar wärmende Sonnenstrahlen   am Horizont war aber erst ein leichtes Rot zu sehen. Schließlich erreichten wir den Vorgipfel und es wurde auch flacher. Die Füße fühlten sich an, als hätte ich Blei daran und zum eigentli­chen Gipfel war es noch weit! Bei nunmehr starkem Wind ging es dem Gipfel und dem Sonnenaufgang entgegen und ca. eine halbe Stunde später wankte ich auf demselben, der flach und groß war. Wußte gar nicht recht, wie ich mich fühlen sollte. Es war saukalt und als Pancho einige Minuten später ankam, fielen wir uns in die Arme. und hatten noch genügend Energie, um uns anzu­lächeln. Im Osten ging nun die Sonne auf und tauchte alles in ein rotes Licht. Im Westen lag der Schatten des Huascaran auf der Sierra Negra. Fotos zu machen, war  ei­gentlich das Letzte, wozu ich in diesem Augenblick Lust hatte, trotzdem mit eis­kalten Fingern die Kamera herausgekramt, um das obligate Gipfelfoto zu schie­ßen. 30 Sec. ohne die drei Paar Handschuhe und die Finger sind eisig. Hatte immer Angst, daß sie durch die Kälte an der Kamera anfrieren könnten. Wir schafften den Gipfel in nur 3 h 10 min, was eine absolute Rekordzeit ist. An­dere Seilschaften brauchten 4   6 Stunden bei besseren Bedingungen. Stolz!  Nach 10 min am Gipfel Abstieg durch den in der Morgensonne rötlich leuchten­den Schnee. Nach 1h 10 min zurück im Camp 2. Habe mich im Zelt verkrochen, da es so saukalt war, und die Sonne noch auf der anderen Seite des Gletscher­überhanges stand. Schließlich mein Zeug zusammengepackt, was bei der Kälte und dem Wind ziemlich mühsam war und auf den Rückweg gemacht. Der Ruck­sack wog zwar schwer, aber ich war so euphorisch, daß ich eine Esel hätte ´runterschleppen können. Das steile Stück seilte ich mich ab und auch der Weg um die Spalten war ausgetreten   kein Problem. Bis ich endlich vom Gletscher unten war, zog es sich noch ordentlich und durch die Plastikschuhe hatte ich auch wilde Blasen. Konnte kaum mehr gehen und mußte fast alle Zehen mit Tape abkleben, um weiterzukommen. Das letzte Stück zum Moränencamp, wo ich meine Lederschuhe versteckt hatte, war dann noch recht übel. Auf dem glat­ten Fels gab es für die steife Sohle der Plastikschuhe kaum Halt. Das wäre ein Desaster, sollten meine Bergschuhe weg sein! Fand sie aber glücklicherweise und latschte zurück über den Gletscherschliff zum Basecamp. Es fing auch noch an zu regnen, aber das machte mir nichts mehr aus. Im Basecamp war dann glücklicherweise „Arriero“ (Eseltreiber) , der mir für 50 öS den Rucksack mit nach Musho nahm. Hätte ihm auch mehr gezahlt… Gegen 3 in Musho und erstmal or­dentlich gegessen und dein Bier getrunken, das mir gleich in den Kopf stieg. Da­bei verpaßte ich noch das letzte „Collectivo“ nach Mancos. Shit! Neun Kilometer laufen   gerade das, was mir heute noch gefehlt hatte! Nach ca. einer Stunde kam dann aber doch ein Auto, das mich mitnahm, danach mit dem Bus zurück nach Huaraz. Um 9 h zurück im „Lopez“ in meinem Zimmer # 8. Einer der besten Tage überhaupt!

 

Sa, 22.7.95

Wie erwartet, ausgezeichnet geschlafen. Bin total relaxed, denn die ganze An­spannung ist weg. Liege im Bett, will überhaupt nichts machen und fühle mich sauwohl. Nach so einem Tag und persönlichem Erfolg habe ich das Gefühl, als ob ich alles allein machen und erreichen könnte. Gestern wollte ich eigentlich noch ausgehen, aber sobald ich geduscht (lauwarm) und mich aufs Bett gelegt hatte, wußte ich, daß das nur Wunschdenken gewesen war, denn der Körper wollte sich nicht mehr so recht bewegen. Ging in die Stadt, kaufte ein paar Kas­setten(Beatles, Police, Tracy Chapman), Erdbeerpancakes und genoß es, absolut nichts zu planen und zu tun zu haben (was aber doch nicht so ganz funktionierte, denn am Nachmittag saß ich schon wieder über den Karten und las im Hand­buch). Nun habe ich meinen Gipfel, aber irgendwie weiß ich, daß dies nicht der letzte war. Wäre gut, mit ein paar Leuten von daheim wieder hierher zum Berg­steigen zu kommen. Vielleicht in ein, zwei Jahren. Traf auch alle anderen Typen wieder, die in den letzten Tagen unterwegs waren. Einige hatten weniger Glück: Die Schuhe gestohlen, Zahn ausgeschlagen, von der Sonne total verbrannt etc… Habe auch nach Hause telefoniert, wo die ganze Clique gerade auf der Terrasse beim Grillen war. Etwas Hitze würde mir auch guttun, von Toni´s gegrilltem Schweinebauch gar nicht zu reden.

Noch etwas zu den Einheimischen: Die Frauentragen alle geflochtene, tradi­tionelle Hüte und Röcke in bunten Farben, spinnen andauernd Wolle mit Hilfe einer Spindel, die sie, auch beim Gehen, wie ein Jo Jo auf und abschwingen lassen.

Gringo“ ist hier die traditionelle Anrede für jeden Nichtperuaner   ich glaube, daß das nicht unbedingt abwertend gemeint ist.

„Presta me un caramelle!“   wie in Afrika „Donne moiz un bic, stylo etc. “ > Mehr als ein Tourist pro Monat. Trotzdem nicht aggressiv oder wirklich unan­genehm   für alles, was man den Kindern (oder den Erwachsenen) gibt, be­danken sie sich vielfach und   wie ich glaube   auch wirklich ehrlich.

Abends noch in´s „Tambo“ zum Tanzen (bis 3 h)   mit den ganzen anderen Bergsteigern. Gute Typen: Hart arbeiten und feste feiern   sind keine so la­schen „Hippie Herumhänger Typen“. Auch Tanja war da   schöne Frau!

 

So, 23.7.95

Wenig gemacht. Gepackt. Wäsche gewaschen, Ordnung in meinen Sauhaufen gebracht. Will morgen los.

 

Mo, 24.7.95

Im „Patric´s“, wo es die besten Crepe`s gibt, gefrühstückt und mich von Tanja verabschiedet. Habe ihr erzählt, daß ich nach Lima muß und vielleicht wieder zu­rückkomme. Abfahren ist immer Scheiße   keiner versteht, warum ich weg bzw. weiter will   ich inbegriffen. Man kann ja auch nicht sagen, daß man woanders hin will, wo es vielleicht schöner oder interessanter sei, denn dann wären alle   verständlicherweise   beleidigt. Bin nach Norden, nach Carhuaz, von wo eine Straße über die Cordillera Blanca nach Westen führt. Sauschlechte Straße durch kleine Dörfer   hier scheint bei jedem Haus ein aggressiver Wachhund zu sein. Anders als sonst sind die Hunde hier weit ausdauernder und verfolgen mich schon ´mal für 30   60 sec, eine recht lange Zeit, um neben einem kläffenden Kö­ter herzufahren. Dann ging es in ein langes Tal hinein, links und rechts verglet­scherte Berge und am Talende in Serpentinen bergauf. Ich weiß nicht, wieviele es waren oder wie lange es so dahinging, aber es kam mir unendlich vor. Immer weiter ging´s nach oben und bei einigen Kurven mußte ich sogar   wegen der Höhe (4890 m)   die Kupplung schleifen lassen, um genügend Power zu haben (und das bei einer 1000er!). Dachte mir: Jetzt muß irgendwann ein Tunnel kom­men, denn dort oben kann unmöglich eine Straße sein. Aber es ging weiter über den Gletscherschliff und das Ende des Gletschers auf der gegenüberliegenden Talseite lag bereits unter mir, als nach einigen exponierten Kurven endlich der Einschnitt am höchsten Punkt des Passes erreicht war. Der Weg nach unten führte schließlich vorbei an verschiedenartigen Gletscherseen und Dörfern, in denen die Zeit stehengeblieben zu sein scheint. Ich dachte nicht, daß es so et­was hier gibt. Kein Strom, kein Geschäft, kein Cola Schild! Die Leute sind beim Weizentrennen, Spinnen, Kochen auf dem Feld, treiben Esel, Kühe, Schafe, La­mas etc.. Alles in braun roten Erdtönen, ich werde den Eindruck nicht los, im Mittelalter zu sein. Als ich stehenbleibe, versteht mich keiner, alle sprechen nur Indianerdialekt. Das Land ist trocken und das wenige Grün kommt von den Bäu­men und den kleinen Flecken, auf denen Gemüse angebaut wird. Geld wird in dieser Gesellschaft   so glaube ich   wohl wenig verwendet. Total ausgehungert komme ich nach 5 Stunden (in denen ich vielleicht 100 km geschafft habe) in Chacas an und kaufe etwas zu essen. Im Mercado wird in kleineren Ställen über Holzfeuer gekocht, alles ist schwarz und verrußt, aber der Nudelstampf schmeckt ausgezeichnet. Nur wenige Leute sprechen hier Spanisch. Weiter in San Luis trinke ich ein Bier mit rauschigen Einheimischen unter einem Baum am Dorfplatz. Wollte eigentlich auf dem Weg nach Huari campen, es gab auch einige schöne Plätze (wobei ich einmal fast steckengeblieben wäre), bin aber dann in der Dunkelheit doch noch bis Huari gefahren. Zurück im Reich des elektrischen Lichts. Moto steht im Restaurant und ich schlafe im versifften Hotel für 20 öS   ohne Wasser. Campen wäre besser gewesen!

 

Di, 25.7.95

Morgens auf dem Markt mit der Menge gequatscht, die sich ums Moto versam­melt hat. Viel Spaß, als ich mit meinen paar Wörtern Chechuan angegeben habe (Chi Chi = Busen, Wahi = Haus, Tumi = Stein etc.). Es ging dann hinunter durch ein Tal, wo ich noch mit alten Frauen am Wegrand Tee trank und „Mani“ (Erdnüsse) gegessen habe. Da hier keine Straße direkt nach Huamco?? geht, muß ich ins Santa Tal und dann noch einmal über die Sierra. Zwei Pässe über 4800 m. Komme durch Chavin, aber ich habe keinen Bock darauf, die Ruinen anzuschauen. Dann geht´s hinauf auf den Paß, wo es ganz oben durch einen Tunnel geht, der voll Wasser ist, 30 40 cm tief, im Dunkeln. Bin platschnaß, als ich auf der anderen Seite ´rauskomme. Danach tolle, weitoffene Tallandschaft und schnelle Piste, bis ich für 8 km wieder auf Asphalt bin. Danach Richtung Pa­sto Ruri?? durch den Nationalpark de Huascaran. Statt zum Gletscher geht es aber über mehrere Täler, immer knapp unter der Schneegrenze, weiter nach We­sten. Grandiose Aussichten! In der Ferne alle möglichen, schneebedeckten Gip­fel   viel davon namenlos. Verkehr hier oben ist praktisch Null. Nur zweimal be­gegnete mir ein Lastwagen. Das war genau die Gegend , die ich im Kopf hatte, als ich die Tour plante und davon träumte, hier herumkurven zu können. Schließ­lich wieder talwärts, dabei kam ich durch eine kleine Bergbaustadt. Gab es bis­her, wenn Häuser auftauchten, immer nur mit Gras bedeckte Steinhütten oder Hütten, die wie Iglus aussahen und nur aus Gras bestanden, so war hier eine richtige Siedlung mit gemauerten Mehrfamilienhäusern (fast wie in Hochfilzen). Alles auf den ersten Blick sehr ordentlich. Es gab sogar Geschäfte, seit Stunden die ersten, Strom und ein Restaurant. Dachte mir, die Menschen haben es gut hier, zumindest weit besser als die Bauern weiter oben in der Sierra. Auf den zweiten Blick sah man aber, wie total verschmutzt das ganze Dorf war. Viele Be­trunkenen am hellichten Tag und auf der anderen Talseite lagen armseligste Hütten, gebaut aus dem Abfallmetall der Mine. Der Fluß führt eine rötliche Brühe und ich zweifelte daran, daß die Menschen hier es wirklich besser haben. Indu­strialisierung ist eine zweischneidige Sache, vor allem hier   unter Zuständen, wie in Europa während der industriellen Revolution. Als ich ein paar Kinder fragte, was hier eigentlich abgebaut wird, wußten sie es nicht einmal! Unver­ständlich, da die ganze Siedlung offensichtlich nur wegen der Mine existiert. Wei­ter unten kam dann ein Müllberg, was es sonst hier nicht gibt, und ein total ver­schmutzter See. Es wurde dann aber wieder schöner und ging durch eine Schlucht, die so eng war, daß gerade der 2 m breite Weg und der Fluß Platz hat­ten. Die Felsen hingen über, sodaß der Himmel nicht mehr zu sehen war. Dann wurde es richtig dunkel und schlammig. Geil. Wieder ´rausgekommen, waren ich und das Moto von einer grauen Schlammschicht überzogen   „A Kodak Moment“! Da alles naß war, blieb ich dann in La Union, was aber wieder wenig Sinn hatte, denn im Hotel gab es weder Strom noch warmes Wasser. Weiter im Dreck…

 

Mi, 26.7.95

Um 3 Uhr morgens im 125 öS 3 Stern Hotel. Kann nicht mehr schlafen, denn die Musik, die aus irgendeiner Disco dröhnt, ist zu laut und das Fenster kann ich nicht schließen, weil ich meine Hose zum Trocknen hinausgehängt habe, die ich gestern mit in die Dusche genommen habe, um den ärgsten Schlamm ´rauszuwaschen. Gestern hat´s mir wirklich gereicht: Gleich morgens ein Pat­schen (vorne), der erste seit mehr als zwei Monaten. Dauerte fast zwei Stunden, bis der geflickt war.  Zig Leute ums Moped und alles lachte, als ich den Schädel an der niedrigen Tür der Fahrradwerkstatt anhaute. Da es keinen Strom im Dorf gab, hieß es, mit der Handpumpe zu operieren   Knochenarbeit. Gestern sagte man mir, daß es ca. 2   3 Stunden bis nach Huãnnco?? sind   Denkste! Es ging endlos dahin und die miserable Straße ging mir schon sehr auf den Nerv. Hatte einfach keine Lust auf Schotter und Dreck. Viele Stellen waren auch total ver­sandet   mit unter dem feinen Staub versteckten Steinen. Sehr anstrengend die Fahrerei, vor allem, wenn man eh keinen Bock hat. Die letzte Stunde von insge­samt 6 bis Huãnnco?? gab es dann eine absurde, lächerlich schlechte Piste   Bachbett. Verstehe ich nicht, denn es gab auch 10  15 Busse und Autos, also relativ viel Verkehr und trotzdem wird der Weg nicht repariert. Hatte gar keine Lust und Augen für die Landschaft, die hügelig war   mit all den kleinen Feldern an den Hängen in Mosaikform. Alles in Braun, Rot und Gelb. Ohne Bewässerung wächst hier nicht viel. Überhaupt macht Peru einen recht wüstenhaften Eindruck. So richtig saftig grüne Felder oder Bergwiesen habe ich hier noch nicht gesehen. Als ich schlußendlich in Huãnnco??, der einzigen größeren Stadt im Verlauf von Tagen, ankam und mich gleich einer mit den üblichen Moto Fragen bombar­dierte, verließ ich trotz des Mordshungers, den ich inzwischen hatte, das Lokal und suchte einen ruhigeren Platz für´s Essen. Alles tat mir weh von der Schütte­lei und es dauerte einige Zeit, bis ich wieder ansprechbar war. Im Hotel dann die erste heiße Dusche seit einem Monat.

Ständige mit „Gringo“ angesprochen zu werden, geht mir auch auf die Ner­ven. Reagiere schon ziemlich sauer darauf. Manchmal versuche ich den Idioten zu erklären, daß Gringos US Amerikaner sind und daß ich es, weil ich eben kei­ner bin, es nicht mag, mit diesen verwechselt zu werden. Es wäre ja so, als ob ich einen Peruaner einen Ecuadorianer nennen würde und das würden sie ja auch nicht mögen. Manche schauen dann nur blöd, andere sind etwas be­schämt und einmal entschuldigte sich sogar einer. Ich glaube aber, daß es vergebliche Missionsarbeit ist.

 

Do, 27.7.95

Was für ein Tag. Konnte um 3 Uhr früh nicht mehr schlafen, bin daher aufge­standen. Weckte den Nachtportier (war gar nicht so leicht, denn der schlief wie ein Murmeltier vor dem Fernseher, in dem ein billiger Horrorfilm lief), sagte ihm, daß ich abfahren wollte und die Sachen aus meinem Zimmer holen würde. Als ich zurückkam, schlief er schon wieder. Still und leise packte ich daher das Moto, schob es aus dem „Parquamento??“ und verduftete. Hatte erst ein schlechtes Gewissen dabei, ohne zu zahlen abzuhauen, aber das verging. Was schläft er auch so viel… Es war saukalt und ich zählte die Minuten, bis es endlich hell wurde. Bei der ersten sonnigen Stelle wärmte ich mich dann erst mal eine halbe Stunde lang auf und bis 8 Uhr hatte ich dann schon mindestens vier Tee­stops (Apfelschleimtee mit Anis) hinter mir. Dann ging es hinauf auf ein Hochpla­teau und wurde noch kälter. Weiß nicht wie kalt, aber mit dem „Wind chill“ Faktor si­cher an die  15 bis  20°. Ich fror und der Rotz wirbelte nur so hinter der Verklei­dung des Motos. Bei einem Stop gab mir ein Mann, ohne etwas zu sagen, gleich eine Tasse heißen Kaffee   er hatte es mir wohl angesehen. Wegen der Kälte konnte ich das schöne Plateau, eingerahmt von schneebedeckten Bergen mit mehreren Seen, gar nicht so richtig genießen. Wie auch schon in den vergange­nen Tagen fuhr ich nicht so viele Kilometer, weil eben die Straßen so schlecht waren. Zweimal donnerte ich über scharfe Kanten   ist ein echtes Wunder, daß die Felgen nicht hin sind. Unglaublich, was die Maschine so aushält! Als ich dann endlich in La Oroya ankam, von wo aus ich weiter durch die Berge nach Süden wollte, war die Straße blockiert wegen „patriotischer Feiern“ (die insgesamt drei Tage dauern sollten), und ich hätte mind. 4 Stunden warten müssen. Überlegte hin und her, aber in diesem Bergbaukaff wartend herumzuhängen, war mir dann doch zu langweilig, beschloß daher, die Berge zu streichen und über Lima nach Nasca zu fahren. Anden gibt´s in Bolivien noch zur Genüge. Diese ganzen Feiertage gehen mir  als Tourist eher auf den Nerv, als das man etwas davon hat. Alle Banken sind geschlossen und sie Hotels sind voll oder erhöhen die Preise. War schon in der Osterwoche in Venezuela so oder in Kolumbien an den beiden Montagen, als alles zu hatte. Die Fahrt nach Lima war dann gar keine so schlechte Idee, denn die Szenerie war schlichtweg spektakulär. Das ganze Tal ist Bergbaugebiet   man sieht auch sofort, warum: Die Berge sind satt rot, orange, grünlich. Chrom, Kupfer, Zink   und manchmal ist nur schwer zu unter­scheiden, welcher Teil eines Berges bzw. Schutthaufens natürlich oder von Men­schenhand geschaffen worden ist. Alles ist aufgeschüttet und durchlöchert, das ganze Gebiet ist übersät mit aktiven und aufgelassenen Bergwerksanlagen. Wenn ich als Kind hier aufgewachsen wäre, würde ich jeden Winkel kennen. Durch das Tal läuft auch die höchste (5800 m) Normalspureisenbahn der Welt. Sie windet sich wild aufwärts durch  zig Tunnel und über unzählige Brücken. Gi­gantische Ingenieurs  und Arbeiterleistung, wenn man bedenkt, daß dies nur mit minimalem Maschineneinsatz geschaffen werden konnte. Fuhr also unter nach Lima. Auf 178 km von 4800 m auf 0 m. Ständiger Druckausgleich und ich genoß es, als es endlich wärmer wurde. Gott sei Dank gibt es eine Umfahrungsauto­bahn, sodaß ich nicht direkt nah Lima hinein mußte. Was ich schon von weitem sah, das reichte mir. Ca. 30 km vom Zentrum entfernt beginnt der Smog und die Temperatur sank wieder empfindlich. Da man bei diesen Moloch Städten nie weiß, wo sie anfangen oder aufhören, kann ich nicht einmal mit Sicherheit sagen, ob ich überhaupt in Lima selbst gewesen bin. Geriet jedenfalls in eine weitere „patriotischer Veranstaltung“ mit Parade etc., durch welche ich dann aber einfach durchfuhr. Störte keinen   war Teil der Attraktion. An Kreuzungen fuhren prinzi­piell alle gleichzeitig los, was jeweils in einem Mordsstau mit Hupkonzert endete. Schließlich war ich so froh, auf der richtigen Autobahn, der Panamerikana del Sur  zu sein (was trotz allem eigentlich sehr einfach), daß ich mir Toblerone und Orangennektar zur Belohnung gekauft habe. 10 Sol (50 öS), ein Vermögen, vor allem deshalb, weil ich jetzt nur noch 20 Soles übrig habe, mit denen ich nun bis zur nächsten größeren Stadt durchkommen muß. Durch grauen, schmutzigen Nebel ging´s dann nach Süden, nur die Sonne, die wollte und wollte sich nicht zeigen. So wirkt die Wüstenlandschaft (der Hocama??) ziemlich trostlos und macht depressiv. Auch das Meer wirkt wegen des kühleren Wetters nicht unbe­dingt einladend. Campe abseits der Straße in der Wüste. Nachtruhe um 7:30 h. Totale Stille. Außer den gelegentlichen LKW nur das Dröhnen des langen Fahr­tages in meinen Ohren.

 

Fr, 28.7.95

Morgens im Walkman „Police“ zum Aufpacken. Fängt an zu regnen und ist alles andere als freundlich. Aber wie immer   am frühen Morgen bin ich guter Stim­mung und es macht mir nichts aus. Wenn dieses Wetter am Nachmittag wäre und ich gerade auf der Suche nach einem Platz zum Schlafen, würde es weit mehr auf das Gemüt gehen. Habe in Ica, der nächstgrößeren Stadt, einen Kaffee getrunken und das Moto am Hauptplatz, der in Peru immer  „Placa de Armas“ heißt, abgestellt. Wieder waren patriotische Feiern im Gange und da das Moto genau dort stand, wo die Parade stattfand, liefen alle einen Bogen um uns herum. Es erregte mindestens so viel Aufsehen wie die Marschkapelle. Aber die Polizisten, die den Verkehr regelten, hatten mich ja genau dorthin gelotst   also denke ich, das es schon ok war    außerdem ein Aufputz für den ganzen Umzug. Überhaupt wurde ich, trotz der  zig Kontrollstellen, so gut wie nie von der Polizei aufgehalten. Und wenn, dann wurde ich nur ermuntert, schnell zu fahren. „Wenn Du 100 fährst, bist Du in einer Stunde dort, mit 150 in 45 Minuten“. Die Peruaner, die hauptsächlich in Bussen unterwegs sind (Privatfahrzeuge gibt es nur we­nige), müssen sich in Listen eintragen, die bei fast jeder Ortsein  bzw.  ausfahrt kontrolliert werden   was für eine Schikane! Als Tourist habe ich Narrenfreiheit. Bin schließlich nach Oazca??, wo es die berühmten unerklärten Linien gibt. Wollte sie mir eigentlich per Flugzeug ansehen, aber die 50 U$ für 30 min Rund­flug   bei schlechtem Licht   sind mir dann doch zu „steil“. Auch Potschi, ein Freund des fetten Kameramannes Reginald aus Huaraz, dem die Learocondor?? gehört, macht mir keine Offerte für einen Gratisflug. Also nix. Habe dann ge­dacht, er könne mir helfen, einen 16 26 er O Ring für´s Moto aufzutreiben, aber an zwei Verabredungen hat er sich nicht gehalten   also was soll`s. Zuviel Geld und zuviel zu tun, um sich noch um einen Touristen zu kümmern. Sehe abends zwei Suzuki DR´s?? in der Stadt herumstehen   ohne Fahrer. Hätte Lust auf et­was Benzingequatsche. Doch seltsam, daß jemand für fast eine Stunde   wäh­rend der ich dort war   die aufgepackten (wenn auch nicht viel) Maschinen alleine herumstehen läßt.

Abends sind die Straßen voll mit jungen, feiernden, besoffenen Leuten.

 

Sa, 29.7.95

Morgens in eine der Hinterhofwerkstätten, um den kaputten Schalthebel O Ring auszuwechseln. Die Werkstatt ist zwar ein Saustall mit Erdboden, der Typ weiß aber, was er tut. Finde den passenden O Ring natürlich in keinem der 10 Ge­schäfte, in denen wir fragen, bastle dann aber eine Notlösung, die   so glaube ich    auch halten wird. Erst gegen 12 h bin ich dann los. Kalt und windig. Der Sand peitscht so hart ins Gesicht, daß ich die Maske brauche. Dünen und Sandverwe­hungen auf der einen, das Meer auf der anderen Seite. Einmal kommt der  Wind vom Meer, dann wieder plötzlich Wolken und er bläst von den Bergen. Seltsam. Es geht durch kleine, trostlose Fischerdörfer und ist grau und kalt. Manchmal rei­chen die Dünenberge bis ganz ans Meer heran und die Straße  windet sich an den riesigen Sandhängen entlang, steil zum Meer hin abfallend und natürlich ohne Leitplanken. Ein paar Mal entkommt mir ein lautes „Whow“, als ich um eine Kurve biege und unter mir nichts als weiße Brandung sehe. Es wird felsiger und dunkel. Suche einen Zeltplatz, was einige Zeit dauert. Ich will nicht gesehen wer­den, aber selber einen guten Ausblick haben. Zwei Dinge, die gar nicht so leicht miteinander zu vereinbaren sind… Finde aber schließlich einen Platz (mit Blick auf´s Meer), dessen einziger Nachteil   so hoffe ich zumindest   der pulvrige Weichsand ist. Bin gespannt, wie ich da morgen wieder herauskomme.

 

So, 30.7.95

Mit etwas Geschick kein Problem, der Sand ist jedoch unheimlich fein und hat sich überall festgesetzt. Weiter nach Süden auf der Panamericana, die sich der Küste entlang durch die Wüste windet. Ausgiebiges Frühstück an einem Truckstop mit Milchkaffee, Pudding und freundlichem Schwatz mit anderen Gä­sten. Diesmal ausnahmsweise nicht übers Moto, sondern Präsident Fujimori, Po­litik etc.. Bei Camana dann getankt und nach Westen in Richtung Arequipa ab­geschwenkt. Das Benzin ist hier wirklich teuer   reißt ein ziemliches Loch in meine Tasche. Da ich jeden Tag 200 300 km gefahren bin, waren das auch im­mer gleich  ?? 1   150 öS pro Tankfüllung. Die Soles schwinden nur so dahin. 84 Oktan und die Gallone für ~20 öS geht ja noch, aber 95er kostet gleich über 30 öS und das läßt mich bluten. Aber mit dem billigeren Benzin zu fahren ist einfach kein Spaß   Moto zieht nicht mehr und klingelt   vor allem in der Höhe ist das dann nervig. Oben auf dem Plateau schnurgerade Asphaltstraße durch die Wü­ste   schön. Ich suche in einem Dorf die Abzweigung zum Colca Canyon, doch die Frauen, die direkt an der Straße Essen verkaufen, können mir keine Auskunft geben, obwohl gleich daneben ein Schild mit dem Ortsnamen „Huambo“ steht, nach dem ich gefragt habe. Ihre Gäste sind offenbar hauptsächlich Busreisende, die aus dieser Richtung kommen müssen und trotzdem haben sie keine Ahnung. An der Verständigung kann es wohl nicht liegen, denn mein Spanisch ist dafür ok. Auch beratschlagten sie sich untereinander   oder sind sie einfach nur sau­dumm? Ging erst über eine stotterige Ebene und dann langsam bergauf. Schöne Gegend   die Berge nicht so hoch und schroff wie in der Cordillera Blanca, son­dern weicher. Sogar etwas Grün gibt es wieder, einen Menschen aber habe ich  auf den letzten 100 km nicht gesehen. Dachte, daß es hier zumindest einige Bauern gäbe. Irgendwann sehe ich dann eine riesige Staubwolke über den Ber­gen, die von einem Vulkan herrührt. Whow! Bis ich allerdings in Sichtweite des­selben komme, vergeht noch eine halbe Stunde und die Wolke verzog sich in alle Richtungen. Habe eigentlich gedacht, am Rande des Canyons entlang zu fahren, aber dieser kommt erst während der letzten 2 Stunden in Sicht und war eine ziemliche Enttäuschung. War zwar tief (3223 m), aber dies nur auf einer kurzen Strecke und bei weitem nicht so breit, wie ich ihn mir vorgestellt hatte. Auch Condore, die es hier ja geben soll, habe ich noch nicht gesehen. Nicht so toll, weit interessanter waren da die Felder, die terrassenartig in Schleifen und Mu­stern angelegt sind. Leider kein ordentliches Licht für Fotos. Die letzten Kilometer bis Chivay?? habe ich auf guter Piste hinter mich gebracht. Kann immer nur sooo viel Schotter am Tage fahren   irgendwann reicht es dann. Im Hostal bekomme ich vier Decken für  das Bett. Könnte wieder etwas Wärme vertragen.

 

Mo, 31.7.95

Wollte eigentlich schon um 4 Uhr abfahren, da ich mir für heute das ganze Stück über den Altiplano nach Cuzco vorgenommen hatte. Aber als der Alarm losging, war es so eisig kalt, daß ich das Bett auf keinen Fall verlassen wollte und somit an Fahren sowieso nicht zu denken war. Als ich dennoch um 6:30 h abfahrbereit war, trank ich erst einmal einige Blechtassen heißer Milch, um halbwegs aufzu­tauen. Die Fahrerei war dann anfangs sehr mühsam: Mußte alle 10 km stehen­bleiben, um die steifgefrorenen Finger aufzutauen. Hatte sicher  5° und dazu den Wind. Das einzig Positive war, daß es nur wärmer werden konnte. In Yauri, einem ziemlichen Kaff, zu Mittag gegessen und mich von der dummen Menge, die zuschaute, wie ich die Stiefel putzen ließ, Fanta trank und aß, schneuzte usw., nerven lassen. Die Fahrerei hat mich schon ziemlich angekotzt, die ewige Rüttelei und Ausschau nach der optimalen Spur. Insgesamt 9 Stunden auf Schotter   konnte es kaum glauben, als ein Lkw Fahrer mir sagte, es seien nur noch 3 km bis zum Asphalt. Mußte dabei an Franz denken, der in Afrika den Beginn der as­phaltierten Straße küßte   hätte es beinahe auch getan. Dann noch zwei Stun­den im Eiltempo nach Cuzco. Kurvte durch die Stadt, doch es schien so, als sei kein Zimmer zu bekommen  alles voll. Am Beginn der Reise hätte mich das wahrscheinlich beunruhigt bzw. mir Sorgen bereitet   aber ich wußte, daß sich irgendetwas ergeben würde. Tatsächlich kam ich auch unter in einem Privathaus, bei einem Bekannten eines Angestellten in einem Hostal. Moto sicher, großes Zimmer und nur  7 Soles   es gibt immer einen Weg.

 

Di   Mi, 1.   2.8.95

Dienstag erstmal nix gemacht und am Plaza de Armas Stadt und Sonne genos­sen. Habe die vielen Touristen beobachtet, die die Stadt fotografieren. Ist wirklich schön hier. Viele der Steinmauern stammen noch aus der Inca Zeit und es gibt jede Menge alter Kirchen. Habe aber wenig Bock, viel zu unternehmen. Ir­gend­wie bin ich ausgebrannt und will in La Paz erst wieder einmal einen Plan für die nächsten paar Monate fassen und mich neu organisieren. Alle Zeit steht so et­was an. Traf Veronika, eine Argentinierin; mit der und deren Freundinnen ich die meiste Zeit des Tages verbrachte (herumhängen, quatschen, einer spielte Gi­tarre etc.) und abends noch ins „Mama Africa“ auf einige Biere und Tänze ging. Da es heute in ganz Cuzco kein Wasser gab, wurde eswieder nichts mit einer, wenn auch lauwarmen „Elektrodusche“. Gestern hätte mich fast der Schlag ge­troffen beim Versuch, sie in Gang zu bringen. Sind gefährlich, diese Dinger! Kurz in die Stadt, wo ich eigentlich etwas Spanisch lernen wollte. Traf aber Nicolas, einen Peruaner aus Lima, der in seinem Haus eine Schachtel von 30 x 30 x 30 cm voller Pot hatte. Unglaublich, so etwas habe ich noch nie gesehen. War mir aber zu heiß, in seiner Nähe herumzuhängen   bin deshalb zurück ins Hotel, um einige Kleinigkeiten am Moped zu richten und den Rest des Nachmittags zu verdösen.

Hatte immer das Gefühl, als ob ich jeden Augenblick einen Bekannten treffen würde   war aber nicht.

Eine Stunde zum Geldwechseln mit MC   ein Witz, und dazu kassieren sie noch ~10% Kommission.

Wollte einen 16 x 26er O Ring kaufen und von 10 Geschäften fragten 4, ob 16 mm der Außen  und 26 mm der Innendurchmesser sei. Sind die hier alle dumm?   allgemeine Betrachtung, wie ernst die Leute ihre Arbeit nehmen.

Cuzco ist wirklich, wie Alona sagte, eine Party Stadt.

 

Do, 3.8.95

Gleich morgens Hatte ich excellent schlechte Laune. Die Touristen, die beim Frühstück die üblichen Fragen stellten, speiste ich mit Yes/No ab. Die Einhei­mi­schen aber waren noch schlimmer. Geht schon auf den Geist, die „Dummheit“ hier. Tut mir leid, aber ich muß die Dinge beim Namen nennen. Wa­rum antwortet der Tankwart auf die Frage, wo es 95er Benzin gäbe: „Shi no hay?“. Wa­rum räumt keiner der Collectivo Fahrer den fußballgroßen Stein weg, der seit zwei Tagen mitten auf der Straße liegt und um den sie 15x am Tage herumfahren müssen? Wa­rum fahren alle wie die Irren? Scheint das Einzige zu sein, was hier schnell geht. Blinken   unbekannt. Auf andere Rücksicht nehmen   unbekannt. Es scheint, als ob ich nur die Wahl habe, mich auf übelsten Pisten in Sicherheit ab­zuplagen oder auf Asphalt mit den ganzen Wahnsinnigen duellieren zu müssen. Wa­rum warten sie, bis ich auf 20 m heran bin, ehe sie   plötzlich im Laufschritt   ihre Kühe, Schafe und Lamas über die Straße treiben? Wa­rum hat niemand je Wechselgeld? Wa­rum kann mich niemand ´mal etwas anderes fragen als „Quanto vale esta moto?“. Und warum wiederholen sie immer alles, was man sagt, indem sie zu ihrem Nebenmann sagen: „Dice que blabba?“. Wa­rum muß man auf einen Kaffee 20 min warten? Wa­rum schreien die Kinder einem dauernd „Gringo“ nach? Glauben sie vielleicht, daß ich nicht weiß, daß ich kein Peruaner bin? Wa­rum stehen sie um einen herum, gaffen blöd und reden über mich? Glauben sie, ich bin taub? Wa­rum gibt es auf 400 km kein Hinweisschild? Wa­rum gaffen einen die Frauen mit offenem Mund an, bringen ihn aber nicht auf, um ein „Hola“ zurückzugrüßen? Wa­rum haben es die Incas fertiggebracht, tolle Bauten aus Stein herzustellen und heutzutage wird alles aus weit weniger haltba­ren und in meinen Augen auch häßlicheren Adobe??ziegeln gebaut? Und so weiter. Mir würde sicher noch mehr einfallen, aber jetzt ist´s mir fürs erste einmal besser. Schlechte Laune also überwiegt, bin z. Z. ziemlich genervt und gesättigt. Will nix anschauen, kaum eine Attraktion reizt mich. Fahrerei war dann schön (und sauschnell   100 120 km/h auf der Piste!) und zum Schluß staubig. Erster Blick auf den Titicacasee! Die Farben sind einfach gigantisch! Leichtgrüne Berge, hellblauer Himmel, dunkler See.

 

Fr, 4.8.95

Zur Grenze ging´s schnell. Live viel Betrieb und ich muß mir den Weg durch 3 rädrige Gespanne, voll mit waren aller Art, und Tausende ??  Menschen bah­nen. Nachdem ich eine halbe Stunde auf den Zöllner gewartet habe, geht auch alles sehr schnell und unbürokratisch. Kaufe an einem Stand in Bolivien Fisch mit Reis und werde von einer Frau in Landestracht auf Deutsch angesprochen. Sie war vor vielen Jahren Kindermädchen in München und spricht noch immer etwas Dialekt. Sehr, sehr seltsam. Danach noch 100 km nach La Paz. Die Stadt­einfahrt ist eine Bachbettpiste. Unglaublich. 1,8 Mio Menschen hier und dann so eine „Straße“. Ins Hotel „Austria“ und abends durch die Stadt spaziert. Zu meiner Freude traf ich dann Chris & Markus, die ich von Panama und Kolumbien kenne. Gut. Ziehe zu ihnen ins Hotel, wo wir die Motos im Hof parken können.

 

Sa   Di, 5.   8.8.95

Die letzten Tage: Post abgeholt, am Moto gearbeitet, Teile gesucht, geschrieben etc., in einem Wort: Streß! La Paz ist ok Mit einem architektonisch nicht gerade beeindruckenden Altstadtteil und den Siedlungen der Reichen, tiefer unten gele­gen, wo es wärmer ist. Ansonsten ist die Stadt tot. Keine dezente Kneipe, in die man abends gehen könnte und die Kinos spielen auch nur Ami Schund. Trotz­dem haben wir es geschafft, uns ein , zweimal ordentlich zu besaufen. Bin es einfach nicht mehr gewöhnt. Das eine Mal in zwei Kneipen mit Chris, Markus, Daniel (CH) und Chris (CH). Absolut nervig, denn die besoffenen Einheimischen lagen uns permanent in den Ohren. das zweite Mal in der Pension, wo Markus mit einer Flasche „Zar“ Wodka ankam und mir ordentlich einschenkte. Schon lange her, daß ich gekotzt habe. Dazu noch ein Joint und ich war absolut „be­treut“??   schlimm. Aber wie sagt Chris immer? „Es wird alles wieder gut“.

 

Di, 9.8.95

Mordsstreß, da ich mit Chris und Markus nach Süden weiter will. Habe die Post noch nicht erledigt, was mich ziemlich nervt. Will das endlich aus dem Weg ha­ben. Morgens beide Reifen gewechselt. Der Metzeler Enduro 3 ist wirklich der letzte Mist. Ok, ich bin viel schnell gefahren, aber nach 3500 km dürfte ein Reifen für 1400 öS noch nicht so schlecht aussehen. Heraus aus der Stadt und mit 80 90 km/h nach Süden. Ereignislose Fahrt über den Altiplano. Das Aufregendste war, als der Km Anzeiger auf 26.000 Meilen sprang. Nacht in Ovuro.

 

Do, 10.8.95

Erst auf Asphalt, später Piste. Wollen nach Sucre, aber alle Zeit  bzw. Kilome­terangaben widersprechen sich. Wie so oft habe ich keine Idee, wie lange es dauern wird, bis man irgendwo ankommt. Fragte einige Leute   die Auskünfte differierten von 1 1/2   9 Stunden! Superpiste jedenfalls und mit den neuen Rei­fen geht´s auch geil vorwärts. Auf dem Altiplano über schnurgerade Strecke mi über 100 Sachen unterwegs. Habe auch jede Menge Fotos gemacht. Lamas mit roten Bändern an den Ohren und die unglaublich karge und dennoch schöne Landschaft. Südlich von Uncuia kamen wir an einer Goldmine vorbei. Im Fluß, der das Abraummaterial mit sich führt, waschen die Einheimischen das heraus vom Gold, was noch übrig ist. Stoppte bei zwei Typen, die mit Geräten (Schüssel & Spaten) wie vor 100 Jahren auf den Knien nach Gold schürften. Hoffe, daß die Fotos ´was werden… Beide hatten ganz grüne Zähne vom Kauen der Koka­blätter. Dann suchten wir in einem der unzähligen Canyons einen Platz zum Zelten, wobei sich Chris auch gleich ordentlich in den Schlamm eingrub. Dauerte ewig, bis das Moto wieder flott war. Schöner ruhiger Abend   endlich war es auch wieder etwas wärmer.

 

Fr, 11.8.95

Feuer gemacht und Kaffee gekocht. Ein Platz für die Camel Zigarettenwerbung. Markus´s Batterie war leer und so mußten wir erst das Moto in Gang bringen, bevor es losgehen konnte. Gut, daß ich noch ein Kabel gekauft hatte! Dann durch einige wunderschöne Canyons auf guter Piste in Richtung Sucre. Mittag­essen für 2 Bolivares (5 öS) in einem windigen Nest. Alles total voller Staub und die Marktfrauen hatten alle Hände voll zu tun, um ihre weißen Schirme festzuhal­ten. Später hielt ich wieder in einem Ort an, um etwas zu trinken. Da war es so staubig, daß ich die Motorradbrille aufsetzen mußte, um etwas sehen zu können. Saß vor der Tienda und trank mein Refresco, als ein Betrunkener die Flasche umschüttete. Ich war angefressen, da auch der Rest vom Ort sich aus irgend­welchen idiotischen Gründen über mich lustig machte, und stieß den Typen fort von mir. Alles war gespannt, was passieren würde. Ungute Stimmung, bis der Besitzer des Geschäftes eine Pistole hervorholte, um die ganzen lästigen Typen zu vertreiben. Danach konnte ich in Ruhe austrinken und machte mich   im wahrsten Sinne des Wortes   aus dem Staub. Am späten Nachmittag tauchte die Sonne die Berge in die unglaublichsten Farbtöne   Dunkelrot, intensives Gelb, Orange   toll. Durch einige kleinere Täler erreichten wir schließlich Sucre, die alte (?) Hauptstadt Boliviens (La ciutad blanc   wegen der vielen weißen Häuser).

 

Sa. 12.8.95

Endlich Zeit gefunden, wieder einen Schwung Briefe zu schreiben. Bin gespannt, wer mir diesmal antworten wird. Manche Leute, von denen ich sicher war, Post zu bekommen, haben nie geantwortet, während Leute geschrieben haben, mit denen ich eigentlich nicht gerechnet hatte. Sucre ist eine recht schöne Stadt mit etlichen alten Gebäuden, vor allem rund um die Plaza, aber dennoch nichts ab­solut Berauschendes. Wie die meisten Städte Boliviens sehr ruhig, es gibt nur wenige Autos und ab 8 Uhr abends ist alles „tot“. Wollten gerne ausgehen, aber es war nicht so einfach, eine Bar zu finden. Die Leute sind lang nicht so lebhaft wie in den anderen Teilen Südamerikas   vielleicht ist es auch die Höhe, die alles so langsam macht.

 

So, 13.8.95

Gegen 11 Uhr auf nach Polosi. Alles Asphalt, was mir nur recht sein konnte   ich hatte eh keine Lust zum Fahren. Ging mir fast etwas zu schnell   ich hätte leicht noch einen Tag bleiben können. Aber das ist halt der Nachteil, wenn man zu dritt reist und so nicht mehr genau das machen kann, was man eben will. Mehr­heitsentschluß zählt. Schöne langsame Sonntagmorgenfahrt, leichte Kurven. Gab nur einen Berg, der nicht asphaltiert war. Von oben gab´s einen schönen Blick auf das Tal, das ausgetrocknete Flußbett und die Straße, die sich zwischen den braunen Adobe??häusern durchwand. Erstaunlich war, daß es trotz der ausgezeichneten Straße keine Geschäfte oder Restaurants entlang der Strecke gab, nicht einmal eine Tankstelle. Ich glaubte immer, daß Verkehrswege die Wirtschaft stimulieren würden (aber siehe Zaire   Autobahnstück mitten im Dschungel). Polosi, die alte reiche Bergwerksstadt, machte auch einen eher to­ten Eindruck. Am Sonntagnachmittag etwas zum Essen zu bekommen, war fast unmöglich. Es gibt einige schöne Gebäude, weiß, mit schönen Holzbalkons und  vorbauten. Auch einige schöne Kirchen, für die ich aber   fast traditionsgemäß   weniger übrig habe. Di & Mi & Do besuchten wir drei verschiedene Silber , Zink  und Bleiminen (ExTin), die von „freien“ Bergleuten betrieben werden. Ein Berg­mann arbeitet in seinem Teil der Mine, welcher „barrache “ genannt wird. Diesen bearbeitet er mit Methoden wie im 16.   19. Jahrhundert.

Ein Satz Sprengmaterial   Dynamit, Sprengkapsel Zündschnur und Ammonium­nitrat   kostet nur 25 öS.

Tagsüber werden von Hand Löcher geschlagen   mit Hammer und Meißel   und das am Vortag gesprengte Material ausgeräumt. Zwischen 5 und 6 Uhr wird ge­sprengt und gewartet, bis sich der staub gelegt hat. Ein Bergmann arbeitet täg­lich zwischen 7 und 10 Stunden, um genügend Material zu fördern, damit die Kosten gedeckt werden können, die da sind: 10 20 Bolivares (25  50 öS) für einen Helfer , der das Material auf dem Rücken zu Tage fördert, 18 25% des Verkaufserlöses an die Cooperative, die für Sozialversicherung und „Rente“ sorgt (400 600 Bolivares). Das Erz wird dann an private Firmen weiterverkauft, die je nach Reinheit zwischen 40 und 80 Bolivares?? pro Tonne zahlen. auch wenn die Zahlen nicht genau stimmen, eins ist sicher: das Geld ist diese Kno­chenar­beit kaum wert. Jeder Meter ist per Hand in den Stein gehauen und die Gänge sind oft so niedrig, daß man fast nur kriechend vorwärtskommt. Die Trä­ger krie­chen mit 20 25 kg in den Säcken auf dem Rücken an die Oberfläche (40x am Tag  ~800 1000 kg). Das alles bei Temperaturen von 25° im Inneren und um den Gefrierpunkt im Freien, in einer Luft, die bei den meisten nach 3 5 Jahren zumin­dest Anzeichen schwerer Lungenkrankheiten (Silicosis??) auftreten läßt. Am zweiten Tag, den wir in der Mine waren, wurde mir die Luft nach 2 1/2 Stun­den schon fast zuviel   war froh, als wir wieder draußen waren. Um unter diesen Be­dingungen überhaupt arbeiten zu können, kaut jeder Bergmann Koka. Am Tag zwischen 400 600 Blätter (mit einem Katalysator aus  Kartoffelasche, einem Ge­treide und Salz   sieht aus wie grauer Stein). Das Koka hat neben dem animie­renden, stimulierenden Effekt auch eine Filterwirkung gegen die staubige Luft. Dem Kokakauen werden pro Tag auch 1 2 Stunden Zeit eingeräumt. Morgens und mittags. Gegessen wird nur morgens und abends. Die besten Kokablätter sollen aus der Gegend um La Paz kommen. Natürlich haben die U.S. etwas ge­gen den traditionellen, lokalen Gebrauch von Koka und arbeiten schon an einer Verringerung bzw. einem Verbot der Kokaproduktion. Insgesamt gibt es am „?? Rico“ ca. 300 Minen, 22 Cooperativen und es arbeiten dort ca. 5000 Bergleute (viele erst 14 15 Jahre alt). Die Beschäftigung von Kindern unter 18 Jahren ist zwar verboten, aber wer soll das kontrollieren? Interessant ist auch, daß die Bergleute unter Tage nicht an Gott etc. glauben, sondern an „El Tio“, den Teufel (dem alles Erz gehört) und an „Pachamama“   Mutter Erde. El Tio hat verschie­dene Namen (z. B. Tio Jorge, Tio …) und wird untertags in Form von bis zu le­bensgroßen Figuren dargestellt. Hörner, Spitzbart (wie ehedem die Spanier ), Bu­sen & Penis (um Mutter Erde zu befruchten) und diverse Accessoires eines Bergmanns (wie Stiefel, Knieschützer etc.). Die Bergleute nehmen es sehr ernst, ihrem Tio zu opfern, und zwar in Form von Lamaherz,  füßen, junge Lamas, die alle vergraben werden oder Kokablätter, Zigaretten und Alkohol (dieser wird fast rein getrunken   80 96%ig   angeblich, um eine reine, 100%ige Ader zu finden). Außerhalb des Stollens sind aber die meisten Christen > Dualismus. Die Mine Rosario (Tag 2 3) war früher staatlich (seit 1952, als die internationalen Besitzer enteignet wurden) und ist erst seit 1994, als es einen Aufstand (mit einigen To­ten) gegen die staatlichen Betreiber gab, unter der Verwaltung einer Coope­rative. Die Mine hat, im Gegensatz zu anderen, größere Schächte, Tunnel und Schienen, auf denen das Material an die Oberfläche gekarrt wird. Abseits der Hauptgänge ist aber wieder alles beim alten Zustand und einzelne Bergleute oder kleinere Gruppen arbeiten sich Zentimeter für Zentimeter in den Berg hinein   immer entlang erzhaltiger Adern. Da die Gänge den Adern folgen, scheint es auch kein System in der ganzen Anlage zu geben. Alleine den Ausgang zu fin­den   unmöglich! Die Abende der letzten Tage paar verbrachten wir meistens mit einer 5 Liter Weinflasche in unserem Zimmer. Wir luden Leute ein, die auch im Hotel wohnten und es waren „fucked up“, aber ok Abende. Scorte?? fast mit ei­ner Belgierin, deren Freund so besoffen war, daß er einen Schweizer die ganze Zeit umarmte und beim Versuch, aufs Klo zu gehen, mehr als einmal hinfiel. An­sonsten ist abends wenig los in Polosi. Donnerstagabends fühlte ich mich hundeelend und legte mich schon um 3 Uhr ins Bett. Husten etc.

 

Fr, 18.8.95

Morgens Geld gewechselt usw. Fühle mich immer noch nicht wirklich gut, aber wir wollen weiter nach Uyuni und über den Salzsee nach Chile. Kauften noch Dy­namit, das man hier am Minenmarkt für 5 öS die Stange bekommt, um am Salz­see ein bißchen Spaß zu haben, tankten und fanden nach einigem Hin und Her auch den Weg aus der Stadt. Erst ging es um den „Cerro Rico“ herum und dann auf eine Hochebene in Richtung SW. Ich war ziemlich müde   fuhr fast wie in Trance. Mußte ständig auf den Tacho schauen, um zu wissen, wie schnell ich war, denn Gefühl dafür hatte ich absolut keines. Gott sei Dank war die Piste gut und daher auch problemlos zu befahren. Bei der Rast an einem wunderschönen blauen Bach, legte ich mich hin und schlief fast augenblicklich ein. Trotzdem war ich immer um einiges schneller als Chris & Markus   mit nur 80 km/h über brette­bene Pisten zu schießen macht mir einfach keinen Spaß mehr. Das war früher   heute muß es krachen. Irgendwann passierten wir dann auch die ersten kleine­ren, versalzten Ebenen. Toller Kontrast: Das Grün oder   fast häufiger   das Dun­kelrot der Berge und das weiße Salz. Überall grasten Lamas und weiter im We­sten der Ebene konnte man flache, schneebedeckte Berge sehen. Gegen fünf erreichten wir dann das Ende der Berge östlich von Uyuni (12000 Einwohner), von wo sie in die Ebene des Salars?? abfallen. Tolle Aussicht auf den Salzsee und Uyuni. Von oben sah die Stadt relativ nichtssagend aus. Das Einzige, was sich aus dem grauen Gewürfel der Häuser hervorhebt, sind Getreidesilos am Ostrand der Stadt. Von den Autos, die über die Ebene fahren, sieht man von hier oben nur eine lange Staubfahne. Dann auf schnurgerader Piste ´runter in die Stadt gerast. 120 ist aber alles, was das Moto auf dieser Höhe noch hergibt. Markus baute auch noch einen guten Sturz, als er versuchte, die Eisenbahn­schienen zu überqueren. Fiel genau in einen ca. 80 cm tiefen Entwässe­rungsgra­ben. Außer einer Delle im 55 Ltr. Riesentank war aber nix hin. Glück gehabt. Abends Proviant gekauft und mit einem Australier und zwei Engländern bei fast Minustemperaturen im Zimmer Wein getrunken. War saukalt und Heizungen gibt es in den billigen Hotels natürlich nicht. Australier haben die unglaubliche Gabe, absolut jedes Wort abzukürzen.

 

Sa, 19.8.95

Nach der Party gestern sind wir erst spät aufgestanden und saukalt wars außer­dem. Das Wasser im Zahnputzbecher gefror innerhalb von 5 Minuten. Den Nachmittag verbrachten wir mit Einkaufen von Sachen für die nächsten paar Tage. Essen, Benzin ok. Die Leute waren unglaublich freundlich, sie brachten uns sogar ein halbes Kilo Mehl, das wir auf dem Markt vergessen hatten, ins Hotel nach. Beim Moto war dann noch ein Zündkerzenstecker zu reparieren und so wurde es 12 Uhr, bevor wir loskamen. Erst ging es auf einer Scheiß Wellblech­piste dahin, dabei verlor ich die Reservekanister einige Male. War ziemlich nervig und ich war froh, daß wir endlich den Salzsee erreichten. Stoppten erst bei ei­nem Typen, der das Salz zusammenscharrte, um es weiterzuverkaufen. Große Sonnenbrille und eine Schirmmütze über´m Gesicht gegen das grelle Licht. Fuhren dann weiter über den See   es war absolut irreal. Eine riesige, weiße Ebene, die sich ohne Unterbrechung von Horizont zu Horizont zieht. Die Oberfläche ist makellos weiß, in Form von Hexagonen und darüber hinweg zu fahren, ist ein ab­solut irres Gefühl. Kein Platz bisher war so rein und so perfekt. Habe fast ein schlechtes Gewissen dabei, mit dem Moto durchzufahren und Spuren zu hinter­lassen. Irgendwie denke ich immer, es ist Eis oder Schnee und bin dann ganz erstaunt, daß es nicht kalt und rutschig ist. Auf dieser endlos weißen Fläche hatte ich auch immer das Gefühl, am Nordpol zu sein. Hier gibt es kein Leben, keine Vögel, Insekten   nix. Aber das würde an diesem Ort auch nur stören. Als die Sonne dann unterging, gab es die unglaublichsten Farbspiele   ich weiß nicht, ob eine Kamera das überhaupt festhalten kann. Absolut unglaublich   ein sicherer Höhepunkt des Trips.

 

So, 20.8.95

Abends noch einen geraucht und Wodka „Zar“ zugesprochen. Flippten ziemlich aus, liefen wild umher und als ich eine Runde auf dem Moto drehte, glaubte ich, bald abzuheben. Wir waren dann bis 13 Uhr am selben Platz und frühstückten gemütlich. Da wir keinen Platz für den Müll und ein Klosett hatten, kam ich auf eine Idee. In Polosi hatte ich zwei Stangen Dynamit gekauft   dort auf dem Bergwerksmarkt ja frei verkäuflich   und nach mühevollem Bohren eines Loches sprengten wir dann einen ca. 50 cm ∆ in den See. Hatte ganz schön Respekt vor dem Zeug und als es hochging, war ich zu erschrocken, um noch auf den Auslöser der Kamera zu drücken. Dann ging es quer über den See auf die Insel Inca Huasi (vulkanischen Ursprungs), voll von Kakteen und einigen Vögeln, die hier inmitten der Wüste überleben. War toll, durch den Kakteenwald auf das Salzmeer zu schauen. Bei der Fahrt zur Insel versuchte ich, die Entfernung zu schätzen, aber statt der vermuteten 7 km waren es noch 22 km bis dahin. Unglaublich, wie das hier täuscht. Wir fuhren insgesamt nur etwa 60 km und suchten (was eigentlich eine Übertreibung ist, denn alles sieht ja gleich aus) einen Platz zum Campieren. Abends gab es dann Omelette und den Rest vom Schweinefleisch, das wir auf dem Markt gekauft hatten   ausgezeichnet. Bastelten uns einen Bong, was mir den Rest gab. Unruhige Nacht, da ich ziemlich verkühlt bin und die ganze Zeit husten mußte. Als ich gegen 8 Uhr aus dem Zelt schaute, schien es, als ob im Süden Land wäre   es war aber nur eine Luftspiegelung. Habe mir gstern auch einen ziemlichen Nasen Sonnenbrand geholt.

Bücher:  Joseph Heller    Good as Gold

Vladimir Nabokov    Lolita

 

Mo, 21.8.95

Scheiß Verkühlung! Habe wenig geschlafen und bin total fertig und müde. Jeder Handgriff wird zur Anstrengung. Auf dem See geht´s jetzt nach Süden. Saukalt. Muß auf den Kompaß schauen, um nicht schwindlig zu werden oder im Kreis zu fahren. Weiter im Süden stoßen wir auf einen Damm, auf dem es dann aus dem Salzsee geht. Die Orientierung ist gar nicht immer leicht, da es unzählige Verzweigungen gibt, keine Schilder (wer fährt schon auch hier   haben den ganzen Tag nur zwei Tour Jeeps gesehen) und die Kopien der 250.000er Karten viele Details vermissen lassen. Irgendwann verfahren wir uns um ca. 20 km und müssen zurück. Bei der Gelegenheit gräbt sich Chris auch gleich bis zur Achse in den Schlamm ein und erst nach Abladen des gesamten Gepäcks kriegen wir ihn wieder frei. Fahren ca. 5 Stunden, bevor wir Campen. Als wir an einem Armeelager anhalten, durch welches die Straße hindurchführt, und ich den Soldaten frage, wieweit es bis zum nächsten Dorf sei, weiß er es nicht! Wie gibt´s das? Guter Campplatz am Fuße des Vulkans. Kann es aber nicht wirklich genießen, sondern falle erschöpft in den Schlafsack.

 

Di, 22.8.95

Es geht  besser. Markus´ Tabletten scheinen zu helfen, denn ich habe die ganze Nacht kaum gehustet. Frühstück mit Dynamitsprengung. Riß ein ziemliches Loch in den weichen Boden und ich bin froh, das Zeug los zu sein. Ist doch ein eher ungewöhnliches Gefühl, mit einer Stange Dynamit hinten am Motorrad durch die Gegend zu fahren. Die Piste war dann oft sandig und erforderte viel Kraft und Konzentration. Bei einer Eisenbahnstation hielten wir an (Chiclaya??). Wie im Film, total verlassen, nur der eine Typ, der ein Kabel an die Telefonleitung hängt, das andere in die Erde steckt und telefoniert. Überall stehen Draisinen, eine bepackt mit Fahrrad und Hausrat, bereit für einen längeren Trip. Interessante Art, zu reise. Eine Zeitlang habe ich mit dem Gedanken gespielt, so ein Ding zu mieten, da der Dämpfer vom Moto nun endgültig hin ist, ich demzufolge schon ziemlich wild durch die Gegend hüpfe. Wenn durch die erhöhte Belastung nun auch noch der Kardan „gehen“ würde, dann wäre die Draisine wahrscheinlich die einzige Möglichkeit. Das Moped zu schleppen, ist bei diesen Pisten so gut wie unmöglich. Weiter ging´s dann durch immer tieferen Sand zwischen rötlichbraunen Vulkanen und Bergen. Einige sind 6000 m hoch, doch durch die anhaltende Trockenheit hier sind die Gipfel unvergletschert. Ein 6000er, den man mit Turnschuhen besteigen könnte! Die Szenerie ist jedenfalls absolut grandios und eigenartig. Vorbei an einigen Lagunen   voll mit weißen und roten Flamingos (das alles in einer Höhe von 4500 m!). Später am Nachmittag steigt die Piste dann an und es geht auf riesigen Schotterflächen hinauf auf   was ich glaube   5000 m. Das Moto läuft auf Vollgas, um wenigstens einigermaßen voranzukommen. Höhe macht sich deutlich bemerkbar. Später wird es auch wieder sandiger   es ist wie in der Wüste. Es gibt  zig Spuren, auf denen man bei der Suche nach der optimalen hin  und herkreuzt und Sand und Steine machen einem zu schaffen. Ich würde die Gegend, in Ermangelung eines Wortes, „Höhenwüste“ nennen. Kaum Vegetation außer einigen Grasbüscheln und Flechten. Außer einigen Vögeln sah ich auch keine Tiere. Neben dem Tau, der sich in der Nacht auf den Steinen etc. ansammelt, gibt es hier auch kaum Niederschlag. Dies dürfte für die Vegetation auch die einzige Feuchtigkeitsquelle und auch der Grund für die bizarren Steinformationen sein, die wir dort sahen. Fast wie in der Sahara   nördlich des Teffedest?? Gebirges. Überhaupt wurde ich heute permanent an die Sahara erinnert: Sand, Steine, blendende Sonne etc. Wir fuhren fast bis zum Einbruch der Dunkelheit, da wir die Laguna Colorado noch erreichen wollten, weil die Aussicht, eine Nacht  bei  -25° in 5000 m Höhe zu verbringen, keinen recht erfreute. Endlich tauchte sie dann auch auf, aber es dauerte immer noch fast eine Stunde, bis wir sie erreichten. Die Luft ist so klar hier, daß die Entfernungen zu schrumpfen scheinen. An der Lagune konnten wir ein leeres Zimmer mit einem Kanonenofen mieten. Super. Ordentlich eingeheizt und gekocht. Weit besser, als im Zelt zu frieren.

 

Mi, 23.8.95

Waren gestern alle so müde, daß wir gleich um neun einschliefen, was aber fast normal war, denn um diese Zeit wurde auch der Generator ausgeschaltet. Morgens die Annehmlichkeiten des Zimmers genossen und ordentlich Frühstück   Kaffee, Haferflocken etc.   gemacht. Dann ging´s wieder los in die Kälte. Nach ca. 20 km ging mir das Benzin aus, war aber kein Problem, denn Chris und Markus haben jeweils Tanks mit 55 Litern Fassungsvermögen auf ihren XT´s und gaben mir je 7 Liter ab. Nur das Umfüllen   20x eine Flasche aus dem Benzinhahn auffüllen   war nervig. Einige Kilometer weiter erreichten wir dampfende Schwefelquellen. Der Wasserdampf schoß nur so in die Höhe und als ich   unverbesserlich und neugierig wie immer   meine Hand in die Nähe brachte, verbrannte ich mich fast. Gut, daß ich noch die Handschuhe anhatte! Weiter unten gab es dann noch mehr heiße Quellen, die meisten voll mit blubberndem,  kochendem Schlamm. Was für Energiequellen, aber weit und breit keiner, der sie nutzen könnte. Dann hatten wir etwas Probleme, die richtige Piste zu finden und ich landete in einem Boraxwerk, wo ich schließlich den Weg gewiesen bekam. Zeitweise war die Piste schlichtweg unglaublich schlecht. Große Steine, die auf weichem Untergrund lagen und gegen Schienbein, Schutzblech etc. knallten. Fragte mich oft, wie das Moped alle diese Belastungen nur aushält. Die Landschaft war aber wieder einmalig schön und „total abgefahren“   wie Chris immer sagt. Berge mit weißen Flanken, die in allen Farbtönen schimmern und es sieht fast so aus, als ob man bis auf den Gipfel fahren könnte. Die Farbpalette reicht von Weiß über Grau, Graublau bis hin zu allen möglichen Rottönen. Man kann das Erz in den Bergen förmlich sehen. Zwischen denen liegen riesige Schotter  und Sandflächen, die manchmal von eigentümlichen Stein  und Felsformationen bedeckt sind. Kann mir nicht vorstellen, wie sie entstanden sind. Über dem Ganzen dieser kristallklare hellblaue Himmel. Wolken gibt es kaum und wenn, dann sind es nur dünne Cirrusschleier, die kaum Regen erwarten lassen. War die Laguna Colorado in schimmernde Rottöne getaucht, so erscheint die Laguna Verde in eisigem Grünblau, umrandet von einer strahlend weißen Salzkruste   mit roten Flamingos als farbliche Auflockerung. Menschen leben hier oben nicht. Außer in der Hospedaye, wo wir gestern schliefen, und zwei Touristenfahrzeugen, begegneten wir heute wieder niemandem. Wüste. Manchmal konnte man einige Motorradspuren sehen und ich wunderte mich darüber, wie lange es dauert, bis der Wind sie verwischt, denn mit ziemlicher Sicherheit fuhren in den letzten 3 4 Monaten keine Motos hier durch. Spuren in die Ewigkeit.

 

Do, 24.8.95

Gestern bin ich beim Kochen noch fast abgebrannt, als Chris Wasser auf das Öl schüttete, in dem ich gerade die letzte Zwiebel anbriet. Hatte noch einmal Glück, da ich die Mütze tief heruntergezogen hatte, sodaß nur die Augenbrauen angesengt wurden. Die nacht war dann saukalt. Sicher zweistellige Minusgrade, denn der 5 L Wasserkanister, der draußen stand, war solide gefroren! Da half auch der 96%ige (no nidding?) Schnaps nichts, den wir gestern Abend noch vorsorglich in den Tee geschüttet haben. Unvorstellbar, daß die Bergleute in Polosi das Zeug trinken. Wir nahmen, nachdem wir aufgetaut waren, noch die falsche Piste über scheißgroße Steine, bis wir an einem verminten Paßübergang anlangten. Überlegten dann, ob wir es wagen sollten, hier nach Chile zu überqueren, aber die Aussicht, auf eine Splittermine aufzufahren, war dann doch nicht so einladend. Machten daher einen Rückzug, bis wir die richtige Piste nach San Pedro de Atakama? fanden. Am Ende der Hochebene angelangt, blies auch schon der warme Wind aus der Atakama? herauf. Was für eine Wohltat! `Runter ging´s dann ca. 2200 Höhenmeter auf fast schnurgerader Traumpiste der Wärme entgegen! Ging aber nicht ganz so schnell, denn irgendwann hatte ich wieder kein Benzin und so hieß es wieder  Flasche ´raus und umfüllen. Das letzte Stück ging dann stehend mit Vollgas bis zur Zollstation. Geil, wenn die Maschine wieder mehr Sauerstoff bekommt und abzieht, wie eine 1000er es soll. Der Zoll war dann sehr zivilisiert. In San Pedro gab´s dann gleich einen Anschiß, weil wir gegen eine Einbahnstraße fuhren. Was sonst in Zentral  bzw. Südamerika bisher gang und gäbe war, scheint hier nicht so üblich zu sein. Wird Zeit, wieder zivilisierter zu werden. Auch gibt es hier völlig ungewohnterweise wieder Geschwindigkeitsbegrenzungen. In Peru bekam ich auf die Frage, wie schnell ich denn fahren dürfte, die Antwort: so schnell du kannst! Hier würde ich wahrscheinlich einen Strafzettel bekommen. Es ist aber angenehm, unter mehr „Zivilisierten“ zu sein. Saubere Räume, Tischdecken und vor allem Servietten im Restaurant, ordentliche Auskünfte etc.   habe ich in den letzten Wochen schon zu vermissen begonnen. Über die vermeintliche Dummheit der Menschen habe ich mich ja an anderer Stelle schon einmal ausgelassen. Natürlich hat das auch seine Schattenseite: Alles ist teurer! In den nächsten Wochen wird Zelten angesagt sein   8 U$ als Untergrenze für ein Bett sind einfach zu viel. So sind wir hier auch in einer Pension (Campingplatz) abgestiegen. Schöner Zeltplatz mit Bäumen und die beste/heißeste Dusche seit ich weiß nicht mehr wo und wann. „Alles wird wieder gut“.

 

Fr, 25.8.95

Stonerday „Wake & bake“??. Trotzdem am Moto gearbeitet, Wäsche gewaschen etc. Tut gut, in der Wärme draußen zu sein und nur ein T Shirt anzuhaben. Erinnert mich irgendwie an einen Ort in der Wüste irgendwo im Süden der U.S. Die Frauen tragen weite, modische Hosenröcke und gutes Schuhwerk. Außerdem laufen sie nicht mit offenem Mund durch die Gegend, sondern lachen zurück, wenn man sie anlächelt. Sparen Geld und kochen selber im Freien unter dem riesigen toten Baum, der bei Sonnenuntergang, wenn er von nur einer Seite von der rot blauen Sonne angestrahlt wird und einzelne Sterne zwischen den abgestorbenen Ästen strahlen, ein Bild von eiserner Standhaftigkeit abgibt.

 

Sa So, 26. 27.8.95

Fahrt ins Valle de Luna, wo wir campen wollen. Bin ziemlich „grumpy“ und müde von gestern. Gab Salzsteinformationen zu bewundern, die vor allem bei Sonnenuntergang toll sein sollen. War aber nicht in der Stimmung   glaube, daß ich schon zu viel Wüste gesehen habe. Den Nachmittag in der Hitze herumzuhängen, habe ich auch wenig Bock und so trenne ich mich von den Beiden und fahre die 100 km schnurgerader Asphaltstrecke nach Calama, der Provinzhauptstadt. Am Straßenrand waren irgendwo zwei grüne Bänke, wo ich Rast mache und mein zerdrücktes Käsebrot esse. Hatte auch ein Brett, an welches jede Menge Nummerntafeln angenagelt waren   gutes Souvenir. In Calama ins Hotel Luxor, muffige Bude, aber freundliche Leute und billig. Hunde passen auf´s Moto auf und jedesmal, wenn ich mir etwas holen will, muß ich sie mit dem Wasserschlauch, der gleich neben der Tür hängt, von mir fernhalten. In Calama gibt es wieder alles und es macht oft einen fast europäischen Eindruck. Viele „Chopperias“, wie die Bars und Wirtshäuser hier heißen und es ist ein Kinderspiel, mit der MC vom Automaten Geld abzuheben. Sonntagnachmittag kommen auch Chris und Markus an und wir machen unseren Rundgang durch die Stadt.

 

Mo, 28.8.95

Fuhren nach Chuquoamato??, wo es die größte offene Kupfermine der Welt zu besichtigen gab. Nach perfektem Vidie?? ging´s im Tourbus durchs Gelände. Riesige Lkw mit Reifendurchmessern von über 3 m und weiß nicht mehr, wieviel Tonnen Ladekapazität, schaffen das Material aus dem über 4 km langen und über 600 m tiefen Loch zu den Weiterverarbeitungsstätten. In der Gießerei wird das Kupfer dann zu Platten gegossen. Ziemlich beeindruckend, die riesigen Tröge mit der glühendheißen Masse zu sehen, wie sie von Kränen durch die Hallen befördert werden. Was für ein Gegensatz zu Polosi! Nachmittags gelesen, Fotos machen lassen (geile Ansichtskarten von Fotos am Salzsee) etc.

 

Di, 28.8.95

Abgang aus Calama. Zurück nach San Pedro, von wo aus wir über den Paso Sico nach Argentinien wollen. Kommen gegen 1Uhr auf die Grenze und rechneten eigentlich nicht mit Problemen. Als wir schon abfahren wollten, kam noch so ein Zöllner und erklärte, daß uns ein Stempel/Papier fehle und daß wir somit illegal Motorräder eingeführt hätten und somit eine Strafe zu zahlen wäre. Und das am gleichen Grenzübergang, mit den gleichen Beamten, die uns am Donnerstag zuvor abgefertigt haben. Ich rastete total aus und quatschte ihn auf Spanisch voll mit Sachen wie :   ihre Pflicht,   sie tun ihre Arbeit nicht ordnungsgemäß,   eine Beleidigung, Unverantwortlichkeit etc., gespickt mit vielen „Habe ich recht?“, „Ist es nicht so?“, „Glauben sie nicht?“. So richtig unangenehm war ich halt. Da er aber auch recht stur war und unsere Pässe hatte, ließ er uns erst einmal warten. Wir machten es uns häuslich am Zoll, aßen und tranken etwas und nach drei Stunden wurde es ihm zu bunt und er gab uns die Pässe zurück. Danach erklärte ich ihm noch, was er beim nächsten Mal besser zu machen hätte, aber er hörte mir nicht mehr zu. Da es mittlerweile schon 5 Uhr war, campten wir bald am Rande der Hakama Wüste?? in Sichtweite eines Vulkans im Osten, der weiß rosa Wolken ausstieß.

 

Mi, 29.8.95

Insgesamt gab es sicherlich an die 20 Vulkane, die an der Ostseite des Hakama Salzsees aneinandergereiht sind. Nach üblichem Frühstück und Jagd auf einen Skorpion, der unter Markus´ Isomatte übernachtet hatte, ging es weiter Richtung Paso Sico. Dies soll die Hauptverbindung hier im Norden Chiles nach Argentinien sein   den ganzen Tag über begegneten uns aber nur zwei Autos. Langsam ging es wieder auf über 4000m hinauf   in die übliche Kälte. An einigen schönen Lagunen vorbei   eine davon strahlend blau grün   und eigentlich mindestens genauso schön wie die so angepriesene Laguna Colorado oder Verde. Kurz vor dem Paso Sico passierte ich ein Bergwerk, das die Kohle von den schwarzen Hängen nur wegzuschaffen braucht. Der Erzreichtum ist wirklich unglaublich! Die Grenze selbst war dann nichts weiter als drei verlassenen Buden, an denen ich auf Chris und Markus wartete und einen total ausgehungerten Fuchs mit Keksen fütterte. Er war so hungrig, daß er einige Male bis auf zwei Meter herankam. Im Schnitt bin ich immer um einiges schneller als die Beiden, die maximal 70 80 fahren, während bei mir der Tacho schon öfter 110 120 anzeigt. Wenn die Pisten so gut sind wie hier, kann ich einfach nicht so langsam dahinschleichen. Über sandige Mittelstreifen und Löcher zu driften und nur mit dem Gasgriff zu steuern, macht einfach Spaß und steigert den Adrenalinausstoß. Wir passieren dann noch das Grenzschild am Paß und später den verlassenen Grenzposten auf der argentinischen Seite. Romantisch mit verlassener Adobe Kirche. In San Antonio de los Cobres dann Einreiseformalitäten. Erst Polizisten die nett, aber unorganisiert waren. Sie steckten unser „Stone“ Tape in den Recorder und wir tranken „Mate“ (Tee) aus einem Stiel, der in einem mit Tee gefüllten Gefäß steckte, während einer der Soldaten den „High Score“ auf einem der hier unglaublich populären Tetris Spiele zu brechen versuchte. Das „Brick Game“ scheint bei Erwachsenen hier ebenso verbreitet zu sein, wie unter Kindern. Später dann zum Zoll, wo ein nettes Mädel endlos lange braucht, um für jeden von uns ein Formular mit Schreibmaschine auszufüllen. Irgendwann vorher trafen wir eine Argentinierin, die mit einem Holländer unterwegs war. Sie bot uns einige Kekse aus ihrem Sack und als sie sah, wie wir uns darauf stürzten und diese gierig verschlangen, schenkte sie uns noch ein Glas Birnenmarmelade, was ein ausgezeichnetes Frühstück mit Pancakes ergab. Camp in einem Flußbett.

 

Do, 30.8.95

Die Nacht war saukalt. Morgens war der Fluß nicht nur von einer Eisschicht bedeckt, sondern total durchgefroren, sodaß wir nicht einmal Wasser zum Kaffeekochen hatten. Die Temperaturunterschiede sind wirklich kaum zu glauben. Während der Nacht  15° bis  20° und um 10 Uhr vormittags steht das Thermometer schon wieder auf +20°. Durch Rosarot scheinende Ebenen geht es wieder tiefer durch ein Tal mit tollen Salzsteinformationen. Wieder tolle Farben und es ist eigentlich erstaunlich, daß dieses Tal nicht bekannter ist. Die Straße folgte die meiste Zeit der Eisenbahnlinie, auf der ich aber nur einmal   an einer Polizeikontrolle   einen Zug sah. Ich quatschte mit dem Polizisten und fragte ihn, warum ausgerechnet an dieser Stelle, wo es eigentlich nichts von Bedeutung gab, ein Kontrollposten sei und er erzählte etwas von den vielen Drogen, welche hier durchgeschmuggelt würden. Keine zwei Minuten später kam ein Bus vorbei, man reichte eine Stange Marlboro durchs Fenster und passierte ohne jegliche Kontrolle   so genau scheint man es mit den Kontrollen auch nicht zu nehmen! Es ging weiter durch das schöne Tal und etliche Male mußten wir durch kleinere Flüsse, wobei ich auch ordentlich naß wurde. War aber nur angenehm, denn mittlerweile war es richtig heiß geworden und ich schwitzte ordentlich, da ich noch das ganze Zeug gegen die Kälte am Morgen anhatte. Das letzte Stück nach Salta, einer Stadt mit ca. 350.000 Einwohnern, war  dann asphaltiert und führte durch eine grüne Landschaft mit grasenden Kühen (im Geiste sah ich sie schon als saftige argentinische Steaks) und schönen Villen der Reichen. Scheint hier einiges Geld zu geben. Immer wieder ist es interessant, zu beobachten, wie sich alles ändert, sobald man eine Grenze überschreitet. Es ist schwer zu beschreiben, was genau die Unterschiede immer ausmacht, aber man spürt einfach die unterschiedliche Atmosphäre in jedem Land. Hier in Argentinien kann man in jedem Fall gleich sehen, daß die Leute mehr Geld haben   mehr Verkehr , ordentliche Autos, gepflegte (teure) Häuser (obwohl das nicht immer mit der finanziellen Situation der Leute zusammenhängt   siehe Shenis?? in Peru), Geschäfte mit allen Kreditkartenzeichen an der Tür, alle Frauen und Männer modisch (nach westlichem Standard) gekleidet, und zwar nicht irgendwie „flashy“ wie die „Geldclique“ in anderen Ländern, die sich durch dumme Prestigeartikel auszeichnet, sondern schlicht, aber geschmackvoll und sauber. Da Hotels um die 10 U$ kosten, steigen wir am Campingplatz ab.

 

Fre   Sa, 1.  2.9.95

Gestern haben wir dann unser heiß ersehntes Steak gegessen. Super! Und alles für nur 8 U$. Im La Pampa sicher 300 öS. Durch die Stadt geschlendert, Geld gewechselt (1 Peso = 1 U$). Es gibt Fußgängerzonen und alles, was auch in Europa angeboten wird. Teilweise habe ich den Eindruck, als ob die Sachen moderner sind   direkt aus den USA übernommen und auf die örtlichen Verhältnisse hin optimiert. Der Bankomat grüßt mich mit „Welcome, Mr. Wieshofer“! Auch die Sprache ist anders. „Yo“ wird als „Scho“ ausgesprochen und „ski“ wird zu „tzhi“. Scheint, als ob das schon etwas portugiesischer Einfluß ist. Auf dem Campingplatz schrauben wir an den Motos, hauen uns Steaks in die Pfanne (3 für 3 U$), die so ziemlich das einzige  sind, was hier billig ist, und hauen uns die Birne voll.

Bücher:

„Teuflisch“           David L. Lindsay (Scheiß Thriller, spielt in Guatemala)

„Congo“               Michael Chrichton

„Wassermusik“    T.C. Boyle (Afrika…)

„Tuareg“              Spanischer Autor

 

So, 3.9.95

Morgens Pancakes. Markus baut an seinem Moto, da irgendetwas bei der Elektrik hin und die Batterie dauernd leer ist. `Raus aus der Stadt und ca. 40 km südlich nach Cachi abgebogen. Ging durch schönes Tal. Frühling! Einige der Bäume schlagen zaghaft aus, andere blühen bereits. Es ist schwer zu sagen, in exakt welchem Stadium der Entwicklung die ungewohnt neue (und unbekannte) Vegetation sich gerade befindet. Bei jedem Stop lese ich im „Papillon“   geiles Buch   und zögere die Pausen immer länger hinaus, um noch die eine oder andere Seite lesen zu können. Hatte aber ziemlich Probleme beim Lesen, denn eine Wespe stach mich genau über dem linken Auge   nun ist es ganz zugeschwollen und ich kann kaum sehen. Ein oder zwei Tage, dann wird die Schwellung wieder zurückgehen… Es ist wieder ein seltsames Gefühl, durch die wüstenartige Landschaft auf Schotterpisten zu fahren und doch in jedem Dorf, in das man kommt, alles kaufen zu können. Zu wissen, daß Telefonleitungen nicht Relikte aus einer anderen Epoche sind, in der hier mehr Geld im Umlauf war und mit Menschen zu kommunizieren, die 4 + 4 ausrechnen können, ohne Taschenrechner mit übergroßen Tasten zu benutzen. Auch gibt es jede Menge Schilder und Wegweiser, sodaß es eigentlich kein Verfahren geben sollte. Trotzdem nahm Chris eine falsche Abzweigung und da er glaubte, wir führen vor ihm, dauerte es bis zum Einbruch der Dunkelheit, bis wir ihn eingeholt hatten. Kurzer Abend. Wir aßen noch etwas Käse und gingen schlafen. Gestern rauchten wir den Rest vom Gras und sind jetzt wieder clean. Der letzte Monat war wirklich eine neue Erfahrung. Habe zwar keine Zigaretten, aber oft Gras geraucht und Chris war auch eher für einen Joint, als daß er nein gesagt hätte. Aber das wird jetzt wieder für einige Zeit vorbei sein. Auch gut. Ich merke jedenfalls immer mehr, daß ich kaum noch Alkohol trinke. Hin und wieder ein Bier und das war´s. auch schon. Habe absolut nie Lust, mehr als ein Bier zu trinken oder mich zu besaufen. Ist das nur eine Erscheinung während des Trips oder ändert sich hier mein „Geschmack“? Setze mich lieber hin, quatsche, höre Musik und rauche einen Spliff.

 

Mo, 4.9.95

Gleich morgens durch tolle Sandsteinformationen. In einem riesigen Gebiet gab es etwa 70° geneigte Sandsteinfelsen, durch die sich die Piste von einem Flußbett zum nächsten durchschlängelte. Hätte solche Formationen hier in Argentinien eigentlich nicht erwartet. Man hat irgendwie seine Vorstellungen von einem Land, von der Landschaft, von den Leuten und alles, was sich nicht einordnen läßt und worauf man nicht vorbereitet ist, kann ich nur schwer fassen und beurteilen. Man sieht, was man eh schon weiß oder kennt. Auch würde diese Landschaft sicherlich einen anderen Eindruck hinterlassen, wenn sie irgendwo in Afrika läge. Es hängt immer sehr von der Stimmung und dem Eindruck von Land und Kontinent ab, wie man etwas aufnimmt oder empfindet. Später geht es abwechselnd auf Schotter und Asphalt auf der RNUD nach Cafayete? und Richtung Belen. Teilweise durch schönes Weinbaugebiet mit Cypressen Alleen wie in Frankreich. Südlich von Cafayete? geht es dann durch eine riesige, nur mit einzelnen Grasbüscheln bewachsene Ebene. Schnurgerade Piste, auf der ich mit über 100 Sachen dahinfege. Wir campen irgendwo in der Pampa und trinken guten argentinischen Wein. Da die zwei Liter im Nu weg waren und ich beim Würfeln verlor, mußte ich zurück ins nächste Dorf, um Nachschub zu holen. Vier Liter später waren wir dann ziemlich bedient und Markus verbrannte noch das halbe Essen beim Versuch, das Feuer mit Benzin in Gang zu bringen. Hörten den ganzen Abend „Motorhöd“ (Musik für die Dia Schau?) und wunderten uns am nächsten Morgen, warum es aussah, als hätte einen Bombe im Lager eingeschlagen. Es scheinen Wahlen in Argentinien anzustehen oder gerade vorüber zu sein. Die Leute sind hier wirklich kreativ , was Wahlwerbung anbelangt. Sogar schmale Straßen, die scheinbar ins Nirgendwo führen, sind mit bunten Fähnchen geschmückt und wo ein paar Häuser stehen, sind Transparente zwischen ihnen gespannt, die sagen „Miguel al congresso“ oder „Vota XY“. Poster kleben nicht  nur auf den Hauswänden, sondern die Gesichter der Politiker lachen mich sogar von asphaltierten Straßenstücken aus an. Auch mit Spraydosen wird großzügig geworben. Auf Asphalt, Mauern, Brücken etc. sieht man überall in großen Lettern die Namen der Politiker. Am besten gefällt es mir aber, wenn an den Hügeln   mit Steinen, die sich farblich vom Untergrund abheben, Schriftzüge kilometerweit zu sehen sind. Weit besser jedenfalls, als wenn sie um 7 Uhr morgens, wie in Salta, mit geschmückten Autos und Lautsprechern darauf, lärmend durch die Stadt fahren, um für ihre Favoriten Reklame zu machen.

 

Di, 5.9.95

Nachdem wir wieder halbwegs Ordnung in das Chaos von gestern gebracht haben (Chris kann sich an nichts mehr erinnern und sein Lieblingswort heute morgen ist „wirklich?“), fahren wir erstmal fünf Minuten, um einen Patschen an Markus´ Hinterrad zu flicken   ein Nagel, das Übliche. Weiter geht´s einen Fluß entlang, wo die Straße immer ca. 10   20 m oberhalb des Wassers in den Fels gehauen ist, der ´runter zum Fluß senkrecht abfällt. In Belen tanken und kaufen wir ein. Alle sind reserviert, aber ausgesprochen hilfsbereit und freundlich, wenn es Fragen gibt. Es wird heißer und die Asphaltstraße streckt sich von einem Horizont zum anderen. Auf der ganzen Strecke gibt es auch kein Wasser oder etwas zu kaufen. Bei jedem Cola Schild rinnt mir das Wasser im Mund zusammen, aber es dauert 160 km, bis wir Tinogasto?? erreichen, wo wir den Zoll erledigen und uns erstmal ein Radler gönnen. Nette Leute dort, doch zu dritt ist es weit schwieriger, Kontakte zu schließen, als alleine. Solo hätte ich sicher jemanden gefunden, bei dem ich hätte übernachten können etc. Auf dem Weg kamen wir auch durch einige richtige Ghosttowns mit verlassenen Häusern usw. Wunderte mich, wer hier draußen noch wohnt   einige der Häuser waren noch besiedelt. Einmal stand ein kleines Mädchen vor einem Haus und ich fragte mich, ob es wohl glücklich ist, mitten in der Einöde zu leben. Ich glaube aber, daß die Lebensqualität hier draußen höher ist als in den U.S. oder auch Tirol. Keine Verschmutzung, Kriminalität, kein Verkehr, Lärm etc. und es ist doch sehr zivilisiert und organisiert. In Flamlala?? trafen wir noch einen Typ (Johnson), der für eine Radio  und Fernsehstation arbeitet (3500 Einwohner un 2 Radiostationen!! Österreich 6 Mio Einwohner und 3 Stationen!??). Machte einen Beitrag   wir standen in der untergehenden Sonne und ich erzählte vom Trip. Schon fast Routine und das Spanisch war schon weit besser, als beim letzten Mal in Kolumbien. Dann fuhren wir in den Sonnenuntergang … , um einen Zeltplatz im Flußbett zu suchen.

 

Mi, 6.9.95

Gestern abend war es anfangs noch sehr windig, später legte sich das und es herrschte absolute Stille. Nichts bewegte sich   die Ruhe war fast unheimlich. Gute, warme Nacht, obwohl der Sternenhimmel bei weitem nicht so klar ist, wie weiter oben in den Anden. Es kann aber auch sein, daß man wegen des Vollmondes weniger Sterne und vor allem Sternschnuppen sieht. So einen Platz wie den Salas?? (de Uyuni) , wo jede Minute eine über den Himmel zischte, wird es wohl kaum noch einmal geben. Auch untertags ist die Sicht nicht so toll. Alles liegt in einer Art Nebel, in dem die Berge und der Horizont nur mehr als verschwommene Konturen zu sehen sind. Als wir vom Sico Paß herunterfuhren und die Sicht plötzlich von „absolut klar   100%“ zu „Redlands L.A.“ Verhältnissen wechselte, dachte ich zuerst, es sei Smog, der von den Abgasen Saltas herrührte. Glaube aber, daß es hauptsächlich aufgewirbelter Sand und Staub sind, die für die schlechte Sicht hier sorgen. Da wir über den San Francisco Paß wollen, sind wir heute morgen einmal nicht, wie üblich, endlos beim Frühstück gesessen, sondern relativ früh los( 8:30   früh für unsere Verhältnisse) , um nicht irgendwo auf 4500 m campen zu müssen. Erst schöne Asphaltstraße durch die Wüste, die aber bald zu Piste wurde und durch einige kleinere Bäche führte. Vor allem ein Teil, an dem tiefrote Sandsteinfelsen den Weg säumten, war toll. Später wurde die Gegend dann offener und   je höher wir kamen   desto spärlicher auch die Vegetation. Außer den oft mannshohen grüngelben Grasbüscheln, die knapp an den Flußläufen wachsen und den gelb orangenen Büschen, die die weiten Ebenen hier bedecken, gab es kaum Vegetation. Dafür sah ich aber einige Herden wilder Esel und „Vincunas?“, entwicklungsgeschichtliche Vorläufer der Lamas und etwas kleiner als diese. Bei einem Stop quatschte ich einige Zeit mit einem jungen Geologen, der für eine britische Firma (RTZ) mit Niederlassungen in Chile und Argentinien arbeitet. Ist auf der Suche nach Gold hier oben, aber nicht mehr mit Pickel, Schaufel und Sieb, sondern mit Satellitenbildern, PC und GIPS Empfänger. Geiler Job und als GIS Mensch würde ich in solch einer Firma sicher auch unterkommen. Weiter ging´s durch weite Ebenen, aber ständig leicht ansteigend. Wartet an einer Station der Straßenverwaltung fast eine Stunde auf Chris und Markus. Ich kann´s einfach nicht glauben, daß ich soviel schneller fahre. Macht aber nix   ich quatsche halt mit den zwei Typen, die hier oben im 14 Tage Schichtbetrieb ihre Zeit absitzen. Zu tun haben sie nichts, sind daher dankbar für jede Abwechslung. Auch die Aussicht auf die Vulkane „San Francisco“ und „Ojos del Salado“ (welcher der höchste Vulkan der Welt sein soll) war gut. Wieder kaum Schnee auf den Bergen, aber mit dem Gedanken, daß man mit Turnschuhen dort hinauflaufen könnte, kann ich mich nicht so richtig anfreunden. Nach ca. 20 km erreichte wir dann den Paß auf 4720 m. Windig, kalt und nicht unbedingt der Ort, an dem man lange herumhängen will. Zöllner oder Grenzposten gibt es hier nicht   denen ist´s hier oben zu kalt. Danach ging´s auf der chilenischen Seite wieder nach unten und über ein paar kleine, schnee  bzw. eisbedeckte Bäche bis zur „Laguna Verde“ (wieder einmal   scheinen nicht sehr kreativ bei der Namensgebung zu sein). Die Laguna war zwar nicht grün, strahlte aber in einem absolut unwirklichen Blau und wirkte in der Landschaft aus der Ferne wie ein Fremdkörper. Umrandet war sie von weißen, salzartigen Ablagerungen, die in tollem Kontrast zur Farbe des Wassers standen. Am Rande der Lagune gab es auch ein „Refugio“, eine Höhle im weißen Felsen, die durch eine Holzwand abgedichtet war. Obwohl noch auf 4300 m, beschlossen wir, die Nacht hier zu verbringen und richteten es und gemütlich ein. Schließlich schafften wir es sogar, aus einem alten Faß, Blech und zwei Rohren einen Ofen zu bauen und ein Feuer zu machen, ohne mit tränenden Augen aus der Höhle flüchten zu müssen. Durch den Vollmond ist alles in ein milchig blaues Licht getaucht und vor allem die Höhle im weißen Felsen, aus der durch die Fenster nur der leichte Schein des Feuers dringt, sieht irgendwie wohnlich, aber gleichzeitig gespenstisch aus.

Menüvorschlag: Haferflocken mit Thunfisch, Müsli mit Tomatensauce.

 

Do, 7.9.95

Wider Erwarten ist es eine warme Nacht gewesen und nur die Höhe machte den Schlaf unruhig. Es war absolut windstill und erst am Morgen, als der Wind auffrischte, wurde es widerlich kalt. Ich wollte nur eines   ´runter von dieser Höhe und in wärmere Gefilde. Wir verließen also den See, der mittlerweile wieder seine blaue Farbe hatte, und es ging zurück Richtung Copiapò??. Am See lag auch ein toter Esel, der von der salzigen Luft total ausgetrocknet und durch die Kälte konserviert worden war. Wer weiß, wie lange der schon hier ist. Über 100 km auf glücklicherweise guter Piste, bevor ich das erste Mal anhielt. Wollte einfach nicht stoppen, um frierend auf die anderen zwei zu warten. Fuhr also bis zur Zollstation am Salar Maricunga??. Die Typen scheinen hier eine ruhige Kugel zu schieben, denn als ich um 11 Uhr dort ankam, war der eine gerade aufgestanden und lief noch im Pyjama herum. Obwohl hier ein Riesengebäude steht, macht alles einen recht verlassenen Eindruck und die Tatsache, daß wir gestern und heute kein einziges Auto gesehen haben, ist auch ein Zeichen, daß der Streß hier durchaus zu ertragen sein muß. Irgendwann müssen sie sich ja auch ihre Riesensammlung an Action Videos ansehen. In ihrem Wohnzimmer gab´s gleich Cola und nachdem der Chef fertig angezogen war, das berühmte große Buch unter Colaflaschen und Bekleidung hervorgekramt und alle Stempel gefunden waren, ging die Abfertigung auch recht schnell. Später, auf dem Weg, kamen wir an einer Goldmine vorbei, in deren moderner Kantine wir ausgezeichnet und viel aßen. Das war Glück, daß man uns dort verköstigte, denn wir hatten absolut nichts mehr zu essen dabei. Die letzten 180 km gingen dann wieder vorbei an kahlen Bergen in Farben von Grüngrau über Rotviolett, manchmal marmoriert und in farbigen Bändern, die sich über ganze Bergrücken oder gleich mehrere Berge zogen. Das muß der Traum eines Geologen sein: Die Geologie tritt hier so sichtbar an die Oberfläche, ohne durch Vegetation verdeckt zu werden, daß man quasi in die Berge „hineinsehen“ kann. War aber schließlich froh, als die Piste endete und wir nach kurzer Fahrt auf Asphalt endlich die Stadt erreichten. Mein Federbein ist schon ziemlich hin und die Hoppelei auf grobem Untergrund ist sehr nervig, oft auch gefährlich, weil die Maschine außer Kontrolle geraten kann. In Copiapo auf die „Policia International“, wo man uns erklärt, daß der San Francisco Paß eigentlich gesperrt sei und wir, um die Papiere für die Mopeds zu bekommen, 100 und einige mehr km nach Chañaral fahren müssten. Ärgert mich erst, daß ich diese Strecke in einem zivilisierten Land fahren muß, nur um der Bürokratie Genüge zu tun, andererseits will ich bei der Ausreise nicht wieder Schwierigkeiten bekommen, vielleicht kann man die Fahrt mit einem Abstecher ans Meer verbinden. Campen in der Pampa, nachdem wir uns im Supermarkt mit Lebensmitteln eingedeckt haben. Müssen einen ziemlich wilden Eindruck hinterlassen haben, denn der Kaufhausdetektiv entfernte sich nie weiter als zwei Meter von uns. Werde mich demnächst von Chris und Markus trennen. Zuviel Motorradgequatsche.

 

Fr, 8.9.95

Langweilige Fahrt durch die Ausläufer Atacama Wüste nach Chañaral, wo wir die Papiere für die Motos bekommen. Wieder retour in Bahia Inglesa auf den Campingplatz, der tot und leer ist. Den ganzen Tag war es bewölkt und kalt, einige Male regnete es auch leicht   in der Wüste! Seltsame Stimmung ohne Sonne. Später auf dem Campingplatz noch einige Mädels und die übliche Schmuserei etc. „Sole“ war erst 16 und ich sagte ihr, ich sei 22, das wirkte. Später, als ich mit der Wahrheit herausrückte, war sie fast geschockt. Scheine wirklich alt zu werden, was aber den Mädels offenbar nichts ausmacht… Lagen also am Strand, wo das ganze Spiel so nach dem üblichen Schema ablief. Die meiste der Mädels schienen hauptsächlich darauf aus zu sein, das Wochenende ohne elterliche Kontrolle und so wild wie möglich zu verbringen. Einige waren schon ziemlich besoffen, als sie zu uns ´rüberkamen. Da ich gestern schon um 2 Uhr nachts aufgewacht bin, nicht mehr schlafen konnte, las ich „Papillon“ von Henri Charrière, bis es hell wurde; fiel dann auch fast bewußtlos ins Bett und spürte nicht einmal mehr, wie die Mosquitos meinen Kopf zerstachen.

 

Sa, 9.9.95

In 10 Tagen kommt Mutt. Freue mich schon! Werde in den nächsten 2 3 Tagen schauen, nach Buenos Aires zu kommen, um einige Sachen zu erledigen. Motorrad herrichten (der Dämpfer ist jetzt total hin), Zahnarzt, Waschen und überhaupt meinen ganzen Sauhaufen wieder organisieren. Im Laufe der letzten Monate ist wieder alles völlig versifft und dreckig geworden. Auch den Sweater, den ich in Huaraz kaufte (den alten habe ich wohl dem Eseltreiber vom „Santa Cruz Trail“ geschenkt), bekomme ich nicht mehr recht sauber und kann ihn schon nicht mehr sehen. Die Jeans „stehen“ vor nicht mehr auswaschbarem Dreck und sind durch durchlöchert. Sogar das Zelt ist schmierig  dreckig, vom Schlafsack nicht zureden. Als wir heute morgen abfuhren, gab es nur einen recht kurzen und kühlen Abschied von den Mädels   man merkt, daß ihnen das alles heute nicht mehr so paßt und daß Alkohol im Spiel war   ist aber nicht meine Schuld, wenn sie sich ansaufen und nicht mehr wissen, was sie tun   Sole fiel ja förmlich über mich her   Teenager halt. Da erst gegen mittag wieder fahrtüchtig, beschlossen wir, nur bis zum Observatorio „La Silla“, einem Weltraum Observatorium,  zu fahren. Gerade Straße durch die Halbwüste und nichts zu tun, außer vor mich hin zu sinnieren: Könnte eigentlich über Brasilien wieder hoch nach Venezuela und Kolumbien und von Caracas nach Florida übersetzen. Alle Leute wie Miguel, Judith, Julio usw. besuchen und anschließend, im Frühjahr, durch die U.S. ´rauf nach Buffalo und auf dem Weg alle meine Freunde wiedersehen. Wäre toll. Von New York soll ein Schiff für 500 U$ nach London gehen… Tolles Ende des Trips!

 

So, 10.9.95

Nach La Serena gefahren. Nur 150 km, aber naßkalt und nicht unbedingt aufregend. da Pensionen entweder zu teuer waren oder keinen Platz für die Motos hatten, endeten wir auf dem Campingplatz. Wäre lieber in der Stadt unter Leuten, aber leider kein Geld. Frage mich, wo die ganzen Budgettraveller hier in Chile oder Argentinien übernachte, denn Hotels sind teuer und Campingplätze leer. Kaufen uns ein paar Steaks und Bier und haben ein geiles Grillfest. Gibt gute Radiostationen   es wird eine richtige Fete. Fahren später noch in die Stadt, wo wir nach einigem Suchen noch eine offene Bar finden. MTV geschaut und Bier getrunken. Als wir gegen 1 Uhr die Bar verließen, gab uns der Barbesitzer noch einen „Killer joint“, wir waren noch bis 3 Uhr  um die Feuerstelle und hatten irren Spaß. Wenn wir uns heute trennen sollten, dann wäre das ein ziemlich guter Abschiedsabend gewesen.

 

Mo, 11.9.95

Wie vorauszusehen   nach der vergangenen Nacht   war ich heute morgen nicht so recht fit. Stand eine halbe Stunde unter der Brause, der ich im „südamerikanischen Brausen Vergleichstest“ 8 von 10 Punkten geben konnte. Bin gar nicht mehr gewohnt, so heiß zu duschen. Da Chris und Markus über den Agua Negra Paß wollten, ich jedoch nach Santiago, trennen wir uns morgens und ich fahre alleine weiter Richtung Süden, nach Ovallia?? und dann zu den Thermalbädern von Socos. Langweilige Fahrt. Das Moto fährt schlecht und braucht dringend etwas Aufmerksamkeit. Das ganze Heckteil ist voll Öl   teils ausgelaufenes Speiseöl, welches mich immer mit dem Geruch von angebranntem Fett umgibt, teils Öl, daß aus dem Dämpfer kommt und über die ganze Schwinge verteilt ist. Auch die Vergaser und Ventile gehören wieder eingestellt. Vielleicht bin ich ein Pedant, aber wenn das Moto in so einem Zustand ist, macht das Fahren einfach keinen Spaß. Bin für satte 2500 Pesos (& U$)am Campingplatz abgestiegen, organisiere meinen Papierkram und koche Linsensuppe. Der Platz ist leer, ich bin alleine und habe endlich wieder Zeit, in der „Bibel“, dem South America Handbook, zu lesen. Ist immer wieder gut, allein zu sein, obwohl die letzten Wochen mit Chris und Markus sehr ok waren. In der Gruppe hat man zwar mehr zu lachen, mehr Spaß, versäumt aber doch auch einiges. Spanisch habe ich in den letzten Wochen wenig gelernt und auch andere Leute waren nur Figuren am Rande. Um richtig jemanden neu kennenzulernen, muß man einfach allein unterwegs sein. Wer lädt sich auch schon drei glatzköpfige, schmutzige, AC/DC hörende Motorradfahrer nach Hause ein? Einen   vielleicht, aber drei?   no! Das Alleinsein dauerte aber nicht lange, denn der Paß war zugeschneit und so nahmen die Beiden dieselbe Strecke Richtung Süden wie ich. Stoppten am Campingplatz, suchte sich aber in der Pampa einen Platz zum Schlafen. Werde sie wohl morgen auf dem Weg wiedertreffen. Eine Sache, die mir etwas Kopfzerbrechen bereitet, ist das Wetter. Untertags kann man überall spüren, wie es Frühling wird. Offiziell zwar erst am 21. September (seltsam für einen Europäer, der dieses Datum eher mit dem Herbst verbindet), aber viele Bäume und die Felder blühen und es duftet oft nach allen Arten von Blüten. Sobald die Sonne aber weg ist oder Wind aufkommt, wird es aber kalt und ungemütlich. Weiter südlich ist das sicher noch ausgeprägter! Ich hoffe, Mutt weiß das und stellt sich darauf ein. Von diesem Standpunkt aus gesehen, wäre es angenehmer, erst in zwei Monaten, wenn Sommer ist, weiter nach Süden zu fahren. Aber wenn man so lange unterwegs ist, kann man eben nicht überall in der optimalen Jahreszeit reisen. Taschenlampenbatterie ist leer   Gute Nacht!

 

Di, 12.9.95

Wie erwartet, traf ich Chris und Markus morgens im einzigen „Bums“ in „La Palmeras“. Auf der Landkarte als Ort eingezeichnet, war es doch nicht mehr als ein Haus und eine Kneipe. „Gutes Verhältnis“, wie Chris meinte. Was weiter passierte war kalt und ungemütlich. Regen und Nebel bis Santiago. Dortselbst dann Regen wie aus Fässern. Große, moderne Stadt   viele Autos; ich bin es absolut nicht mehr gewohnt, im Stadtverkehr zu stecken. Die gelben Busse überholen uns links und rechts, daß uns fast schwindlig wird, und deren Geschwindigkeit würde ich als unangepaßt bezeichnen! Haben aber Glück und finden das Hotel, die billigste Absteige („Caribe“, 2700) relativ bald. Können die Motos mit hineinnehmen, was eine ziemliche Aktion ist, denn es geht über einige Stufen und alles ist naß. Ziemliche Absteige, aber die Leute sind nett und damit ist auch der Platz ok. Kurzer Bummel durch die Stadt und ich rufe die Mutti an. Als sie mir sagte, was das ganze Zeug fürs Moto kostet, haut es mich fast um! Ich lief noch durch die Stadt   die , wie ich glaube, moderner als Wien ist: Besseres Radio, besseres Transportsystem, weniger Lärm, sauber, bessere Geschäfte, freundliche Leute etc., um nur einiges zu nennen. Wurde total durchwaschen und verkroch mich bald ins Bett zum Aufwärmen.

 

Mi, 13.9.95

Mototeile gesucht. Nervt, sich um all das kümmern zu müssen, soviel Zeit zu brauchen und vor allem viel Geld für Reifen etc. auszugeben. Es scheint ziemlich alles zu geben. Habe meine Post abgeholt: C3,??, Williams, Marianne   nix von vielen anderen! Die Sache mit Kim geht mir doch ziemlich nah. Eine der wenigen Frauen, für die ich mich bisher wirklich interessiert habe und sie ignoriert mich einfach   Scheiß??! „pero vamos a ver…“. Lief jedenfalls den ganzen Tag durch die Stadt und war nur am Staunen, was es alles gibt und wie modern alles ist. U Bahn, Häuser, Kommunikation etc. Brauchen uns da wirklich nichts einzubilden. Aber auch hier gibt es nur ein Mittel gegen den „Wolf“ zwischen den Beinen und das ist Duschen   was ich jetzt auch machen werde. In der Ferne sah man heute öfters die schneebedeckten 5  und 6000er   Gipfel der Anden. Ziemlich gut! C. & M. gehen mir hin und wieder schon etwas auf den Geist. Einfach zuviel Gerede über die Mopeds. Ich fühle mich nicht als „der Biker“ und sehe das Moto eher als ein zwar angenehmes, aber immerhin doch Fortbewegungsgerät. Natürlich genieße ich es oft, zu fahren (besonders auf diesem bike!), aber es ist nicht der Sinn des Trips, Motorrad zu fahren. Ich versuche dennoch, die Konversation über Motos auf das Notwendigste zu beschränken, obwohl ich von M., der Mechaniker ist, viel lernen könnte. Habe immer noch Ehrgeiz, mehr auf diesem Gebiet zu lernen, obwohl ich mich auch frage, wieviel ich überhaupt über Mechanik wissen bzw. lernen muß? Gewiß ist Mechaniker sein, um einen solchen Trip tu machen, kein Muß. Ich sehe jedes Gespräch über Motos, außer absolut notwendigen (wenn es um Reparaturen geht, die für das Weiterkommen unerläßlich sind), eigentlich als überflüssig an und nervig. An „blauer Bremsflüssigkeit“ oder einem gelbe „Benzinschlauch“ kann ich mich einfach nicht aufgeilen. Muß aber aufpassen, um nichts Falsches zu sagen, denn wir hatten seit La Paz eine geile Zeit und die will ich nicht durch eine unbedachte Bemerkung verderben.

Noch etwas zu Leuten, die nicht zurückschreiben: Bin von einigen enttäuscht, über andere freue ich mich. Wenn mir aber einer sagt: „Weißt eh, ich bin nicht so gut mit schreiben“, dann finde ich das ziemlich schwach. Was glauben solche Leute denn? Daß es mir leicht fällt und ich nix Besseres zu tun habe, als durch Adreßbücher und Zettelhaufen zu kramen? Als Stunden mit schreiben zu verbringen? Als durch die Gegend zu laufen, um Papier und Kuverts zu besorgen (was ja nicht immer nur ein Gang in die Trafik ums Eck ist, sondern wilde Sucherei!)? Als die Post zu suchen, Absender noch einmal auf die andere Seite des Kuverts zu schreiben, weil es die nationale Postvorschrift so will (die in jedem Land aber anders ist)? Und schlußendlich für das Ganze noch eine Menge Geld auszugeben? Glauben die, mir fällt das leicht? Ich will mich eigentlich auf Leute beschränken, die mir auch zurückschreiben, was aber doch nicht so ganz einfach ist, denn ich will einfach, daß alle, an denen mir etwas liegt, zumindest hin und wieder ein Lebenszeichen von mir bekommen und wenigstens etwas von dem, was ich hier tue und erlebe, erfahren. Persönlich erzählen kann ich´s ja leider nicht, sonst könnte ich ja den ganzen Aufwand sparen.

Haben sich vertan und ich habe sensationell billig (7 min für 7 U$) nach Hause telefoniert! So etwas passiert nur einmal!

Dinge, die auf der Südhalbkugel anders sind:

Sonne steht im Norden

  1. September ist Frühlingsanfang

Fährt man nach Süden, wird es kälter statt wärmer

Viele Metaphern (siehe Metaphern  we life by) stimmen hier nicht mehr

 

Do   Fr, 14.   22. 9.95

Was passierte in den letzten Tagen?

In Stichwörtern:

Moto repariert bei Don Marco, der eine Werkstatt, einen gestörten Mechaniker und einige alte BMW´s hat.

Ausgegangen in´s „Blondie“. Gute Disco, die erst um 1 Uhr morgens aufsperrt. Supergut. Frauen, Musik etc. Bin in den letzten Tagen wieder in Biertrinkstimmung gekommen und 2  3 Mal mit Chris ziemlich abgestürzt.

Mutt ist da! Gut!

Hotelgäste beobachtet: Die Dauerbewohner scheinen ziemlich schräge Vögel zu sein. Da ist zum einen „Paperboy“. Ziemlich verwahrloster Typ, der immer mit kleinen Klopapierbällchen durch die Gegend läuft und sie an allen möglichen Stellen fallen läßt oder auf dem Moto etc. plaziert. Blamierte mich einmal ziemlich, als ich im Geschäft um die Ecke etwas einkaufte und er mir ein Stück Klopapier zusteckte. Alle schaute auf uns und glaubte wohl, wir hätten einen kleinen Pakt oder Ähnliches. Dann ist da „Broomboy“, wie wir ihn nannten. Steht den ganzen Tag mit dem Besen in der Hand ´rum und hört Walkman. Hat keine Ahnung und weiß nicht recht, was er eigentlich tun soll mit dem Ding in der Hand. Aber jedesmal, wenn er an mir vorbeikommt, gibt er mir „two thumbsup“ und lacht wie ein Irrer… Schließlich der „Patriot“, der immer, wenn er vorbeigeht, „CHILE“ ruft und, falls man mit „Chile“ antwortet, auch noch „Pinochet“ schreit.

Ach ja, wieder ´mal Montag und Dienstag Feiertag. Patriotische Feiern oder so mit viel Militärparaden, die doch zeigen, wie kurz vorher hier noch ein ganz anderer politischer Ton herrschte.

Beeindruckende Demo gegen die französischen Atomtests. 12000 Leute oder so.

 

Sa, 23.9.95

Es geht wieder weiter! `Raus aus der Stadt, die zwar ok war, mir aber trotzdem schon etwas auf die Nerven ging. War ja auch ~10 Tage hier und bin nur umhergelaufen und habe fast so etwas wie Streß gehabt. Noch Post abgeholt (Ron, die treue Seele) und dann Richtung N nach Los Andes. Bei der Ausfahrt stach mich dann gleich noch eine Biene, was weniger angenehm war. Fühlte sich an, als ob ich eine Schraube in die Stirn gedreht bekommen hätte. Frühlingshafte Gegend, die mir so vorkommt, wie in Norditalien. Richtung Mendoza geht´s auf den Paß … (25.. m) hinauf und es wird wieder ziemlich kalt. Auch die Zöllner wollen nicht länger als nötig in der Kälte stehen und so geht die Abfertigung schnell und zügig voran. Gut für uns, daß es keine Gepäckkontrolle gab, denn wir hatten alle möglichen Eßwaren bei uns, die wir legal nicht nach Argentinien hätten einführen dürfen. Vor allem die großen Stücke Fleisch, die uns vom Mittagessen übriggeblieben sind, hätte ich nicht gerne hergegeben. Erste Nacht dann mit Mutt im Zelt. War total müde, da ich 1. gestern nacht gebrochen und Durchfall gehabt habe. dabei habe ich nur vegetarisch gegessen   unverständlich, 2. nur mit einem Auge gefahren bin, da das andere schon zugeschwollen war und 3. ich es nicht mehr gewohnt bin, mit Gepäck und einer zweiten Person zu fahren. Windige Nacht.

 

So, 24.9.9.5

Gemütlicher Morgen. Kein Wind und wir lassen uns Zeit mit dem Aufpacken. Wäre sowieso nicht schneller gegangen, denn den Berg von Gepäck, mit dem wir durch die Gegend fahren, den muß man erst einmal unterbringen. Aber das ist am Anfang eines neuen Abschnittes immer so und ich bin sicher, in ein    zwei Wochen wird das Auf  und Abladen ruck zuck gehen. Es geht ´runter vom Paß und es wird wieder wärmer. Im Rückspiegel kann ich die schneebedeckten Gipfel  + den höchsten Berg S.A., den Aconcagua sehen und es tut mir fast leid, denn es wird ja das letzte Mal gewesen sein, daß ich auf diesem Trip in den wirklich hohen Teilen der Anden war. Es ist wieder relativ viel Verkehr, denn ganz Mendoza scheint, da es Sonntag ist, die Stadt zu verlassen. So finden wir die Stadt dann, zwar schön modern, mit von Bäumen gesäumten Straßen, aber leer vor. Kein Grund zu bleiben und weiter auf der RN 40 nach Süden. Auf dieser Straße werden wir in den nächsten Wochen noch öfter sein, denn sie führt   immer entlang der Anden   nach Terra del Fuego. Die letzten 80 km bis zum Lagerplatz sind dann Schotter und Sand und ich wundere mich, wie das Moto mit dem neuen Federbein fährt. Sogar zu zweit geht es schnell voran; es schluckt wilde Schläge, schlägt nie durch und auch das böse „Aufschaukeln“ bei mehreren Bodenwellen gibt es nicht mehr. Geil. Ich muß aber auch sagen, daß Mutt eine gute Beifahrerin ist, die mitdenkt und einen Gutteil der Zeit stehend in den Fußrasten verbringt. Am Abend Feuer und ruhiger Zeltplatz. In der Nacht ist es windig und morgens reißt mich dann noch so ein Gockel im Anzug aus dem Schlaf und fragt, ob dies der richtige Weg nach … sei. Da dies die einzige Straße ist und es seit 70 km keine Abzweigung gab, frage ich mich, was der wohl in den letzten zwei Stunden auf dem Weg hierher gedacht hat?

 

Mo, 25.9.95

Bis der Asphalt wieder anfing, waren es ca. 30 km, teilweise recht sandig. Ging aber ohne Probleme und wir hielten einige Male an, um den wilden Pferden bei dem, was immer sie gerade taten (oder nicht   nur dastehen und uns beobachten) zuzusehen (ist das dann nicht dasselbe, was die Pferde taten?   kompliziert). Morgens konnte man auch wilde Esel schreien hören und gestern sahen wir einmal ein ganzes Rudel Füchse. Solche weiten, ungenützten Flächen gibt es in Europa fast nicht mehr, aber hier ist es kaum anders vorstellbar. Schließlich wieder auf Asphalt in Richtung Las Lenas, dauerte es dann keine halbe Stunde und wir hatten einen Patschen (Nagel). Eigentlich nie schlimm und in den letzten Wochen, eigentlich Monaten, bin ich von Pannen dieser Art verschont geblieben. Also flicken, was eigentlich recht flott ging und weiter. Bei einem Tankstop dann ein weiters Loch (Stachel). Eine Tankstelle ist  immer noch einer der besten Plätze für einen Patschen. Es gab einen Kompressor und Flicken, was gut war, denn meine waren alle aufgebraucht, bis auf einen. Noch dazu konnte Mutti in der Sonne sitzen und gescheite Kommentare abgeben („zuwenig aufgerauht, eh?“). Schließlich beide Löcher geflickt und weiter. Sollte eigentlich einmal die Anzahl von Nägeln, die auf den Straßen herumliegen, statistisch ermitteln. Wie wahrscheinlich ist es, daß man genau auf dem schmalen Streifen, auf dem Streckenabschnitt, auf welchem ein Nagel liegt, fährt und dann genau dieser Nagel noch nach oben zeigt und sich in meinen Hinterreifen bohrt? Es müssen Millionen von den Dingern herumliegen… Die RN 40 führte immer östlich der Anden entlang und die schneebedeckten Gipfel begleiteten uns auf dem Weg nach Süden. Später wurde es dann gebirgiger, windiger und kälter. Fanden aber einen etwas ruhigeren Platz weiter unten an einem Fluß. Hoffe, daß ich wieder einmal gut schlafen kann.

Meine Hose ist hinten ziemlich zerfetzt, was das Mädel an der Tankstelle sehr amüsierte.

Wind, Wind, Wind.

 

Di, 26.9.95

Gleich morgens ans Feuer, weil es ziemlich kalt war. Zum Geburtstag gab´s Maoam   gut. Keine besonderen Gedanken   31. Durch schöne Schwemmebenen weiter nach Süden. Viele „Gauchos“ auf Pferden gesehen. Später wollten wir durch den „Park de Tronen“ (ein Vulkan) fahren, mußten aber nach einigen schneebedeckten Stellen, durch die wir das Moto nur schieben konnten, bei einer großen Schneeverwehung umdrehen. Zelteten in einem „Vado“ am Fuß der Tronen.

 

Mi 27.9.95

Unser Schlafplatz im Vado war sehr ruhig und schön. Gab gestern noch tolle Lichtspiele beim Sonnenuntergang und es war wieder Erwarten warm. Den größten Teil des Tages ging es dann auf Piste bzw. Asphaltstraße durch relativ langweilige Gegend. Recht viele km ohne wirkliche Höhepunkte. Die Landschaft ist kahl und da es ja erst Frühlingsanfang ist, gibt es nur vereinzelt zaghafte Ansätze zarten Grüns. Wollten eigentlich in Zapala?? ins Hotel, doch da wir es eventuell morgen wieder bis Chile schaffen könnten, wollen wir noch einen Tag campen, um uns das viele Geld zu sparen, das Hotels hier in Argentinien kosten. Trinken Kaffee und essen Kuchen   11 Pesos (11 U$)   nicht billig, aber gut. Am Weg aus der Stadt sehen wir einen Laden, in dem Lederhosen hergestellt werden und ich erfülle mir (oder besser: Mutt erfüllt ihn mir) einen langgehegten Wunsch, nämlich eine schwarze Lederhose. Es wird Maß genommen und bevor ich meine Schuhe ausziehe, wasche ich mir noch die Füße im WC und wechsle die Socken. Der Gestank wäre ansonsten nicht auszuhalten gewesen. Mutti hat sich auch so geniert. Morgen also in Rocker Lederhose! Fahren weitere 35 km aus der Stadt hinaus zur „Laguna Blanca“, einem schönen See am Fuße der Anden, der bekannt ist für seine schwarzhalsigen Schwäne. Kalte, aber ruhige Nacht und ausgiebigstes Frühstück mit allem, was der Supermarkt gestern so geboten hat.

 

Do, 28.9.95

Die Lederhose paßt! Ein ganz neues Gefühl, so etwas zu tragen. Ist aber super zum Fahren. Kein Wind geht durch und sie ist bei der kühlen Luft angenehm auf der Haut zu tragen. Wieder eines der Dinge, die ich mir schon viel früher hätte zulegen sollen. Wieder langweilige Gegend, durch die eine meist schnurgerade Straße gezogen wurde. An der Tankstelle in Zapala erfahren wir (durch Chris´ Kreditkartenrechnung), daß die beiden erst eine halbe Stunde vor uns hier durch sind. Es ist immer wieder erstaunlich, wie sich die Wege aller kreuzen. Sollte vielleicht einmal eine animierte Karte der Routen aller Leute machen, die ich bisher so getroffen habe. Wo sich Linien kreuzen, traf man jemanden, aber wie oft passierte es, daß man sich entweder räumlich oder zeitlich fast getroffen hätte? Nach San Junin de los Andes ging es dann in ein schönes, warmes Tal hinunter. Die Wärme ist angenehm und tut gut, wenn man die ganze Zeit dem doch recht kühlen Fahrtwind ausgesetzt ist. Essen Pizza und entschließen uns, über den zwar von der Straße her schlechteren, aber landschaftlich schöneren Paso Tromen wieder nach Chile zu fahren. Schon am Nachmittag konnte man im Westen den ~3600 m hohen Kegel des Lanin Vulkans erkennen, der   völlig freistehend   von allen Seiten sichtbar war. Wir wollen nördlich dieser tollen Berge vorbei. Allerdings kommen wir nicht so weit, denn auf dem Weg zum Paß gab es einfach zu viele einladende Plätze zum Übernachten   so schlugen wir unser Zelt am fuße einer alten Weide am Flußufer auf. Muß ein Vogelparadies hier sein. Fluß  bzw. ungestörte Auenlandschaft (ausgenommen wir Eindringlinge) bietet sicher gute Nist  und Lebensplätze für diverse Arten von Vögeln. Die ganze Zeit über kreischt, zirpt, quiekt, schnattert und flattert es und irgendwelche Vögel kreisen permanent über uns (evtl. GEIER??). Warten wahrscheinlich, bis wir wieder aus ihrem Revier verschwinden.

 

Fr, 29.9.95

Wir brechen erst recht spät von unserem Lager zum „Paso Tromen“ auf und es ging g durch schöne Landschaft mit diesen seltsamen Bäumen, die, wie Mutti sagt, „Norfolk Trees“ heißen. Der Lanin Vulkan lag die ganze Zeit zu unserer Rechten. Mutti sah überall schöne Schihänge, während ich eher eine geile Bergtour oder einen schönen Startplatz zum Drachenfliegen sah. Am Zollgebäude angekommen, schwante mir schon einiges, denn es war noch total zugeschneit. Der einzige Beamte dort sagte uns, daß der Übergang gesperrt sei, weil auf der chilenischen Seite noch 60 cm Schnee lägen. Somit war die Auskunft der Polizisten, die ich an der Abzweigung zum Paß gestern zweimal gefragt hatte, nicht so viel wert. Mich wundert nur, daß selbst hier in Argentinien   ein Land, das sonst gut organisiert ist   die Kommunikation von zwei nur 60 km auseinanderliegenden Polizeiposten nicht funktioniert. Auf derselben Strecke ging es zurück nach Lanin und auf breiter Asphaltstraße weiter zum Schiort San Martin de los Andes, von wo wir nach Hua Hum wollen, um dort unser Glück zu versuchen. S.M. ist ein Schi /Tourismusort internationalen Zuschnitts mit eigenem Flughafen und all der dazugehörigen Infrastruktur. Da die Saison schon fast vorüber ist, sind viele Geschäfte und Lokale bereits geschlossen. Ich weiß nicht warum, aber irgendwie fühle ich mich in Tourismusorten wie diesem nie richtig wohl. Das Konzept der Regeneration von all dem Streß, der sich über´s ganze Jahr angesammelt hat, in zwei Wochen (wieder streßvoller) Erholung, sagt mir nicht zu. Aber es scheint zu funktionieren und hier gibt es alles, um „den Gast“ (allein dieser amorphe Begriff ist mir suspekt) von seinem Geld zu befreien. Ist wie ein Ressort am Meer hier: Austauschbars, Spaß auf Abruf (oder Kreditkarte) etc. Tranken ein Bier zwischen den ganzen Touristen auf einer Sonnenterasse und verließen dann den Ort in Richtung Grenze. Der Weg war von eigenartigen, saftiggrünen Bambuspflanzen gesäumt, die ich in dieser Art noch nie gesehen habe. Bis wir die Grenzformalitäten dann erledigt hatten, dauerte es weitere zwei Stunden, denn insgesamt waren es vier Stationen, die wir zu absolvieren hatten und jede war von der nächsten ca. 1 km entfernt. In einem der wichtigen großen Bücher war die letzte Eintragung eines Touristen mit 31. März datiert. Scheint nicht allzu stark frequentiert zu sein um diese Jahreszeit. Die Straße auf der chilenischen Seite erweist sich als eine Doppellinie auf unserer Landkarte   sie existiert einfach nicht   und weiter soll es mit einer Fähre über den Lago Piuchuico?? gehen. Die geht aber nur einmal am Tag und so verbringen wir die Nacht in den Koniferenwäldern und Bambusstauden an einem ruhigen, tiefen Fluß. Ich kaufe mir beim Kiosk an der Anlegestelle noch Fischzeug und versuche mein Glück. Sollte es eigentlich besser wissen, probierte es aber trotzdem. Fing natürlich nichts, aber meine Ausrede war, daß wir wegen des nassen Holzes eh kein Feuer hätten machen können, um die vielen Fische, die ich normal gefangen hätte, auch zu braten.

 

Sa   So, 30.9.   1.10.95

Glaubten fast, die Fähre versäumt zu haben und packten daher im Eiltempo, um noch den Hafen zu erreichen. Die Angst, hier noch einen Tag warten zu müssen, erwies sich aber als unbegründet, denn man legte erste ein Stunde nach unserer Ankunft ab. Die paar Häuser, die es hier an der Anlegestelle gibt, erinnern mich an „Shining“ mit Jack Nicholson. Vor allem ein schon etwas verfallenes Gebäude sah aus wie das Hotel in dem Film und ich weiß nicht, ob ich darin einen Winter alleine in der  Abgeschiedenheit hier verbringen möchte. Sehr ruhige Fahrt durch unberührte Landschaft. Die Berghänge sind bewaldet und weiter oben noch schneebedeckt. Vor 4 Wochen soll hier alles noch zugeschneit gewesen sein, dann wäre diese Grenze sicherlich auch noch gesperrt gewesen. Hätte eigentlich nicht geglaubt, daß es so schwierig sein kann, die Grenze zu überschreiten. Entweder ist der Übergang „offiziell“ gesperrt   was immer das heißt  , verschneit oder es ist keiner da. Von der Fähre ´runter nach 2 1/2 h sonniger Fahrt. Danach kam mir die Gegend so vor, wie es bei uns vor 50 Jahren ausgesehen haben könnte. Schotterstraßen mit wenigen Autos, vereinzelte Lichtmasten, kaum Reklame, einfache Häuser ohne Alpenschnickschnack, mehr Menschen auf der Straße als in Autos etc. In Canaripe?? bekamen wir wieder einmal die richtige Auskunft, als wir fragten, ob wir vorbei am Vulkan Villarica, der über uns qualmte, nach Pucon fahren könnten. „Si claro, camino my lindo   disfrute!“ Da hätte die Wirtin wahrscheinlich auch recht gehabt, wenn ich sie im Sommer gefragt hätte. Nach ca. einer Stunde über stellenweise schon recht grobe Wege, sollte der Weg dann (wie schon etliche andere) im Schnee enden. Wir fuhren zurück und auf asphaltierter „Normalroute“ nach Pucon. Der Abschnitt von Villarica nach Pucon war dann gesäumt von Campingplätzen und „Colañas“, die es zu mieten gab. Hatte eher einen kleinen gemütlichen Ort im Kopf. Mit Charakter ist es aber nicht so weit her hier. Viele flache Häuser unbestimmbaren Stils, die entlang der Hauptstraße, die natürlich O`Higgins heißt, aufgefädelt sind. Viele davon Souvenirgeschäfte oder Reise  bzw. Tourbüros, die man aber jetzt „Adventure Tours“ oder „Adrenalin Adventure Tours“ nennt. Wenn ich die Jungs auf den Mountainbikes vorbeischnaufen sehe, kann ich  mir gut den Adrenalinstoß vorstellen, der sie antreibt. Wie gesagt   Pucon begeistert mich nicht unbedingt. Haben aber eine gute Hospedaye gefunden und verbringen einen Tag mit Lesen, Postkarten schreiben, waschen etc. Habe sogar einen kleinen Gasofen, der viel in Betrieb ist.

 

Mo, 2.10.95

Post aufgeben. Willy hat mir ein Fax aus Belgien geschickt, mit Adressen von Reedereien, die von Santiago aus nach Europa fahren. Nett von ihm   aber viel lieber würde ich doch noch ein paar Monate anhängen und zurück in die USA fahren und dann von New York aus heimfahren bzw.  fliegen. Ist zwar finanzieller Selbstmord, aber da ich in den nächsten paar Jahren eh nichts mehr Großes machen kann, denke ich, daß dies, wie man bei uns sagt, das „Kraut nicht noch fetter macht“! Natürlich stößt diese Idee bei Mutti auf wenig Gegenliebe… Gegen 12 h kommen wir aus Pucon ´raus und es geht wieder nach Süden. Überlegten lange hin und her, wo es nun eigentlich hingehen soll: Chiloé oder Bariloche. Wir entscheiden uns schließlich, wieder nach Argentinien zu fahren und den nördlichen Teil des „Camino Astral“ wegzulassen und erst südlich von Chaiten wieder nach Chile zu wechseln. Schwer, Entscheidungen zu treffen, wenn man sich fast nur auf das „Handbook“ verlassen muß. Ist aber erstaunlich, wie man sich von Büchern wie diesem leiten läßt. Eine ansprechende Beschreibung eines Ortes (Aunst!, most picturescs, etc.) oder einer guten Hospedaje (good meeting point, excellent, travellers heaven, etc.) und schon sitzt man einige Tage auf dem Moto, um dorthin zu gelangen. Obwohl man lernt, den Führer zu lesen und sich halbwegs vorstellen kann, wie es an einem Ort aussehen könnte und obwohl die Angaben meistens (meistens!) recht gut stimmen, weicht die Realität oft von der Beschreibung und dem Bild, was man sich davon gemacht hat, ab. So eben in Pucon. Am späteren Nachmittag wurde das Wetter dann schlecht und wir kamen das erste Mal in den Regen. Ich war ziemlich sauer, weil ich wieder ´mal das Regenzeug erst angezogen hatte, als alles schon naß war. Immer dasselbe. Betrachtungen zum Motorradfahren im Regen: Scheiße! Schlägt sich zu sehr auf die Stimmung und es gibt wenig, was man dagegen machen kann. Gutes Regenzeug hin und her, aber es macht halt überhaupt keinen Spaß, in der Nässe zu fahren. Das einzige Gute am Regen ist, daß er auch mal aufhört! Plötzlicher Stimmungswechsel und alles ist wieder gut Man riecht, wie das Wasser verdunstet und die Sonne die Lederhose trocknet. Alles ist vergessen, bis man wieder dunkle Wolken kommen sieht und die ersten dicken Tropfen ins Gesicht knallen. Aber da waren wir schon in Entre Lagos?? und suchten uns eine warme Pension für die Nacht.

 

Di, 3.10.

Gab ausgezeichnetes Frühstück in der Pension und das schon etwas ältere Ehepaar bemühte sich sehr um unser Wohlergehen. Hatte ein richtig schlechtes Gewissen, mit meinen zwar neuen, doch total verdreckten Schuhen über die Stiege gegangen zu sein und feuchte Erdklumpen im Haus zu verteilen. Morgens regnete es nicht mehr und die Straße entlang des Sees Puyehne?? war fast trocken. Der Grenzübertritt ging schnell   mittlerweile kenne ich das Procedere ja auch schon. Womit wir eigentlich nicht gerechnet hatten, war der Schnee am Paßübergang. Die Straße war zwar schneefrei, doch links und rechts davon war er stellenweise über einen Meter hoch. Die Vegetation war in dieser Höhe noch im Winterschlaf, nur das zaghaft grüne Moos auf den ansonsten kahlen Bäumen brachte etwas Farbe in das graue Einerlei. Wir nahmen nicht den direkten Weg nach Bariloche , sondern bogen nach N ab und fuhren entlang des Lago Espejo. Es ging durch Wälder, die so dicht waren, daß man durch das dicke Geäst den Himmel kaum sehen konnte. Hinter jeder Kurve kam ein anderer See zum Vorschein. Häuser waren kaum zu sehen und auf der gesamten Strecke kamen uns auch keine Autos entgegen. Außer der Schotter  bzw. Erdstraße gab es auch kaum Anzeichen von Zivilisation. Erst am Lago gab es wieder einen im Wald versteckten Ort, „Villa Trafu“, wo wir guten Kaffee und die hier ziemlich populäre selbstgemachte Schokolade kauften. Auf dem Abschnitt, der uns schließlich nach Bariloche führte, fing es dann wieder an zu regnen. Es störte mich aber kaum noch, als ich Rafting Boote unten im überschwemmten Fluß sah und mir vorstellte, wie die Leute dort erst frieren würden. Wenn die Sonne geschienen hätte (nicht  gescheint), wäre das Tal mit den tollen Felsformationen sicher noch schöner gewesen. Fanden in Bariloche ein Hotel aus den „50ern“, wo wir für 12 Pesos (12 U$) ein Zimmer unter dem Dach bekamen. B. ein moderner FV Ort mit  zig Geschäften der Sportartikelindustrie und unzähligen Restaurants. Die Stadt ist voll von jungen Leuten, die auf ihrer „Promotionsreise“  (Maturareise) sind und immer mit gleichen Sweatern, Flannels oder unsäglich häßlichen Schianzügen durch die Gegend ziehen.

 

Mi, 4.10.95

Unser Zimmer ist genau über der Lüftung und so bekommen wir, ob wir wollen oder nicht, auf alles mögliche Essen Appetit gemacht. Paßt Mutti, die eigentlich 3 Kilo abnehmen will, überhaupt nicht… Vormittags Geld wechseln und nachmittags „Fahrt ins Blaue“ mit Kaffee und Kuchen auf einem Schiff über den Lago Dahnel? Huaoizur? zur Insel Huemut? Hatte erst gar keine Ahnung, was es dort eigentlich geben sollte, dachte nur, daß es besser sei, als ein Ausflug mit dem Motorrad bei diesem kalten und regnerischen Wetter. Im Jahr 1951 soll aber dort ein österreichischer Physiker, Richter, die erste Kernschmelzung zuwege gebracht haben, was Präsident Peron politisch (und natürlich wirtschaftlich) ausschlachten wollte. Da aber die Kernschmelzung bis heute nicht länger als Sekundenbruchteile kontrolliert durchführbar ist, war dieser Dr. Richter doch eher ein Hochstapler und Schwindler, der halt auf dieser Insel sein Labor betrieb. Die Ruinen besichtigten wir. Nicht sooo beeindruckend   aber man kann alles so ausstellen und präsentieren, daß man glaubt, vor etwas kunstvollem, interessantem oder wichtigem zu stehen. Wollten abends „Trucha“ (Forelle) essen gehen, aber nachdem wir den ganzen Tag nicht unbedingt gefastet hatten, wurde daraus nichts und wir blieben auf unserer Mansarde, aßen!, lasen und schrieben. etc…

 

Do, 5.10.95

Aus der Küchenlüftung kamen nicht nur Knoblauchdüfte, die allerdings auf Dauer doch etwas in Gestank umschlugen, sondern auch der Duft von Kaffee und dieser weckte mich heute morgen auf. Packten unser Zeug, was mittlerweile recht schnell geht, frühstückten (was weit länger dauerte, denn der Chef hatte ziemliche Probleme, mehr als eine Tasse oder ein Marmeladengefäß auf einmal zu bringen) und verließen Bariloche in Richtung El Balsau??. Verfuhren uns allerdings am Anfang und landeten im Schigebiet bei „Cathedral??“. Saukalt, wie überhaupt die meiste Zeit des Tages die Temperaturen recht frisch waren. Es ist absolut unfair, daß man während der Nacht den Sternenhimmel sehen kann, untertags es aber 100%ig bewölkt ist. Aber wir hatten trotzdem Glück, denn es regnete kaum und so ging es trotz der Kälte eigentlich flott voran. Irgendwann trafen wir dann einen Argentinier auf einer Transalp mit Unmengen von Gepäck. Er hatte sogar ein GPS am Lenker montiert! Ich weiß nicht, wie nutzvoll diese Dinger eigentlich sind, aber irgendwie ist es wieder nur ein Stück Zivilisation, das in die Natur hinausgetragen wird. Das Wohnzimmer bzw. Büro im Freien (Gedanken, warum man ohne Techno Paraphonelia?? wie Walkman, digitalem Uhr Altimeter Tel. Verzeichnis, Newton und eben auch GPS nicht sein will?). Tranken heiße Schokolade, wärmten uns am offenen Feuer und er zeigte uns Fotos von der Halbinsel Valdez etc. Überall Sonne, der Neid könnte einen fressen. Im Naturpark de Alerces?? suchten wir uns einen Platz und machten erst einmal ein Feuer. Da das Wetter auch etwas besser wurde, beschlossen wir, gleich hier zu campen. Gute Entscheidung, denn es war eine ruhige, windstille Nacht.

 

Fr, 6.10.95

Durch den Wald weiter, vorbei an einigen Seen mehr. Leider wieder kein wirklich gutes Wetter, blauen Himmel gab es immer nur stückweise zu sehen. Öfter ging es wieder an Schneefeldern vorbei und man merkte, wie die Temperatur jedesmal sank. Stoppten in Trevdin??, wo wir zwar gutes, aber ziemlich teures Mittagessen verdrückten. Unglaublich, wieviel Brot man essen kann! Ließ mir auch noch die Lederhose enger machen und da ich, während dies bei einem Schuster erledigt wurde, mit Muttis Leggings herumlief, war ich ab dann nur mehr „Nuriger (Sp.)“. Fanden dort auch ein schönes, kurzes Lammfell, welches vor allem Mutti begeisterte. Erstanden es für 3 Pesos, was mir fast lächerlich billig erschien, andererseits steht hier aber auch hinter jeder Kurve und jedem Baum eines von den Viechern. Die Grenze mit dem unaussprechlichen Namen „Futaleufu??“ lag dann am Rio Grande in einem schönen Tal mit Bergen, die mich an den Spielberg und die Szenerie in Hochfilzen erinnern. Auf der chilenischen Seite hatten alle eine Alkoholfahne und sie beeilten sich, wieder zurück an ihren Kartentisch zu kommen. In sensationell kurzer Zeit waren wir durch. Wie schon bei anderen Grenzübertritten fiel mir auch hier ein Tischtennistisch auf. Scheint zum Standardinventar zu gehören. Je weiter wir nach Westen kamen, desto dunkler wurde es und einmal rasten wir vor dem hinter uns herziehenden Regen davon. Wir hatten Glück, denn wir wurden kaum naß, obwohl es hinter uns und auf der anderen Talseite ordentlich regnete. Flüchteten uns in „La Junta“ in eine Hospedaje, wo ich einschlief, ohne mich noch auszuziehen.

 

Sa, 7.10.95

Morgens Regenzeug gekauft. Das gibt es hier überall, woraus ich schließe, daß schlechtes Wetter hier keine Seltenheit sein dürfte. In „Puyuguapi“ erreichten wir dann zum ersten Mal seit langem wieder das Meer, das aber aussah wie ein See. Erst als wir Delphine die Küste entlang schwimmen sahen, waren wir endgültig sicher, daß wir einen der fjordartigen Kanäle erreicht hatten. Weiter nach SW war die Straße dann einige Male von den Unwettern im Juli/August schlimm in Mitleidenschaft gezogen und nur notdürftig repariert worden. Es ging durch und über große Felsbrocken und man konnte sich gut vorstellen, welche Wassermassen hier heruntergeflossen sein müssen. Riesige Felsblöcke wurden weggeschwemmt und ganze Täler aus dem Fels gerissen. Auch einige Betonbrücken, von denen nur die massiven Pfeiler übriggeblieben waren, wurden weggerissen. Nur erstaunlich, wie schnell das alles repariert wurde. Später lagen dann, über   zig Quadratkilometer verstreut, halbverfaulte Baumstämme herum. Ganze Täler und Bergrücken waren kahl und die Reste der Bäume lagen wie Zündhölzer in der Landschaft. Es gab nur wenige Felder, die freigeräumt waren und so war die Landschaft geprägt von diesen Baumleichen. Da das Wetter etwas freundlicher wurde, wollten wir eigentlich campen, aber links und rechts der Straße liefen Zäune entlang und so fanden wir keinen netten Platz, bis wir „Coihaique“ erreichten, wo wir schließlich in eine Hospedaje gingen.

 

So, 8.10.95

Scheiß lärmige Nacht. Erst klang es, als ob (ich mit dem Ohr an der Decke wäre) die Decke zwanzig cm über meinem Kopf hängen würde, so deutlich konnte man jedes Geräusch der Leute über uns hören, später unterhielt uns dann der Baß aus der Bar und gegen 5 h dann der Lärm der nach Hause gehenden, singenden und ihre Autos aufwärmenden Gäste. Schlief nicht so toll, aber da es auch kein warmes Wasser, Handtücher etc. gab, ließ uns der Chef nach einiger Diskussion dann wenigstens einen 1000er nach. Gleich anfangs verfuhren wir uns und landeten auf der argentinischen Seite. Da wir aber um den Lago „Gual Carrera“ wollten, ging es auf kleinen Schotterstraßen zur Routa 7. Wußten lange nicht, ob wir auf der richtigen strecke waren, denn unsere Karte schwieg sich aus und Verkehrszeichen waren nur spärlich eangebracht. Es war aber eine schöne Fahrt und wir machten dann eine lange Kaffeepause an einem sonnigen Fluß. Tat gut, sich aufzuwärmen, denn es war den ganzen Vormittag über kalt und windig. Wie das Wetter in Patagonien um diese Jahreszeit halt normalerweise ist. Es wurde dann gebirgiger und gab tolle Aussichten auf die schneebedeckten Berggipfel des Cerro „Cadillo??“. Überhaupt war die Landschaft so, wie ich mir das „wilde Patagonien“ vorgestellt habe: Weite Täler mit großen Schwemmebenen und darin wild mäandernden Flüssen, einsame Bergketten ohne Zeichen eines Weges oder Pfades, der hinaufführt. Einige wenige Siedlungen, wobei ich mich oft fragte, wie und wovon die Menschen hier leben. Kleine Dörfer mit Geschäften, die neben unansehnlichem Gemüse, Keksen & Benzin aus Fässern hauptsächlich Schnaps und Wein verkaufen; Natur und Weite halt, die die Alpen in Europa wie einen U Bahn Wagen um 8 H morgens erscheinen lassen. Ach ja, unglaublich, aber wahr: Federbein # 3, das neue, sündhaft teure Öhlins, ist undicht!!!!

 

Mo, 9.10.95

Es hatte in der Nacht ein paar mal kurz geregnet, aber morgens war alles wieder trocken. Wenn ich die Mütze über die Augen ziehe, kann ich noch einmal eine Stunde länger schlafen. Das ist gut, denn um 6 h in der Früh´ aufzustehen, habe ich nicht immer Lust und sich im Schlafsack ewig hin  und herzudrehen, macht mir ebensowenig Spaß. Wir nahmen die Straße in Richtung „Cocharne??“ (im Zweifelsfall für die schlechtere Variante) und bereuten es nicht. Es ging noch einige Zeit am Lago „Gual Carreras“ entlang und dann weiter nach Süden. Das Wetter war endlich wieder einmal freundlich und so erschienen uns die tiefen Täler mit den Flüssen in hellem Grün, die sich dort unten über Stromschnellen stürzten und durch enge Schluchten zwängten, bevor sie sich miteinander vereinten   gleich doppelt schön. Nach der Abzweigung in Richtung argentinischer Grenze wurde es noch etwas grüner, aber es gab trotzdem nur einige wenige Haziendas. Diese haben jedoch, wie uns der Zöllner erzählte,, bis zu 15000 Schafe   nicht schlecht. Einmal ging es in ein Tal hinein, das beiden Seiten riesige Moränen abgerungen hatte, was einem eine Idee gab von den Gletschern, die diese Täler einmal überformten. In einer schönen, windstillen Talebene machten wir Mittagspause und kochten „Nudeln mit Thunfisch“   ausgezeichnet. Und wieder hatten wir einen lärmenden Wasserfall direkt hinter uns.. Lagen einige Zeit in der Sonne, bevor wir uns wieder auf den Weg machten. Gattern?? auf und zu ging´s weiter hinauf zum Paß „??“ und über uns kreisten Condore. Das erwähne ich nur der Vollständigkeit halber, denn in den letzten Tagen sahen wir diese tollen Vögel täglich. Auch jede Menge andere Vögel begleiteten uns hier ständig. Vor allem Gänse, so ziemlich die einzige Art, die ich kenne, gibt es hier in Massen. Oft fliegen ganze Schwärme vor uns her, aufgeschreckt durch den Lärm des Motorrades; manchmal rühren sie sich aber überhaupt nicht und starren uns nur nach. Auch die Schafe hier reagieren anders als weiter im Norden, wo sie nur still stehenblieben. Hier wird gerannt. Keines der Tiere weiß wohin, aber sobald einmal die generelle Richtung gefunden ist   die meistens genau vor uns über die Straße geht  folgen alle. Aber deshalb nennt man sie ja auch Schafe. Auf der chilenischen Seite gab es nur einen Zöllner, der unsere Pässe stempelte. Er tat mir fast ein bißchen leid und wirkte in seiner Uniform an diesem Ort, wo in den letzten Wochen kaum jemand durchkam (wir sahen den ganzen Tag kein Auto) ziemlich einsam und verloren. Er wollte auch gerne mit uns quatschen, erzählte uns alle möglichen Sachen über die Bauern hier, die Grenze etc. Der argentinische Posten war mit unserem Auftauchen ziemlich überfordert und es brauchte 3 Zöllner und 1 1/2 Stunden, bis wir endlich passieren konnten. Campierten am Rand einer Ebene bei den Ruinen der alten Zollstation, die uns Schutz gegen den Wind gaben. Ich baute noch aus alten Ziegelsteinen einen Ofen, der aber unglücklicherweise an der windigsten Stelle des ganzen Platzes stand.

 

Di, 10.10.95

Sah morgens nach Regen und Schnee aus und so waren wir um 8 h schon wieder auf Achse. Weit kamen wir allerdings nicht, denn der Weg war teilweise so schlammig, daß wir steckenblieben und nur durch kräftiges Schieben wieder herauskamen. Der Jeep der Zöllner, die gestern abend noch vorbeifuhren, steckte auch noch bis zu den Achsen im Schlamm. Scheinen gestern im Dunkeln noch ziemlich gemurkst zu haben, denn Hölzer, Wagenheber etc. lagen noch im Schlamm herum. Sind wahrscheinlich, angesoffen, wie sie schon bei unserer Abfahrt waren, zum nächsten Bauern marschiert. Danach sah es noch ein paar Mal so aus, als ob wir in dicke Regenwolken kommen würden, deshalb zogen wir die gesamte Regenmontur an, die wir noch in „La Junta“ gekauft hatten. Wurden zwar nicht naß, aber es legte uns in den vom Regen aufgewühlten Schlammlöchern noch 2x hin und so wurde wenigstens die normale Motorradkleidung nicht so schmutzig. In „Bajo Caracoles??“, einer Ansammlung von 5 Häusern und einer Tankstelle in Form einer handgetriebenen Benzinpumpe, tankten wir und kauften für ein Schweinegeld Essen für den Abend. Während wir noch im Geschäft waren, fing es auf einmal an zu hageln   und im nächsten Moment schien (nicht scheinte) wieder die Sonne. Ab diesem Moment frischte aber auch der Wind wieder auf, was den ganzen Tag so bleiben und uns noch ziemlich nerven sollte. Manchmal wurde der Wind auf den ebenen Flächen so stark, daß es uns von einer Seite der sicher 15 m breiten Piste auf die andere trieb, ohne daß ich etwas dagegen hätte tun können. Windgeschwindigkeiten waren sicher um die 100 km/h, denn die wenigen Male, die der Wind von hinten kam und ich 100 km/h fahren konnte, war es absolut still und wir konnten uns verständigen, als ob wir gestanden hätten. Grandios aber der Himmel. Auf jeder Seite des Horizontes war das Blau verschieden und dazwischen gab es alle Arten und Varianten von Wolken. Der Himmel veränderte sich ständig und man konnte nie sagen, ob es über einem in den nächsten 10 min nur blau sein oder wie aus Kübeln regnen würde. Glücklicherweise blieben wir von letzterem verschont   es war auch ohne Regen kalt genug. Da an Zelten in der Pampa wegen des Windes nicht zu denken war, schlugen wir es in der Ruine des einzigen Gebäudes im Umkreis von x Kilometern auf, was aber auch nicht so ganz einfach war. Verblieben die Schlafsäcke   nicht mehr.

 

Mi, 11.10.95

Nachdem es mich einige Überwindung gekostet hatte, den Schlafsack zu verlassen, war es draußen entgegen meinen Erwartungen sonnig, windstill und fast warm. Machten Feuer an unserem mehr „wild“ als „romantischen“ Campingplatz und verputzten zum Frühstück ein halbes Kilo getrocknete Zwetschgen.  In „Tres Lagos“ gab´s dann noch Kaffee und wir machten uns auf zum „Glaciares“ Nationalpark. Die N40 war an einigen Stellen unglaublich schlecht und einmal schleuderte es mir einen Stein auf den Schuh, sodaß wir stehenbleiben mußten und ich eine Weile wie wild herumhüpfte. Die Strecke führte eine Zeit lang, gegen den eisigen Wind, am Lago „Viedma“ entlang, der in hellem Grün glänzte. Im Hintergrund (W) konnte man schon das „Fitz Roy“ Massiv sehen und den Viedma Gletscher, der bis ganz an den See heranreichte. Vereinzelt gab es auch Eisberge, die im See trieben. Und das mit dem „Im Hintergrund sehen“ war natürlich auch so eine Sache, denn das Wetter wurde, je weiter wir uns dem Ort Chalten und den Bergen näherten, immer mieser. Nachdem wir in Chalten in einer kalten Bude, die sich gerade im Umbau befand, einen Kaffee getrunken Hatten, wollten wir noch weiter in den Park fahren, doch als es schließlich noch zu schneien begann, beschlossen wir, daß kein See so schön sein kann, daß er es wert sei, dafür durchnäßt und in der Kälte zu frieren.

Wir drehten daher um und nun,  mit Rückenwind, ging es wieder nach „Tres Lagos“ in die dortige Hospedaje. Bei der Ankunft dort fielen gerade die ersten Graupeln und ich war eigentlich froh, die Nacht nicht im Zelt, sondern im wenigstens halbwegs geheizten Hotelzimmer verbringen zu können.

Km 31.000  Kardan klingt nicht mehr so wie früher, wenn man das Moto vor  bzw. rückwärts bewegt

Km 32.000  Kardan macht Geräusch beim Rückwärtsschieben

Scheiße!

Aber es ist dann eigentlich (außer dem finanziellen Aufwand) auch nicht wirklich sooo schlimm, wenn er hin wird. Werden halt das Moto irgendwo abstellen und mit dem Bus weiterfahren. Ich werde   irgendwie   Teile besorgen und, nachdem Mutt heimgeflogen ist, zurückkommen und den Schaden reparieren. Alles halb so wild, aber trotzdem Scheiße. Vielleicht hält ja noch alles bis Buenos Aires.

 

Do. 12.10.95

Ärger mit dem Typen vom „Hotel“, der wieder mehr verlangte, als ausgemacht war und sich beschwerte, daß wir auf dem Zimmer aßen und um 10 h die kalte, windige und feuchte Bude noch nicht geräumt hatten. Solche Typen nerven mich immer noch, zahlten aber schließlich die vereinbarten 10 Pesos/Person, was sowieso viel zu viel war für dieses Loch ohne wirkliche Heizung und warmes Wasser. Ganz zu schweigen vom schmutzigen Zimmer und der Toilette. Aber das beunruhigt Mutti mehr als mich. Meine Standards sind mittlerweile entweder gesunken oder mein Toleranzlevel ist gestiegen.  Fuhren dann bei Sonnenschein nach Calafate??, mit Blick auf den heute gut sichtbaren Fitz Roy. Wirklich unglaublich, wie schnell sich das Wetter hier ändert, von einer Stunde zur anderen, von einem Tag zum nächsten. Es läßt sich auch (als nicht hier Ansässiger) nicht abschätzen, wie es werden wird. Einen Tag weht der Wind mit 100 km/h aus NW, dann wieder mit der gleichen Heftigkeit aus S. Die Wolken scheinen aus allen Richtungen über den endlosen Horizont zu ziehen und irgendwie sieht man dunkle ??, die Regen bedeuten oder wolkenlose, blaue Stellen. Als wir den „Lago Argentino“ erreichten, schien er in hellem Blau und Eisberge trieben vereinzelt und wie Fremdkörper auf ihm. Fast unwirklich erschien es, daß das Seeufer von Sanddünen eingesäumt war. Auf Asphalt dann ins moderne Calafate, wo wir im besten Resedencial seit einem Jahr abstiegen (15, /Tag/Person). Geil! Handtücher, die täglich gewechselt werden, alles blitzblank und eine Dusche, die in puncto Temperatur, Druck und Ausstattung alles bisher Dagewesene verblassen läßt. Tranken abends zu unserem favorisierten Abendmahl, bestehend aus Wurst, frischem Weißbrot und Paprika, noch zwei Flaschen Wein   daher ziemlich unruhig geschlafen. Öfters aufgewacht, um Saft („Paso de Los Torros“ Pomelo) zu trinken. Hörte Mutti im Halbschlaf sagen, als ich die Flasche nicht aufbekam: „Schneid´ ihr den Hals ab“.

 

Fr, 13.10.95

Sind zum Gletscher „Perito Moreno“ gefahren. Wieder wechselhaftes Wetter. Einmal strömender Regen, dann wieder (fast) Sonnenschein. Als wir zum Gletscher ´runterstiegen, konnte man schon die Eismassen losbrechen und die ganze riesige Masse arbeiten hören. Beeindruckend , die Energie, die hinter diesen Eismassen stecken muß. Selbst kleine Stücke verursachten einen Höllenlaärm, der eigentlich viel größere Abbrüche erwarten ließ. Der Gletscher war jedenfalls ziemlich beeindruckend. Vor allem seine „Menschenfeindlichkeit“. Ich hatte das Gefühl, daß es hier keinen Ort gab, weder auf ihm noch in seiner Nähe, wo man sich gefahrlos aufhalten konnte. Alles in ständiger Bewegung und im Verfall bzw. Aufbau begriffen. Unvorherseh  und unkalkulierbar. Da es anfangs regnete, waren wir alleine auf den gesicherten Wegen und Aussichtsplattformen, hatten das Schauspiel also ganz für uns. Dann noch in sehr gediegenes Hotelrestaurant zum Kaffetrinken und Tratsch über Hausumbau. Bekomme richtig Geschmack aufs Heimfahren. Den Nachmittag mit Essen verbracht. Erst Guocci, dann 5 h geruht, dann bestes Steak gegessen und Bier und Pisco getrunken, der mich dann direkt ins Bett warf. Mutt schnarcht schon neben mir.

Ja , morgen ist hier eine Autorallye und die Typen fahren schon den ganzen Tag (und die Nacht) mit ihren offenen Auspufftöpfen durch die Gegend   Proletenbande.

Hier ist am 3. Sonntag im Oktober (Frühling) Muttertag.

Bücher:  Herbert Rosendorfer:     Der Ruinenbaumeister

Luise Rinser:                  Abelaerds Liebe??

Herbert Köhlmann:       Bleib heut nacht

 

Sa, 14.10.95

Man muß schon ganz schön verrückt, fanatisch, dumm oder ähnliches sein (im Englischen gibt es dafür einen guten Ausdruck: foolhastedly), um während dieser Jahreszeit nach Patagonien bzw. durch Patagonien zu fahren. Morgens war Schnee auf vielen der Autos und der etwas höheren Hügel. Wir wollten nach „Cherro Castillo“ in Chile, um den „Torres des Paine“ Nationalpark zu besuchen. Da es die kürzere Route zu sein schien, wollten wir auf der RN 40 fahren. Weit gefehlt! Erst, noch auf Asphalt, war es saukalt und das Wasser, das in den Lachen neben der Straße stand, war gefroren. Auch der Wind war nicht ohne. Nach 40 km auf der RN 40 wurde es immer schlammiger und weicher. Tiefe Löcher, voll mit Schlamm und Wasser, wechselten sich ab mit weichen Passagen und es wurde immer schlimmer, bis man nicht einmal mehr neben der Straße auf dem noch halbwegs trockenen Gras fahren konnte. Wir blieben einige Male stecken und sahen aus wie die Schweine. Mutti schlug sich ausgezeichnet und schob mich mehr als einmal aus dem Schlamm. Schließlich sahen wir keinen Weg mehr, weiterzukommen , kehrten daher um und fuhren durch die gleichen Löcher und schlammigen Stücke, durch welche wir uns schon auf dem Hinweg gemüht hatten. Zurück auf Asphalt dann weiter bei starkem Wind nach „La Esperanza“, wo wir uns etwas Warmes zu essen besorgten. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich auch schon alles angezogen, was ich hatte. Dann weiter Richtung Grenze bei starkem, absolut widerlichem Seitenwind. Wollten unbedingt noch über die Grenze nach Puerto Netales??. Da wir einen Umweg machen mußten, wurde es auch schon spät und bei Rio Tarbo?? schon ziemlich dunkel durch den Schnee, der fiel und die dichten Wolken.  R.T. war kein Ort, wo wir die Nacht verbringen wollten und so fuhren wir weiter bis zur Grenze. Glücklicherweise war sie besetzt   nicht so, wie bei „Rancho Carrera“, wo wir nur einen offenen Schlagbaum, ein Haus und eine Herde Schafe vorgefunden hatten. Kein Zöllner in Sicht, dem war es anscheinend zu kalt. Wenigstens ging es schnell über die Grenze und wir mieteten uns in einem ziemlich guten Hotel mit Heizung; TV und heißer Dusche ein.

 

So, 15.10.95

In den Park. Tolle Berge, Seen in allen Farben, Guanacos, Wondus??, Hasen usw. Einmal war es so windig, daß es uns mit dem Moto einfach umwarf. Glücklicherweise kam ein Auto vorbei und man half uns beim Aufstellen der Maschine. Alleine hätten wir es wahrscheinlich nicht geschafft, denn der Wind war so stark, daß wir kaum stehen konnten. Etc. etc. Null Bock zum Schreiben, denn ich muß fernsehen und das lenkt ab. Schöner Tag! Morgen nach Punta Arenas.

Gestern und heute sahen wir Hunderte toter Schafe, Oft lagen sie zu Dutzenden an irgendeinem Hang, manchmal war nur der Kadaver ohne Fell übrig. Aber aufgrund der Kälte waren sie nicht verwest. Jetzt, mit Beginn des Frühlings, da es angeblich wärmer werden soll, sammeln die Rancheros sie auf, um sie einzugraben, damit nicht die ganze Pampa verpestet wird. Nur die Felle bleiben über und werden auf die Zäune gehängt. Bei einer Panne in diesen windigen Wüsten würde ich wahrscheinlich auch so auf einem Baum hängend enden…

 

Mo, 16.10.95

Noch zwei Tage im guten (und natürlich teuren Hotel) mit HBO Movies (Philadelphia   guter Film, seltsam, daß ich den noch nicht früher gesehen habe. Will sicher kein AIDS bekommen, denn im Gegensatz zum Film, wo  Tom Hanks auch am Ende jede Menge Freunde um sich hat, glaube ich, daß die meisten AIDS Kranken einen ziemlich einsamen Tod sterben) auf nach Punto Arenas. Bin ziemlich beunruhigt wegen des Kardans. Eigentlich verwunderlich, daß er immer noch funktioniert. Habe immer geglaubt, daß diese Dinger einen schnellen Tod sterben. 33.000 km   Hinterrad dreht sich schwer. War wunderschönes Wetter und   schon fast eine Sensation in Patagonien   windstill. Fahrt war recht flott und eintönig auf der ersten asphaltierten Straße seit langem. Sehen einen Condor, den ein Typ in seinem Garten hielt. Ein riesiger, und aus der Nähe betrachtet, eigentlich häßlicher Vogel. Man vermißt alles, was ihn in der Luft so elegant erscheinen läßt   roter, fleischiger Hals, Kopf wie ein Truthahn, riesige (20   30 cm lange) Klauen. Aber dieser Vogel hier konnte nicht einmal fliegen   hat es nicht gelernt, was ziemlich unglaublich ist. Vor Punta Arenas begann dann schon die Ankündigung der Stadt durch Müll, Raffinerien und Fabriken. Ziemlich ok, aber kein wirklich aufregender Platz, wo man länger als unbedingt notwendig bleiben möchte. Fanden eine nette Pension und spazierten durch die Stadt. Da es einer der ersten warmen Tage war, schien die ganze Stadt aus den Häusern zu kommen, um Sonne zu tanken. Einige gingen gar so weit, T Shirts zu tragen   brrrr. Wie in allen größeren Ortschaften (> 3000 Einwohner) gibt es auch hier  zig Radiostationen, von denen die eine oder andere sogar ziemlich gut ist. Vom Radio in Lateinamerika könnten sie sich in Ö. einiges abschauen, aber wir haben ja für 6 Mio Menschen nur drei Sender   was für ein Entwicklungsland wir in dieser Hinsicht doch sind! Vielleicht schaffen wir es heute abend noch, das geheizte Zimmer zu verlassen, um essen zu gehen. Gestern sind wir beide unter den warmen Bettdecken versunken und eingeschlafen.  Morgen wollen wir mit der Fähre nach Porvenier?? fahren   wenn es der Wellengang erlaubt und/oder wenn genügend Leute zusammenkommen.  Ansonsten müßten wir die Runde über ?? machen und die gleiche Strecke auf Feuerland für Hin  und Rückweg benutzen. Werden sehen und alles wird wieder gut.

Gedanken zu Afrika:    Hier in Südamerika, vor allem in Chile und Argentinien ist alles durchzogen  vom alten Pioniergeist und Gedankengut Europas. Städte, die von Leuten aus Wales, Deutschland oder Jugoslawien gegründet wurde und deren Traditionen und Eigenheiten über Generationen weitergegeben worden sind (z.B. Tverlin als welsche (?) Stadt; Kirche und Fachwerkhäuser in Puerto Natales; slowenische Schule in Punta Arenas; „Kuchen“ anstatt „Pastel“; Schweizer Schokoladenmacherei in Bariloche; viele deutsche Namen wie Weismehl etc.) sind noch fast überall noch deutlich spürbar. Dies sind aber Traditionen, die von den ersten Siedlern weitergegeben wurden an ihre Kinder und weitere Generationen. Ehemalige Kolonialstaaten oder Staaten im Einflußbereich dominierender „Erste Welt“ Staaten (wie z.B. in Afrika) übernahmen kaum etwas von den neuen Siedlern bzw. Herrschern, außer es wurde ihnen aufgezwungen (Verwaltungssystem, Sprache   eigentlich positiv, da einigendes Element). Das ist vielleicht ein Grund. warum Afrika mehr „Spirit“ und „Atmosphäre“ hat als Südamerika. Alles ist fremder, ungewohnt, neu und mit den Wertmaßstäben Europas eigentlich kaum zu begreifen. Ich hatte dort immer das Gefühl, beobachtet oder verfolgt zu werden oder selbst etwas aufzuspüren oder zu folgen. Ich hatte nie das Gefühl dieser Weite und Einsamkeit, auch wenn es in Afrika, ich denke da z.B. an die Sahara, sicher viele Plätze gibt, an denen man weit weg ist von jeglicher Zivilisation. Immer war da ein Geist, der einen einfing und umgab   hier umgibt einen Leere. Sobald man unter Menschen ist, wird der Unterschied zu westlichen Kulturen deutlich spürbar. Auf den ersten Blick sieht vieles gleich aus: volle Straßen, jeder hat es eilig, Lärm etc. Während all dies in N.Y. aber einem städtischen „sozialen Aggregat“ entspricht, in welchem sich zwar jeder räumlich, aber sonst in keiner Weise nahe ist, sind in Südamerika eher soziale Aggregate zu finden. Jeder hat am selben Ort mit ähnlichen Problemen zu kämpfen, freut sich über dieselben Dinge etc. und alles wird ausgesprochen, diskutiert, gestritten. Klingt wie eine Plattitüde, aber es gibt einfach mehr Offenheit, mehr „nach vorne“, direkteres Sagen, was einen angeht und bewegt, mehr Leben. Alle sitzen im selben Boot und versuchen, das Beste daraus zu machen. ..Obiges zu idealistisch, simplifizierend etc…

 

Di, 17.10.95

Glück oder Pech, das ist hier die Frage. Hatten nicht mitgekriegt, daß die Uhren um einen Stunde vorgestellt worden waren und hatten ziemlichen Streß, unser Zeug aufzupacken, um zur Fähre nach Porvenier?? zukommen. Auf dem Weg dorthin dann noch ein Patschen und das alles 15 min vor Abfahrt des Schiffes. Soweit zum Pech. Glück war dann, daß ich Co2 Patronen mithatte und das Loch noch klein genug war, um bis zum Hafen fahren zu können, daß wir fünf vor 9 h (Abfahrt war um 9h) am Hafen ankamen, daß man mit Dollars zahlen konnte und es sogar billiger war, als ich geglaubt hatte (4000 Moto incl. Person, 2800 pro Person), daß genau noch ein freies Eck auf dem Schiff war, daß es nicht regnete  und wir Rückenwind hatten etc. Also was war es, Glück oder Pech? Ich glaube sowieso, daß auch wenn etwas schiefgeht, es kaum jemals disaströse?? Ausmaße annimmt, oder man sich große Sorgen machen oder sich sehr ärgern muß, denn irgendwie „wird alles“ immer wieder gut. Oft geben gerade solche Pannen oder Ärgernisse den Startschuß zu etwas Neuem, wiederum angenehmer oder lenken alles in eine unerwartete und deshalb neue und interessante Richtung. Sagen wir also „wir hatten Glück“ und schafften es auf die Fähre. Angenehme Überfahrt und manchmal schien sogar die Sonne. Das erste, was ich dann auf Feuerland zu tun hatte war, den Patschen richtig zu reparieren, denn bis wir endlich von der Fähre rollten, war die ganze Luft natürlich schon wieder ´raus. Ich fuhr mit dem Hinterrad nach Porvenier?? hinein und Mutti wartete beim Moped an der Anlegestelle, die etwas außerhalb lag. War netter Mann in der „Gomeria??“, wie die Reifenflickwerkstätten hier heißen und erzählte mir viel vom Ort: daß viele Leute abwandern, weil es keine Arbeit gibt; daß viele der jugoslawischen Einwanderer, die hier leben, große Estancias besitzen; daß es im Sommer hier bis zu 25° hat (wenn kein Wind geht  was der aber immer tut); daß sie ab 20° wegen der Hitze stöhnen und ins Wasser springen etc. etc. Die ganze Aktion, 4 Löcher zu flicken und wieder zurück zum Hafen, dauerte 2 h und Mutti hatte Glück, denn es regnete nicht während dieser Zeit. DA es schon früher Nachmittag war, wollten wir nurmehr bis „San Sebastian“ auf der arg. Seite Feuerlands?? fahren. Ebene Strecke , die anfangs am Meer entlang führte und einen wirklich schönen, ruhigen Eindruck machte. Ruhig war es aber auch deshalb, weil der Wind von hinten kam… Hätte nicht geglaubt, daß ich die abgelaufene AAA Karte noch einmal zu etwas gebrauchen könnte. Es gab jedenfalls das ACA Hotel zum Mitgliedstarif. Besser, hier im Warmen zu sitzen, mit Blick aufs Meer, und dem Wind beim Heulen zuzuhören (und es zu genießen), als ab Einbruch der Dunkelheit im lärmenden, flatternden Zelt zu kauern und zu warten, bis man einschläft.

 

Mi, 18.10.95

Die Wolken schienen hier so niedrig, wie es mir sonst nirgendwo aufgefallen ist. Dürfte aber nicht nur so aussehen, sondern wirklich so sein, denn die Stratopause liegt ja hier weit tiefer als z.B. am Äquator(12 km, 7  8 km am Pol). Die Wolken sind tief und der Wind ist ekelhaft stark. Als ich heute morgen das Moto vor den Eingang des Hotels fuhr, wehte er mich fast um. Allein der Lärm, den der Wind schon im Zimmer machte, war nicht schlecht, aber nur eine Ankündigung von dem, was draußen los war. Wir hatten dann aber Glück, denn die meiste Zeit kam er schräg von hinten und so war es zwar kalt, aber  doch nicht so schlimm. Auf dem Rückweg wird das aber noch anders werden… Wir hatten gestern abend darüber gesprochen, uns für die letzten 250 km vom Rio Grande bis Ushuaja ein Auto zu mieten. Die ständige Kälte geht uns beiden einfach auf den Nerv und die letzten 85 km machten den Entschluß fix. Mieteten uns also einen Renault (für sehr viel Geld: 300,  $ für 2 Tage), kauften ordentlich ein und los ging´s. Fraßen uns mit Brot und Salami während der Fahrt voll und hatten Radio und Heizung voll aufgedreht. Was für eine andere Art , zu reisen. Die ständige Sorge ums Wetter, wird es regnen?, wie ist der Wind? wird es noch kälter?   ist alles vergessen! Machte auch Spaß, wieder ´mal am Steuer eines Autos zu sitzen. Ist ja auch schon ein Jahr her, seitdem ich das letzte Mal gefahren bin. Wider Erwarten war es dann während der Fahrt sonnig und warm   es gab auch nur wenig Wind. Oder  bildete ich mir das nur ein, weil ich im Auto saß? Sicher ist, daß es erstaunlich gebirgig war, vor allem über den „Paso Garibaldi“, was wir nicht so erwartet hatten. Überall lag noch Schnee, aber das waren wir ja mittlerweile schon gewohnt, täglich einmal in denselben zu kommen. Durch Ushuaja  fuhren wir nur durch, gleich weiter zum Ende der RN #3 (in Lapataia), dem offiziell südlichsten Punkt, den man mit einem Vehikel erreichen kann. Die Straße war auch entsprechend: „Die Straße an den Arsch der Welt“. Stellte sich mir eher als eine Landzunge dar, die sich, unbewaldet und vom Wind umfegt, in den Ozean hinausstreckt und dort die Straße über einer Klippe enden läßt. Die Straße endete aber schon bei einer Brücke, ab der sie nicht mehr befahrbar war, weil diese unterspült war. Also gehen, 4 km durch den Wald, bis wir an eine Bucht kamen. Ein kleiner Parkplatz, ein Schild und ein Mast, an den Touristen alle möglichen Dinge, vom Turnschuh über Autokolben bis zum Motorradreifen angenagelt hatten, war alles, was den südlichsten, befahrbaren Punkt (auf dem Kontinent) bezeichnete. Aber was ist das schon, der südlichste, der höchste, größte Ort, See, Berg etc.? All diese geographischen Superlative sind eigentlich nur Dinge, die auf Landkarte, Globus oder Computer von Bedeutung sind. In Wirklichkeit hätte man diesen Platz hier schon irgendwo 2000 km weiter nördlich finden können. Absolut unspektakulär. Und außerdem: „Es geht immer noch weiter südlich“. Alle diese Begriffe und abstrakten Orte haben nur zuhause und in Erzählungen ihren Platz. Sobald man sie erreicht hat, verlieren sie ihre Magie. Sie sind in der Vorstellungskraft und Phantasie besser aufgehoben. Da das Ganze aber in einem Nationalpark war, konnten wir zumindest campen. Kein Wind, sparten Geld   denn Unterkunft und alles andere auch soll ziemlich teuer sein, hier am Ende der Welt.

 

Do, 19.10.95

Ende der Welt war wegen Wind und Regen auch „Arsch der Welt“. Hätte aber auch im Buch gestanden, daß es hier häufig regnet. Morgens war jedenfalls alle durchnäßt und wir waren froh, nicht mit dem Moped hier zu sein. Bei stömendem Regen mit dem Moto nach Ushuaja zurückfahren zu müssen, hätte uns wirklich nicht gereizt. Es genügte, daß wir alles patschnaß ins Auto packen mußten. Bei der Ausfahrt aus dem Park noch ordentlich die Musik aufgedreht und gehupt, um uns an den argentinischen Teenagern zu rächen, die gestern noch bis spät in die Nacht hinein gesoffen haben und lärmend um unser Zelt herumgestolpert sind. Ich hoffe nur, daß keine mehr einschlafen konnte und daß Schädelweh sie den ganzen Tag quälen möge. In Ushuaja  kauften wir noch Brot und den obligaten „Ushuaja , southest city of the world“ Sticker und verließen diesen , wenig Eindruck hinterlassenden und kalten Ort bei wieder strömendem Regen. Was Mutt und mich aber wunderte war, daß überhaupt niemand einen Regenschirm benutzte   und das bei diesem Wetter… Einmal machten wir Kaffeepause an einem etwas windstilleren Platz, wo wir auch das Zelt trockneten. Sahen einige Bäume, die von Bibern gefällt oder angeknabbert worden waren. Wenn nicht hier, wo soll es diese Tiere dann geben? Muß der ideale Lebensraum für sie sein. Hatte manchmal das Gefühl, ich sei in Sibirien. In Rio Grande gaben wir dann das Auto zurück, was den Typen im Verleih wieder ziemlich überforderte, denn er mußte den 2 Tage Deal, den wir mit ihm ausgehandelt hatten, auf einen Tag umrechnen. Klappte aber schließlich und wir stiegen dabei noch ganz gut aus, denn fürs Benzin zahlten wir nichts (insgesamt also nur 260 $). Kauften noch das Ticket für Muttis Flug von Buenos Aires nach Santiago und, nachdem ich noch den Gepäckträger hatte schweißen lassen, der wieder einmal … , ging´s zurück nach San Sebastian. Ab jetzt nur mehr nordwärts! Bisher glaubte ich immer, daß Regen so ziemlich das Übelste sei, was einem den Spaß am Motorradfahren verderben könnte. Seit Patagonien und Feuerland weiß ich aber, daß es der Seitenwind ist. Nicht Wind generell, sondern Seitenwind,  der stößt und treibt einen, wohin er will. Manchmal glaubte ich, uns würden die Räder unten weggerissen, so stark und böig war der Wind. Stehenbleiben konnten wir auch nicht, denn wieder vom Schotter herauszufahren, wäre auch recht schwierig gewesen. Auf 80 km nahm ich eine Hand genau 2x vom Lenker   einmal, um die Griffheizung ein  und einmal um sie wieder auszuschalten. Auch mein Kopf war wie verklemmt, als wir endlich hinter einem Haus stoppen konnten, weil der Wind so sehr auf den Helm drückte. Und dann läuft man noch Gefahr, bei jedem Auto oder Lkw, die einem entgegenkommen, durch die plötzliche Böe von der Straße gefegt zu werden. Wie gesagt   Seitenwind. Gegen Regen kann man sich schützen, Wind von vorne ist zwar nervig und laut, aber nicht gefährlich   alles, was man tun muß, ist herunterschalten; Rückenwind auf Asphalt ist  sowieso schön, weil alles so ruhig wird und man quatschen kann; im Gelände wird halt der Motor etwas wärmer, aber dem Seitenwind ist man einfach ausgeliefert. Auf den letzten Kilometern ließ der Wind dann endlich nach   es begann zu regnen.

 

Fr, 20.10.95

Die ganze Nacht heulte der Wind ums Haus und manchmal glaubte ich, er reißt gleich das Dach mit sich. Da wir den Gasofen brennen ließen, um die triefnassen Sachen zu trocknen, war auch die Luft im Raum ziemlich verbraucht und ich konnte erst wieder einschlafen, nachdem ich die Tür zum windigen Badezimmer aufgemacht hatte. Über die Grenze und hoch zur Fähre bei Bahia Azul. Ekelhafter Seiten  und Gegenwind, es schien uns wie eine Ewigkeit, bis die 160 km bis zur Fähre geschafft waren. Die Fahrerei zipfte mich schon mordsmäßig an und ich war übler Laune. Wann hört dieser verdammte Wind endlich ´mal auf? Wenigsten mußten wir dann nicht lang auf die Fähre warten, außerdem war sie gratis. Der Kapitän meinte: „Wer freiwillig mit dem Moto hier ´runter in diese Region fährt, soll nicht auch noch mit deftigen Fahrpreisen bestraft werden“. Der Mann fühlte mit uns. Zurück auf dem Festland wurde es fast auf die Minute wärmer und da wir auf einigen Kilometern Rückenwind und Asphalt hatten, stieg auch die Stimmung wieder. Über die Grenze ging´s dann auch flott und als Abschluß des insgesamt 6 maligen Einreisens nach Argentinien mir der „Jefe“ das „wahnsinnig wichtige“ grüne Papier zum Selbstausfüllen. Auch die Aufenthaltsdauer konnte ich selbst bestimmen. „Do it yourself“ Grenzübertritt sozusagen. In Rio Gallegos kauften wir noch ein (Weißbrot, Salami, Käse und „Paso de Toros“   ausgezeichnetes Essen, daß schon mehrmals zu Freßorgien verleitet hat) und fuhren weiter nach Norden. Hatten jetzt noch 6 Tage, um bis nach Buenos Aires zu kommen. Zwei Tage davon wollten wir auf der Halbinsel Valdez verbringen, was 4 Tage für 2500 km bedeutete. Wenn alles gut ging, sind das ~ 600 km am Tag, was zu schaffen wäre. Morgen Fahrtag. Und heute kündigte sich eine ruhige und windstille!!! Nacht an, da der Wind, der noch vor einer Stunde über das Zelt dahinpfiff, das wir in einer Schottergrube aufgestellt hatten, plötzlich einschlief. Fast nicht zu glauben.

 

Sa, 21.10.95

Morgens wurden wir durch die Schafe geweckt, die um das Zelt herum blökten. Nach Kaffee mit weißer Schokolade (Muttis Idee!) ging´s auf zum Kilometerfressen. War schön ruhig und fast warm. Nach ca. 100 km entdeckte ich, daß es aus der linken Zylinderkopfdichtung heraussiffte. Das Moto war auf einer Seite schon ganz verschmiert. Lieh mir an einer ACA Station einen Drehmomentschlüssel, baute Deckel ab, zog Bolzen nach (50 kg/m (?), stellte die Ventile ein und weiter ging´s. Siffte nun weit weniger. Die ganze Zeit mußte ich darüber nachdenken, wie so ein Defekt mich früher oder noch am Anfang dieser Reise beunruhigt und mir die Stimmung verdorben hätte. Nun, nach einem Jahr, wäre ein größerer Defekt zwar genauso unangenehm gewesen, es würde mich sicherlich auch ärgern, aber das große Desaster, das mich endlos: warum und weshalb ausgerechnet mir hier diese oder jenes passieren mußte, würde es wohl nicht geben. Ist eigentlich erstaunlich, daß das Moto mit den Kardanproblemen, Dichtungen, Federbein und all den anderen Kleinigkeiten, die längst repariert werden müßten, noch so gut fährt. Fahrerei war ansonsten ziemlich eintönig durch die Ebenen Patagoniens, die nur hin und wieder durch ein paar Flußtäler unterbrochen wurden. Der Horizont verlief wie eine mit der Hand gezogene Gerade von einer Seite der Motorradbrille zur anderen und wurde nur durch vereinzelte Windräder, höhere Büsche und    alle 30   50 km   von Radio  bzw. Telefonsendestationen unterbrochen. Was es neben Landschaft hier noch in fast unglaublicher Länge gibt, sind Zäune bis ans Ende des Horizontes und auf beiden Straßenseiten. 1000e km Zäune. Unvorstellbar, wieviel Arbeit es sein mußte, diese zu errichten und jedes Jahr, nach dem patagonischen Winter, wieder instandzusetzen. In Fitz Roy, im Laden eines Sammelwütigen, noch Kaffee getrunken, in Caleta Oliven eingekauft und dann am Strand unser Zelt aufgebaut und den Delphinen zugesehen.

 

So, 22.10.95

Muttertag am 3. Samstag im Oktober. Eh klar, Frühlingsbeginn auf der Südhalbkugel. Ansonsten nur durch die Pampa gefahren. Nicht viel los hier. Wundert mich, daß es hier nicht mehr Schafe und Pferde gibt. Ist ja viel wärmer und grüner, als es noch vor 2 Tagen im Süden war. Nicht viel los und es ging mit Seiten  und Rückenwind meistens geradeaus. Die einzige „Abwechslung“ waren die entgegenkommenden Lkw, deren Fahrer meistens freundlich  winkten oder mir nur zeigen wollte, daß ich das Licht eingeschaltet hatte. Egal, ich deutete dies als Gruß und freue mich, daß alle so freundlich sind. Versuchte, nicht an den Kardan zu denken (und das Geräusch, was er inzwischen von sich gibt, zu überhören) und auf angenehme Gedanken zu kommen. Immer wieder mußte ich an daheim denken und was ich dort alles tun könnte und werde. Der einzige, aber gigantische Hemmschuh ist meine finanzielle Situation. Werde noch einige Zeit brauchen, bis ich einigermaßen schuldenfrei bin, von „sich etwas leisten können“ ganz zu schweigen. Ohne Mutti wäre ich sowieso erledigt. Dia Shows, vielleicht ein paar Karten machen, werden mich hoffentlich über Wasser halten, bis ich mich jobmäßig umgesehen und entschieden habe. Will aber solange meine eigenen Sachen machen und für niemanden arbeiten. Am späteren Nachmittag erreichten wir die Halbinsel Valdez   der letzte Stop vor Buenos Aires. Wir hatten Glück, denn lief gerade ein Boot von „Puerto Pyramido“ in den „Golfo Nuevo“ aus , um Wale zu beobachten. Auf das hatte ich mich schon lange gefreut, diese Kolosse in Natur zu erleben. Das Boot brauchte nicht lange und wir erreichten eine Bucht, wo das Wasser an einigen Stellen aus den Luftlöchern der Tiere aufstob. Erst von der Ferne, dann von nahem, konnte man mit offenem Mund beobachten, wie sich diese tonnenschweren Tiere scheinbar unmotiviert aus dem Wasser herauskatapultierten und (natürlich) wieder zurückfielen. 14 m lange Wale schwammen in nur wenigen Metern Entfernung um und unter unserem Boot, das kleiner war, als sie selbst, das sie mit einem Schlag ihrer bis zu 6 m breiten Heckflosse leicht hätten zum Kentern bringen können. Zweimal sahen wir Mütter mit ihren Jungen Seite an Seite schwimmen. Vor diesen Tieren kann man (wie vor hohen Bergen) nur Respekt haben. Um jedoch gute Fotos zu machen, mußte man ein 200er haben und mehrmals hier hinausfahren. Werde mir halt merken müssen, wie es war. Auf dem Rückweg sahen wir noch Otter, Seelöwen, Kormorane in ihren Nestern auf schmalen Felsvorsprüngen. Tierparadies. Allein wegen dieses Ausflugs hat sich der Trip hierher gelohnt. Den Rest der Insel werden wir aber auslassen, denn keiner von uns hat Lust, ~ 200 km über wilde Schotterstrecken zu hoppeln, um noch mehr Tiere zu sehen. Wieder ins ACA Hotel. Welch ein Luxus uns in den letzten Wochen umweht. Wöchentlich 2x (heiß!) duschen! Frage mich, warum die Socken immer noch so stinken?

 

Mo   Di,  23.   24.10.95

Morgens mäßiges Frühstück Im ACA  Hotel. Das Beste daran war, daß man die Kap Wale vom Fenster aus springen sehen konnte. Das war auch das beste Ereignis des ganzen Tages. Gestern waren schon Geräusche vom Kardan zu hören, die heute immer stärker und schließlich zu einem starken Klopfen wurden, sodaß wir nicht mehr weiterfahren konnten. Nun ist er also endgültig hin. Der Alptraum jeden BMW Fahrers ist eingetreten: Kardanschaden. Was tun? Nach Buenos Aires waren es noch 1300 km. Mit Mutti ´rauffahren, Teil besorgen (evtl. aus USA) und hier unten einbauen? Moto mit Lkw nach Buenos Aires transportieren? Mit dem Zug hoch? Setzten uns erst einmal an den Straßenrand und überlegten. Wußten zuerst nicht einmal, in welche Richtung wir hier Autostoppen sollten, mitten in der Pampa, 80 km von Pto. Madryn?? im S und 170 km von San Pedro im N entfernt. Ich stoppte verschiedene Lkw (innerhalb einer Stunde kamen doch einige) und ein Pickup mit zwei wild aussehenden Gauchos wollte uns nach San Pedro mitnehmen. Zu dritt hievten wir das Moto auf die Pritsche des alten Chevy, von dem ich nicht überzeugt war, ob er es so weit noch schaffen würde und verzurrten es. Wir und das ganze Gepäck wurden auch hinten plaziert und los ging´s. Fast 3 Stunden dauerte die Rüttelei und wir waren froh, daß die Sonne schien und es dadurch wenigstens nicht so kalt war. Absolut ungut wäre es gewesen, wenn das weiter unten in Süd Patagonien in Kälte und Regen passiert wäre. Eigentlich Pech, daß das Moto nach über 50.000 km ausgerechnet 1000 km vor dem Ende des Trips seinen Geist aufgeben mußte. Andererseits hätte dies auch weit früher und an weitaus unangenehmeren Stellen geschehen können. Wenn ich da an die Strecke nach Tres Lagos denke, läuft es mir kalt über den Rücken… Auf der ganzen Strecke stoppten wir nur einmal, und das auch nur, weil ich aufs Klo mußte. Die beiden Gauchos müssen Blasen wie Stiere gehabt haben, denn sie machten keine Anstalten, anzuhalten, obwohl sie die gesamte Zeit über tranken. Wie ich so auf der Ladefläche saß und das Moto anschaute, kam mir der zwar schlichte aber doch wahre Gedanke, daß ein Moto, welches nicht fährt, eigentlich ein sehr nutzlose Stück Metall ist. Wie eine Kugel am Bein. Wir dachten uns, da Buenos Aires ja die Endstation des Trips ist, daß es gescheiter wäre, das Moto so wie es ist, nach Hause zu verschiffen und es dort erst zu reparieren, weil dies unter´m Strich billiger sein würde, als hier Teile zu besorgen, irgendwo zu reparieren, damit hochzufahren und es dann heimzuschicken. Da es in San Pedro eine Eisenbahnstation gab, dachten wir, es mit dem Zug nach Buenos Aires schicken zu können. An einer Tankstelle trafen wir aber Jorge, der schon am Nachmittag an uns vorbeigefahren war und gegrüßt hatte. Er war mit seinem 18m Mercedes Lkw in Richtung Bahia Blanca, 400 km weiter nördlich, unterwegs und hatte keine Ladung. Er bot an, uns drei bis dorthin gratis mitzunehmen, da er ja sowieso dahin müsse. Die beiden Autos wurden also nebeneinander gestellt und so war es einfach, das Moto auf den doch recht hohen Lkw zu bekommen. Der ganze Laderaum nur für uns. Da wir den ganzen Tag noch nichts gegessen oder getrunken hatten, besorgten wir uns einige dieser üblen „Raststätten Sandwiches“ und dann ging es auch schon weiter. Den beiden Gauchos gaben wir noch 20$ Spritgeld, obwohl sie eigentlich nichts verlangt hatten. Nette Kerle, man soll sich vom Aussehen nur nicht täuschen lassen. Adios und 100x „mucho Gusto“ und Jorge´s Lkw rollte mit 60 km/h Spitze nordwärts. Er wollte uns in Bahia Blanca absetzen. Die 250 km zogen sich ziemlich. Jorge hatte sichtlich Kommunikationsnachholbedarf und redete wie ein Wasserfall mit weichem, argentinischen Akzent. „Scho“, „Aschi“, (eigentlich „yo“, „aki“) die ganze Zeit und da er so schnell sprach, war es schwer und im Verlauf der Fahrt auch ermüdend, ihn zu verstehen. Es ging weiter durch die endlos scheinende Pampa (vielleicht ist sie es wirklich). immer die gleichen Büsche, die einzelnen Grasbüschel und die endlosen Zäune. Sogar im Lkw konnte man den Wind spüren, der scheinbar Tag und Nacht über die Pampa fegt. Wurden mit der Zeit auch ziemlich müde, aber an Schlaf war in der doch nicht allzu bequemen Kabine nicht zu denken. Als Entschädigung gab es dafür einen tollen Sonnenuntergang und es kam fast so etwas wie Truckerromantik auf. Dank Jorge´s Plauderei, weiß ich nun fast alles über Lkw, was sie zu welcher Jahreszeit geladen haben und warum es besser ist, bei Nacht ohne Licht zu fahren… Jorge glaubte, daß es in Bahia Blanca leicht sein würde, einen Lkw nach Buenos Aires zu finden, als wir aber gegen 10 h dort ankamen, war die YPF Station ziemlich ausgestorben. Jorge nahm eine Dusche und wir warteten auf unseren Lkw, aber nix ergab sich. Das Schlimmste, daß uns hätte passieren können, wäre gewesen, die Nacht auf der Tankstelle zu verbringen und morgen weiter nach einem Lkw zu suchen. Trotzdem war die Aussicht auf eine Nacht hier und einen weiteren stressigen Tag (ohne Schlaf in der Nacht zuvor) nicht sehr erbauend und so stimmten wir zu, als uns Jorge anbot, weiter bis nach Buenos Aires zu fahren. Er wollte 600 U$ dafür, was sehr viel Geld ist, aber wie er mir vorrechnete, für 1250 km, Maut, Diesel etc. gerade so die Kosten deckt. Ich glaube, daß es doch die günstigste Lösung war, denn wenn wir uns nach einem anderen Lkw umgesehen hätten, wäre irgendwann auch noch ein Hotel nötig gewesen, Essen besorgen etc., ganz abgesehen vom Streß, das Moto auf  und abzuladen und viele Kleinigkeiten, zu denen   übermüdet wie wir waren   keiner mehr die geringste Lust verspürte. Also weiter nach Buenos Aires. Ich mußte mich nur wundern, wie Jorge das machte, ohne Schlaf und Essen so weit und lang zu fahren. Aber in seiner Art, die Dinge zu sehen, war es ganz normal, nur ein   zwei Stunden täglich zu schlafen. Weiter durch Nacht und Pampa nach Norden, wo sich ein Gewitter am ganzen Horizont entlud und ein tolles, „elektrisierendes“ Schauspiel bot. Es regnete auch leicht und ich döste so dahin, wenn ich nicht gerade auf Jorge´s Fragen antwortete. Irgendwann rumpelte es und der Lkw geriet über die Begrenzungslinie (nachdem er vorher schon einen Großteil der Straße brauchte). An der Zeit, doch eine Stunde Schlaf einzulegen   wir in der Kabine, Jorge im Laderaum. Bei Tagesanbruch ging es weiter und nach endlosen weiteren Stunden erreichten wir schließlich Buenos Aires. 1200 km mit nur 3 Stops! Wir wollten gleich zum Flughafen, um nach einer Transportmöglichkeit für die Maschine zu suchen. Da ich fast nicht geschlafen hatte, gefiel mir der Gedanke gar nicht, über das ganze Gelände laufen zu müssen, um eine Cargo Firma zu finden. Aber auf der anderen Seite hatten wir hier nun die Möglichkeit, alles auf einmal zu erledigen und sich dann nicht mehr um den Transport kümmern zu müssen. Ich hatte aber die ganze Zeit ein seltsames Gefühl. Gestern morgen noch auf dem Moto unterwegs, ohne Gedanken an zu Hause, heute wird alles mobilisiert, um nach Hause zu kommen. Mir geht das alles fast etwas zu schnell. War jetzt doch ein Jahr unterwegs, ohne ein wirklich festes Ziel erreichen oder einen „echten“   nicht selbst auferlegten   Zeitplan einhalten zu müssen. Man gewöhnt sich an diese Freiheit und ich muß mich darauf einstellen, daß dies   zurück in Europa   und bei der Arbeit (ja!) sicher einer Umgewöhnung bedarf, denn der Normalzustand ist das für den Rest der „funktionierenden“ Welt ja nicht. LH erschien als günstigste Lösung und der ganze Papierkram ging relativ schnell vonstatten; 0,48 U$/kg & Versicherung = 700 U$ und ich mußte nicht einmal eine Kiste bauen lassen. Zapfte noch das Benzin ab, das sich einer der Staplerfahrer gerne in den Tank schüttete und gegen 4 h nachmittags, 30 Stunden, nachdem das Moto kaputt ging, war alles erledigt und wir bereit, ins Bett zu fallen. Schwitzte wie ein Schwein, denn es war weit wärmer als im Süden und in der Ladehalle eine Luft zum Schneiden. Wurden die 30 km ins Zentrum mitgenommen und stiegen im Hotel „Tucuman Place“ ab. Duschte   was für ein Ereignis das doch immer wieder sein kann und fiel ins Bett. Hatten 30 Stunden auf diesen Augenblick gewartet! Vor lauter Müdigkeit konnte ich dann nicht einschlafen. Wenn man es richtig überlegt, hatten wir ja wieder einmal Glück: Erst die zwei Gauchos mit ihrem Pickup, dann Jorge, dann die streßfreie und eigentlich auch preisgünstige Abfertigung der LH und schlußendlich dauerte es nur 30 Stunden, bis alles erledigt war. Gibt es so etwas wie Pech überhaupt?

 

Mi   Fr, 25.   27.10.95

Stadt besichtigen, Flugticket kaufen, organisieren etc. Buenos Aires ist sicherlich mit abstand die europäischste und im westlichen Sinn fortschrittlichste aller Städte, die ich auf dieser Reise besuchte. Die Kleidung, Autos, Geschäfte etc. sind alles das Neueste, was es gibt. Männer und vor allem die Frauen sind alle top gekleidet und in den inneren Bezirken gibt es so gut wie keine (sichtbare) Armut oder Bettler. Weniger als in Wien mit Sicherheit. Sah mir alle möglichen Filme an, kaufte mir Mutt, die mich zuhause „ordentlich“ angezogen sehen will, zwei Hemden, gingen abends gut essen (einmal gab es das beste chinesische Essen EVER). Machten noch eine Stadt Bustour, besichtigten das Theater „Colon“ und Mutti flippte in einer „Designer Hall“, wo wirklich toll geschmackvolles Zeug (teuer) verkauft wurde, völlig aus. Bekam schließlich ein Ticket Buenos Aires  NY Chicago  FFM MUN für 1300 U$, roundtrip, war zwar wieder eine Menge Kohle, ist aber doch on flight 956 to NYC.

 

Hier hat der Abschreiber geendet, um es nicht zu teuer werden zu lassen, denn das Englisch mit dieser Schrift ist IHM doch etwas zu mühsam   das soll nicht heißen, daß Deine Schrift nicht gut zu lesen ist   im Laufe der über 500.000 Zeichen kann ER das ein wenig beurteilen. Ich hoffe auf Dein Verständnis, wenn ich also noch etwas zum Schreiben übrig lasse, schließ­lich sollte der Autor das Recht auf´s letzte Wort haben und auch wahrnehmen.

 

Ende und Rechnung am 26.6.96:

 

180 Seiten   welch ein Zufall   macht ~900 ÖSchi´s   ist ja fast geschenkt.

MfG

Michael