


Gestartet wurde täglich entsprechend der Startnummern. Ich war mit Nummer 48 das Schlusslicht der Moppedfahrer und es galt vor den Autos zu bleiben, um nicht zwischen ihnen eingenebelt zu werden. Gar nicht immer einfach, denn sogar die 2CV’s waren flott unterwegs. Überhaupt spielte es keine Rolle ob 2 oder 4-Rad-getriebenes Fahrzeug, kaum eines zeigte Respekt vor steileren und steinigen Auffahrten. Ging es nicht weiter, so wurde erst Gewichtstuning betrieben (Beifahrer raus), rückwärts gefahren, Reifen gewechselt, oder die großen Autos hatten endlich eine Möglichkeit Ihre Winden zum Einsatz zu bringen. Gebrochene Achsen und Rahmen wurden dann gleich am Wegrand geschweißt.
Der nächste Morgen brachte Reif auf den Moppeds und stramme 5 Grad nach dem Start.
Ich war die ganze Woche mit Tom, Chris und Lutz in der Gruppe unterwegs. Die hatten doch etwas Mitleid mit mir und der BMW und ließen mich hinter ihnen her fahren (gehetzt habe ich sie sicher nicht…). Nicht nur machte das mehr Spaß als alleine das Roadbook aufzulösen, sondern erlaubt auch hin und wieder einen Blick nach links und rechts. Vor allem auf den Schotterpassagen wurde etwas sportlicher gefahren; dabei das Roadbook und den Kilometerstand im Auge zu behalten, erfordert sehr viel Aufmerksamkeit. Lutz war ja schon so Sachen wie die Dresden Breslau Ralley gefahren und konnte daher saubere Navigation und flottes Tempo gut auf einen Nenner bringen. 300km standen an diesem Tag dann auf dem Tacho.
Übernachtet wurde auch die nächsten Nächte auf Camping-Plätzen, wo sich der ganze Tross niederließ. Die meisten waren, da die Saison schon vorbei war, eigens fuer die Veranstaltung geöffnet worden. Da war dann niemand, den das Geschraube während der Abend- und Nachtstunden störte. Ab dem dritten Tag stellte sich sowas wie ein Rythmus ein: 7 Uhr Aufstehen, Frühstück, rein in die Motorradkluft und so gegen 8:30 dann Start. Am Anfang immer etwas verhalten wurde es nach etwa einer halben Stunde dann zügiger. Die täglichen Etappen betrugen zwischen 150 und 250 km, und Pascal, der „Thiery Sabine“ der Veranstaltung, war gemeinsam mit seinem engagierten Orga-Team bemüht, ein möglichst hohes Maß an Schotterstraßen, Forstwegen und kleinen Nebenstraßen zu einer Etappe zu kombinieren. Das gelang auch ziemlich gut, und so war immer genügend Zeit zum Luftholen, ehe wir am Schotter wieder angasten. Die Strecken selber führten uns durch einen Querschnitt faszinierender französischer Landschaft und Terrain: weite Ebenen mit von Buschreihen umzäunten Feldern, dunkle Waldpfade, steinige Hochplateaus und weiche Laubwaldböden, wo man die verborgenen Trüffel praktisch riechen konnte (falls Schwein). Weiter im Süden gab es dann steilere Auf- und Abfahrten, groberen Schotter und mehr Steine, kurvige Bergwege und fantastische Aussichten. Dazwischen immer durch kleine Siedlungen und Orte weiter zur nächsten Abzweigung ins Grobe. An einigen Tagen waren die Routen so gewählt, dass wir keinen größeren Ort passierten, an keiner Tankstelle vorbeikamen und kaum eine große Straße befuhren.
Aus sportlicher Sicht war die Jojo Rallye kein Rennen im eigentlichen Sinn. Die Strecken waren abgesehen von der Navigation nicht wirklich anspruchsvoll. Gut, es gab immer wieder kurze Schlammpassagen, steilere Ab- und Auffahrten und steinige Stücke, aber nichts, das nicht auch ein 2CV mit Seil geschafft hätte. Das vielleicht am ehesten einer wirklichen Enduro-Strecke gleichkommende Stück war der Epilog am Chateau Lastour. Dort wurden früher die Dakar Prologe gefahren. Als am letzten Tag das Rennfieber unter den Teilnehmern ausbrach, wurde dieser Epilog richtig spannend. Am steilen Startstück und entlang der ersten 200 Meter war die Strecke von einer großen Zahl Zuschauern flankiert. Zunehmend dichter Nebel erlaubte eine maximale Sicht von 20 Metern und hatte auch zur Folge, dass Pascal nach einigen Beratungen mit seinem Team den zweiten Durchgang absagte.
Wer eine klassische Rallye erwartet hatte, wird hier wohl kaum auf seine Rechnung gekommen sein. Aber, Renncharakter hin oder her, wie oder wo kann man sonst acht Tage quer durch Frankreich Enduro fahren und eine Woche im Sattel verbringen, ohne sich viel Gedanken über die Route der nächsten Tage machen zu müssen; und das Ganze dann noch in einer freundschaftlichen und positiven Umgebung. So gesehen war es eine Spitzen-Woche.
Gewonnen hatte schlussendlich Paolo Feletti auf seiner Yamaha. Er wusste selbst nicht genau warum. Mit Sicherheit hatte er ein schönes Mopped, eine blaue Jacke und Style ohne Ende.
War aber auch egal, denn es ging ja irgendwie darum, den Geist der „alten“ Dakar Rallye hochzuhalten.
Das mag für Nichtfranzosen vielleicht etwas befremdlich sein, für viele ist die „alte“ Dakar aber sowas wie Cordoba oder der Abfahrtslauf in Kitzbühel für uns Österreicher.
Und dergleichen ist immer ein Grund, sich an vergangene Heldentaten zu erinnern.
Das Kedo Team mit Claude Marreau, dem Dakar Sieger von 1983
Fakten:
1900 km Gesamtdistanz
48 Teilnehmer Moto
53 Teilnehmer 2 und Vierradgetrieben
Dauer 8 Tage
Startgeld (incl. Roadbook, Medizinische Versorgung, Platz am Camping Platz):300.-
web: http://www.rallyeraidjojodelhistoire.com
mehr fotos: https://plus.google.com/photos/11754772 … tqLksr__Ww
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